TE Vwgh Erkenntnis 1994/5/25 94/20/0295

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Veröffentlicht am 25.05.1994
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §16 Abs1;
AsylG 1991 §20 Abs1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer über die Beschwerde der H in G, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Dezember 1993, Zl. 4.343.544/1-III/13/93, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige des Iran, die am 25. Oktober 1993 in das Bundesgebiet eingereist ist, hat den Bescheid des Bundesasylamtes vom 28. Oktober 1993, mit dem ihrem Antrag auf Asylgewährung nicht stattgegeben worden war, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 7. Dezember 1993 wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Nach den Ausführungen im angefochtenen Bescheid, denen die Beschwerdeführerin hinsichtlich der von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltsgrundlage nicht entgegentritt, habe sie bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesasylamt angegeben, sie gehöre der assyrischen Volksgruppe an. Nach dem Tod ihres Gatten im Jahr 1983 sei sie einige Male von Revolutionswächtern befragt worden, weshalb ihr Gatte für eine ausländische Firma gearbeitet hätte. Auf der Straße sei sie auch einige Male von Revolutionswächtern aufgefordert worden, sich an die Bekleidungsvorschriften zu halten. Sie sei jedoch nie irgendwelchen konkreten Verfolgungshandlungen seitens der iranischen Behörden ausgesetzt gewesen. Auf Grund ihres christlichen Glaubens sei sie auch als Witwe belästigt und beleidigt worden. Das Erbe ihres Vaters hätte es ihr ermöglicht, das Land zu verlassen. Überdies hätte ihr Sohn in den nächsten Jahren seinen Militärdienst ableisten müssen, was sie ihm hätte ersparen wollen. Durch die Hilfe von Fluchthelfern sei sie illegal nach Österreich gelangt.

Die belangte Behörde hat die Abweisung der Berufung, in der die Beschwerdeführerin ihr erstinstanzliches Vorbringen bekräftigte und ergänzend ausführte, als Angehörige der assyrischen Minderheit sei sie der iranischen Behörde bzw. den Revolutionswächtern schon verdächtig gewesen, daß ihr Gatte bei einer ausländischen Firma gearbeitete habe, sei erschwerend hinzugekommen, im wesentlichen damit begründet, das durchgeführte Ermittlungsverfahren, insbesondere die niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführerin selbst habe nicht ergeben, daß diese Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei. Die Beschwerdeführerin habe vielmehr bei ihrer Erstbefragung selbst erklärt, seitens der iranischen Behörden nie irgendwelchen konkreten Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen zu sein. Bezüglich der Tätigkeit des Gatten der Beschwerdeführerin für eine ausländische Firma und allfällig daraus resultierende Schwierigkeiten handle es sich nicht um die Beschwerdeführerin selbst betreffende Nachteile, abgesehen davon, daß der Gatte der Beschwerdeführerin bereits 1983 verstorben sei, sie hingegen erst 1993 den Iran verlassen habe. Auch der in der Berufung der Beschwerdeführerin enthaltene Hinweis auf Berichte von "CSI" genüge dem Konkretisierungserfordernis nicht, weil daraus eine individuelle gegen die Beschwerdeführerin gerichtete Verfolgung nicht hervorgehe. Damit eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung angenommen werden könne, müßten die Zustände im Heimatland des Asylwerbers aus objektiver Sicht betrachtet so sein, daß ein weiterer Verbleib des Asylwerbers dort unerträglich sei; die subjektive Einstellung des Asylwerbers reiche allein nicht aus, insbesondere auch nicht die bloß innere Abneigung gegen das in seiner Heimat herrschende System.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Voraussetzung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des - von der belangten Behörde im vorliegenden Fall anzuwendenden - § 1 Z. 1 AsylG 1991 ist die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, verfolgt zu werden. Bloß subjektiv empfundene Furcht vor Verfolgung genügt - wie die belangte Behörde bereits zutreffend ausgeführt hat - nicht. Vielmehr müssen (allenfalls drohende) Maßnahmen dargetan werden, die sowohl aus objektiver Sicht, als auch unter dem Gesichtspunkt der Schwere des Eingriffs einen (weiteren) Verbleib im Heimatland unerträglich erscheinen ließen (vgl. auch hg. Erkenntnis vom 21. April 1994, Zl. 94/19/1061 und die dort angegebene Judikatur). Die belangte Behörde hatte bei ihrer Entscheidung gemäß § 20 Abs. 1 AsylG 1991 das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz zugrundezulegen. Davon ausgehend hat die belangte Behörde zutreffend erkannt, daß die Beschwerdeführerin keine Umstände dargetan hat, die eine Verfolgung aus einem in der im § 1 Z. 1 AsylG 1991 genannten Gründe erkennen ließen. Daß sie u.a. auch auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin in ihrem Berufungsantrag eingegangen ist, begründet zwar aus diesem Grund einen Verfahrensfehler, der sich jedoch nicht zum Nachteil der Beschwerdeführerin auswirken konnte. Der Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 1989, Zl. 89/01/0161 geht fehl, weil - im Gegensatz zum vorliegenden Beschwerdefall - eine massive Bedrohung der Lebensgrundlage durch die allgemeinen, jedoch auch die dortige Beschwerdeführerin konkret betreffenden Benachteiligungen auf Grund ihrer Religionszugehörigkeit behauptet worden war, wie dies in der Beschwerde auch zutreffend zitiert wird. Daß im vorliegenden Fall die Beschwerdeführerin konkret ebenfalls von diesen Maßnahmen betroffen worden wäre, hat sie im verwaltungsbehördlichen Verfahren nicht vorgebracht, weshalb diese nunmehr in der Beschwerde aufgestellte Behauptung ebenso wie die Behauptung, die Beschwerdeführerin habe auf Grund der Tätigkeit ihres verstorbenen Ehemannes für eine ausländische Firma eine Art Sippenhaftung zu erdulden, als neues Tatsachenvorbringen gemäß § 41 VwGG vom Verwaltungsgerichtshof nicht mehr aufgegriffen werden kann.

Schließlich ist festzuhalten, daß auch aus § 16 Abs. 1 AsylG 1991 eine Verpflichtung der Behörde nicht abgeleitet werden kann, Asylgründe, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat, zu ermitteln (vgl. hg. Erkenntnisse vom 9. September 1993, Zl. 93/01/0768 und das bereits zitierte Erkenntnis vom 21. April 1994, Zl. 94/19/1061).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Im Hinblick darauf erübrigt sich auch eine Entscheidung des Berichters über den Antrag der Beschwerdeführerin, ihrer Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994200295.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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