TE Vwgh Erkenntnis 1994/5/20 93/01/0352

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Veröffentlicht am 20.05.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Bernegger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des I in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. März 1993, Zl. 4.317.372/2-III/13/91, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 17. September 1991 wurde festgestellt, daß beim Beschwerdeführer die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vorlägen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen den genannten Bescheid eingebrachte Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG zurück. Begründend führte sie aus, daß die Berufung keinen im Sinne des § 63 Abs. 3 AVG ausreichend begründeten Berufungsantrag enthalten habe. Da die Rechtsmittelbelehrung des Bescheides erster Instanz ausdrücklich auf dieses Erfordernis hingewiesen habe, stelle das Fehlen dieses essentiellen Bestandteils einer Berufung keinen nach § 13 Abs. 3 AVG verbesserungsfähigen Formmangel, sondern einen inhaltlichen Fehler dar, der zur Zurückweisung führen müsse.

In der vorliegenden Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Sachentscheidung sowie "auf Anerkennung als Flüchtling im Sinn des § 1 Z. 1 AsylG 1991 sowie Gewährung von Asyl gemäß § 2 leg. cit." verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG erwogen:

Der Beschwerdeführer hat innerhalb der Berufungsfrist an die Erstbehörde eine Eingabe mit folgendem Wortlaut gerichtet:

"Zahl IV 82743-AF/91

Bittschrift

Sehr geehrte Sicherheitsdirektion

Wie Ihnen von den offenen Medien bekannt sein dürfte, ist in Jugoslawien die politische Situation sehr gespannt. Eine Rückkehr in mein Heimatland wäre für mich gefährlich. Deswegen bitte ich die zuständige Behörde, meine Aufenthaltsgenehmigung in Österreich zu verlängern.

Hochachtungsvoll

I e.h."

Gemäß § 63 Abs. 3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.

Als Berufung kann eine Eingabe daher nur angesehen werden, wenn ihr entnommen werden kann, daß der bezeichnete Bescheid angefochten wird, d.h. daß die Partei mit der Erledigung der erkennenden Behörde erkennbar nicht einverstanden ist und daß aus ihr ersichtlich ist, aus welchen Erwägungen die Partei die Entscheidung der Behörde bekämpft. Das Gesetz verlangt somit nicht nur einen Berufungsantrag, sondern darüber hinaus auch eine Begründung, d.h. Ausführungen, aus welchen Gründen der angefochtene Bescheid bekämpft wird (vgl. hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1993, Zl. 92/01/1080).

Im Beschwerdefall kann entgegen der Ansicht der belangten Behörde der Berufung des Beschwerdeführers jedoch entnommen werden, worin er die Unrichtigkeit des erstinstanzlichen Bescheides erblickt. So ergibt sich aus der zwar sehr knappen Formulierung der Berufung immerhin, daß der Beschwerdeführer die - zur Abweisung seines Asylantrages führende - Beurteilung seiner konkreten Situation in seinem Heimatland ("der ehemaligen SFRJ, Kosovo") bekämpft, wobei er mit der Wendung "eine Rückkehr in mein Heimatland wäre für mich gefährlich ..."

offenkundig Verfolgung geltend macht, er sohin der Behörde vorwirft, diese Verfolgungsgefahr verkannt, sohin unrichtig festgestellt zu haben. Hätte die belangte Behörde Zweifel am Vorliegen einer Berufung gehabt, hätte sie rückfragen müssen, um klarzustellen, was der Beschwerdeführer mit seiner Eingabe beabsichtigt habe. Daß sie dies unterlassen hat, stellt allenfalls einen Verfahrensmangel dar. Eine Aufhebung wegen einer solchen Verletzung von Verfahrensvorschriften erübrigt sich aber im Hinblick darauf, daß nun durch die Beschwerde klargestellt wurde, was der Beschwerdeführer gewollt hat.

Da die belangte Behörde in Verkennung der oben dargelegten Rechtslage mit einer Zurückweisung vorgegangen ist, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens durfte erfolgen, da Stempelgebühren nur für eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides zuerkannt werden konnten.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993010352.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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