TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/1 92/18/0289

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Veröffentlicht am 01.06.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;

Norm

AVG §45 Abs2;
AZG §26 Abs1;
AZG §26 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des G in N, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 19. Mai 1992, Zl. VII/2a-V-1.279/18/1-92, betreffend Bestrafung wegen einer Übertretung des Arbeitszeitgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 19. Mai 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als zur Vertretung nach außen Berufener einer näher bezeichneten Aktiengesellschaft zu verantworten, daß einer vom Arbeitsinspektorat in Graz am 21. August 1990 an die Firmenzentrale gerichteten Aufforderung, die in der Zentrale befindlichen Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung (§ 26 Arbeitszeitgesetz) und Urlaubsaufzeichnungen (§ 8 Urlaubsgesetz) für den Zeitraum vom 1. März bis 27. Mai 1990 betreffend 11 namentlich genannte, in einer bestimmten Filiale der Gesellschaft in Graz beschäftigte Arbeitnehmer binnen vier Wochen diesem Arbeitsinspektorat zur Überprüfung vorzulegen, insofern nicht Folge geleistet worden sei, "als diese Unterlagen bis (mindestens) 27. September 1990 dem Arbeitsinspektorat nicht vorgelegt" worden seien. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung gemäß § 26 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz begangen und es werde hiefür eine Geldstrafe in der Höhe von S 6.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von sechs Tagen) verhängt.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe zwar das strafbare Verhalten schlechthin in Abrede gestellt und behauptet, daß die Vorlage der geforderten Aufzeichnungen tatsächlich erfolgt sei; er habe jedoch dafür keine Beweismittel ins Treffen geführt. Die diesbezügliche Behauptung sei daher nicht glaubwürdig. Gleiches gelte auch für das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe ein ausreichendes Kontroll- und Maßnahmensystem eingerichtet. Dieses habe jedenfalls nicht funktioniert, denn andernfalls hätte es nicht zu der gegenständlichen Übertretung kommen können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 26 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz haben die Arbeitgeber der Arbeitsinspektion und deren Organen die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und auf Verlangen Einsicht in die Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung zu geben.

Aus dieser Gesetzesstelle folgt in Ansehung der Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung die Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Arbeitsinspektorat "Einsicht zu geben", nicht aber die Verpflichtung, diese Aufzeichnungen (oder Ablichtungen davon) dem Arbeitsinspektorat zu übersenden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1993, Zl. 91/19/0134).

Es kann daher auf sich beruhen, ob - wie der Beschwerdeführer sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch im Berufungsverfahren behauptet hat - dem Arbeitsinspektorat Graz mit Schreiben vom 2. Oktober 1990 die gewünschten Aufzeichnungen übermittelt wurden oder ob - wie die belangte Behörde, ohne diesbezüglich auch nur den Versuch eines Ermittlungsverfahrens zu unternehmen, angenommen hat - diese Behauptung unglaubwürdig und das Anforderungsschreiben des Arbeitsinspektorates vom 21. August 1990 unbeachtet geblieben ist, weil in keinem der beiden Fälle eine Verweigerung der Einsichtnahme und damit ein Verstoß gegen § 26 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz vorläge. Dies hat die belangte Behörde verkannt und damit ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.

Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen, insbesondere den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Verstoß gegen § 44a Z. 3 VStG infolge Fehlens der angewendeten Gesetzesbestimmung im Spruch des angefochtenen Bescheides, eingegangen zu werden brauchte.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Beweismittel Urkunden

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1992180289.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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