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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vositzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberberhörde für Wien vom 20. Februar 1992, Zl. MD-VfR - B XXIII - 85 und 86/91, betreffend einen baupolizeilichen Beseitigungsauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist zu einem Fünftel Miteigentümerin des Wohnhauses Wien, A-Gasse 79. Für dieses Haus erteilte der Bürgermeister der Gemeinde Mauer bei Wien am 11. März 1911 die Baubewilligung; der vidierte Bauplan weist im Erdgeschoß eine Wohnung und im Dachgeschoß einen Trockenboden ohne jegliche räumliche Unterteilung aus. Seither ist keine weitere Baubewilligung aktenkundig.
Zufolge einer Anzeige der Beschwerdeführerin, daß die Mehrheitseigentümerin bewilligungslos einen Dachbodenausbau vornimmt, führte die Magistratsabteilung 37-Baupolizei am 16. September 1991 einen Lokalaugenschein durch. Der am selben Tag von dieser Behörde erlassene Bescheid enthält folgenden
Spruch:
"Der Magistrat erteilt gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien den Eigentümern des Hauses und der Liegenschaft
A-Gasse 79 ... nachstehenden Auftrag:
Innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides sind die ohne vorher erwirkter Baubewilligung erfolgten baulichen Änderungen und zwar
1. die im Erdgeschoß und Dachgeschoß durch Aufstellen von Trenn- und Scheidewänden abgeänderte Raumteilung
2. die an der Gartenseite errichtete Dachgaupe im Dachgeschoß
3.
die beiden Fenster im Erdgeschoß
4.
die beiden Dachflächenfenster an der Straßenseite
5.
das seitliche Fenster im Kabinett
zu beseitgen bzw. den konsensmäßigen Zustand wieder herzustellen."
In ihrer dagegen erstatteten Berufung wehrte sich die Beschwerdeführerin dagegen, daß auch der Abbruch des bereits seit mehreren Jahrzehnten bestehenden alten Dachbodenausbaues angeordnet wurde. Dieser Dachbodenausbau, betreffend ein Schlafzimmer und ein Vorzimmer, sei bereits in den frühen 20-er Jahren dieses Jahrhunderts erfolgt; dafür sei damals keine Bewilligung erforderlich gewesen. Da nie Beanstandungen erfolgt seien, könne von der Rechtsvermutung der Konsensmäßigkeit ausgegangen werden.
Über Aufforderung durch die belangte Behörde berichtete die Baupolizei, daß der Ausbau des linken Teiles des Dachbodenraumes vermutlich nach dem zweiten Weltkrieg hergestellt worden sei; dies könne jedoch aufgrund des baulichen Zustandes der Räumlichkeiten nur angenommen werden. Der Dachbodenausbau im rechten Teil des Dachbodenraumes, welcher Grund der Anzeige gewesen sei, sei 1991 erfolgt. Nach Vorhalt dieses Beweisergebnisses erklärte die Beschwerdeführerin, daß der Dachbodenausbau im linken Teil vor dem zweiten Weltkrieg erfolgt sein müsse.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung keine Folge. Die Behörde verwies insbesondere auf § 16 Abs. 4 lit. e der Bauordnung für Niederösterreich aus 1883, wonach jede Beseitigung und Aufführung von Zwischenmauern bewilligungspflichtig sei. Im übrigen handle es sich bei einer Umwandlung eines Dachbodenraumes in eine Wohnlokalität sogar um einen Zubau. Nach der geltenden Rechtslage ergäbe sich die Bewilligungspflicht zumindest aus § 60 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien. Für das baubehördliche Auftragsverfahren nach § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien könne jedoch dahingestellt bleiben, ob ein Umbau oder bloß eine bauliche Abänderung vorläge. Hinsichtlich des alten Dachbodenausbaues finde sich im Bauakt weder eine Baubewilligung seit dem Jahre 1911 noch ein entsprechendes Ansuchen. Es bleibe daher kein Raum für irgendwelche Vermutungen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Bescheid in seinem Punkt 1. (gemeint wohl: soweit er den Punkt 1. des Bescheides der Baupolizei betrifft) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und
erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin wehrt sich erkennbar gegen den Teil des erstinstanzlichen Beseitigungsauftrages, der die Aufstellung von Trenn- und Scheidewänden im Dachgeschoß durch Schaffung eines Vorzimmers und eines Schlafzimmers betraf. Die belangte Behörde folgte ihren Angaben, diese Baumaßnahmen seien in den 20-er Jahren erfolgt. Die Beschwerdeführerin behauptet diesbezüglich weder das Vorliegen einer Baubewilligung, noch einer Bauanzeige, sondern geht davon aus, daß diese Maßnahmen damals nicht bewilligungspflichtig gewesen seien.
Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens stimmen zurecht darüber überein, daß die Frage, ob der sogenannte alte Dachbodenausbau konsensgemäß erfolgte, nach der damals (in den 20-er Jahren) geltenden Rechtslage zu beurteilen ist (siehe die Nachweise bei Geuder-Hauer, Wiener Bauvorschriften, 506). Da Mauer bis 1938 eine selbständige niederösterreichische Gemeinde war, wird von den Parteien richtigerweise die damals geltende niederösterreichische Bauordnung herangezogen.
Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Nö Bauordnung 1883 (LGBl. Nr. 36; im folgenden: BO), die durch die Novellen LGBl. Nr. 17/1887 und LGBl. Nr. 132/1922 keine Änderungen erfuhren, lauten:
"§ 16 Zur Führung von Neu-, Zu- und Umbauten, Herstellung von Einfriedungen gegen die Straße oder Gasse sowie zur Vornahme wesentlicher Ausbesserungen und Abänderungen an bestehenden Gebäuden oder an bestehenden Einfriedungen, sobald an diesen die konstruktiven Hauptbestandteile zur Auswechslung gelangen, ist mit Ausnahme der in § 29 dieser Bauordnung bestimmten Fälle die Bewilligung des Gemeindevorstehers erforderlich.
...
Zu den wesentlichen Ausbesserungen oder Abänderungen werden diejenigen gerechnet, welche zur Erhaltung des Baustandes an dem ganzen Gebäude oder an den Hauptbestandteilen desselben vorgenommen werden und wodurch in irgendeiner Weise auf die Festigkeit und Feuersicherheit oder die sanitären Verhältnisse des Gebäudes oder auf die Rechte der Nachbarn Einfluß geübt werden kann.
Dahin gehören insbesondere:
...
e) jede Beseitigung und Aufführung von Zwischenmauern
...
§ 17. Ausbesserungen und Abänderungen geringerer Art sind vor Beginn derselben ohne Einholung einer Baubewilligung dem Gemeindevorsteher schriftlich anzuzeigen.
...
§ 18. Für Ausbesserungen einzelner schadhafter Gegenstände, wodurch der allgemeine Baustand keine Änderungen erleidet, ist eine Anzeige nicht erforderlich."
Die belangte Behörde verwies zunächst richtig auf § 16 Abs. 4 lit. e BO, in welcher Bestimmung die Aufführung von Zwischenmauern ausdrücklich als wesentliche Abänderung genannt wird. Die bei Kurz (Die Bauordnung für Niederösterreich3, 49) unter der Überschrift "Mauern, Wänden, Decken, Kamine" dargestellten Beispiele aus der Rechtsprechung bestätigen die Richtigkeit dieser Beurteilung. Durch die Umwandlung eines Trockenbodens in Wohnräume gelangten auch die konstruktiven Hauptbestandteile zur Auswechslung, sodaß sich die Bewilligungspflicht schon aus dem Abs. 1 des § 16 ergab. Daß der Ausbau eines Dachbodens zu Wohnzwecken auf die Feuersicherheit eines Gebäudes von Einfluß ist (§ 16 Abs. 3 BO) bedarf wohl keiner weiteren Erörterung; auch unter diesem Aspekt muß die Bewilligungspflicht bejaht werden.
Die Frage eines "vermuteten Konsenses" war im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen, weil die Beschwerdeführerin gar nicht behauptet hat, daß eine Baubewilligung für den Dachbodenausbau vorläge. Ein vermuteter Konsens kann nicht allein deshalb angenommen werden, weil ein Einschreiten der Behörde wegen Konsenslosigkeit bisher nicht erfolgte (hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1993, Zl. 92/05/0322 mwN).
Da sich somit das Beschwerdevorbringen als unbegründet erwies, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1992050065.X00Im RIS seit
11.07.2001