TE Vwgh Erkenntnis 1994/5/30 94/10/0016

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Veröffentlicht am 30.05.1994
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Index

L55008 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Vorarlberg;
L81518 Umweltanwalt Vorarlberg;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

B-VG Art140 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §12 Abs2;
LSchG Vlbg 1982 §34 Abs1 litf;
MRK Art6 Abs1;
MRK Art7;
VStG §6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des S in D, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 15. September 1993, Zl. IVe-224/76-1990, betreffend Übertretung des Vorarlberger Landschaftsschutzgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 26. April 1993, Zl. 91/10/0196, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde der Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 13. September 1990 betreffend Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Übertretung des Vorarlberger Landschaftsschutzgesetzes (LSchG) aufgehoben. Dem Beschwerdeführer war in dem aufgehobenen Bescheid zur Last gelegt worden, er habe es unterlassen, der ihm mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 9. Dezember 1986, Spruchpunkt II (rechtskräftig seit dem 2. Dezember 1988) auferlegten Verpflichtung, binnen 2 Monaten nach Rechtskraft des erwähnten Bescheides auf den Grundstücken Nr. 2516 und 2524 der KG X den rechtmäßigen ursprünglichen Zustand dadurch herbeizuführen, daß die Schüttung unter äußerster Sorgfalt vollständig abgetragen werde und die vorhandene, unbeschüttete Restfläche und die überschüttete Vegetationsdecke zusammen mit dem darunter anstehenden Boden möglichst unversehrt erhalten blieben bzw. hergestellt würden, nachzukommen, indem er die erwähnten Maßnahmen bis zum Jänner 1990 nicht durchgeführt habe. Die Aufhebung erfolgte, weil zwischen Spruch und Begründung des Bescheides ein Widerspruch hinsichtlich der Tatzeit bestand, weil dem Beschwerdeführer die nicht vollständige Entfernung des Materials zur Last gelegt wurde, ohne daß geklärt worden war, ob eine vollständige Entfernung ohne Verletzung der Rechte Dritter bewerkstelligt werden konnte und weil bei der Zitierung der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift ein Fehler unterlaufen war.

Im fortgesetzten Verfahren erließ die Behörde einen mit 15. September 1993 datierten Bescheid, dessen Spruch folgenden Wortlaut hat:

"S ist dem Beseitigungsauftrag der Vorarlberger Landesregierung vom 28.7.1987, Zl. IVe-223/81, rechtskräftig seit 30.7.1987, dadurch nicht pflichtgemäß nachgekommen, daß er das widerrechtlich abgelagerte Material nicht binnen zwei Monaten nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des erwähnten Bescheides, also bis zum 2.2.1989, von den Teilflächen der Gst. Nr. 2516 und 2524, beide KG X, beseitigt hat, von welchen dies ohne Gefährdung fremden Gutes hätte geschehen können, nämlich von den Flächen, die mehr als 10 m vom Mittelpunkt des Gittermastens auf dem Gst. 2516, KG X, sowie mehr als 5 m vom Bankett der Bildsteinerstraße und vom Sportplatz entfernt sind.

Er hat damit eine Verwaltungsübertretung nach § 34 Abs. 1 lit. f des Landschaftsschutzgesetzes, LGBl. Nr. 1/1982 i.V.m. dem Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 28.7.1987, Zl. IVe-223/81, begangen."

Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe in Höhe von S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 15 Tagen) verhängt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 30. November 1993, B 1899/93-3, ihre Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof legte der Beschwerdeführer einen ergänzenden Schriftsatz vor, in welchem er die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrte.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt vor, der angefochtene Bescheid enthalte keine Festlegung der Tatzeit. Dem Beschwerdeführer werde die Nichtbeachtung einer bescheidmäßigen Beseitigungsverpflichtung vorgeworfen. Die belangte Behörde scheine nun auszusprechen, daß jene zwei Monate den Tatbegehungszeitraum darstellten, in denen der Beschwerdeführer der behördlichen Beseitigungsverpflichtung nachkommen hätte sollen und dies nicht getan habe. Diese Rechtsansicht sei verfehlt. Vorgeworfen werden könne dem Beschwerdeführer nur die Belassung des bescheidwidrigen Zustandes nach Ablauf jener Frist, die die Behörde ihm gestellt habe, um dem Beseitigungsauftrag nachzukommen. Ein strafbares Verhalten des Beschwerdeführers könne also frühestens nach Ablauf der für die Beseitigung der Schüttung gestellten Frist, also frühestens ab dem 3. Februar 1989, vorgelegen haben. Einen diesbezüglichen Tatbegehungszeitraum stelle das angefochtene Straferkenntnis jedoch nicht unter Strafsanktion. Der Tatbegehungszeitraum müsse jedenfalls mit dem - gleichfalls im angefochtenen Bescheid nicht festgehaltenen - Zeitpunkt der Ersatzvornahme geendet haben, denn ab diesen Zeitpunkt könne der Beschwerdeführer gar nicht mehr säumig gewesen sein. Der angefochtene Bescheid werfe also einen falschen Tatbegehungszeitraum vor bzw. lege in Verkennung des Wesens des vorgeworfenen Deliktes den maßgeblichen Tatbegehungszeitraum nicht fest.

Die Verpflichtung des Beschwerdeführers, die im Wiederherstellungsauftrag vom 30. Juli 1987 verfügten Maßnahmen durchzuführen, begann am 2. Dezember 1988. Ab diesem Zeitpunkt hatte der Beschwerdeführer zwei Monate, also bis zum 2. Februar 1989, zur Verwirklichung des Wiederherstellungsauftrages zur Verfügung. Mit dem ungenützten Verstreichen dieses Zeitraumes begann das strafbare Verhalten. Nichts anderes legt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zur Last. Aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides ergibt sich zweifelsfrei, daß als strafbares Verhalten die Nichtdurchführung des Wiederherstellungsauftrages in der hiefür zur Verfügung stehenden Zeit und der daraus nach Ablauf der Leistungsfrist resultierende rechtswidrige Zustand angesehen wird. Inwiefern durch das Fehlen einer Angabe des Zeitpunktes, zu dem die Ersatzvornahme vorgenommen wurde, der Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt sein soll, ist nicht ersichtlich. Insbesondere wird dadurch nicht die Gefahr begründet, daß er für dasselbe Verhalten nochmals bestraft werden könnte.

Der Beschwerdeführer macht geltend, mit Bescheid der belangten Behörde vom 7. Mai 1990 sei ein Teil des Wiederherstellungsauftrages aufgehoben worden. Daraus ergebe sich, daß der Beschwerdeführer mit seinen Bedenken im Recht gewesen sei, durch die vollständige Abtragung des Schüttmaterials würden der Gittermast eines Elektrizitätsversorgungsunternehmens, die Bildsteiner Straße und der Sportplatz und damit das Leben und die Gesundheit von Menschen gefährdet. Dieser Notstand des Beschwerdeführers, den der angefochtene Bescheid durch die Einschränkung des Tatvorwurfes ausdrücklich bestätige, sei für den Beschwerdeführer erst mit der Zustellung des Bescheides vom 7. Mai 1990 behoben worden. Erst ab diesem Zeitpunkt habe der Beschwerdeführer davon ausgehen können, daß die Beseitigung des sonstigen Schüttmaterials keine Gefahr für Leib oder Leben von Menschen begründe. Die belangte Behörde habe den Notstand des Beschwerdeführers bei der Festlegung des Tatzeitraumes nicht berücksichtigt.

Mit dem vom Beschwerdeführer erwähnten Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 7. Mai 1990 wurde der Wiederherstellungsauftrag vom 28. Juli 1987 unter Berufung auf § 68 Abs. 2 AVG dahingehend eingeschränkt, daß im Umkreis von 10 m vom Mastmittelpunkt des Gittermastes auf dem Gst. 2516 der KG X sowie auf jenen Teilen der Aufschüttungsfläche, die weniger als 5 m Abstand vom Bankett der B-Straße aufweisen, das aufgeschüttete Material nicht entfernt werden müsse und daß, soweit erforderlich, innerhalb eines höchstens 2 m breiten Grundstreifens entlang der östlichen Grenze des Gst. 2524 der KG X eine Abböschung gegenüber dem höher liegenden Nachbargrundstück hergestellt werden könne. Grund hiefür war, daß der im Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer beigezogene Amtssachverständige für Geologie diese Einschränkung empfohlen hatte, weil das Schüttmaterial im Nahbereich des Mastes zur Standsicherheit diene und einer Schrägstellung entgegenwirke und die Entfernung der Aufschüttungen entlang des Sportplatzes der Gemeinde Schwarzach sowie der Bildsteiner Straße zu Ausgleichsbewegungen im Untergrund entlang dieser Straße und des Sportplatzes führen könnten. Ungeachtet dieser Aussage des Sachverständigen und der darauf gestützten bescheidmäßigen Einschränkung des Wiederherstellungsauftrages war aber der Beschwerdeführer mit Bescheid der belangten Behörde vom 13. September 1990 bestraft worden, weil er nicht dem gesamten (ursprünglichen) Wiederherstellungsauftrag entsprochen habe. Dieser Bescheid wurde mit hg. Erkenntnis vom 26. April 1993, Zl. 91/10/0196 aufgehoben, weil die Aussage des Sachverständigen indizierte, daß eine vollständige Befolgung des ursprünglichen Wiederherstellungsauftrages nur unter Verletzung fremder Rechte erfolgen könne und die belangte Behörde dazu keine näheren Feststellungen getroffen hatte. Unabhängig davon war aber der Beschwerdeführer - und zwar bereits ab dem Wirksamwerden des Wiederherstellungsauftrages - durch nichts daran gehindert, den Wiederherstellungsauftrag zumindest soweit zu erfüllen, als dies ohne Beeinträchtigung der Rechte des Elektrizitätsversorgungsunternehmens, der Gemeinde und des Straßenerhalters möglich war. Wie der Beschwerdeführer selbst vorbringt, hätte lediglich die vollständige Beseitigung der Schüttung allenfalls zu einer Beeinträchtigung fremder Rechte führen können, wobei diese Beeinträchtigung, wie sich aus dem Gutachten des Amtssachverständigen für Geologie ergibt, entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht in einer Gefährdung von Leben oder Gesundheit von Menschen bestanden hätte. Der Beschwerdeführer vermag keine Begründung dafür zu geben, warum ihm erst nach Zustellung des Bescheides der belangten Behörde vom 7. Mai 1990 die Durchführung des ohne Beeinträchtigung fremder Rechte zu bewerkstelligenden Teiles des Wiederherstellungsauftrages möglich gewesen sein soll. Es wäre Sache des Beschwerdeführers gewesen, selbst durch geeignete Schritte, insbesondere durch Einholung von Informationen seitens des Elektrizitätsversorgungsunternehmens, der Gemeinde und des Straßenerhalters, auszuloten, wie weit der Wiederherstellungsauftrag ohne Beeinträchtigung fremder Rechte ausgeführt werden konnte (vgl. hiezu auch die Ausführungen im hg. Vorerkenntnis vom 26. April 1993, Zl. 91/10/0196). Solche Schritte hat der Beschwerdeführer nicht unternommen. Er könnte sich daher auch nicht darauf berufen, für ihn sei vor der Zustellung des Bescheides vom 7. Mai 1990 nicht feststellbar gewesen, wie weit er dem Wiederherstellungsauftrag ohne Beeinträchtigung fremder Rechte nachkommen könne.

Der Beschwerdeführer hat keine Rechtfertigung dafür, daß er die Schüttung auf jenen Teilen nicht beseitigt hat, auf denen dies ohne Beeinträchtigung oder Gefährdung fremder Rechte möglich gewesen wäre.

Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe dem Wiederherstellungsauftrag auch mangels Verpflichtung des Grundeigentümers zur Duldung der Wegnahme des Materials nicht entsprechen können.

Hiezu genügt es, auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in Vorerkenntnis vom 26. April 1993, Zl. 91/10/0196 und im Erkenntnis vom 24. Oktober 1988, Zl. 88/10/0046 zu verweisen, wonach dem LSchG zu entnehmen ist, daß der Grundeigentümer auch dann zur Duldung der mit einem Wiederherstellungsauftrag verbundenen Maßnahmen verpflichtet ist, wenn er nicht selbst die Aufschüttung durchgeführt hat.

Schließlich verweist der Beschwerdeführer auf sein Vorbringen vor dem Verfassungsgerichtshof, wo er eine Verletzung des Rechtes auf ein faires Verfahren (Art. 6 MRK) und des Art. 7 MRK geltend gemacht hatte. Eine Verletzung des Rechtes auf ein faires Verfahren erblickt der Beschwerdeführer darin, daß anstelle eines unabhängigen Tribunals im Sinne des Art. 6 MRK Verwaltungsbehörden entschieden hätten, obwohl das LSchG nicht vom Vorbehalt zu Art. 5 MRK umfaßt sei. Eine Verletzung des Art. 7 MRK sieht der Beschwerdeführer darin, daß er wegen Nichterfüllung einer Verpflichtung bestraft worden sei, deren Erfüllung ihm mangels Zustimmung des Grundeigentümers nicht möglich gewesen sei.

Zu diesem Vorbringen ist darauf zu verweisen, daß der Verwaltungsgerichtshof nicht berufen ist, über die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte zu erkennen. Hiezu beruft Art. 144 B-VG den Verfassungsgerichtshof. Soweit der Beschwerdeführer die Gründe, die er für seine Behauptung, in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt zu sein, auch als Beleg für die Verletzung einfachgesetzlich gewährleisteter Rechte anführt, wurde darüber bereits in den vorstehenden Abschnitten dieses Erkenntnisses abgesprochen. Es bestehen auch keine Bedenken gegen die Verfassungskonformität des LSchG unter den vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Aspekten (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. Dezember 1993, Zl. 90/10/0015).

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994100016.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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