TE Vwgh Erkenntnis 1994/5/31 94/11/0119

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.05.1994
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
14/01 Verwaltungsorganisation;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;
90/02 Kraftfahrgesetz;
90/03 Sonstiges Verkehrsrecht;
92 Luftverkehr;
93 Eisenbahn;
94/01 Schiffsverkehr;

Norm

AVG §57 Abs2;
AVG §6 Abs1;
AVG §67a Abs1 Z1;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
KFG 1967 §123 Abs1 idF 1992/452;
KFG 1967 §73 Abs2;
VollzugszuständigkeitenÄG BMöWV 1992 Art4;
VwGG §27;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des A in N, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 28. Februar 1994, Zl. 421.357/1-I/10/94, betreffend Zurückweisung des Devolutionsantrages in einer Angelegenheit des Kraftfahrwesens, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich:

Mit Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 24. Februar 1993 wurde die dem Beschwerdeführer erteilte Lenkerberechtigung gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 für die Dauer von 6 Monaten vorübergehend entzogen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung.

Mit Schreiben vom 1. September 1993 beantragte der Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 2 AVG den Übergang der Entscheidungspflicht über seine Vorstellung auf den Landeshauptmann von Tirol. Am 6. Dezember 1993 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht auf die belangte Behörde. Der Antrag wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unzulässig zurückgewiesen.

In seiner dagegen erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof begehrt der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde begründet die Zurückweisung des Devolutionsantrages damit, daß sie gemäß § 123 Abs. 1 KFG 1967 "in Verfahren zur Entziehung der Lenkerberechtigung als Rechtsmittelbehörde nicht eingebunden" sei.

Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde hätte den Devolutionsantrag nicht zurückweisen dürfen, sondern ihn gemäß § 6 AVG an den zuständigen unabhängigen Verwaltungssenat weiterleiten müssen. Der Beschwerdeführer habe nicht auf der Entscheidung durch die belangte Behörde beharrt. Nur in diesem Fall hätte sie seinen Antrag bescheidmäßig zurückweisen dürfen.

Gemäß § 123 Abs. 1 KFG 1967 (in der Fassung des Art. IV des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 452/1992) ist für die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Amtshandlungen, sofern darüber nichts anderes bestimmt ist, in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde diese, und in zweiter Instanz der Landeshauptmann zuständig. Bei Bescheiden, mit denen für die Dauer von mindestens fünf Jahren eine Lenkerberechtigung entzogen oder das Recht, von einem ausländischen Führerschein Gebrauch zu machen, aberkannt wird, entscheiden über Berufungen gegen Bescheide des Landeshauptmannes die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern. Entscheidet der Landeshauptmann in erster Instanz, haben über dagegen eingebrachte Berufungen die unabhängigen Verwaltunssenate in den Ländern zu entscheiden.

Gemäß § 73 Abs. 2 AVG geht, wenn der Bescheid der Partei nicht innerhalb der gesetzlichen Entscheidungsfrist zugestellt wird, auf ihren schriftlichen Antrag die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen die ausständige Entscheidung die Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat vorgesehen ist, auf diesen über. Ein solcher Antrag ist unmittelbar bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen.

Gegen die ausständige Entscheidung des Landeshauptmannes von Tirol wäre, da es sich dabei um eine erstinstanzliche Entscheidung gehandelt hätte, nach dem im Beschwerdefall anzuwendenden (die Aufhebung durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Juni 1993, G 37/93 u.a., tritt erst mit Ablauf des 30. Juni 1994 in Kraft) letzten Satz des § 123 Abs. 1 KFG 1967 die Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat Tirol zulässig gewesen. Daher wäre auch der Devolutionsantrag bei dieser Behörde einzubringen gewesen; nur auf sie konnte gemäß § 73 Abs. 2 AVG iVm § 123 Abs. 1 KFG 1967 die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Vorstellung des Beschwerdeführers übergehen. Die Zurückweisung des an die belangte Behörde gerichteten und bei dieser eingebrachten Devolutionsantrages des Beschwerdeführers entspricht daher dem Gesetz.

Mit dem Hinweis auf § 6 AVG, wonach jede Behörde bei ihr einlangende Anbringen, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen hat, ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Denn diese Bestimmung räumt einem Einschreiter keinen Rechtsanspruch auf Weiterleitung oder Weiterverweisung unter Abstandnahme von der bescheidmäßigen Zurückweisung seines Antrages wegen Unzuständigkeit der angerufenen Behörde ein (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, Seite 86 unter E. 4 angeführte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Davon abgesehen hätte nach gleichfalls ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (aaO, Seite 657, E. 35 bis 38) durch die Weiterleitung des Antrages des Beschwerdeführers gemäß § 6 Abs. 1 AVG der von ihm bezweckte Übergang der Entscheidungspflicht gar nicht bewirkt werden können. Die Vorschrift des § 73 Abs. 2 AVG ist gegenüber jener des § 6 AVG die lex specialis.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Anrufung der obersten Behörde Verhältnis zu anderen Materien und Normen Verhältnis zu anderen Materien und Normen VwGG Beschwerdeerhebung an VwGH Verletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche Angelegenheiten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994110119.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten