TE Vfgh Erkenntnis 1991/12/11 V207/91

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Veröffentlicht am 11.12.1991
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Index

86 Veterinärrecht
86/01 Veterinärrecht allgemein

Norm

B-VG Art18 Abs2
KontrolluntersuchungsV Traun vom 19.12.88
FleischuntersuchungsG §40 Abs2

Leitsatz

Keine Gesetzwidrigkeit der KontrolluntersuchungsV Traun im Hinblick auf das FleischuntersuchungsG; Bestehen einer konkreten Gefahr von Änderungen des Fleisches durch das Einbringen nach Traun

Spruch

Die Verordnung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Traun vom 19. Dezember 1988 betreffend die Durchführung der Kontrolluntersuchung an Fleisch im Gebiet der Stadtgemeinde Traun (Kontrolluntersuchungsverordnung) - kundgemacht durch Anschlag an der Gemeindeamtstafel in der Zeit vom 20. Dezember 1988 bis 5. Jänner 1989 - wird nicht als gesetzwidrig aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zl. B1385/90 das Verfahren über eine auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrundeliegt:

Der Landeshauptmann von Oberösterreich schrieb mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 3. Oktober 1990, Zl. VetR(SanR)-62/11-1990-Nb/Dau, der beschwerdeführenden Gesellschaft gemäß §6 der Verordnung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Traun vom 19. Dezember 1988 betreffend die Durchführung der Kontrolluntersuchung an Fleisch im Gebiet der Stadtgemeinde Traun (im folgenden kurz: KontrolluntersuchungsV Traun), iVm §1 Abs1 Tarifpost C der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 19. Dezember 1988, LGBl. 86, über die Festsetzung der Höhe der Gebühren und Kosten nach dem Fleischuntersuchungsgesetz, Gebühren in der Höhe von S 4.310,80 für die im Monat April 1990 im Betrieb der beschwerdeführenden Gesellschaft in Traun vorgenommenen Kontrolluntersuchungen von Fleisch vor.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die eingangs erwähnte Verfassungsgerichtshofbeschwerde.

2. Der Verfassungsgerichtshof beschloß am 13. Juni 1991, gemäß Art139 Abs1 B-VG aus Anlaß dieser Beschwerde die Gesetzmäßigkeit der KontrolluntersuchungsV Traun von Amts wegen zu prüfen. (Näheres s.u. II.3.)

3.a) Der Bürgermeister der Stadtgemeinde Traun legte den die KontrolluntersuchungsV Traun betreffenden Akt, Zl. Z-519/1988, vor und erstattete (als verordnungserlassende Behörde) eine Äußerung, in der er die Gesetzmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Verordnung verteidigt (ON 3 des hg. Aktes).

Der Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz (als oberste Verwaltungsbehörde des Bundes, die zur Vertretung der in Prüfung gezogenen Verordnung berufen ist) gab keine formale Äußerung ab (siehe jedoch die folgende litb).

b) Der Verfassungsgerichtshof richtete am 26. August 1991 unter ON 4 an die beteiligten Parteien (die beschwerdeführende Gesellschaft sowie den Landeshauptmann von Oberösterreich als belangte Behörde des Anlaßverfahrens), den Bürgermeister der Stadtgemeinde Traun und den Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz bestimmte Fragen, die die Befragten beantworteten - ON 5, 7, 12 und 14 des hg. Aktes. (Näheres s.u. III.2.)

c) Weitere Stellungnahmen langten ein von den beteiligten Parteien (nämlich dem Landeshauptmann von Oberösterreich - ON 6 - und der beschwerdeführenden Gesellschaft des Anlaßverfahrens - ON 8) sowie vom Trauner Fleischuntersuchungstierarzt (ON 16). (Auch hiezu s.u. III.2.)

II. 1.a) Die KontrolluntersuchungsV Traun stützt sich auf §40 des Fleischuntersuchungsgesetzes, BGBl. 522/1982 (im folgenden kurz: FlUG). Darin wird (auszugsweise) bestimmt:

"Kontrolluntersuchung

§40. (1) Kontrolluntersuchung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die sanitäts- und veterinärpolizeiliche Überprüfung von in eine Gemeinde zum gewerbsmäßigen Verkauf oder zur gewerbsmäßigen Verarbeitung eingebrachtem Fleisch. Ausgenommen sind das Fleisch von Wild und Geflügel und, soweit gemäß Abs4 nichts anderes bestimmt ist, Fleischwaren (Selch-, Wurstwaren u. dgl.). Es ist verboten, in Gemeinden, in denen die Kontrolluntersuchung erfolgt, Fleisch vor durchgeführter Kontrolluntersuchung dem gewerbsmäßigen Verkauf oder der gewerbsmäßigen Verarbeitung zuzuführen.

(2) Die Gemeinde, in die solches Fleisch eingebracht wird, kann die Kontrolluntersuchung anordnen, wenn das Einbringen

1.

regelmäßig,

2.

in größeren Mengen,

3.

aus verschiedenen Herkunftsorten oder

4.

über längere Transportstrecken

erfolgt und wenn Gefahr besteht, daß durch das Einbringen Änderungen des Fleisches in sanitäts- und veterinärpolizeilicher Hinsicht entstehen können.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs2 hat die Gemeinde die Kontrolluntersuchung des eingebrachten Fleisches anzuordnen, wenn sich in ihrem Bereich ein fleischverarbeitender Industriebetrieb befindet.

    (4) . . .

    (5) . . .

(6) Das beabsichtigte Einbringen des Fleisches ist so rechtzeitig dem Bürgermeister anzuzeigen, daß die Kontrolluntersuchung nach Einlangen des Fleisches umgehend durchgeführt werden kann. Zur Anzeige verpflichtet ist sowohl wer das Fleisch in die Gemeinde verfügungsberechtigt einbringt, als auch derjenige, der verfügungsberechtigter Empfänger des Fleisches ist. Anläßlich der Kontrolluntersuchung ist der Untersuchungsschein vorzulegen.

    (7) . . .

    (8) . . .

(9) Bei tiefgefrorenem Fleisch sowie bei Fleischwaren (Abs4) hat sich die Kontrolluntersuchung, soweit sanitäts- oder veterinärpolizeiliche Bedenken nicht dagegensprechen, auf eine stichprobenweise Untersuchung zu beschränken. Für Fleisch, das im Zuge einer Verabeitung durch Hitzekonservierung oder Tiefgefrieren haltbar gemacht und verkaufsfertig vorverpackt wurde, entfällt die Kontrolluntersuchung.

(10) . . .".

b) Die KontrolluntersuchungsV Traun lautet:

"Auf Grund des §40 des Fleischuntersuchungsgesetzes, BGBl. Nr. 522/1982, wird verordnet:

§1

(1) Fleisch, ausgenommen solches von Wild und Geflügel, das zum gewerbsmäßigen Verkauf oder zur gewerbsmäßigen Verarbeitung in das Gebiet der Stadtgemeinde Traun eingeführt wird, unterliegt der Kontrolluntersuchung.

(2) Für Fleisch, das im Zuge einer Verarbeitung durch Hitzekonservierung oder Tiefgefrieren haltbar gemacht und verkaufsfertig vorverpackt wurde, entfällt die Kontrolluntersuchung.

(3) Unter verkaufsfertiger Vorverpackung im Sinne des Abs(2) ist jene Verpackung zu verstehen, in der das Fleisch in unveränderter Form an den Konsumenten (Letztverbraucher) abgegeben wird.

§2

Fleisch im Sinne dieser Verordnung sind alle für den menschlichen Genuß verwendbaren Teile der der Untersuchung (§1 Fleischuntersuchungsgesetz) unterliegenden Tiere, ausgenommen Schalenwild aus Fleischproduktionsgattern.

§3

(1) Die beabsichtigte Einbringung des Fleisches ist so rechtzeitig anzuzeigen, daß die Kontrolluntersuchung nach Einlangen umgehend durchgeführt werden kann.

Die Anzeige hat beim Fleischuntersuchungstierarzt Dr. Kasieczka, im Falle seiner Verhinderung bei seinem Stellvertreter Mag. Lehner, zu erfolgen.

(2) Bei der Kontrolluntersuchung ist der Untersuchungsschein vorzulegen.

(3) Zur Anzeige und Vorlage verpflichtet ist sowohl wer das Fleisch in die Stadtgemeinde Traun verfügungsberechtigt einbringt, als auch derjenige, der verfügungsberechtigter Empfänger des Fleisches ist.

§4

Betriebe haben über in ihren Betrieb eingebrachtes Fleisch ein Wareneingangsbuch zu führen, in welches das mit der Kontrolluntersuchung betraute Organ während der Untersuchungs- bzw. Betriebszeiten Einsicht zu nehmen berechtigt ist.

§5

(1) Die Kontrolluntersuchung wird in den Betrieben, in die das Fleisch eingebracht wurde, vorgenommen und ist umgehend nach Einlangen des Fleisches durchzuführen.

(2) Den Betriebsinhabern können dabei Bedingungen und Auflagen erteilt werden, insbesondere hinsichtlich der Beschaffenheit und Einrichtung der Räume, in denen die Kontrolluntersuchung vorgenommen werden soll, um eine ordnungsgemäße Durchführung der Kontrolluntersuchung zu gewährleisten.

(3) Bei der Kontrolluntersuchung ist der Begleitschein (Untersuchungsschein) mit dem gleichen Stempel wie das Fleisch zu versehen.

Ist die Anbringung eines Stempels bei Fleisch nicht möglich, hat sich die Abstempelung auf die Begleitdokumente zu beschränken.

§6

(1) Für die Vornahme der Kontrolluntersuchung sind die jeweils durch Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich festgesetzten Gebühren zu entrichten, welche mittels Abgabenbescheides des Bürgermeisters im Regelfalle monatlich vorgeschrieben werden.

(2) Gebührenpflichtig sind die in §3 Abs(3) dieser Verordnung genannten Personen, die für die Gebühren solidarisch haften.

§7

(1) Wer Fleisch, welches nach den Bestimmungen dieser Verordnung der Kontrolluntersuchungspflicht unterliegt, in Verkehr bringt (§1 Abs(1) LMG 1975), ohne daß das Fleisch der Kontrolluntersuchung unterzogen worden ist, ist vom Gericht, soferne die Tat nicht nach anderen Bestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

(2) Wer die in Abs(1) mit Strafe bedrohte Handlung fahrlässig begeht, ist vom Gericht mit einer Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen zu bestrafen.

(3) Wer entgegen den Bestimmungen des §40 Abs(1) Fleischuntersuchungsgesetz Fleisch vor durchgeführter Kontrolluntersuchung dem gewerbsmäßigen Verkauf zuführt, macht sich, soferne die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Bestrafung unterliegt, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu S 60.000,-- zu bestrafen.

§8

(1) Durch die gegenständliche Verordnung wird die Verordnung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Traun vom 1. August 1985, mit welcher die Kontrolluntersuchung von Fleisch, welches auf den Trauner Wochenmarkt eingebracht wird, angeordnet wird, in ihrer Geltung nicht berührt.

(2) Diese Verordnung tritt mit 1. Feber 1989 in Kraft."

c) §1 Abs1 Tarifpost C der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 19. Dezember 1988, LGBl. 86, über die Festsetzung der Höhe der Gebühren und Kosten nach dem Fleischuntersuchungsgesetz, legt die Gesamtgebühr "für die Durchführung der Kontrolluntersuchung, je angefangene 50 kg Fleisch bzw. Fleischwaren" mit S 8,-- fest.

2. Der Verfassungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis VfSlg. 11.557/1987 mit einer der nunmehr in Prüfung gezogenen Verordnung ähnlichen Verordnung beschäftigt (nämlich der KontrolluntersuchungsV Graz). Er hat in dieser Entscheidung den Inhalt des §40 FlUG - gegen dessen Verfassungsmäßigkeit er keine Bedenken hatte - wie folgt dargelegt:

"Gemäß §40 Abs2 FlUG kann die Gemeinde, in die Fleisch (gemäß der Bestimmung des §40 Abs1 leg.cit.) eingebracht wird, die Kontrolluntersuchung anordnen, wenn das Einbringen entweder

1. regelmäßig, 2. in größeren Mengen, 3. aus verschiedenen Herkunftsorten oder 4. über längere Transportstrecken erfolgt und wenn Gefahr besteht, daß durch das Einbringen Änderungen des Fleisches in sanitäts- und veterinärpolizeilicher Hinsicht entstehen können. Die in §40 Abs2 Z1 bis 4 FlUG aufgezählten Vorausssetzungen, die die Anordnung einer Kontrolluntersuchung durch eine Gemeinde mittels Verordnung rechtfertigen, sind ....... alternativ (s. diese Auslegung auch im AB 1215, BlgNR 15. GP). §40 Abs2 Z1 FlUG iVm. §40 Abs1 erster Satz leg.cit. ermächtigt zur Erlassung einer Verordnung, mit der die sanitäts- und veterinärpolizeiliche Überprüfung von in eine Gemeinde zum gewerbsmäßigen Verkauf oder zur gewerbsmäßigen Verarbeitung eingebrachtem Fleisch angeordnet wird. Zwar stellt §40 Abs2 Z1 FlUG lediglich auf die Regelmäßigkeit - ein Tatbestandsmerkmal der Gewerbsmäßigkeit iS der Legaldefinition des §1 Abs2 GewO 1973 - des Einbringens ab, doch ist eine Verordnung wegen des untrennbaren Zusammenhaltes dieser Bestimmung ('die Gemeinde, in die solches Fleisch eingeführt wird ...') mit dem (weitergehenden) Eingangssatz des §40 Abs1 FlUG auch dann gesetzmäßig, wenn sie die Kontrolluntersuchung von in eine Gemeinde zum gewerbsmäßigen Verkauf oder zur gewerbsmäßigen Verarbeitung eingebrachtem Fleisch anordnet.

§40 Abs2 FlUG verlangt für die durch Verordnung anzuordnende Kontrolluntersuchung überdies, daß Gefahr besteht, daß durch das Einbringen Änderungen des Fleisches in sanitäts- und veterinärpolizeilicher Hinsicht entstehen können. Das Gesetz stellt somit zusätzlich auf die Möglichkeit der nachteiligen Beeinflussung des Fleisches während des Einbringens ab.

    ......

    ... Das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des §40 Abs2 FlUG

ist Voraussetzung für die mittels Durchführungsverordnung anzuordnende Kontrolluntersuchung....

    ......"

3. Auf dem Boden dieser Auslegung der Verordnungsermächtigung des §40 Abs1 und 2 FlUG hat der Verfassungsgerichtshof - anders als bei der KontrolluntersuchungsV Graz (s. VfSlg. 11.557/1987) - in dem dieses Verordnungsprüfungsverfahren einleitenden Beschluß (s.o. I.2.) Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der KontrolluntersuchungsV Traun geäußert; es dürften in Traun nicht alle im §40 Abs2 FlUG vorgesehenen Voraussetzungen für die Anordnung der Kontrolluntersuchung vorliegen. Diese Bedenken werden im erwähnten Einleitungsbeschluß wie folgt umschrieben:

"Der Landeshauptmann von Oberösterreich meint in der in diesem Beschwerdeverfahren (d.i. das Anlaßverfahren) erstatteten Gegenschrift, daß beim Einbringen von Fleisch in eine Gemeinde die im §40 Abs2 letzter Satzteil FlUG umschriebene Gefahr 'grundsätzlich immer' bestehe. Offenbar war auch der die in Prüfung gezogene Verordnung erlassende Bürgermeister von Traun dieser Ansicht.

Der Verfassungsgerichtshof nimmt aber vorläufig an, daß diese Ausgangsposition verfehlt ist. Hätte sie nämlich der Gesetzgeber tatsächlich eingenommen, so wäre die Anordnung des §40 Abs2 letzter Satzteil FlUG überflüssig. Da nun aber dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden kann, Unnötiges anzuordnen, kann anscheinend dem §40 Abs1 und 2 FlUG nur die Bedeutung zukommen, daß jede Gemeinde zu prüfen hat, ob - unter Berücksichtigung der in den Z1 bis 4 des §40 Abs2 aufgezählten Voraussetzungen - aus bestimmten Gründen durch das Einbringen von Fleisch aus einer anderen inländischen Gemeinde (wo es ohnehin bereits untersucht wurde) - die Kontrolle des aus dem Ausland eingeführten Fleisches ist in den §§42 f. FlUG besonders geregelt - in ihr Gebiet die im letzten Satzteil dieser Gesetzesbestimmung angeführte Gefahr konkret besteht. Nur wenn dies der Fall ist, ist die Gemeinde zur Erlassung einer Kontrolluntersuchungsverordnung ermächtigt.

Eine solche Gefahr liegt - so meint der Verfassungsgerichtshof aufgrund der ihm bisher zugänglichen Informationen (insbesondere des die in Prüfung gezogene Verordnung betreffenden Aktes) vorläufig - bei der Gemeinde Traun nicht vor. Für diese Bedenken scheint zu sprechen, daß keine andere Gemeinde in Oberösterreich (abgesehen von jenen, in denen sich Schlachthöfe befinden) eine Kontrolluntersuchungsverordnung erlassen hat und zunächst weder anzunehmen ist, daß sich diese Gemeinden über die im §40 Abs2 FlUG genannte Gefahr leichtfertig hinwegsetzen, noch, daß gerade in Traun durch das Einbringen von Fleisch, das offenbar ausschließlich oder doch größtenteils aus der angrenzenden Stadt Linz stammt (dadurch dürfte sich dieser Fall vom Grazer Fall - VfSlg. 11557/1987 - wesentlich unterscheiden), die erwähnte Gefahr besteht."

Abschließend wird im Einleitungsbeschluß als mögliches Indiz dafür, daß die angeordnete Kontrolluntersuchung in Traun überflüssig ist, die von der beschwerdeführenden Gesellschaft des Anlaßverfahrens aufgestellte Behauptung wiedergegeben, der Fleischuntersuchungstierarzt nehme die Fleischuntersuchungen nur sehr oberflächlich vor; die angeordnete Kontrolluntersuchung sei daher nur eine Arbeits- und Geldbeschaffungsquelle für die Gemeinde und den Tierarzt.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Das Verordnungsprüfungsverfahren ist - weil alle Prozeßvoraussetzungen vorliegen - zulässig.

2. Die im Einleitungsbeschluß geäußerten, soeben wiedergegebenen Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der KontrolluntersuchungsV Traun haben sich als unberechtigt herausgestellt:

a) Nach §40 Abs2 letzter Halbsatz FlUG ist eine der Voraussetzungen für die Erlassung einer Kontrolluntersuchungsverordnung das Bestehen der Gefahr, daß durch das Einbringen von Fleisch in eine Gemeinde Änderungen des Fleisches in sanitäts- und veterinärpolizeilicher Hinsicht entstehen können.

Im Einleitungsbeschluß äußerte der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, daß diese Gefahr für Traun nicht bestehe. Er stützte sich hiebei auf die beiden folgenden Überlegungen:

-

Keine andere Gemeinde in Oberösterreich (abgesehen von solchen mit Schlachthöfen) hätte eine Kontrolluntersuchungsverordnung erlassen; es sei nicht anzunehmen, daß sich diese Gemeinden leichtfertig über die betreffende Gefahr hinwegsetzen.

-

Das nach Traun eingebrachte Fleisch stamme ausschließlich oder doch größtenteils aus der angrenzenden Stadt Linz; es sei daher nicht anzunehmen, daß durch das Einbringen von Fleisch in die Stadtgemeinde Traun eine Gefahr im erwähnten Sinn bestehe.

              b)              Wie aus der Stellungnahme und der Fragebeantwortung des Landeshauptmannes von Oberösterreich (ON 6 und ON 14) sowie der Fragebeantwortung des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz (ON 12) hervorgeht, gibt es in 11 oberösterreichischen Gemeinden Kontrolluntersuchungsverordnungen. Der Mitteilung des Bundesministers (ON 12) zufolge bestanden österreichweit per 31. Dezember 1989 in 180 Gemeinden Kontrolluntersuchungsverordnungen. (Diese Angaben blieben im Verordnungsprüfungsverfahren unbestritten.)

Diese Umstände zeigen, daß - entgegen der ersten (vorläufigen) Annahme des Einleitungsbeschlusses - auch zahlreiche andere Gemeinden davon ausgegangen sind, es bestehe eine Gefahr in der Bedeutung des §40 Abs2 FlUG.

c) Auch die zweite (vorläufige) Annahme des Einleitungsbeschlusses wurde im Verordnungsprüfungsverfahren widerlegt:

Wie der Verfassungsgerichtshof aufgrund der Äußerung und der Fragebeantwortung des Bürgermeisters von Traun (ON 3 und ON 7) als erwiesen annimmt, werden nur etwa 20 % des nach Traun eingebrachten Fleisches aus Linz (nämlich vom Schlachthof Linz) angeliefert. Auch die beteiligte Partei (die beschwerdeführende Gesellschaft des Anlaßverfahrens) selbst gesteht in ihrer Fragebeantwortung (ON 5) zu, daß lediglich 5 bis 10 % der von ihr eingekauften Gesamtmenge an Fleisch über den Schlachthof Linz bezogen werden. (Diese Sachverhaltsangaben wurden im Verordnungsprüfungsverfahren nicht angezweifelt.)

Unter diesen Umständen ist der zweite wesentliche Ausgangspunkt des Einleitungsbeschlusses - das nach Traun eingebrachte Fleisch stamme weitestgehend aus der (nahegelegenen) Stadt Linz - nicht aufrechtzuerhalten.

d)aa) Bei diesem Sachverhalt gilt für die KontrolluntersuchungsV Traun sinngemäß, was der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 11.557/1987 zur Unbedenklichkeit der FleischuntersuchungsV Graz ausgeführt hat:

§40 Abs2 FlUG verlangt für die durch Verordnung anzuordnende Kontrolluntersuchung - zusätzlich zu einer der in den Z1 bis 4 enthaltenen Voraussetzungen (vgl. hiezu das oben zu II.2. auszugsweise wiedergegebene Vorerkenntnis VfSlg. 11.557/1987) -, daß Gefahr besteht, durch das Einbringen könnten Änderungen des Fleisches in sanitäts- und veterinärpolizeilicher Hinsicht entstehen. Das Gesetz stellt somit auch auf die Möglichkeit der nachteiligen Beeinflussung des Fleisches während des Einbringens ab. Der Verfassungsgerichtshof ist zum Ergebnis gekommen, daß das Einbringen von Fleisch in Traun regelmäßig, in größeren Mengen, aus verschiedenen Herkunftsorten, zum Teil auch über längere Transportstrecken erfolgt und zudem in Traun die konkrete Gefahr besteht, durch das Einbringen könnten Änderungen des Fleisches in sanitäts- und veterinärpolizeilicher Hinsicht entstehen.

Die Abteilung Veterinärdienst des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung hat mit Bericht vom 27. August 1991, Zl. Vet-180200/10-1991-W/L, (Beilage zur Stellungnahme des Landeshauptmannes von Oberösterreich - ON 6) - ausführlich begründet - dargetan, daß längere Transportwege auch nach dem heutigen Stand der Technik von Kühl-Transportfahrzeugen das Hygienerisiko allgemein erhöhen. Der Bericht führt in diesem Zusammenhang folgendes aus:

"Nicht zuletzt lange Transportwege erhöhen das Hygienerisiko. Auch unter der Prämisse der bestmöglichen Funktionsfähigkeit der Kühlaggregate der Transportfahrzeuge und ununterbrochener Kühlkette, müssen doch im Falle des Beladens, Zu- und Umladens und schließlich Entladens, durch Öffnen der Türen der Transportfahrzeuge dem einfachen physikalischen Prinzip der Thermodynamik gehorchende Luftumwälzungen mit beträchtlichem Verlust abgekühlter Luftmengen und ihrem Ersatz durch warme Umgebungsluft in Kauf genommen werden, wodurch es neben der Möglichkeit des Eindringens von Staub und Insekten vor allem zur Kondenswasserbildung auf der Oberfläche gekühlten Ladegutes kommt. Derartige Transportmanipulationen im üblichen Ausmaß allein sind geeignet, die Vermehrung und exponentionelles Wachstum vorhandener Bakterien aufgrund des optimalen Milieus durch frei verfügbares Wasser und optimale Temperatur zu ermöglichen.

Schließlich bedeutet die Arbeitsteilung zwischen Schlacht-, Zerlegungs- und Verarbeitungsbetrieben für Fleisch zwar eine sinnvolle Rationalisierungsmaßnahme, aber in hygienischer Hinsicht eine zusätzliche Belastung, denn die Transportwege werden länger, die Kühlung kann Unterbrechungen wie etwa bei Zuladungen, längere Stehzeiten usw. erfahren und die Oberfläche des Fleisches wird bei der vorangegangenen Zerteilung und Zerlegung vergrößert und die Keimvermehrung bei Frischfleisch ist eindeutig von Faktoren Zeit, Temperatur, Wasserangebot und der Größe der zur Verfügung stehenden Oberfläche abhängig.

Von vielen führenden Wissenschaftern wird die auch von Herstellern bestätigte Meinung vertreten, daß nach dem derzeitigen Stand der Technik keine Kühlaggregate für Transportfahrzeuge weder angeboten noch in naher Zukunft konstruiert werden, die es ermöglichen, in kurzer Zeit entsprechende Abkühlung des Ladegutes zu erreichen, lediglich ein Halten der Temperatur des gekühlten Fleisches bei dauernd geschlossenen Ladetüren wird gelingen. Unter diesen Aspekten ist nach ho. Meinung die Gefahr gegeben, daß durch das Einbringen Änderungen des Fleisches in sanitäts- und veterinärpolizeilicher Hinsicht entstehen können."

Für die Erlassung einer Verordnung nach §40 Abs2 FlUG ist es unerheblich, ob im Rahmen eines bestimmten Betriebes (etwa jenes der beschwerdeführenden Gesellschaft des Anlaßverfahrens) eine aktuelle Gefahr besteht, daß durch Einbringen von Fleisch nach Traun Änderungen der Ware in sanitäts- oder veterinärpolizeilicher Hinsicht entstehen können. Die KontrolluntersuchungsV Traun als genereller Verwaltungsakt richtet sich an alle Anzeigepflichtigen und ordnet die Untersuchung für jedes gemäß §40 Abs2 FlUG in die Gemeinde Traun eingebrachte Fleisch an.

bb) Diese allgemeinen Annahmen werden durch die konkrete Sachverhaltsfeststellung erhärtet, die aufgrund der - unwidersprochen gebliebenen - Fragebeantwortung des Bürgermeisters von Traun (ON 7) getroffen werden konnte:

Der Anteil an Fleisch, das anläßlich von Kontrolluntersuchungen in Traun beanstandet wurde, beträgt 0,5 % bis 1 % der untersuchten Fleischmenge.

e) Unerörtert bleiben kann angesichts dieses Ergebnisses, ob der Fleischuntersuchungstierarzt seine Tätigkeit nur oberflächlich ausgeübt hat. Ein solches Fehlverhalten wäre nämlich - läge es tatsächlich vor - nicht der (unbedenklichen) Verordnung anzulasten.

3. Die im Einleitungsbeschluß enthaltenen Bedenken treffen sohin nicht zu.

Die KontrolluntersuchungsV war daher nicht als gesetzwidrig aufzuheben.

Schlagworte

Gesundheitswesen, Fleischbeschau, Veterinärwesen, Fleischuntersuchung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1991:V207.1991

Dokumentnummer

JFT_10088789_91V00207_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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