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L67007 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Tirol;Norm
EO §183;Beachte
Besprechung in: AnwBl 1994/9, S 727-729;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Steiner, Dr. Fellner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde des E in R, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 24. Februar 1989, 60.155-6/89, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen von 11.540 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 11. Juni 1986 fand beim Bezirksgericht K auf Betreiben des Beschwerdeführers die Zwangsversteigerung eines inländischen Grundstückes statt. Wie sich aus dem Versteigerungsprotokoll ergibt, wurde das Grundstück dem Beschwerdeführer um das Meistbot von 1,4 Mio S zugeschlagen. Der Beschwerdeführer ist deutscher Staatsbürger. Der Grundstückserwerb bedurfte daher nach dem Tiroler Grundverkehrsgesetz, LGBl Nr 69/1983 (TGVG), der Zustimmung durch die Grundverkehrsbehörde. Das Bezirksgericht K ersuchte daher im Sinn des § 10 Abs 1 TGVG vor Ausfertigung und Verlautbarung des Beschlusses über den Zuschlag um die bescheidmäßige Entscheidung der Grundverkehrsbehörde, ob die Übertragung des Eigentums an den Beschwerdeführer den Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes entspreche. Mit in Rechtskraft erwachsenem Bescheid vom 20. März 1987 stellte die Grundverkehrsbehörde erster Instanz fest, der Eigentumserwerb durch den Beschwerdeführer entspreche NICHT den Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes. Unter Beachtung und Hinweis auf § 10 Abs 2 TGVG fand sodann am 12. August 1987 beim Bezirksgericht K eine neuerliche Zwangsversteigerung des Grundstückes statt. Wie sich aus dem Versteigerungsprotokoll ergibt, hatten zwar zwei Interessenten vom Landesgrundverkehrsreferenten die Bewilligung zum Bieten erhalten (vgl § 10 Abs 2 lit b TGVG), jedoch kein Anbot abgegeben, weswegen auch kein Zuschlag erfolgte. Mit in Rechtskraft erwachsenem Beschluß vom selben Tag sprach das Bezirksgericht K in Anwendung des § 10 Abs 6 TGVG unter Hinweis auf Abs 2 lit c (richtig wohl: lit d) leg cit aus, das Grundstück werde dem Beschwerdeführer als Meistbietenden im ersten Versteigerungstermin (11. Juni 1986) auf Grund der Versteigerungsbedingungen um das Meistbot von 1,4 Mio S zugeschlagen.
Strittig ist, ob bereits durch den anläßlich der ersten Zwangsversteigerung am 11. Juni 1986 verkündeten Zuschlag an den Beschwerdeführer ein Erwerbsvorgang im Sinn des § 1 Abs 1 Z 2 GrEStG verwirklicht worden ist und dieser Vorgang grundsätzlich nach § 14 Abs 1 Z 2 lit b GrEStG 1955 zu besteuern wäre, jedoch nach § 9 Abs 1 in Verbindung mit Abs 5 Z 3 GrEStG 1955 die Steuer nicht erhoben wird (Ansicht des Beschwerdeführers), oder ob erst (frühestens) im Zeitpunkt der Erlassung des Beschlusses vom 12. August 1987, weil der Erwerb eines Grundstückes, der der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bedarf, erst dann erfolgt, wenn ein Beschluß in Anwendung des § 10 Abs 6 TGVG ergangen ist und dieser Vorgang daher nach § 7 Z 3 GrEStG 1987 zu besteuern ist (Ansicht der belangten Behörde).
Gegen den im Spruch dieses Erkenntnisses genannten Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Sinn des § 1 Abs 1 GrEStG 1955 und 1987 unterliegen der Grunderwerbsteuer bestimmte Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen. Darunter fällt laut Z 2 der zitierten Gesetzesstellen die Erwerbung des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist.
Gemäß § 12 Abs 1 erster Satz GrEStG 1987 sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes auf alle ERWERBSVORGÄNGE anzuwenden, die nach dem 30. Juni 1987 VERWIRKLICHT werden.
Nach § 12 Abs 2 GrEStG 1987 sind auf vor dem ersten Juli 1987 VERWIRKLICHTE ERWERBSVORGÄNGE die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes in Geltung stehenden gesetzlichen Vorschriften anzuwenden. Dies gilt INSBESONDERE, wenn für einen vor dem 1. Juli 1987 verwirklichten, steuerbefreiten Erwerbsvorgang die Steuerschuld oder ein Erhebungsgrund für die Steuer nach dem 30. Juni 1987 entsteht.
Die Verwirklichung des Erwerbsvorganges ist von der Entstehung der Steuerschuld nach § 16 GrEStG 1955 bzw nach § 8 GrEStG 1987 zu unterscheiden. So entsteht in den Fällen des Abs 2 der genannten Gesetzesstellen die Steuerschuld erst mit dem Eintritt der Bedingung oder mit der Genehmigung, obgleich der Erwerbsvorgang bereits mit dem Abschluß des Rechtsgeschäftes verwirklicht worden ist. Der Gesetzgeber unterscheidet also mit Vorbedacht den Erwerbsvorgang als Rechtsakt vom Entstehen der Steuerschuld bei Eintritt der Bedingung; auch der von einer aufschiebenden Bedingung abhängige Erwerb ist bereits ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG (vgl Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II,
3. Teil, Grunderwerbsteuergesetz 1987, § 12, I Rz 4, Ergänzung X, September 1993, mwA).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom 3. Juni 1993, 90/16/0144, und 90/16/0145, 0146, ausgeführt hat, besteht zwischen einem Erwerbsvorgang nach § 1 Abs 1 Z 1 und einem solchen nach § 1 Abs 1 Z 2 GrEStG aus steuerrechtlicher Sicht kein Unterschied. Der Zuschlag ersetzt nämlich nur die beim Kauf eines Grundstückes ansonsten notwendige Willensübereinstimmung zwischen dem Käufer und dem Verkäufer. Mit dem Zuschlag hat der Beschwerdeführer überdies nach § 237 Abs 1 EO das Eigentum an dem Grundstück erworben und damit einen Erwerbsvorgang verwirklicht, der nach dem Gesetz die Grunderwerbsteuerpflicht ausgelöst hat (vgl das hg Erkenntnis vom 17. Februar 1994, 89/16/0007, mwA). Ob ein Erwerbsvorgang verwirklicht worden ist, ist ausschließlich nach den steuerrechtlichen Vorschriften, insbesondere nach § 1 GrEStG, zu beurteilen. Daß zur VERWIRKLICHUNG des ERWERBSVORGANGES auch ein (im Sinn des Tiroler Grundverkehrsgesetzes) verwaltungsrechtlich wirksamer Zuschlag vorliegen muß, läßt sich dem Grunderwerbsteuergesetz nicht entnehmen. Ein Erwerbsvorgang ist steuerrechtlich auch dann als verwirklicht anzusehen, wenn der Zuschlag nichtig sein sollte (vgl unter Berücksichtigung des oben zu einem Erwerbsvorgang nach § 1 Abs 1 Z 1 und einem solchen nach § 1 Abs 1 Z 2 GrEStG Gesagten:
Fellner, aaO, Rz 3, mwA).
Auch aus dem Zusammenhang der Versteigerungsprotokolle vom 11. Juni 1986 und vom 12. August 1987 sowie des Beschlusses vom 12. August 1987 ergibt sich, daß mit dem Zuschlag vom 11. Juni 1986 durch den Beschwerdeführer ein Erwerbsvorgang verwirklicht worden ist. Denn nur anläßlich der Zwangsversteigerung am 11. Juni 1986 ist der Zuschlag an den Beschwerdeführer erfolgt, während ein solcher anläßlich der Zwangsversteigerung am 12. August 1987 mangels Anbotes unterblieb. Es konnte daher am 12. August 1987 überhaupt kein Erwerbsvorgang verwirklicht werden. Im Beschluß vom 12. August 1987 weist das Bezirksgericht K auch zu Recht auf den Zuschlag vom 11. Juni 1986 hin.
Wie bereits ausgeführt, ist die Frage, ob ein Erwerbsvorgang hinsichtlich eines Grundstückes verwirklicht worden ist, ausschließlich nach steuerrechtlichen Vorschriften zu beurteilen. Selbst wenn die Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes in bezug auf den Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorganges relevant wären, brächte dies kein anderes Ergebnis. Aus § 10 TGVG ergibt sich nämlich nur, daß zunächst ungeachtet des schon erteilten Zuschlages die Ausfertigung und Verlautbarung des Beschlusses aufgeschoben wird (vgl Abs 1 leg cit); erst wenn im neuen Versteigerungstermin ein Zuschlag erfolgt, müßte der Zuschlag vom ersten Versteigerungstermin aufgehoben werden (vgl Abs 5 leg cit); findet hingegen kein zweiter Zuschlag statt, so wird lediglich die aufgeschobene (deklarative) Beschlußausfertigung und Verlautbarung über den Zuschlag im ersten Termin durchgeführt (vgl Abs 4 und 6 leg cit); am Zuschlag aus dem ersten Termin ändert sich aber nichts.
Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage von der Verwirklichung des Erwerbsvorganges im Geltungsbereich des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 ausgegangen ist, erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weswegen er gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1989160061.X00Im RIS seit
11.07.2001