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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §67a Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 17. Juni 1993, Zl. UVS-02/11/00013/92, betreffend die Festnahme vom 18. Februar 1992 um ca. 4.00 Uhr (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit der beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien erhobenen Beschwerde machte der Beschwerdeführer geltend, er sei dadurch, daß er am 18. Februar 1992 um ca. 4.00 Uhr morgens von Organen der Bundespolizeidirektion Wien mißhandelt und am Körper schwer verletzt und nicht unverzüglich einer ärztlichen Versorgung zugeführt worden sei, in seinem Recht gemäß Art. 3 MRK, nicht erniedrigend und unmenschlich behandelt zu werden, verletzt worden. Weiters sei er "dadurch, daß er durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien am 18.2.1992 in
1210 Wien-Bisamberg, um ca. 4 Uhr morgens festgenommen wurde, in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit gem. Art. 5 EMRK und Art. 1 PersFrG verletzt."
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Beschwerde des Beschwerdeführers insofern statt, als
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die angewandte Körperkraft gegen den Beschwerdeführer, welche den Riß des vorderen Kreuzbandes und des medialen Seitenbandes rechts des Beschwerdeführers zur Folge hatte, nicht als maßhaltend angesehen werden kann,
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die Art und Weise der Verschaffung des Beschwerdeführers vom Festnahmeort zum Stkw, als er von 2 Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes reglos über den Boden geschliffen worden war, als Erniedrigung und unwürdige Behandlung des Beschwerdeführers angesehen wird,
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und das Ablegen des reglosen Beschwerdeführers am Boden der Arrestzelle als erniedrigende Behandlung angesehen wird.
Solcherart wurde ein Verstoß gegen die aus Art. 3 MRK erfließende Verpflichtung auf Achtung der Menschenwürde und Hintanhaltung erniedrigender Behandlung gesetzt."
Das weitere "Beschwerdevorbringen", soweit es sich gegen die Festnahme und gegen die "Unterlassung der rechtzeitigen Herbeiholung ärztlicher Hilfeleistung" richtete, wurde von der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen.
In seiner Beschwerde gegen diesen Bescheid betreffend "die Abweisung des Beschwerdevorbringens bezüglich der Rechtswidrigkeit der Festnahme" macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht auf ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren und auf eine Bescheidbegründung gemäß den §§ 58 und 60 AVG und im Recht, nur bei Vorliegen aller gesetzlichen Voraussetzungen festgenommen zu werden, verletzt.
Gemäß Art. 133 Abs. 1 Z. 1 B-VG sind die Angelegenheiten, die zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gehören, von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.
Gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate, soweit der Beschwerdeführer durch den Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, eines verfassungswidrigen Gesetzes oder eines rechtswidrigen Staatsvertrages in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
In der Frage, ob der Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, die in einem unmittelbar gegen die Person gerichteten Zwang besteht (wie Verhaftung, Festnahme, Vorführung und Vollzug einer Arreststrafe), zuständig ist, vertritt der Verwaltungsgerichtshof seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 7. Dezember 1988, Slg. Nr. 12.821/A, die Auffassung, er sei unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einfachgesetzlich eingeräumter Rechte zur Entscheidung über Beschwerden zuständig, in denen jemand behaupte, in gesetzwidriger Weise festgenommen worden zu sein. Von diesem Grundsatz ausgehend erachtet sich der Verwaltungsgerichtshof auch für Beschwerden gegen Bescheide der unabhängigen Verwaltungssenate, in denen gemäß § 67c AVG über die Rechtmäßigkeit der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt abgesprochen wird, für zuständig, sofern in der Beschwerde die Verletzung einer einfachgesetzlichen Norm behauptet wird.
Im Beschwerdefall käme somit die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zum Tragen, wenn der angefochtene Bescheid (nicht nur verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte, deren Wahrnehmung dem Verfassungsgerichtshof vorbehalten bleibt, sondern auch) auf einfachgesetzlicher Ebene eingeräumte Rechte verletzt haben könnte. Dies ist jedoch im Hinblick auf den (durch den Antrag des Beschwerdeführers beim unabhängigen Verwaltungssenat bestimmten) Rahmen des Abspruches des angefochtenen Bescheides nicht der Fall: Dieser spricht (entsprechend dem Antrag des Beschwerdeführers) ausschließlich über die Frage ab, ob der Beschwerdeführer durch die Ausübung von Zwangsgewalt in seinem Recht auf persönliche Freiheit gemäß Art. 5 MRK und Art. 1 ff BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl. Nr. 684/1988, verletzt worden sei. Durch diesen den ausschießlich die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte betreffenden Antrag des Beschwerdeführers zur Gänze erledigenden Abspruch wird der Prozeßgegenstand des Beschwerdeführers bereits dahin bestimmt, daß er ausschießlich verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte, deren Verletzung - unter Ausschluß der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes - der Verfassungsgerichtshof wahrzunehmen hat, umfaßt. Im Hinblick auf die eingeschränkte, ausschließlich die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte betreffende Fassung seines Antrages war es dem Beschwerdeführer auch verwehrt, eine allenfalls darin gelegene Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides (auf einfachgesetzlicher Ebene) geltend zu machen, daß die belangte Behörde nicht im Sinne des § 67c Abs. 3 AVG umfassend über die Rechtmäßigkeit der Maßnahme, sondern ausschließlich über die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte abgesprochen hat. Bei der vorliegenden Verfahrenskonstellation konnte der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid somit nur in (den ausschließlich geltend gemachten) verfassungsgesetzlich gewährleisteten, nicht aber in vor dem Verwaltungsgerichtshof verfolgbaren Rechten verletzt werden (vgl. in diesem Sinne die hg. Beschlüsse vom 20. September 1993, Zl. 93/10/0118, und vom 23. März 1994, Zl. 93/01/0003). Dies gilt auch im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer nunmehr in seiner Beschwerde beim Verwaltungsgerichthof geltend gemachten einfachgesetzlichen Verfahrensverletzungen im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat. Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993010741.X00Im RIS seit
12.02.2002