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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §52;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des J in P, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 14. Dezember 1993, Zl. VerkR-391.135/2-1993/Au, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 14. Dezember 1993 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A, B, C, F und G entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 leg. cit. ausgesprochen, daß ihm für die Dauer von 36 Monaten, gerechnet ab 1. April 1993, keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf.
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 22. Juni 1993 wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs. 1 lit. a leg. cit. bestraft worden, weil er am 1. April 1993 um 02.10 Uhr einen PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Dem Beschwerdeführer sei bereits in den Jahren 1982, 1983, 1984, 1987 und 1989 die Lenkerberechtigung entzogen worden. Trotz dieser Maßnahmen habe er die Übertretung vom 1. April 1993 begangen, dies nicht einmal zwei Jahre nach der Ausfolgung des Führerscheines am 6. Mai 1991. Der Beschwerdeführer habe am 1. April 1993 den PKW in einem stark durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt (2,63 %o Blutalkoholgehalt). Auf Grund der Tatsache, daß der Beschwerdeführer bereits mehrere auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Verwaltungsübertretungen begangen habe, könne geschlossen werden, daß bei ihm eine Neigung zur Begehung von Alkoholdelikten bestehe. Das Verhalten des Beschwerdeführers sei besonders verwerflich. Im Rahmen der Wertung seien sämtliche vom Beschwerdeführer begangene Übertretungen zu berücksichtigen gewesen, und zwar unabhängig davon, ob sie als bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 1 KFG 1967 gelten oder nicht. Im Hinblick darauf, daß dem Beschwerdeführer bereits zum sechsten Mal die Lenkerberechtigung entzogen werden müsse und die bisher ergriffenen Maßnahmen, insbesondere auch nicht die im Jahr 1989 ausgesprochene vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung für die Dauer von 18 Monate, nicht ausgereicht hätten, den Beschwerdeführer von der Begehung eines weiteren Alkoholdeliktes im Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen abzuhalten, sei die Zeit gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 mit drei Jahren festzusetzen gewesen. Die vom Beschwerdeführer begehrte Einholung eines fachärztlichen und verkehrspsychologischen Gutachtens sei entbehrlich, weil die Verkehrszuverlässigkeit ein charakterlicher Wertbegriff sei, der ausgehend von den nach außen hin in Erscheinung getretenen Handlungen zu beurteilen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid für rechtswidrig, weil sich aus der Vorgeschichte ergebe, daß die Frage der Alkoholabhängigkeit oder des chronischen Alkoholismus als Krankheit im Raum stehe. Die belangte Behörde hätte daher vor Erlassung des angefochtenen Bescheides ein ärztliches Gutachten bzw. einen verkehrspsychologischen Befund beischaffen müssen. Hätte sich auf Grund dieses Gutachtens ein Krankheitszustand ergeben, hätte die belangte Behörde die Lenkerberechtigung wegen mangelnder geistiger und körperlicher Eignung entziehen und die Wiederausfolgung des Führerscheines von der Durchführung einer Entwöhnungskur, der Vorlage ärztlicher Befunde und einer Begutachtung der Eignung abhängig machen dürfen.
Im Hinblick auf dieses Beschwerdevorbringen ist zunächst festzuhalten, daß Alkoholmißbrauch mehrere Voraussetzungen für den Erwerb und den Besitz einer Lenkerberechtigung betreffen kann, nämlich jedenfalls sowohl die geistige als auch die körperliche Eignung als auch die Verkehrszuverlässigkeit. Steht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen in Form von Alkoholdelikten fest, daß die betreffende Person verkehrsunzuverlässig ist, bedarf es zur Entziehung ihrer Lenkerberechtigung keiner Feststellung ihrer gesundheitlichen Nichteignung. Liegt hingegen in Ansehung einer Person, die Alkohol mißbraucht, keine bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 1 lit. e KFG 1967 vor, kann die Lenkerberechtigung nur entzogen werden, wenn auf Grund eines ärztlichen Gutachtens die Annahme gerechtfertigt ist, sie sei körperlich oder geistig zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht mehr geeignet (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1993, Zl. 93/11/0084).
Ausgehend von dieser Rechtslage hat die belangte Behörde nicht rechtswidrig gehandelt, wenn sie auf Grund der vom Beschwerdeführer am 1. April 1993 begangenen Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO 1960 gemäß § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 das Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 1 leg. cit. angenommen und auf Grund der gemäß § 66 Abs. 3 leg. cit. vorgenommenen Wertung zur Auffassung gelangt ist, beim Beschwerdeführer liege die im § 66 Abs. 1 lit. a KFG 1967 umschriebene Sinnesart vor. Die mit Straferkenntnis vom 28. November 1989 verhängte Strafe wegen einer Übertretung des § 99 Abs. 1 StVO 1960 war im Zeitpunkt der Einleitung des gegenständlichen Entziehungsverfahrens im April 1993 noch nicht getilgt, sodaß eine erstmalige Begehung eines Alkoholdeliktes im Sinne des § 73 Abs. 3 KFG 1967 nicht vorliegt.
Berücksichtigt man, daß der Beschwerdeführer schon wiederholt wegen Alkoholdelikten im Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen bestraft worden ist und ihm auch schon fünfmal die Lenkerberechtigung entzogen wurde, zuletzt im Jahr 1989 für die Dauer von 18 Monaten, bestehen gegen die gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 festgesetzte Zeit in der Dauer von drei Jahren keine Bedenken, weil vor Ablauf dieser Zeit keine Änderung seiner Sinnesart erwartet werden kann. Gegen diese Prognose sprechen weder das Fehlen von gerichtlichen Verurteilungen noch die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Tatsache, daß "mit Ausnahme der Tatsache der Alkoholisierungen keine rücksichtslosen Verhaltensweisen im Straßenverkehr gegeben sind", noch die behauptete Durchführung einer Entwöhnungskur.
Im Hinblick darauf, daß die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Lenkerberechtigung wegen des Mangels der Verkehrszuverlässigkeit und nicht wegen des Fehlens der geistigen oder körperlichen Eignung entzogen hat, bedurfte es nicht der vom Beschwerdeführer vermißten Einholung eines ärztlichen Gutachtens und eines verkehrspsychologischen Befundes (siehe auch dazu unter anderem das oben zitierte Erkenntnis vom 29. Juni 1993, ferner das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1994, Zl. 93/11/0194).
Aus den dargelegten Gründen war die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung ArztEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994110062.X00Im RIS seit
12.06.2001