TE Vfgh Erkenntnis 1991/12/11 V86/91, V87/91

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Veröffentlicht am 11.12.1991
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Index

55 Wirtschaftslenkung
55/01 Wirtschaftslenkung

Norm

B-VG Art18 Abs2
10. Öffentliche Bekanntmachung der Vieh- und Fleischkommission vom 18.01.89
ViehwirtschaftsG 1983 §6

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit der 10. Öffentlichen Bekanntmachung der Vieh- und Fleischkommission betreffend den Aufteilungsschlüssel für Oberösterreich beim Rindfleischexport; Unzulässigkeit der Aufteilung zukünftig auszuschreibender Ausfuhrkontingente ohne Kenntnis der Einzelanträge; Vorwegnahme des der Behörde zustehenden Auswahlermessens; Gesetzwidrigkeit des ersten Absatzes der Verordnung mangels allgemein umschriebenen Adressatenkreis infolge Beschränkung des Aufteilungsschlüssels auf bestimmte, namentlich genannte Unternehmen

Spruch

Die 10. Öffentliche Bekanntmachung betreffend den Aufteilungsschlüssel für Oberösterreich beim Export von Fleisch von männlichen und weiblichen Rindern, Z37.360/09-III/B/7/89, kundgemacht im Verlautbarungsblatt der Vieh- und Fleischkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vom 18. Jänner 1989, 10. Stück, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aufhebung im Bundesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die 10. Öffentliche Bekanntmachung betreffend den Aufteilungsschlüssel für Oberösterreich beim Export von Fleisch von männlichen und weiblichen Rindern, Z37.360/09-III/B/7/89, kundgemacht im Verlautbarungsblatt der Vieh- und Fleischkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vom 18. Jänner 1989, 10. Stück, lautet:

"Gemäß §6 Abs2 des Viehwirtschaftsgesetzes 1983, BGBl. Nr. 621, (VWG), zuletzt geändert durch die Novelle BGBl. Nr. 332/1988, wird für die Aufteilung der für Viehankäufe in Oberösterreich vorgesehenen Teilkontingente beim Export von Fleisch von männlichen und weiblichen Rindern auf die Antragsteller folgender Aufteilungsschlüssel festgelegt:

Firma              Stierfleisch (%)                Kuhfleisch (%)

Vieh- u. Fleisch        43,9                          41,5

Handlbauer & Co.        15,9                          17,4

Großfurtner             11,8                          16,4

Carnessa                 7,2                           4,9

Hermann                  4,9                           5,6

Traxler                  5,0                           4,2

Stockinger               2,4                           1,3

Wiesinger                2,7                           2,5

Riepl                    2,4                           3,1

Gruber                   2,4                           1,6

Feischl                  1,4                            -

Schatz                    -                            1,5

Summe                  100,0                         100,0

Bis 10 Tage vor Ablauf des jeweiligen Verfahrens nicht beantragte Mengen sind auf Antrag den im Blatt 2 angeführten Firmen aliquot zu bewilligen.

Antragstellern, die bisher keine Exportleistungen erbracht haben, ist eine Ausfuhrbewilligung zu erteilen, wenn sie den Nachweis erbringen, daß sie innerhalb der für die gegenständliche Verordnung maßgeblichen Referenzperiode Leistungen für die Marktbelieferung und Absatzsicherung im Inland mindestens in jenem Ausmaß erbracht haben wie der Antragsteller mit dem geringsten Kontingentanspruch.

Die Öffentliche Bekanntmachung tritt mit Wirkung vom 20. Jänner 1989 in Kraft."

2. Der Verfassungsgerichtshof hat aus Anlaß zweier Beschwerden, die zu B577/90 und B578/90 bei ihm anhängig sind, beschlossen, die im Wortlaut wiedergegebene 10. Öffentliche Bekanntmachung gemäß Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen auf ihre Gesetzmäßigkeit zu überprüfen.

Die Beschwerden gemäß Art144 B-VG, die den Anlaß zur Einleitung des gegenwärtigen Verordnungsprüfungsverfahrens boten, richten sich gegen Bescheide der Unterkommission der Vieh- und Fleischkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, mit denen Anträge der beschwerdeführenden Gesellschaften auf Erteilung von Ausfuhrbewilligungen für Rindfleisch abgewiesen wurden. Diese Abweisungen wurden ua unter Hinweis auf die zitierte 10. Öffentliche Bekanntmachung damit begründet, daß die beschwerdeführenden Gesellschaften weder in dem in der 10. Öffentlichen Bekanntmachung festgelegten Aufteilungsschlüssel der für Oberösterreich vorgesehenen Teilkontingente enthalten gewesen seien noch von den beschwerdeführenden Gesellschaften das in derselben

10. Öffentlichen Bekanntmachung aufgestellte Erfordernis für die Erteilung einer Ausfuhrbewilligung in Erweiterung des ursprünglich festgelegten Ausfuhrkontingents erfüllt worden sei. Dieses - von den beschwerdeführenden Gesellschaften nicht erfüllte - Erfordernis läge im Nachweis, "daß sie innerhalb der für die gegenständliche Verordnung maßgeblichen Referenzperiode Leistungen für die Marktbelieferung und Absatzsicherung im Inland mindestens in jenem Ausmaß erbracht haben wie der Antragsteller mit dem geringsten Kontingentanspruch".

Die belangte Behörde begehrt in ihren Gegenschriften die Abweisung der Beschwerden.

3. Der Verfassungsgerichtshof ging in seinem Prüfungsbeschluß vom 2. März 1991 davon aus, daß die 10. Öffentliche Bekanntmachung eine Verordnung nach Art139 B-VG darstellt und daß sie sowohl hinsichtlich der Beschränkung des festgelegten Aufteilungsschlüssels auf bestimmte Unternehmen, unter denen die beschwerdeführenden Gesellschaften nicht aufscheinen, als auch hinsichtlich ihres vorletzten Absatzes über die Regelung der Erteilung von Ausfuhrbewilligungen für Antragsteller, die bisher keine Exportleistungen erbracht haben, in allen Beschwerdefällen anzuwenden ist. Der Verfassungsgerichtshof vermeinte schließlich, daß die übrigen Bestimmungen der Verordnung (über die Bewilligung nicht beantragter Mengen und über das Inkrafttreten der Öffentlichen Bekanntmachung) damit in untrennbarem Zusammenhang stehen.

Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gingen vorerst dahin, daß für die 10. Öffentliche Bekanntmachung rechtswidrigerweise die Form einer Verordnung gewählt wurde, obwohl dadurch individuelle Regelungen getroffen wurden, weil durch die Verordnung zukünftige Kontingente auf bestimmte Unternehmen als Normadressaten aufgeteilt wurden.

Ferner hegte der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, daß bei der Aufteilung der Exportquoten auf die einzelnen Exporteure im Land Oberösterreich die gemäß §6 Abs2 zweiter Satz Viehwirtschaftsgesetz 1983 heranzuziehenden Kriterien nicht hinlänglich berücksichtigt wurden. Insbesondere bezweifelte der Verfassungsgerichtshof, daß dem §6 Abs2 Viehwirtschaftsgesetz 1983 durch eine allgemeine, alle zukünftigen Kontingentausschreibungen erfassende Aufteilung auf bestimmte Exporteure im Verordnungsweg überhaupt Rechnung getragen werden könne. Der Verfassungsgerichtshof vermeinte vorläufig, daß eine Aufteilung aller zukünftigen Exportkontingente auf bestimmte Exporteure dem Gesetz auch dann nicht entspricht, wenn gleichzeitig auch Antragsteller ohne bisherige Exportleistung berücksichtigt würden, "weil nach dem in den Abs1, 2 und 3 des §6 Viehwirtschaftsgesetz 1983 vorgesehenen Vollzugssystem lediglich die Ausschreibung der Kontingente durch Verordnung vorzunehmen ist, deren Aufteilung hingegen regelmäßig durch Bescheid zu erfolgen hat".

Bedenklich erschienen dem Verfassungsgerichtshof die Regelungen der 10. Öffentlichen Bekanntmachung auch deshalb, weil durch die Verpflichtung zur Erteilung von Ausfuhrbewilligungen für Antragsteller ohne bisherige Exportleistungen über das festgesetzte Gesamtkontingent hinaus nicht geprüft wird, "ob die Zielsetzungen des §2 Abs1 des Viehwirtschaftsgesetzes 1983 beeinträchtigt werden", wie dies §6 Abs1 dritter Satz Viehwirtschaftsgesetz 1983 verlangt.

4. Die Vieh- und Fleischkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft beantragt in ihrer Äußerung, die in Prüfung gezogene 10. Öffentliche Bekanntmachung 1989 nicht als gesetzwidrig aufzuheben.

Zur Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Verordnung bemerkt die Vieh- und Fleischkommission, daß der erste Teil der Verordnung, der einen Aufteilungsschlüssel unter namentlicher Nennung von Importeuren mit Exportvorleistungen enthält, in keinem untrennbaren Zusammenhang mit dem dritten Absatz des Aufteilungsschlüssels steht, der sich an "Antragsteller, die bisher keine Exportleistungen erbracht haben", richtet.

Die Gesetzmäßigkeit des im ersten Teil der Verordnung geregelten Aufteilungsschlüssels für namentlich genannte physische oder juristische Personen für eine noch unbekannte Anzahl von Kontingentfestlegungen versucht die Vieh- und Fleischkommission damit zu begründen, daß diese Vorschrift lediglich den §6 Abs2 Viehwirtschaftsgesetz 1983 "präzisiert" und dadurch die Aufteilung der zur Ausfuhr vorgesehenen Mengen an die Exporteure unter Berücksichtigung bestimmter sachlicher Maßstäbe "für eine unbestimmte Anzahl von Kontingentzuteilungen in einem begrenzten Zeitraum vorbereitet", während die konkrete Kontingentzuteilung "und damit die Erzeugung von unmittelbaren Rechtswirkungen ... mit Bescheid (erfolgt)".

Im übrigen versucht die Vieh- und Fleischkommission den konkreten Aufteilungsschlüssel sowie die Regelungen über die Berücksichtigung "neuer" Exporteure in der in Prüfung gezogenen

10. Öffentlichen Bekanntmachung unter Hinweis auf die Vorschrift des §6 Abs2 Viehwirtschaftsgesetz 1983 und die dort genannten Aufteilungskriterien zu rechtfertigen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die 10. Öffentliche Bekanntmachung der Vieh- und Fleischkommission betreffend den Aufteilungsschlüssel für Oberösterreich beim Export von Fleisch von männlichen und weiblichen Rindern vom 18. Jänner 1989 wurde angesichts ihrer Kundmachung im Verlautbarungsblatt der Vieh- und Fleischkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft als Verordnung erlassen. Daran ändert auch der teilweise, nämlich in ihrem ersten Absatz individuell bezeichnete Adressatenkreis nichts. Seiner bisherigen Judikatur zur Festlegung und Aufteilung von Ausfuhrkontingenten im Wege von Öffentlichen Bekanntmachungen der Vieh- und Fleischkommission folgend (vgl. VfSlg. 12014/1989), hält der Verfassungsgerichtshof sohin die 10. Öffentliche Bekanntmachung vom 18. Jänner 1989 insgesamt (also nicht nur soweit sie im zweiten Teil einen generellen Adressatenkreis aufweist) einer Verordnungsprüfung nach Art139 B-VG zugänglich.

Der Verfassungsgerichtshof hat die als Verordnung erlassene

10. Öffentliche Bekanntmachung vom 18. Jänner 1989 auch bei seiner Entscheidung über die im Sachverhalt geschilderten Anlaßbeschwerdefälle anzuwenden. Dies sowohl hinsichtlich der Beschränkung des festgelegten Aufteilungsschlüssels auf bestimmte Unternehmen, unter denen die beschwerdeführenden Gesellschaften nicht aufscheinen und dergestalt von der Aufteilung ausgeschlossen sind, als auch hinsichtlich ihres vorletzten Absatzes über die Regelung der Erteilung von Ausfuhrbewilligungen für Antragsteller, die bisher keine Exportleistungen erbracht haben.

Da der zweite und der letzte Absatz der Verordnung (über die Bewilligung nicht beantragter Mengen und über das Inkrafttreten der

10. Öffentlichen Bekanntmachung) mit deren sonstigem Inhalt in untrennbarem Zusammenhang stehen, ist die 10. Öffentliche Bekanntmachung vom 18. Jänner 1989 insgesamt präjudiziell und daher, da auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, das Verordnungsprüfungsverfahren gemäß Art139 B-VG zulässig.

2. Im ersten Absatz der 10. Öffentlichen Bekanntmachung vom 18. Jänner 1989 wird für die Aufteilung der für Viehankäufe in Oberösterreich vorgesehenen Teilkontingente beim Rindfleischexport ein Aufteilungsschlüssel festgelegt, und zwar so, daß namentlich angeführte Unternehmen (physische und juristische Personen) jeweils einen bestimmen Prozentsatz zukünftig auszuschreibender Exportkontingente zugewiesen erhalten. In Summe wird dadurch jedes zukünftig ausgeschriebene Kontingent zur Gänze (zu 100 %) auf die individuell benannten Adressaten aufgeteilt.

Dadurch werden zwar abstrakt für eine noch unbekannte Zahl von Kontingentfestlegungen, gleichwohl für bestimmte physische oder juristische Personen Rechtswirkungen erzeugt. §6 Abs2 Viehwirtschaftsgesetz 1983 wird sohin - anders als die Vieh- und Fleischkommission meint - durch den ersten Absatz der

10. Öffentlichen Bekanntmachung gegenüber einem individuellen Adressatenkreis vollzogen und nicht nur mit allgemeiner Wirkung ausgeführt oder präzisiert.

Dem ersten Absatz der 10. Öffentlichen Bekanntmachung der Vieh- und Fleischkommission vom 18. Jänner 1989 fehlt es sohin an dem für Verordnungen erforderlichen allgemeinen, zumindest nach Gattungsmerkmalen umschriebenen Adressatenkreis. Gemäß der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. nur VfSlg. 3820 und 3859/1960) dürfen aber individuelle normative Akte von Verwaltungsbehörden nicht in Form von Verordnungen erlassen werden. Der erste Absatz der 10. Öffentlichen Bekanntmachung der Vieh- und Fleischkommission vom 18. Jänner 1989 ist sohin aus diesem Grunde als gesetzwidrig aufzuheben.

3. Gesetzwidrig ist aber auch der dritte Absatz der

10. Öffentlichen Bekanntmachung vom 18. Jänner 1989.

a. Gemäß §6 Abs1 Viehwirtschaftsgesetz 1983 bedürfen Ausfuhren von Schlachttieren, Fleisch etc. mit bestimmten Ausnahmen einer Bewilligung der Vieh- und Fleischkommission. Wenn es im volkswirtschaftlichen Interesse liegt, hat die Kommission durch öffentliche Bekanntmachung zur Antragstellung für die Erteilung von Ausfuhrbewilligungen aufzufordern. Diese Bekanntmachung hat insbesondere Art und Menge der zur Ausfuhr vorgesehenen Waren, den Ausfuhrzeitraum, das zur Anwendung gelangende Verfahren (nach dem Abs2 oder 3 des §6 Viehwirtschaftsgesetz 1983) und sonstige für die Antragstellung wesentliche Umstände zu enthalten.

Gemäß §6 Abs2 Viehwirtschaftsgesetz 1983 ist die zur Ausfuhr vorgesehene Gesamtmenge auf die Exporteure der bewilligungspflichtigen Waren in einer Weise aufzuteilen, daß dem Interesse der Aufrechterhaltung von Absatzmöglichkeiten auf den Auslandsmärkten unter Bedachtnahme auf die Produktions- und Marktverhältnisse in den einzelnen Bundesländern bestmöglich Rechnung getragen erscheint. Aufteilungskriterien bilden insbesondere "die bisherigen Exportleistungen", "die Marktbelieferung" und "die erbrachten Leistungen für die Absatzsicherung im Inland" sowie das Verbot des Ausschlusses neuer Exporteure vom Verfahren (vgl. dazu VfSlg. 12014/1989).

Der Verfassungsgerichtshof verweist ferner auf die Überlegungen, die er zu §5 Abs6 Viehwirtschaftsgesetz 1983 im Zusammenhang mit der Verteilung eines Fleischimportkontingentes in seinem Erkenntnis vom 12. Oktober 1991, V78-85/91 ua, angestellt hat. Er ging darin davon aus, daß die Aufteilung des Kontingents durch eine, nach Einlangen und Abwägung aller auf ein festgesetztes Importkontingent gerichteten Anträge gefällte, an sachlichen Kriterien orientierte Gesamtentscheidung zu erfolgen hat und führte im einzelnen aus:

"Für die Übung dieses Auswahlermessens, das der Behörde zwangsläufig zusteht, wenn der Umfang des Importkontingents geringer ist als die Summe der darauf gerichteten Einfuhranträge, bilden zweifelsohne entsprechende Vorleistungen, also ... die Aufrechterhaltung und Fortsetzung bewährter Geschäftsbeziehungen mit dem Exportland, die Zuteilung wirtschaftlich sinnvoller Mengen sowie die Leistungsfähigkeit neuer Importwerber sachliche Kriterien. Ihre Gewichtung darf jedoch nicht im vorhinein - ohne Kenntnis der Einzelanträge - vorgenommen werden, ..., weil ansonsten der Verordnungsgeber den der Behörde bei ihrer Auswahlentscheidung von Rechts wegen zustehenden Ermessensspielraum vorweg konsumiert (vgl. etwa auch VfGH 15.6.1991, V603, 604/90 ua)."

b. Auch bei der Aufteilung von Fleischexportkontingenten nach §6 Abs1 vierter Satz Viehwirtschaftsgesetz 1983 ist es unzulässig, die Aufteilung erst zukünftig zur Ausfuhr vorzusehender Gesamtmengen gemäß §6 Abs2 Viehwirtschaftsgesetz 1983 unter Vorwegnahme entsprechender Anträge durch Verordnung festzulegen.

Der Vorschrift des §6 Viehwirtschaftsgesetz 1983 entspricht die Vollziehung vielmehr nur dadurch, daß die im volkswirtschaftlichen Interesse gelegenen Ausfuhrkontingente durch Verordnung ausgeschrieben werden und darin das zur Anwendung gelangende Verfahren gemäß dem Abs2 oder 3 des §6 Viehwirtschaftsgesetz 1983 festgelegt wird, daß gleichwohl die Aufteilung - jeweils nach Festsetzung eines Exportkontingents - auf die einzelnen Antragsteller in den einzelnen Bundesländern nur durch Erlassung entsprechender, auf den Kriterien des Abs2 oder 3 des §6 Viehwirtschaftsgesetz 1983 beruhender Bescheide vorgenommen wird, mit denen gleichzeitig die Ausfuhrbewilligungen erteilt werden.

Der gesetzlichen Regelung der Kontingentaufteilung genügt sohin nur ein Verfahren, in dem die Behörde über die jeweiligen, im Hinblick auf eine bestimmte Kontingentausschreibung gestellten Anträge eine Gesamtentscheidung anhand der gesetzlichen Voraussetzungen gemäß dem Abs2 oder 3 des §6 Viehwirtschaftsgesetz 1983 trifft. Überschreitet die Summe der Ausfuhranträge den Umfang des im volkswirtschaftlichen Interesse festgelegten Exportkontingents, so steht der Behörde ein Auswahlermessen zu. Dieses ist in einem Verfahren gemäß §6 Abs2 Viehwirtschaftsgesetz 1983 von der Behörde dergestalt zu üben, daß dem Interesse der Aufrechterhaltung von Absatzmöglichkeiten auf den Auslandsmärkten bestmöglich Rechnung getragen wird. Neben den bisherigen Exportleistungen ist auch auf die Marktbelieferung und die erbrachten Leistungen für die Absatzsicherung im Inland Bedacht zu nehmen sowie darauf zu achten, daß neue Exporteure nicht von vornherein vom Verfahren ausgeschlossen werden. Selbstverständlich bilden dabei die Fortsetzung bewährter Geschäftsbeziehungen mit den Importländern, die Zuteilung wirtschaftlich sinnvoller Mengen und - besonders bei neuen Exporteuren - die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Exportwerber sachliche Kriterien. Deren Gewichtung darf jedoch nicht im vorhinein - ohne Kenntnis der Einzelanträge - vorgenommen werden, wie dies durch die

10. Öffentliche Bekanntmachung geschehen ist, weil ansonsten der Verordnungsgeber den der Behörde bei ihrer Auswahlentscheidung von Rechts wegen zustehenden Ermessensspielraum vorweg konsumiert.

Die 10. Öffentliche Bekanntmachung der Vieh- und Fleischkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vom 18. Jänner 1989 ist sohin wegen Widerspruchs zu §6 Abs1 und 2 Viehwirtschaftsgesetz 1983 als gesetzwidrig aufzuheben.

4. Angesichts dieses Verfahrensergebnisses konnte der Verfassungsgerichtshof darauf verzichten, auf die sonstigen Bedenken im Prüfungsbeschluß einzugehen.

5. Die Verpflichtung zur Kundmachung der Aufhebung stützt sich auf Art139 Abs5 B-VG.

6. Dies konnte vom Verfassungsgerichtshof gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 in nichtöffentlicher Sitzung ohne mündliche Verhandlung beschlossen werden.

Schlagworte

Wirtschaftslenkung, Viehwirtschaft, Verordnungsbegriff, Ermessen, Fleischexport, Kontingentverteilung (für Fleischexport), Export (Fleisch), Geltungsbereich (persönlicher) einer Verordnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1991:V86.1991

Dokumentnummer

JFT_10088789_91V00086_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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