TE Vwgh Erkenntnis 1994/5/20 93/01/0792

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Veröffentlicht am 20.05.1994
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Index

41/08 Ehrenzeichen Orden Uniformen Abzeichen;

Norm

AbzeichenG 1960 §1 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):93/01/0793

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des G in I, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in I, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 4. Juni 1993, (beide zu) Zl. 15/36-4/1993, betreffend 1. Verwaltungsübertretung (erstangefochtener Bescheid zu hg. Zl. 93/01/0792) und 2. Verfall (zweitangefochtener Bescheid zu hg. Zl. 93/01/0793) gemäß dem Abzeichengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der erstangefochtene Bescheid, soweit er die Verwaltungsübertretung nach dem Abzeichengesetz betrifft, und der zweitangefochtene Bescheid werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 5. Februar 1993 wurde der Beschwerdeführer neben anderen Verwaltungsübertretungen der Übertretung des § 1 Abs. 1 Abzeichengesetz für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe von S 1.000,-- (im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen) verhängt. Der Beschwerdeführer habe "am 18.12.1992 in der Zeit von 11.55 Uhr

bis 12.10 Uhr in Innsbruck, Markthalle (Osteingang) ... 3. ein

Abzeichen einer in Österreich verbotenen Organisation (einen SS-Dolch) öffentlich hergezeigt und damit "zur Schau gestellt"". Mit Bescheid derselben Behörde vom 16. Jänner 1993 wurde der am 18. Dezember 1992 sichergestellte SS-Dolch gemäß § 3 Abs. 2 Abzeichengesetz für verfallen erklärt. Mit den beiden angefochtenen Bescheiden der belangten Behörde wurde einerseits der im vorliegenden Zusammenhang relevante Spruchteil des Straferkenntnisses vom 5. Februar 1993 dahin abgeändert, daß "anstelle des Wortes "Abzeichen" das Wort "Uniformteil" eingefügt wird" und andererseits die Berufung gegen den Verfallsbescheid als unbegründet abgewiesen.

Nach der insoweit unbestrittenen Begründung des erstangefochtenen Bescheides habe sich der Beschwerdeführer in der "M-Preis-Filiale" über einen vorhergegangenen Vorfall "aufgeregt". Beamte der Bundespolizeidirektion Innsbruck seien zur Markthalle gerufen worden. Vor der Halle hätten sie den Beschwerdeführer laut argumentierend vorgefunden. Sie hätten ihn dazu befragt, was sich in dem Geschäft zugetragen habe. Der Beschwerdeführer habe hierauf erklärt, daß er nichts gestohlen habe, und habe den Beamten hierauf den Inhalt seiner Tasche gezeigt. In dieser hätten sich "Löffel, Messer, Decken und alles mögliche" befunden. Der Beschwerdeführer habe seine Tasche ausgeleert und die Gegenstände auf dem Funkstreifenwagen ausgebreitet. Eine ausdrückliche Aufforderung sei dazu von seiten der Beamten nicht ergangen. In der Tasche sei auch ein Dolch, eingewickelt in eine Plastiktasche, gelegen. Der Beschwerdeführer habe diesen ausgewickelt und vorgezeigt. Der Beschwerdeführer sei in der Folge aufgefordert worden, den Dolch auszuhändigen. Passanten, die herumgestanden seien, hätten vom gesamten Vorfall Kenntnis nehmen können.

Die belangte Behörde stellte dazu im erstangefochtenen Bescheid fest, daß der Beschwerdeführer nicht aufgefordert worden sei, den verfahrensgegenständlichen Dolch vorzuweisen, sondern daß er diesen selbst öffentlich hergezeigt und zur Schau gestellt habe. Er habe daher die ihm vorgeworfene Übertretung nach § 1 Abs. 1 Abzeichengesetz begangen.

Der zweitangefochtene Bescheid wurde damit begründet, daß der Beschwerdeführer wegen Übertretung gemäß § 1 Abs. 1 Abzeichengesetz rechtskräftig bestraft worden sei. Gemäß § 3 Abs. 2 leg. cit. seien Abzeichen, Uniformteile oder Uniformen, wenn sie Gegenstand einer strafbaren Handlung im Sinne des § 1 leg. cit. bilden, für verfallen zu erklären.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht, nicht gemäß § 3 Abs. 1 und 2 leg. cit. "bestraft" zu werden, verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Abzeichengesetz 1960, BGBl. Nr. 84 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 117/1980, dürfen Abzeichen, Uniformen oder Uniformteile einer in Österreich verbotenen Organisation öffentlich weder getragen noch zur Schau gestellt, dargestellt oder verbreitet werden. Als Abzeichen sind auch Embleme, Symbole und Kennzeichen anzusehen. Die Verbote des § 1 finden keine Anwendung auf Ausstellungen in öffentlichen Museen, auf Druckwerke und Aufführungen von Bühnen- und Filmwerken, sofern in diesen nicht das Ideengut einer verbotenen Organisation gutgeheißen oder propagiert wird (§ 2 Abzeichengesetz 1960). Wer einem Verbot des § 1 leg. cit. zuwiderhandelt, begeht gemäß § 3 Abs. 1 Abzeichengesetz 1960 eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 10.000 S oder mit Arrest bis zu einem Monat zu bestrafen. Abzeichen, die den Gegenstand einer strafbaren Handlung im Sinne des § 1 bilden, sind gemäß § 3 Abs. 2 Abzeichengesetz 1960, soweit dies nach der Beschaffenheit der Abzeichen möglich ist, für verfallen zu erklären.

Strittig ist im Zusammenhang mit dem erstangefochtenen Bescheid, ob der Beschwerdeführer, indem er Organen der Polizei den Inhalt seiner Tasche und u.a. den SS-Dolch vorzeigte, einen Uniformteil einer in Österreich verbotenen Organisation öffentlich hergezeigt und damit zur Schau gestellt hat.

Die belangte Behörde bejahte dies, weil der Beschwerdeführer nicht aufgefordert worden sei, den Dolch "vorzuweisen". Der Beschwerdeführer wendet dagegen ein, daß das Tatbestandsmerkmal des "Zurschaustellens" im Sinne des § 1 Abs. 1 Abzeichengesetz 1960 nicht erfüllt worden sei. Dieses Kriterium setze ein Verhalten voraus, das darauf abziele und auch geeignet sei, die vom Abzeichengesetz 1960 erfaßten Gegenstände - etwa im Rahmen einer Ausstellung - der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dies ergebe sich aus dem Gesamtzusammenhang der Bestimmungen des Abzeichengesetzes 1960, in dem § 2 Abs. 1 leg. cit. ausdrücklich auf Ausstellungen abstelle, "bei denen Ausstellungsstücke, die unter § 1 fallen, keinen wesentlichen Bestandteil der Ausstellung darstellen" und in § 2 Abs. 2 leg. cit. von "sonstigen Ausstellungen" die Rede sei, auf die die Verbote des § 1 leg. cit. dann keine Anwendung fänden, wenn sich die Ausstellung und deren Zweckbestimmung eindeutig gegen das Ideengut der betreffenden verbotenen Organisation richten. Weiters sei es Ziel des Abzeichengesetzes, die Propagierung verbotener Organisationen, insbesondere mit politischer Zielrichtung, hintanzuhalten. Diese Tatbestandsmerkmale habe der Beschwerdeführer nicht erfüllt, wenn er den Inhalt seiner Tasche, u.a. auch den Dolch, Polizeiorganen gezeigt habe, um seine Beteuerungen, nichts gestohlen zu haben, zu untermauern. Daß es sich bei dem Dolch um einen SS-Dolch gehandelt habe, habe weiters von den umstehenden Personen nicht gesehen werden können, da dies auch vom einschreitenden Polizeibeamten erst festgestellt habe werden können, als der Beschwerdeführer diesen ihm übergeben habe. Es könne dem Beschwerdeführer im übrigen nicht vorgeworfen werden, daß "er angesichts des gegen ihn erhobenen Diebstahlvorwurfes freiwillig und in bester Absicht alle in seiner Tasche befindlichen Sachen vorgewiesen hat, ohne zuerst von den einschreitenden Polizeibeamten aufgefordert worden zu sein."

Der Rechtsrüge kommt Berechtigung zu. Das Tatbestandsmerkmal des "Zurschaustellens" eines "Uniformteiles" im Sinne des § 1 Abs. 1 Abzeichengesetz 1960 wurde von der belangten Behörde nicht zutreffend ausgelegt. Wenn der Beschwerdeführer unbestritten die Gegenstände in seiner Tasche einschreitenden Polizeibeamten vorwies, um im Zusammenhalt mit einem Diebstahlsvorwurf jeglichen Verdacht von sich zu weisen, und dabei einen SS-Dolch hervorkam, wird dieses Tatbestandsmerkmal, unabhängig davon, ob die den Vorfall beobachtenden Passanten den Dolch als SS-Dolch hätten wahrnehmen können, nicht erfüllt. Daß der Beschwerdeführer zum Vorzeigen des Inhaltes seiner Tasche nicht ausdrücklich aufgefordert worden war, kann an diesem Ergebnis nichts ändern.

Daher mußte auf die Frage nicht mehr eingegangen werden, ob die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, der in Frage stehende SS-Dolch stelle einen "Uniformteil" im Sinne des § 1 Abs. 1 Abzeichengesetz 1960 dar, zutreffend war.

Die belangte Behörde hat daher auch zu Unrecht im zweitangefochtenen Bescheid den Verfall des verfahrensgegenständlichen Dolches ausgesprochen, der nur zulässig ist, wenn er gemäß § 3 Abs. 2 leg. cit. Gegenstand einer strafbaren Handlung im Sinne des § 1 leg. cit. war.

Die angefochtenen Bescheide waren daher wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf die weiteren geltend gemachten Verletzungen einzugehen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung, BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993010792.X00

Im RIS seit

03.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

24.09.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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