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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des H in K, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Krems an der Donau vom 4. Februar 1994, Zl. MD-H-1/94/Be-243, betreffend eine Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Stadt Krems an der Donau hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren des Beschwerdeführers wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem gegenüber dem Beschwerdeführer erlassenen Bescheid des Magistrates der Stadt Krems an der Donau vom 25. November 1993 wurde bezüglich des Grundstückes Nr. 199/3 ausgesprochen, daß "die Baubehörde veranlaßt ist, die Herstellung des konsensgemäßen Zustandes gem. § 109 Abs. 4 der NÖ Bauordnung im Sinne des Bescheides vom 30.12.1982 ... zu verfügen und die Räumung des Lagerplatzes sowie den Abbruch des Schmelzofens gem. § 113 Abs. 1 bzw. Abs. 2 Ziff. 3 a unter Vorschreibung nachstehender Auflagen anzuordnen.
1. Die gesamte Schmelzofenanlage ist abzutragen. Der anfallende Bauschutt ist ordnungsgemäß auf einer hiefür genehmigten Deponie zu entsorgen. Ein Nachweis hierüber ist in Form von Wiegelisten der Behörde vorzulegen.
2. Der für den Betrieb des Schmelzofens erforderliche Öltank ist zu entleeren und ordnungsgemäß von einer hiefür befugten Firma reinigen zu lassen. ...
3. Sämtliche Lagerungen im Freien auf nicht befestigten Böden und ohne Überdachung von Altwaren, kontaminierten Gütern, Ölfässern etc. sind zu entfernen und auf eine behördlich genehmigte, hiefür zugelassene Deponie zu entsorgen. ...
4. Als Sofortmaßnahme ist die Ölversorgungsleitung zwischen Tankanlage und Schmelzofen zu entfernen."
Auf Grund der ausdrücklich nur gegen Punkt 1. dieses Bescheides eingebrachten Berufung des Beschwerdeführers erging der Bescheid des Stadtsenates der Stadt Krems an der Donau vom 4. Februar 1994, mit welchem der erstinstanzliche Bescheid (zur Gänze) gemäß § 66 Abs. 4 AVG bestätigt worden ist.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Entsprechend dem Beschwerdepunkt im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG erachtet sich der Beschwerdeführer "in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht auf richtige Handhabung der Bestimmung des § 113 der NÖ Bauordnung verletzt".
Gemäß § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. a der NÖ Bauordnung 1976 hat die Baubehörde den Abbruch eines Bauwerks anzuordnen, wenn für dieses keine baubehördliche Bewilligung vorliegt und die fehlende Bewilligung nicht erteilt werden darf, weil das Bauvorhaben nicht zulässig ist.
Zufolge § 100 Abs. 2 leg. cit. ist die Bewilligung zu versagen, wenn durch die Ausführung des Vorhabens Bestimmungen dieses Gesetzes, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, der NÖ Mineralölordnung, LGBl. 8270, einer auf Grund dieser Gesetze erlassenen Verordnung oder des NÖ Raumordnungsgesetzes, LGBl. 8000, über die Zulässigkeit von Bauführungen auf Flächen mit bestimmten Widmungs- und Nutzungsarten sowie über Vorbehaltsflächen und Bausperren verletzt werden.
Für Bauwerke, die nach Größe, Lage und Verwendungszweck erhöhten Anforderungen nach Festigkeit, Brandschutz, Sicherheit und Gesundheit entsprechen müssen, oder die Belästigungen der Nachbarn erwarten lassen, welche das örtlich zumutbare Maß übersteigen, sind gemäß § 62 Abs. 2 leg. cit. die zur Abwehr dieser Gefahren oder Belästigungen nötigen Vorkehrungen zu treffen.
Der Sachverständige für Fragen der Umweltschutztechnik hat anläßlich der im Gegenstande abgehaltenen Verhandlung die Auffassung vertreten, daß der Schmelzofen "mangels einer wirksamen Abgasreinigungsanlage nicht dem Stand der Technik entspricht", und in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, es sei seit einigen Jahren bekannt, daß "Aluminium-Umschmelzanlagen zu jenen Betriebstypen zählen, die polychlorierte Dibenzo-p-dioxine und Dibenzofurane (PCDD/F) emittieren. ... Als Emissionsgrenzwert für PCDD/F emittierende Anlagen wird in Österreich üblicherweis ein Wert von 0,1 ng TEQ/m3 angewendet, d.h. ohne aufwendige Rauchgasreinigungsanlagen ist eine Einhaltung dieses Grenzwertes bei Aluminiumschmelzanlagen nicht gewährleistet".
Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides unter Berufung auf dieses Gutachten lediglich gemeint, daß für den Schmelzofen keine nachträgliche Baubewilligung erteilt werden könne, ohne Erwägungen darüber anzustellen, welcher Widmungsart im Sinne der §§ 15 ff des NÖ Raumordnungsgesetzes die in Rede stehende Grundfläche zuzuordnen ist (auch im erstinstanzlichen Bescheid fehlen diesbezügliche Erörterungen), und ob daher von dem gegenständlichen Schmelzofen seiner Betriebstype nach (vgl. dazu die hg. Judikatur seit dem Erkenntnis Slg. Nr. 9382/A) Gefahren oder Belästigungen im Sinne des § 62 Abs. 2 der NÖ Bauordnung 1976 zu erwarten sind, welche das örtlich zumutbare Maß übersteigen. Selbst wenn man der belangten Behörde zugesteht, daß der erwähnte Sachverständige im Rahmen seiner gutächtlichen Äußerung den Standpunkt vertreten hat, die in Rede stehende Anlage überschreite "ohne aufwendige Rauchgasanlage" den in Österreich "üblicherweise" angewendeten Grenzwert, so ergibt sich daraus noch nicht zwangsläufig, daß im Falle des Betriebes dieser Anlage Gefahren oder Belästigungen zu erwarten sind, die im Sinne der zitierten baurechtlichen Vorschrift wesentlich sind. Die Frage, ob eine das örtlich zumutbare Maß übersteigende Belästigung vorliegt, bedarf nämlich stets der Beantwortung durch einen medizinischen Sachverständigen (siehe dazu die bei Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 3. Auflage, auf S. 212, zitierten hg. Erkenntnisse), welcher zwar an der erwähnten Verhandlung teilgenommen, sich zu dieser Frage aber nicht geäußert hat. Das der belangten Behörde vorgelegene Ermittlungsergebnis reicht daher nicht aus, um die im gegebenen Zusammenhang im Sinne des § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. a der NÖ Bauordnung 1976 entscheidende Frage beantworten zu können, ob die fehlende Baubewilligung für den Schmelzofen wegen dessen Unzulässigkeit nicht erteilt werden darf.
Der angefochtene Bescheid war sohin gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Zur Vermeidung von Mißverständnissen wird zu den durch die vorstehenden Erwägungen nicht erledigten Beschwerdeausführungen noch darauf hingewiesen, daß die Frage nach der Bewilligungsfähigkeit der gegenständlichen Anlage nach Maßgabe ihrer im Zeitpunkt der Erlassung des Beseitigungsauftrages gegebenen Beschaffenheit und Ausstattung zu beurteilen ist, sodaß es in diesem Zusammenhang nicht darauf ankommt, ob die Anlage "bei entsprechender Projektierung" baubehördlich bewilligungsfähig ist. Es steht dem Beschwerdeführer frei, ein entsprechendes Projekt zum Gegenstand eines Bauansuchens zu machen.
Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos geworden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren des Beschwerdeführers war abzuweisen, weil an Stempelgebühr für die zweifach einzubringende Beschwerde und eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides insgesamt nur S 270,-- zu entrichten war.
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994050070.X00Im RIS seit
03.05.2001