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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 11. Jänner 1994, Zl. SD 441/93, betreffend Aufenthaltsverbot,zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer, einen kroatischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 8 FrG ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen. Die belangte Behörde ging dabei - was den von ihr als erfüllt angesehenen Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z 8 FrG anlangt - davon aus, daß der Beschwerdeführer am 23. April 1993 anläßlich einer Kontrolle, die von Beamten des Landesarbeitsamtes Wien in einer Pizzeria durchgeführt worden sei, beim Zubereiten und Servieren von Pizza betreten worden sei. Da er hiefür keine Beschäftigungsbewilligung habe vorweisen können, sei er zur Anzeige gebracht worden. Dieser Sachverhalt werde vom Beschwerdeführer nicht bestritten, er bringe jedoch vor, daß er zum Zeitpunkt der Kontrolle lediglich einen im Lokal beschäftigten Hilfskoch unentgeltlich angewiesen habe, wie er eine Spezialpizza zubereiten könne. Vorher und nachher sei er keiner Schwarzarbeit nachgegangen. Dem müßten allerdings die Erhebungen der Beamten des Landesarbeitsamtes Wien anläßlich der Kontrolle entgegengehalten werden, wonach der Beschwerdeführer in der Pizzeria seit fünf Wochen als Pizzakoch angelernt worden sei. Diese "Feststellungen" des Landesarbeitsamtes seien überdies vom Beschwerdeführer mit seiner Unterschrift bestätigt worden. Es möge sein, daß der Beschwerdeführer als Verwandter des Lokalbetreibers tätig gewesen sei, doch sei im gegenständlichen Fall alleine der Umstand von rechtlicher Bedeutung, daß der Beschwerdeführer, der nicht nur bei der Zubereitung, sondern auch beim Servieren von Speisen betreten worden sei, jedenfalls eine Beschäftigung ausgeübt habe, die er nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nicht hätte antreten und ausüben dürfen. Seine Ausführungen in der Berufung müßten daher als Schutzbehauptung gewertet werden. Ferner stellte die belangte Behörde fest, daß der Beschwerdeführer, der sich seit März 1992 in Österreich aufhalte und bisher keiner legalen Beschäftigung nachgegangen sei, seit 15. September 1993 mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Der Beschwerdeführer bekämpft die Annahme der belangten Behörde, er habe jedenfalls eine Beschäftigung ausgeübt, die er nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nicht hätte antreten und ausüben dürfen, und beruft sich darauf, daß der Unabhängige Verwaltungssenat Wien der vom Geschäftsführer des betreffenden Lokals erhobenen Berufung gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, mit welchem der Genannte auf Grund des gegenständlichen Vorfalles vom 23. April 1993 wegen der Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a Ausländer- beschäftigungsgesetz bestraft worden sei, Folge gegeben, das angefochtene Erkenntnis aufgehoben und das Verfahren gemäß § 45 VStG eingestellt habe. In der Begründung dieses Bescheides habe der Unabhängige Verwaltungssenat Wien unter anderem ausgeführt, daß das Ermittlungsverfahren ergeben habe, daß der "im Spruch des Straferkenntnisses genannte ausländische Staatsangehörige" (der Beschwerdeführer) weder in einem Arbeitsverhältnis noch in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis zu der als Arbeitgeberin angeführten Gesellschaft m.b.H. gestanden sei. Er sei keinesfalls organisatorisch in den betreffenden Betrieb eingeordnet gewesen. Insbesondere habe weder eine persönliche Abhängigkeit bestanden, noch sei er verpflichtet gewesen, in der Pizzeria zu arbeiten. Somit sei ihm weder der Arbeitsort noch ein arbeitsbezogenes Verhalten vorgeschrieben worden; er sei auch nicht laufend einer Kontrolle unterzogen worden. Der Ausländer (der Beschwerdeführer) habe freiwillig in der Pizzeria mitgeholfen, d. h. er habe die fachgerechte Zubereitung von Speisen erklärt. Des weiteren habe keine arbeitsbezogene Entlohnung stattgefunden, vielmehr sei der Ausländer überhaupt nicht durch Geld oder Naturalien bzw. durch "Verfügungstellen der Unterkunft" entlohnt worden. Dem hält die belangte Behörde zwar mit Recht entgegen, daß sie an die Beweiswürdigung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien nicht gebunden gewesen sei; dennoch wäre es aber zufolge des im § 37 AVG verankerten Grundsatzes der Erforschung der materiellen Wahrheit erforderlich gewesen, auch die in dem vom Beschwerdeführer schon im Verwaltungsverfahren angeführten Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien erhobenen Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zu berücksichtigen und sich im Rahmen der Beweiswürdigung damit auseinanderzusetzen. Daß die belangte Behörde in diesem Falle zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Daran vermag auch der Hinweis der belangten Behörde auf die (ihrer Meinung nach) vom Beschwerdeführer mit seiner Unterschrift bestätigten "Feststellungen des Landesarbeitsamtes Wien" nichts zu ändern, fehlt es doch mangels jeglicher Erhebungen über das Zustandekommen dieser handschriftlichen Aufzeichnungen an verläßlichen Anhaltspunkten für die Annahme, daß die darauf aufscheinende Unterschrift des Beschwerdeführers als Bestätigung der Richtigkeit der - zudem im Hinblick auf die darin enthaltenen Vermerke "Lehrer" und "kein Entgelt" keineswegs eindeutigen - Inhaltes gewertet werden könnte.
Schon aus diesem Grunde war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben. Ein Eingehen auf das weitere Vorbringen in der Beschwerde erübrigte sich.
Die Kostenentscheidung beruht auf den § 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Beweiswürdigung Wertung der Beweismittel Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle WahrheitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994180084.X00Im RIS seit
11.07.2001