Index
L37306 Aufenthaltsabgabe Fremdenverkehrsabgabe NächtigungsabgabeNorm
B-VG Art132;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde des Dr. U in W, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 5. April 1991, Zl. 7-48 Ko 95/2-1991, betreffend Fremdenverkehrsabgabe für das Jahr 1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 25. Juni 1990 schrieb der Bürgermeister der Gemeinde S dem Beschwerdeführer "gemäß den Bestimmungen des Stmk. Fremdenverkehrsabgabegesetzes 1980, LGBl. Nr. 54, in der Fassung LGBl. Nr. 23/1990, in Verbindung mit den Bestimmungen der Stmk. Landesabgabenordnung 1963, LGBl. Nr. 158 idgF.," eine Fremdenverkehrsabgabe "von Ferienwohnungen für Ihre Wohnung in S" für die Monate April bis Dezember 1990 in der Höhe von S 525,-- sowie für die Folgejahre in der Höhe von jeweils S 700,-- vor.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung und brachte darin - soweit im verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch von Bedeutung - im wesentlichen vor, er sei Pensionist und die streitgegenständliche Wohnung diene gemeinsam mit seiner Wiener Wohnung einem ganzjährig gegebenen Wohnbedarf.
Mit Schriftsatz vom 3. April 1991 erhob der Beschwerdeführer an den Verwaltungsgerichtshof Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Steiermärkische Landesregierung.
Vor Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof erließ die Steiermärkische Landesregierung den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 5. April 1991, mit dem der Berufung insoweit Folge gegeben wurde, daß (lediglich) für das Jahr 1990 die Fremdenverkehrsabgabe in Höhe von S 525,-- zur Vorschreibung gebracht wurde. In der Begründung führte die Behörde im wesentlichen aus, dem Akteninhalt (z.B. Niederschrift vom 23. November 1990, aufgenommen am Gemeindeamt S) sei zu entnehmen, daß die in Rede stehende Ferienwohnung "an mindestens 150 Tagen des Jahres (1990) von wenigstens einem Familienmitglied bewohnt" gewesen sei. Daraus erhelle, daß die belangte Behörde nicht in rechtswidriger Weise davon ausgegangen sei, daß die gemäß § 9c Abs. 1
Stmk. Fremdenverkehrsabgabegesetz, LGBl. Nr. 54/1980, in der Fassung LGBl. Nr. 23/1990, rechtserhebliche Tatsache des Vorliegens einer Unterkunft, die nicht den ordentlichen Wohnsitz einer Person bilde, im vorliegenden Fall zutreffe. Pensionisten und andere Personen, die nicht berufstätig seien, hätten in der Regel den ordentlichen Wohnsitz an jenem Ort, an dem sie sich die überwiegende Zeit des Jahres aufhielten. Der Beschwerdeführer und seine Ehegattin (beide in Pension) hätten sich weniger als 150 Tage des Kalenderjahres 1990 in S aufgehalten, weshalb sich ihr ordentlicher Wohnsitz in Wien befinde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen Rechten wie folgt verletzt:
"1. In dem auf § 9a Abs. 1 und 2 des Steiermärkischen Fremdenverkehrsabgabegesetzes LGBl. Nr. 54/1980, i.d.F. LGBl. Nr. 23/1990 gegründeten Recht, nur für eine solche Wohnung Fremdenverkehrsabgabe entrichten zu müssen (Abs. 1), die der gesetzlichen Definition einer Ferienwohnung (Abs. 2) entspricht, ferner in dem aus § 9c Abs. 1 zweiter Satz des zitierten Gesetzes erfließenden Recht, daß auch eine nicht den ordentlichen Wohnsitz i.S. des § 5 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 bildende Wohnung dann nicht als eine die Abgabepflicht begründende Ferienwohnung gilt, wenn der (sonst) Abgabepflichtige das Gegenteil beweist;
2. in dem aus § 47 der Steiermärkischen Landesabgabenordnung (Stmk. LAO) sowie Art. 130 Abs. 1 lit. b B-VG und § 36 Abs. 2 VwGG abzuleitenden Recht, daß nur eine auch nach den Vorschriften über ihren Wirkungsbereich sachlich zuständige Behörde entscheide (§ 47 Stmk. LAO), und nicht etwa die nach vorübergehendem Übergang der Zuständigkeit auf den Verwaltungsgerichtshof (Art. 130 Abs. 1 lit. b B-VG) bis zum Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 36 Abs. 2 VwGG nicht mehr sachlich zuständige Abgabenbehörde zweiter Instanz;
3. in dem aus §§ 70 Abs. 3 und 93 Abs. 1 Stmk. LAO erfließendem Recht auf eine nach Ermittlung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse (§ 93 Abs. 1) ergehende ausreichende Begründung des Bescheides (§ 70 Abs. 1), die sich mit den maßgeblichen Sach- und Rechtsfragen soweit auseinandersetzt, daß die Rechtsauslegung der Behörde einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich wird."
Der Beschwerdeführer beantragt, den angefochtenen Bescheid, "insoferne" ihm "darin eine Fremdenverkehrsabgabe für das Jahr 1990 vorgeschrieben wird, ... als rechtswidrig" aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorweg ist hinsichtlich der Beschwerderüge der Unzuständigkeit der belangten Behörde darauf zu verweisen, daß die Zuständigkeit zur Erlassung eines ausständigen Bescheides nicht bereits mit Erhebung der Säumnisbeschwerde von der säumigen Behörde auf den Verwaltungsgerichtshof übergeht, sondern erst dann, wenn die ursprünglich säumige Behörde die ihr vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 36 Abs. 2 VwGG gesetzte Frist ungenützt verstreichen ließ (vgl. u.a. hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1992, Zl. 92/09/0048).
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Stmk. Fremdenverkehrsabgabegesetzes 1980 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 23/1990 (im folgenden: Stmk FrAbgG) lauten auszugsweise wie folgt:
"§ 1
In der Steiermark wird eine Fremdenverkehrsabgabe von Nächtigungen und eine Fremdenverkehrsabgabe von Ferienwohnungen eingehoben. Die Fremdenverkehrsabgabe von Nächtigungen ist eine gemeinschaftliche Landesabgabe im Sinne des § 6 Z. 4 lit. a, die Fremdenverkehrsabgabe von Ferienwohnungen eine ausschließliche Gemeindeabgabe im Sinne des § 6 Z. 5 des Finanzverfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45.
§ 9a
(1) Für Ferienwohnungen ist nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen eine jährliche Abgabe zu leisten.
(2) Eine Ferienwohnung ist eine Wohnung oder sonstige Unterkunft in Gebäuden oder baulichen Anlagen, die nicht der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfes dient, sondern überwiegend zu Aufenthalten während der Freizeit, des Wochenendes, des Urlaubes, der Ferien oder auch nur zeitweise für nichtberufliche Zwecke als Wohnstätte dient.
(3) Abgabepflichtig ist der grundbücherliche Eigentümer der Ferienwohnung, Miteigentümer sind Gesamtschuldner gemäß § 4 Stmk. Landesabgabenordnung (LGBl. Nr. 158/1963 in der jeweils geltenden Fassung).
§ 9c
(1) Eigentümer bzw. Miteigentümer von Häusern und Wohnungseigentümer haben als Abgabepflichtige der Gemeinde unter Angabe der Größe der Nutzfläche jede Wohnung mitzuteilen, die nicht den ordentlichen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311) einer Person bildet. Derartige Wohnungen gelten als Ferienwohnungen im Sinne des § 9a Abs. 2, sofern der Abgabenpflichtige nicht das Gegenteil nachweist."
Gemäß § 5 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 ist der ordentliche Wohnsitz einer Person an dem Ort begründet, an dem sie sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, ihn bis auf weiteres zum Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen zu wählen. Hiebei ist es unerheblich, ob die Absicht darauf gerichtet war, für immer an diesem Ort zu bleiben.
Der Beschwerdeführer ist zunächst im Recht, daß die Frage des ordentlichen Wohnsitzes NUR im Zusammenhang mit der Beweislastregel des § 9c Abs. 1 zweiter Satz Stmk FrAbgG eine Rolle spielt. Dabei ist zu ergänzen, daß die genannte Beweislastregel nur dann eingreift, wenn der Eigentümer etc. die betreffende Wohnung der Gemeinde als eine solche gemeldet hat, die nicht den ordentlichen Wohnsitz einer Person bildet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. März 1994, Zl. 92/17/0077, sowie das hg. Erkenntnis vom selben Tag, Zl. 92/17/0200). Daß eine solche Meldung im Beschwerdefall erfolgte, wurde nicht festgestellt und ist auch nicht aktenkundig. Die Ausführungen im angefochtenen Bescheid zur Frage des ordentlichen Wohnsitzes gehen daher ins Leere. Das Vorliegen einer Ferienwohnung war vielmehr ausschließlich nach den Merkmalen des § 9a Abs. 2 Stmk FrAbgG zu beurteilen.
Diesbezüglich geht die Rechtsrüge des Beschwerdeführers nun dahin, daß schon die gesetzliche Bezeichnung des Abgabengegenstandes als "Ferienwohnung" dafür spreche, daß nicht jede "Zweit- oder Zusatzwohnung" Gegenstand der Abgabe sei. Die einleitende negative Umschreibung des § 9a Abs. 2 Stmk FrAbgG sei nicht so auszulegen, daß jede Wohnung, die nicht für sich allein einem ganzjährigen Wohnbedürfnis diene, als Ferienwohnung anzusehen sei; vielmehr könnten auch solche Wohnungen, die nur zusammen mit einer anderen Wohnung einem ganzjährig gegebenen allgemeinen Wohnbedarf dienten, nicht als Ferienwohnung angesehen werden. Auch die folgende positive Umschreibung des § 9a Abs. 2 Stmk FrAbgG lasse erkennen, bei Ferienwohnungen komme es darauf an, daß der Wohnbedarf nur zu bestimmten Zeiten (Urlaube, Ferien, Freizeit, Wochenende, u.ä.) vorliege. Die Formulierung "oder auch nur zeitweise für nichtberufliche Zwecke" müsse so ausgelegt werden, daß sie in den Rahmen der vorangegangenen demonstrativen Aufzählung passe. Die Ferienwohnung müsse also, solle sie eine solche sein, auch bei Anwendung der Generalklausel in ähnlicher Weise wie bei Ferien-, Freizeit-, Urlaubs- und Wochenendaufenthalten besonderen nichtberuflichen Zwecken dienen und zwar bloß während eines ähnlich langen Zeitraumes.
Der Gesetzgeber hat in der von ihm getroffenen Legaldefinition einer "Ferienwohnung" (sprachlich) im § 9a Abs. 2 Stmk FrAbgG die Tatbestandsmerkmale des zweiten Halbsatzes ("die nicht der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfes dient") jenen des dritten Halbsatzes ("sondern überwiegend zu Aufenthalten während der Freizeit, des Wochenendes, des Urlaubes, der Ferien oder auch nur zeitweise für nichtberufliche Zwecke als Wohnstätte dient") gegenübergestellt. Unter Beachtung des Grundsatzes, Rechtsvorschriften nicht so auszulegen, daß sie überflüssig und daher inhaltslos werden (vgl. die diesbezügliche bei Klecatsky - Morscher, Das österreichische Bundesverfassungsrecht3, S. 68, zitierte Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts), ist bei der Ermittlung des normativen Gehaltes der Regelung davon auszugehen, daß im § 9a Abs. 2 Stmk FrAbgG die Tatbestandsmerkmale der (taxativ) genannten Beispielsfälle des dritten Halbsatzes kumulativ mit jenen des zweiten Halbsatzes zu sehen sind. Dient also etwa eine Wohnung (oder eine sonstige Unterkunft in Gebäuden oder baulichen Anlagen) "nur zeitweise für nichtberufliche Zwecke als Wohnstätte", so muß noch hinzutreten, daß diese "nicht der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfes dient".
Im Beschwerdefall ist nun unbestritten, daß die streitgegenständliche Wohnung "nur zeitweise für nichtberufliche Zwecke als Wohnstätte dient". Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers kommt es nicht darauf an, daß es sich dabei um einen "ähnlich langen Zeitraum" handeln muß, wie "bei Ferien-, Freizeit-, Urlaubs- und Wochenendaufenthalten". Der Gesetzgeber hat vielmehr erkennbar mit der Umschreibung "nur zeitweise für nichtberufliche Zwecke als Wohnstätte" in der Art einer Generalklausel ein allgemeines, in der Beispielsaufzählung des dritten Halbsatzes des § 9a Abs. 2 Stmk FrAbgG subsidiäres Tatbestandselement normiert (arg.: "... oder auch ..."), ohne eine Verknüpfung mit den vorgenannten Beispielsfällen zu treffen.
Daß aber die streitgegenständliche Ferienwohnung (für sich allein) der Deckung eines GANZJÄHRIG gegebenen Wohnbedarfes des Beschwerdeführers - oder irgend jemandes - diene, wurde vom Beschwerdeführer gar nicht behauptet.
Damit ist aber im Sinne obiger Rechtsausführungen dargetan, daß es sich bei der gegenständlichen Wohnung in der Tat um eine Ferienwohnung im Sinne des § 9a Abs. 2 leg. cit. handelt, ohne daß mit der Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe in der Begründung ihres Bescheides eine Auseinandersetzung mit dem eigentlichen Rechtsproblem unterlassen, ein entscheidungswesentlicher Verfahrensmangel aufgezeigt wird.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Anspruch auf Sachentscheidung Allgemein Verletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche AngelegenheitenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1991170067.X00Im RIS seit
28.09.2001