TE Vwgh Erkenntnis 1994/5/20 94/01/0179

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Veröffentlicht am 20.05.1994
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §21 Abs2;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des M in Y, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. Jänner 1994, Zl. 4.333.055/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, daß mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. Jänner 1994, in Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 25. Februar 1992, ausgesprochen wurde, daß Österreich dem Beschwerdeführer - einem Staatsangehörigen "der früheren SFRJ", der am 19. Jänner 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 21. Jänner 1992 den Asylantrag gestellt hat - kein Asyl gewähre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer, ohne sich mit seiner Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 AsylG 1991 auseinanderzusetzen, deshalb kein Asyl gemäß § 3 leg. cit. gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei ihm der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Sie ging von den Angaben des Beschwerdeführers bei seiner niederschriftlichen Vernehmung am 24. Jänner 1992, daß er sich vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in Slowenien aufgehalten habe, aus und befaßte sich in rechtlicher Hinsicht näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetzesstelle, wobei sie im wesentlichen - im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (beginnend mit dem Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - die Rechtslage richtig erkannt hat.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die seiner Meinung nach von der belangten Behörde vertretene Auffassung, es sei bei Anwendung des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 "auf die rein objektive Schutzmöglichkeit in einem bestimmten Staat abzustellen" und "diese Schutzmöglichkeit bereits im Augenblick des Betretens dieses Staates als gegeben anzunehmen", zunächst mit dem Argument, daß "schon die Wortinterpretation" zu dieser Bestimmung diese Auffassung widerlege. Die Textierung in der genannten Gesetzesstelle "vor Verfolgung sicher WAR", lasse nämlich darauf schließen, daß der Gesetzgeber vielmehr darauf abstelle, "daß im individuellen Fall ein tatsächlicher Schutz gegeben sein muß". Dem ist entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde keineswegs von einer bloßen "Schutzmöglichkeit" des Beschwerdeführers in Slowenien, sondern davon ausgegangen ist, daß eine seinem (allfälligen) Schutzbedürfnis (sollte er Flüchtling sein) entsprechende Sicherheit bereits dort bestanden hat. Der Umstand, daß es am Beschwerdeführer gelegen gewesen wäre, diese Verfolgungssicherheit durch eine Antragstellung auf Asylgewährung in Anspruch zu nehmen, vermag daran nichts zu ändern, daß sie schon tatsächlich gegeben war, was mit anderen Worten bedeutet, daß das Vorliegen der Verfolgungssicherheit nicht davon abhängt, ob ein derartiger Antrag gestellt wird. Wenn sich der Beschwerdeführer für seinen Standpunkt des weiteren auf die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (zu § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991, RV 270 BlgNR 18. GP) und in diesem Zusammenhang auf die in der Bundesrepublik Deutschland damals bestehende Rechtslage stützt, so genügt es, darauf hinzuweisen, daß der Verwaltungsgerichtshof dazu schon in seinem Erkenntnis vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, eingehend Stellung genommen und diese Argumentation nicht für stichhältig erachtet hat, zumal der Beschwerdeführer diesbezüglich keine neuen Gesichtspunkte aufzeigt. Dies gilt ebenso hinsichtlich der Ansicht des Beschwerdeführers, dem Beschluß Nr. 15 (XXX) des Exekutiv-Komitees für das Programm des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (aus dem Jahre 1979) komme bei der Interpretation des Begriffes der "Verfolgungssicherheit" "eine besondere Bedeutung" zu (vgl. jeweils auch die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Jänner 1994, Zl. 93/01/1524, und vom 16. März 1994, Zl. 94/01/0158).

Umstände, die darauf schließen ließen, daß der Beschwerdeführer auf dem Boden der bestehenden Rechtslage in Slowenien - bei welchem Staat es sich auch nach den Beschwerdeausführungen nicht um sein Heimatland im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 handelte - nicht vor Verfolgung sicher gewesen sei, hat er konkret nicht geltend gemacht. Er ist insbesondere auch nicht der Annahme der belangten Behörde entgegengetreten, Slowenien biete von seiner effektiv geltenden Rechtsordnung her einen dem Standard der Genfer Flüchtlingskonvention - an die sich weiterhin gebunden zu erachten, dieser Staat (ohne Einschränkung) bereits mit Wirksamkeit vom 25. Juni 1991 erklärt hat (siehe BGBl. Nr. 806/1993) - entsprechenden Schutz. Die von ihm vermißten Sachverhaltsfeststellungen "über die Dauer" und "die näheren Umstände" seines Aufenthaltes in Slowenien erübrigten sich, weil sein in Verkennung der Rechtslage erstattetes Vorbringen, er habe sich in Slowenien "nur kurzfristig zum Zweck der Durchreise nach Österreich aufgehalten", nicht geeignet ist, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Der Beschwerdeführer hat nicht dargetan, aus welchen Gründen er aus objektiver Sicht gehindert gewesen wäre, seine Fahrt abzubrechen, in Slowenien länger zu bleiben und die Verfolgungssicherheit auch tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Mit der bloßen, durch kein Tatsachenvorbringen untermauerten Rüge, es fehlten im angefochtenen Bescheid Feststellungen "auch zur Frage, ob ich in Slowenien vor Rückschiebung in mein Heimatland sicher gewesen wäre", zeigt der Beschwerdeführer nicht die Wesentlichkeit eines derartigen, allenfalls vorliegenden Verfahrensmangels auf. Es geht auch sein weiterer Vorwurf, es sei sein Recht auf Wahrung des Parteiengehörs verletzt worden, ins Leere, weil er nicht dargetan hat, was er diesbezüglich Sachdienliches im Verwaltungsverfahren vorgebracht hätte, wenn ihm dazu Gelegenheit gegeben worden wäre. War es demnach nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde den von ihr gebrauchten Ausschließungsgrund herangezogen hat, so war schließlich auch ein Eingehen auf die Frage der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers gemäß § 1 Z. 1 AsylG 1991 nicht erforderlich.

Da somit der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, war dadurch entbehrlich.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994010179.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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