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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §71 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über den Antrag des Johann und der Theresia M in W, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erfüllung eines Verbesserungsauftrages gemäß § 34 Abs. 2 VwGG, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Dem Antrag wird gemäß § 46 Abs. 1 VwGG stattgegeben.
Begründung
Mit hg. Beschluß vom 15. Februar 1994, Zl. 93/05/0261-5, wurde das Verfahren über die Beschwerde der Antragsteller gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 29. September 1993, Zl. BauR-010920/8-1993 Ki/Vi, gemäß § 33 Abs. 1 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 VwGG eingestellt, weil die Antragsteller dem gemäß § 34 Abs. 2 VwGG erteilten
hg. Verbesserungsauftrag innerhalb der gesetzten Frist insofern nicht entsprochen haben, als die ursprünglich übermittelte Ausfertigung des angefochtenen Bescheides nicht wieder vorgelegt worden ist.
Mit dem innerhalb der Frist des § 46 Abs. 3 VwGG gestellten Antrag vom 7. April 1994 begehren die Beschwerdeführer die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der geschilderten Fristversäumnis und führen in diesem Antrag aus, daß dem Vertreter der Antragsteller "zusammen mit anderen Schriftstücken, die ebenfalls an diesem Tag abgefertigt wurden, die drei bereits unterschriebenen Ausfertigungen der Beschwerde samt der bereits zuvor dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Kopie des bekämpften Bescheides vorgelegt" worden seien. Der Vertreter der Antragsteller habe die Vollständigkeit der vorgelegten Schriftstücke überprüft und die Mappe nach Durchsicht der in seiner Kanzlei beschäftigten Kanzleikraft Petra S. übergeben. Zu diesem Zeitpunkt sei die Kopie des bekämpften Bescheides noch den Beschwerdeausfertigungen beigeschlossen gewesen. Wie sich erst anläßlich der Zustellung des erwähnten hg. Einstellungsbeschlusses ergeben habe, habe die genannte Kanzleiangestellte "entgegen ihrer sonst sorgfältigen und zuverlässigen Arbeitsweise und entgegen der ausdrücklichen Anweisung ihres Dienstgebers die Bescheidkopie nicht zusammen mit den Beschwerdeausfertigungen an den Verwaltungsgerichtshof abgesandt, sondern zum Akt gegeben".
Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist gemäß § 46 Abs. 1 VwGG dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Das Verschulden eines Kanzleiangestellten eines bevollmächtigten Rechtsanwaltes stellt dann ein Ereignis gemäß § 46 Abs. 1 VwGG dar, wenn der Anwalt der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht jenen Bediensteten gegenüber nachgekommen ist (vgl. dazu den hg. Beschluß vom 12. März 1991, Slg. Nr. 13.402/A).
Unter Zugrundelegung des Vorbringens im Wiedereinsetzungsantrag ist davon auszugehen, daß der Rechtsanwalt der Antragsteller die von ihm mit der Erledigung des Verbesserungsauftrages des Verwaltungsgerichtshofes beauftragte Kanzleiangestellte insoweit nicht kontrolliert hat, als er nicht überprüft hat, ob seiner "ausdrücklichen Anweisung" entsprochen worden ist, die Ausfertigung des angefochtenen Bescheides mit den erforderlichen Beschwerdeausfertigungen an den Verwaltungsgerichtshof zu übermitteln. Diesem Umstand kommt aber im gegebenen Zusammenhang keine entscheidende Bedeutung zu, weil der Rechtsanwalt die Postaufgabe der Erledigung allein der - verläßlichen - Kanzleikraft überlassen darf (vgl. auch dazu den bereits zitierten hg. Beschluß). Es war dem Vertreter der Antragsteller daher nicht zumutbar, die Befolgung seines Auftrages zu kontrollieren, also zu überprüfen, ob sich nach der Postaufgabe noch Unterlagen im Handakt befinden, welche im Zuge der Erfüllung des Verbesserungsauftrages dem Gerichtshof vorzulegen gewesen wären (vgl. dazu den hg. Beschluß vom 20. Juni 1990, Zl. 90/16/0042).
Da die mangelhafte Erfüllung des hg. Verbesserungsauftrages sohin allein auf das Versehen der Angestellten des Vertreters der Antragsteller zurückzuführen ist, also weder den Antragstellern noch deren Vertreter ein Verschulden daran vorgeworfen werden kann, war dem vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag stattzugeben.
Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren gemäß § 46 Abs. 5 VwGG in jene Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat. Die dieser Verfahrenslage entsprechende, das Beschwerdeverfahren selbst betreffende Verfügung wird zur hg. Zl. 93/05/0261 gesondert ergehen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994050089.X00Im RIS seit
20.11.2000