TE Vwgh Erkenntnis 1994/5/20 94/01/0298

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.05.1994
beobachten
merken

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
FlKonv Art1 AbschnB;
FlKonv Art33;
FlKonv Art43;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Bernegger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde der S in X, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. November 1993, Zl. 4.326.430/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, daß mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. November 1993, in Erledigung der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 30. Oktober 1991, ausgesprochen wurde, daß Österreich der Beschwerdeführerin - einer Staatsangehörigen "der früheren SFRJ", die am 12. Oktober 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 15. Oktober 1991 den Asylantrag gestellt hat - kein Asyl gewähre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin, ohne sich mit ihrer Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 auseinanderzusetzen, deshalb kein Asyl gemäß § 3 leg. cit. gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei ihr der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Sie ging von den Angaben der Beschwerdeführerin bei ihrer niederschriftlichen Vernehmung am 19. Oktober 1991, daß sie sich vor ihrer Einreise in das Bundesgebiet in Kroatien und Slowenien aufgehalten habe, aus, und befaßte sich in rechtlicher Hinsicht näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetzesstelle, wobei sie im wesentlichen - im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (beginnend mit dem Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - die Rechtslage richtig erkannt hat.

Nach dieser Rechtsprechung kann bei Auslegung des Begriffes der "Verfolgungssicherheit" - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - die zu den §§ 5 Abs. 3 und 7 Abs. 2 Asylgesetz (1968) hinsichtlich der darin enthaltenen Worte "Schutz vor Verfolgung gefunden hat" ergangene Judikatur nicht herangezogen werden. Dem Einwand der Beschwerdeführerin, ihr Aufenthalt sei den beiden genannten Staaten nicht bekannt gewesen und von ihnen auch nicht geduldet oder gebilligt worden, worüber entsprechende Feststellungen zu treffen die belangte Behörde unterlassen habe, kommt daher von vornherein keine rechtliche Bedeutung zu. Ebenso ist demnach für den Standpunkt der Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen, daß sie sich in jenen Staaten "am 11. bzw. 12.10.1991 nur zum Zwecke der Durchreise aufgehalten habe".

Mag auch der Vorwurf der Beschwerdeführerin berechtigt sein, die belangte Behörde habe ihr zu Unrecht vorgehalten, daß sie nicht vermocht habe darzutun, daß sie "keinen Rückschiebeschutz genossen haben sollte", zumal ihr diesbezüglich kein Parteiengehör gewährt worden sei, so ist ihr entgegenzuhalten, daß sie die Wesentlichkeit eines derartigen allenfalls vorliegenden Verfahrensmangels nicht aufgezeigt hat, enthält doch die Beschwerde insgesamt kein geeignetes Vorbringen in der Richtung, daß die tatsächlichen Verhältnisse zumindest in Slowenien dergestalt gewesen wären, daß die Beschwerdeführerin dort - trotz der mit Wirksamkeit vom 25. Juni 1991 abgegebenen Erklärung dieses Landes, sich (ohne Einschränkung) auch weiterhin an die Genfer Flüchtlingskonvention gebunden zu erachten (siehe BGBl. Nr. 806/1993) - einer Verfolgung ausgesetzt gewesen wäre oder keinen wirksamen Schutz vor Abschiebung in ihren Heimatstaat gehabt habe. Wenn die Beschwerdeführerin ins Treffen führt, daß es, nachdem sie sich "lediglich einige Tage später nach dem Beitritt Kroatiens als Mitgliedstaat der Genfer Flüchtlingskonvention" (siehe die Erklärung dieses Landes mit Wirksamkeit vom 8. Oktober 1991, BGBl. Nr. 806/1993) dort aufgehalten habe, "schon genauerer Erhebungen und Ermittlungen bedurft hätte, um tatsächlich abzuklären, daß sie zu jenem Zeitpunkt in diesen beiden Staaten vor Verfolgung sicher war", so könnte diese Argumentation lediglich in Ansehung der Verhältnisse in Kroatien zielführend sein. Ob aber die Beschwerdeführerin - wie die belangte Behörde ebenfalls angenommen hat - auch in Kroatien vor Verfolgung sicher gewesen sei, kann im Hinblick darauf, daß sie jedenfalls in Slowenien vor Verfolgung sicher war und die belangte Behörde schon aus diesem Grunde nicht ungerechtfertigt von dem gegenständlichen Ausschließungsgrund Gebrauch gemacht hat, auf sich beruhen. Die belangte Behörde hat sich nicht mit dem "bloßen Hinweis auf den Beitritt als Mitgliedstaat zur Genfer Flüchtlingskonvention" begnügt, sondern darüber hinaus ausgeführt, es spreche nichts dafür, daß (auch) Slowenien die sich aus dieser Mitgliedschaft ergebenden Verpflichtungen, insbesondere das in deren Art. 33 verankerte Refoulement-Verbot, etwa vernachlässige, und es sei davon auszugehen, daß "das Nonrefoulementrecht effektiv in Geltung" stehe. Dem tritt die Beschwerdeführerin - wie gesagt - in der Beschwerde nicht hinreichend entgegen, wobei es sich auch dabei, daß "vor allem zum damaligen Zeitpunkt noch keinerlei Erfahrungswerte vorlagen und eine Beurteilung nicht ex post sondern ex ante vorzunehmen ist", um kein konkretes, die Annahme der belangten Behörde widerlegendes Vorbringen handelt.

Da somit der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, war dadurch entbehrlich.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994010298.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten