TE Vwgh Erkenntnis 1994/5/25 94/20/0045

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Veröffentlicht am 25.05.1994
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
FlKonv Art1 AbschnB;
FlKonv Art43;
MRK;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des Y in T, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 1. Februar 1994, Zl. 4.342.091/1-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger (kurdischer Nationalität), ist am 26. Mai 1992 in das österreichische Bundesgebiet eingereist und hat am 2. Juli 1992 einen Asylantrag gestellt. In seiner am 20. August 1992 vom Bundesasylamt vorgenommenen niederschriftlichen Befragung hat der Beschwerdeführer hinsichtlich seines Fluchtweges angegeben, er sei unter Zuhilfenahme einer Schlepperorganisation von der Türkei mit einem Lastkahn nach Griechenland gebracht worden und habe sich einige Tage in Griechenland aufgehalten; dann sei er mit einem LKW über Jugoslawien und Ungarn nach Österreich weiterbefördert worden.

Mit dem am 1. Februar 1994 im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den seinen Asylantrag abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes vom 27. August 1992 gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.

In der gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres erhobenen Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Asylgewährung verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat unter Heranziehung des Ausschließungsgrundes des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 dem Beschwerdeführer im wesentlichen mit der Begründung kein Asyl gewährt, daß dieser nach dem Verlassen der Türkei bereits in Griechenland oder in Ungarn um Asylgewährung hätte ansuchen können und dort bereits Verfolgungssicherheit erlangt habe.

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde kann aus dem Aufenthalt des Beschwerdeführers in Ungarn - im Hinblick auf seine Herkunft aus einem außereuropäischen Teil der Türkei - jedoch nicht abgeleitet werden, er sei bereits dort vor Verfolgung sicher gewesen. Auch die insoweit auf die Europäische Menschenrechtskonvention gestützte Argumentation der belangten Behörde erweist sich als nicht tragfähig, weil Ermittlungen und Feststellungen über die tatsächlichen Verhältnisse bzw. über die Vorgangsweise der ungarischen Behörden gegenüber derartigen Asylwerbern (hier: Kurde) fehlen. Zur näheren Begründung wird insoweit gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die hg. Erkenntnisse vom 16. Dezember 1993, Zl. 93/01/0230, und vom 23. Februar 1994, Zl. 94/01/0038, verwiesen.

Der hingegen zutreffenden Argumentation der belangten Behörde, er sei bereits in Griechenland vor Verfolgung sicher gewesen, vermag der Beschwerdeführer allerdings weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht etwas Entscheidendes entgegenzusetzen. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß er sich einige Tage in Griechenland aufgehalten hat. Für Griechenland ist die Genfer Flüchtlingskonvention am 4. Juli 1960 in Kraft getreten (BGBl. Nr. 86/1962 und Art. 43 dieser Konvention) und Griechenland hat die Erklärung abgegeben, die Verpflichtungen dieser Konvention auch hinsichtlich außereuropäischen Ereignissen zu übernehmen. In der Folge ist Griechenland ferner Mitglied des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. Nr. 78/1974) geworden. Umstände, die darauf schließen ließen, daß der Beschwerdeführer in Griechenland nicht vor Verfolgung sicher gewesen wäre bzw. Gründe, die den Beschwerdeführer gehindert hätten, in Griechenland länger zu bleiben und dort um Asyl anzusuchen, hat er konkret gar nicht geltend gemacht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 26. Jänner 1994, Zl.94/01/0012, vom 23. März 1994, Zl. 94/01/0163 und vom 21. April 1994, Zlen. 94/19/1004, 1005).

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kommt es - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat - nach der vorliegend anzuwendenden Regelung des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 auf die vom Asylwerber nach seinen Vorstellungen (Motiven) angezielte "Fluchtbeendigung" oder auf eine bestimmte "Verweildauer" in einem Drittland bzw. auf die Herbeiführung eines "stationären Aufenthaltes" in einem Drittland nicht an, sondern nur darauf, ob der Flüchtende unter Bedachtnahme auf das in seinem Einzelfall zur Vermeidung seiner weiteren Verfolgung erforderliche Sicherheitsbedürfnis seinen "Fluchtweg" schon vor der Einreise nach Österreich hätte abbrechen können (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357 und vom 26. Jänner 1994, Zlen. 93/01/0021, 0022). Den Ausführungen der belangten Behörde, daß für ihn in Griechenland die objektive Möglichkeit bestanden hat, um Asylgewährung anzusuchen, vermochte der Beschwerdeführer nicht erfolgreich entgegenzutreten.

Da die belangte Behörde den Asylausschließungsgrund heranziehen konnte, erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers gemäß § 1 Z. 1 AsylG 1991, weshalb auch die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe es unterlassen, die Richtigkeit seines Vorbringens zu überprüfen, unberechtigt ist.

Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Damit erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag des Beschwerdeführers, seiner Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schlagworte

Parteiengehör Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994200045.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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