TE Vfgh Beschluss 1991/12/13 V188/90

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Veröffentlicht am 13.12.1991
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Index

27 Rechtspflege
27/01 Rechtsanwälte

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
RAO §23
RL-BA 1977 §45, §46, §47, §48, §49

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung von Bestimmungen der RL-BA 1977 mangels Legitimation; Zumutbarkeit der Erwirkung eines Feststellungsbescheides (mehrerer Feststellungsbescheide) des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer betreffend die Verletzung von Pflichten des Rechtsanwaltes durch Werbeaktivitäten

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1. Der Einschreiter begehrt mit einem auf Art139 (Abs1 letzter Satz) B-VG gestützten Antrag, die "§§45-49 der Richtlinien des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages vom 2.3.1990 für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes, für die Überwachung der Pflichten des Rechtsanwaltes und für die Ausbildung der Rechtsanwaltsanwärter" (im folgenden: RL-BA 1977), kundgemacht im Amtsblatt zur Wiener Zeitung vom 24. März 1990 und im AnwBl. 4/1990, als gesetzwidrig aufzuheben.

Mit den angefochtenen Bestimmungen wurden die "Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes (RL-BA 1977)" geändert. Die §§45 bis 49 haben nunmehr folgenden Wortlaut:

"§45 (1) Der Rechtsanwalt wirbt durch die Qualität seiner anwaltlichen Leistung.

(2) Der Rechtsanwalt darf, soferne er sich auf das sachlich Gebotene beschränkt, wahrheitsgemäße und nicht irreführende Angaben über seine Person oder Tätigkeit machen und dabei benennen

a) akademische Titel und Titel, die mit der anwaltlichen Berufsausübung im Zusammenhang stehen,

b) Sprachkenntnisse,

c) neben dem Rechtsanwaltsberuf zulässigerweise ausgeübte weitere Berufe, die eine akademische Ausbildung erfordern, soweit diese Tätigkeiten in sachlichem Zusammenhang mit der Ausübung eines rechtsberatenden Berufes stehen,

d) Fachpublikationen,

e) Mitgliedschaften in Fachverbänden, die mit der Berufsausübung im Zusammenhang stehen, nicht jedoch Funktionen als Organe oder Mitglieder von Körperschaften öffentlichen Rechts und nicht-anwaltlichen Fach- und Berufsverbänden,

f) beruflichen Werdegang,

g) Rechtsgebiete, auf denen der Rechtsanwalt vornehmlich tätig ist oder nicht tätig sein will.

(3) Hingegen hat der Rechtsanwalt standeswidrige Werbung zu unterlassen; diese liegt insbesondere vor bei

a) Selbstanpreisung durch reklamehaftes Herausstellen seiner Person oder seiner Leistungen,

b) vergleichende Bezugnahme auf Standesangehörige,

c) Anbieten beruflicher Leistungen gegenüber bestimmten Auftraggebern,

d) Erwecken objektiv unrichtiger Erwartungen, Anbieten unzulässiger Honorarvorteile oder Nennung von Auftraggebern.

§46: Der Rechtsanwalt darf nicht durch dritte Personen Mandanten werben, im besonderen niemanden Werbematerial oder Vollmachten für ihm unbekannte Auftraggeber überlassen. Es ist ihm untersagt, für die Zuführung von Mandanten Leistungen oder Vorteile in Aussicht zu stellen oder zu gewähren.

§47: Der Rechtsanwalt hat in zumutbarer Weise dafür zu sorgen, daß standeswidrige Werbung für ihn durch Dritte, insbesondere durch Medien, unterbleibt.

§48 (1) Im Umgang mit Medien hat der Rechtsanwalt Zurückhaltung zu üben und das Gebot der Sachlichkeit zu beachten. In Ausübung seines Berufes veranlaßte Veröffentlichungen in Medien sind nur zulässig, wenn

a) die Veröffentlichung zur Erreichung legitimer Wirkungen zweckmäßig und bezogen auf das angestrebte Ziel angemessen ist und

b) die Veröffentlichung dem Interesse des Klienten nicht widerstreitet und von diesem nicht untersagt ist und

c) die Interessenabwägung ein Übergewicht ergibt für das Klienteninteresse an bestmöglicher Vertretung und das Allgemeininteresse an Sachinformation gegenüber dem Interesse an der Unterbindung standeswidriger Werbung.

(2) Im Zusammenhang mit fachlichen Veröffentlichungen in Medien, insbesondere wissenschaftlichen Beiträgen, ist es dem Rechtsanwalt gestattet, in sachlicher Weise seinen Namen und Beruf zu nennen oder nennen zu lassen und sein Bild zur Veröffentlichung freizugeben; jede reklamehafte Hervorhebung der Person des Rechtsanwaltes ist dabei jedoch zu unterlassen.

§49: Nach §45 zulässige Angaben dürfen vermittelt werden durch nicht aufdringlich zu gestaltende

1. Publikationen in Anwaltsverzeichnissen,

2. Informationsschriften über die Anwaltskanzlei, welche jedoch nicht öffentlich gestreut werden dürfen,

3. Inserate und Rundschreiben ausschließlich aus folgenden Anlässen:

a) Eröffnung und Schließung der Praxis,

b) Änderung der Adresse, der Telefon-, Telex- und Telefax-Nummern,

c) Änderung von Personennamen,

d) Änderung in der Zusammensetzung oder Bezeichnung von Partnerschaften,

e) Wiederaufnahme der Berufsausübung nach Unterbrechung.

4. Auf Praxisschildern dürfen nur der Name und der ausgeübte Beruf sowie Angaben nach §45 (2) lita) und litb) angebracht werden."

1.2. Zur Legitimation zur Stellung des auf Art139 Abs1 B-VG gestützten Antrages bringt der Antragsteller - er ist Rechtsanwalt - im wesentlichen vor, daß er "gerade jetzt seine anwaltliche Tätigkeit neu ordnen (möchte), indem er auf bestimmten Gebieten, auf denen er bisher tätig war, in Zukunft nicht mehr tätig sein und dafür bestimmte Rechtsgebiete zu Schwerpunkten seiner Tätigkeit machen will". Der Antragsteller sei seit dem Wintersemester 1989/90 mit der Abhaltung bestimmter Lehrveranstaltungen wissenschaftlichen Charakters an der Universität Salzburg betraut und somit Universitätslektor. Möglicherweise sei es aufgrund der angegriffenen Richtlinien verpönt, daß von ihm (auch) diese Berufsbezeichnung geführt werde. Der Antragsteller sei aber weiters Geschäftsführer des Salzburger Instituts für juristische Information und Fortbildung und Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Recht & Fortbildung und habe dadurch besondere Erfahrung in der Organisation und Betreuung wissenschaftlicher juristischer Untersuchungen und Fortbildung erworben und verwende seit Jahren Visitkarten, auf denen auch diese Funktionen oder Tätigkeiten aufscheinen; auch dies sei nach den angefochtenen Werberichtlinien möglicherweise verpönt. Gleiches gelte allgemein für Hinweise auf bestimmte Fachgebiete, in denen ein Anwalt verstärkt tätig sei oder in denen er besondere Kenntnisse und Erfahrungen habe, ausgenommen bei Vorliegen von Anlässen iSd §49 Z3 lita bis e RL-BA 1977, und dann wieder nur in eingeschränkter Weise. Der Antragsteller sei Autor und Herausgeber von Abhandlungen und zwei Büchern über den Strafprozeß und Mitherausgeber eines Buches über die gewerbliche Betriebsanlage; für Informationen darüber gelte ebenfalls die eben zitierte Regelung der Werberichtlinien. Der Antragsteller sei Mitglied der International Bar Association, der American Bar Association und des Deutschen Anwaltvereines sowie mehrerer Fachabteilungen dieser Organisationen und außerdem auch anderer inländischer und ausländischer juristischer Vereinigungen; insofern sei auf §48 Abs1 RL-BA 1977 zu verweisen.

Es handle sich bei diesen Beschränkungen nicht um einige wenige, konkret abgrenzbare Verhaltensweisen, die durch die angefochtenen Bestimmungen verboten wären, sondern darum, daß der Anwalt, der sich in irgendeiner Weise äußert oder verhält, immer wieder Gefahr laufe, gegen die angefochtenen Richtlinien zu verstoßen. Wenn sich aber der Antragsteller künftig auf wenige Rechtsgebiete konzentrieren wolle, dann sei er, wenn nicht der Umfang seiner Kanzlei darunter leiden solle, darauf angewiesen, seine Klienten und die Öffentlichkeit über die geplanten Änderungen zu informieren, was ihm jedoch durch die angefochtenen Bestimmungen verboten werde. In den bekämpften Werberichtlinien sei auch die Möglichkeit von Ausnahmegenehmigungen nicht vorgesehen; ebensowenig bestehe die "Möglichkeit von Feststellungsbescheiden". Im Hinblick auf die Vielzahl der in Betracht kommenden Aussagen und Informationen wären auch beide Wege von vornherein nicht zielführend und nicht zumutbar, wenn es sie überhaupt geben sollte.

Der Antragsteller könne daher auch der vom Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 9470/1982 vertretenen Rechtsmeinung nicht zustimmen, da die Verweisung auf Feststellungsbescheide dann nicht zulässig sei, wenn sie dem einzigen Zweck dienten, damit ein Mittel zu gewinnen, um die gegen eine Norm bestehenden Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.

Alle Verstöße gegen die RL-BA 1977 seien mit Strafe bedroht; ein Disziplinarverfahren sei gegen ihn nicht anhängig, die Provozierung eines solchen ihm auch nicht zumutbar.

Seine unmittelbare Betroffenheit durch die bekämpften Bestimmungen ergebe sich auch daraus, daß derjenige, der gegen die Richtlinien verstoße, sittenwidrig iSd §1 UWG handle und das Risiko eines Rechtsstreites mit hohen Prozeß- und Veröffentlichungskosten eingehe.

Der Antragsteller macht schließlich geltend, daß er im Zusammenhang mit der Neuordnung seiner Tätigkeiten als Rechtsanwalt beabsichtige, kanzleifremde Fachleute mit der Erstellung eines Marketing- und Werbekonzepts zu beauftragen, was für ihn mit einem Kostenaufwand von S 30.000,-- bis S 60.000,-- verbunden sei. Sollte sich aber schließlich im Wege von zahlreichen Einzelanträgen herausstellen, daß die Ausführung erarbeiteter Vorschläge standesrechtlich unzulässig sei, wäre sein Aufwand vergebens gewesen. Das allein mache die Verweisung auf Anträge an den Ausschuß der Rechtsanwaltskammer bereits unzumutbar.

1.3. Gegen die angefochtenen Bestimmungen werden vom Antragsteller verfassungsrechtliche Bedenken erhoben, weil sie in unverhältnismäßiger Weise und damit grundrechtswidrig Beschränkungen auferlegten und weil sie mehrfach gegen das Bestimmtheitsgebot verstießen. Der Katalog des §45 Abs2 RL-BA 1977 stehe zwar, soweit er Verhaltensweisen für zulässig erkläre, mit den Grundrechten im Einklang; die Einengungen, die sich daraus ergeben, daß die Aufzählung taxativ erfolge, seien aber unzulässig. Daß es sich um eine taxative Regelung handle, lege schon der Wortlaut des §45 leg.cit. nahe; ein solcher Eindruck werde aber auch durch §49 RL-BA 1977 erweckt. Der Antragsteller habe unter anderem auch "Schwierigkeiten zu erkennen, was unter einer 'Selbstanpreisung' verstanden" werden müsse. Die gesamte Regelung des §46 RL-BA 1977 stehe "auf tönernen Füßen, wenn man sie an den Grundrechten im Sinne der Ausführungen in diesem Antrag" messe.

§48 Abs2 leg.cit. sei "zumindest aufklärungsbedürftig", wenn es heiße, daß Name und Beruf nur in sachlicher Weise genannt werden dürften. Nicht zu rechtfertigen sei ferner die aus dieser Bestimmung herauszulesende Anordnung, daß der Rechtsanwalt in Medien seinen Namen und Beruf nur im Zusammenhang mit fachlichen Veröffentlichungen nennen oder nennen lassen dürfe; das greife tief in das Recht auf Äußerungs- und Meinungsfreiheit ein. Die Beschränkungen des §49 der Richtlinien seien rein willkürlich, da eine Reihe von Informationswegen verboten würde, ohne daß es dafür eine Rechtfertigung geben könnte; zB Publikationen außerhalb von Anwaltsverzeichnissen in Fachverzeichnissen und Fachzeitschriften oder in in- und ausländischen Anwaltsblättern. Unhaltbar sei auch, daß nach §45 Abs2 RL-BA 1977 zulässige Angaben nicht auch aus anderen, als den in §49 Z3 leg.cit. genannten Anlässen öffentlich gemacht werden dürften, etwa wenn der Rechsanwalt einen neuen akademischen Titel erwerbe, sich neue Sprachkenntnisse aneigne oder neu in Fachverbände eintrete. Dies gelte auch für die Beschränkungen für Praxisschilder. Es bedürfe aber auch einer genauen verfassungsrechtlichen Überprüfung, warum im Geltungsbereich der Äußerungsfreiheit, der Freiheit der Erwerbsausübung und des Gleichheitsgrundsatzes nur Leistungswerbung - und dies nur im verengten Verständnis der Werberichtlinien - zulässig sein dürfe, nicht aber wiederholende Werbung; es könnte nämlich sein, daß die bloß einmalige Mitteilung an die Öffentlichkeit völlig wirkungslos sei und einer Wiederholung bedürfe.

Die Vertreterversammlung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages sei aber auch nicht demokratisch legitimiert die Richtlinien zu erlassen, da es sich um eines der kleinsten Gremien handle, die es in der Anwaltschaft gebe. Dem demokratischen Prinzip würde es viel besser entsprechen, wenn die Kompetenz zur Setzung genereller Normen den Plenarversammlungen übertragen wäre.

2. Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag hat eine Äußerung erstattet, in der er die Antragsberechtigung bestreitet und den Bedenken entgegentritt. Er begehrt die Zurückweisung des Individualantrages, weil dem Antragsteller die Möglichkeit offenstünde, bekämpfbare Bescheide des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer über die im Rahmen seines Antrages zu prüfenden Rechtsfragen zu erwirken. Dagegen sprächen auch nicht die vom Antragsteller vorgebrachten Argumente, er könne unter Umständen wegen eines standeswidrigen Verhaltens auch im Rahmen des UWG zivilrechtlich in Anspruch genommen werden. Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag stehe daher auf dem Standpunkt, daß der Antragsteller vor Befassung des Verfassungsgerichtshofes eine für ihn allenfalls konkret bedeutsame Frage an den Ausschuß der Rechtsanwaltskammer herantragen möge, der dann hierüber zu erkennen hätte.

Hilfsweise beantragt der Österreichische Rechtsanwaltskammertag die Abweisung des Individualantrages, da die vorgetragenen Bedenken nicht begründet seien.

Für den Fall der Aufhebung stellt der Österreichische Rechtsanwaltskammertag den Antrag, für das Außerkrafttreten eine Frist von sechs Monaten zu setzen.

3. Der Antrag ist nicht zulässig.

Zur Frage der Zulässigkeit des Antrages verweist der Verfassungsgerichtshof zunächst auf seine ständige (etwa im Beschluß VfSlg. 10511/1985 im einzelnen dargestellte) Rechtsprechung, an der er auch im vorliegenden Fall festhält. Aus ihr ist hervorzuheben, daß die Anfechtungsbefugnis eines Normadressaten ausschließlich dann gegeben ist, wenn das Gesetz (die Verordnung) selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift; ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz (die Verordnung) selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht.

Diesen Voraussetzungen entspricht der vorliegende Antrag nicht.

Der Verfassungsgerichtshof hat schon im Erkenntnis VfSlg. 2150/1951 unter Bezugnahme auf die Vorjudikatur (VfSlg. 1314/1930) den Standpunkt vertreten, daß die Rechtsanwaltskammern und deren Ausschuß im Bereich ihrer Zuständigkeit generelle und individuelle Normen erlassen dürfen. Dazu gehören nach dem Erkenntnis VfSlg. 2150/1951 auch jene Beschlüsse und Aufträge, die gemäß §23 RAO und gemäß §1 Abs1 des Disziplinarstatutes 1872 zur Wahrung der Ehre, des Ansehens und der Rechte bei Überwachung der Pflichten des Rechtsanwaltsstandes und in Ausübung des Aufsichtsrechtes ergehen. In VfSlg. 9470/1982 sprach der Verfassungsgerichtshof weiters aus, daß "ein vom Ausschuß der Rechtsanwaltskammer an ein Kammermitglied auf Grund dieser gesetzlichen Bestimmungen ergangener Bescheid ... ein Bescheid einer Verwaltungsbehörde iS des Art144 B-VG" ist.

Wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt ausgesagt hat (vgl. VfSlg. 11402/1987), kann die Möglichkeit der Erlangung eines Feststellungsbescheides der Zulässigkeit eines Individualantrages dann nicht entgegengehalten werden, wenn dies dem einzigen Zweck dienen würde, damit ein Mittel zu gewinnen, um die gegen eine Norm bestehenden Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Wie der Antragsteller aber selbst ausführt, sind die bekämpften Bestimmungen keineswegs so eindeutig, daß ein zu erwirkender Feststellungsbescheid nur dem einzigen Zweck dienen würde, damit einen letztinstanzlichen Bescheid zu erwirken, um verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Bestimmung weiter zu verfolgen. Der Antragsteller bringt selbst vor, von einer bestimmten Deutung der bekämpften Bestimmungen auszugehen, die eine Verfassungswidrigkeit der Regelung nach sich zöge, daß mehrere der bekämpften Bestimmungen mehrdeutig seien, weshalb sie dem Bestimmtheitsgebot widersprächen und daß er bei einzelnen Regelungen Schwierigkeiten habe, zu erkennen, wie sie zu verstehen seien. Unter diesen Umständen kann es dahingestellt bleiben, ob das Vorbringen des Antragstellers überhaupt ausreicht, seine Betroffenheit durch sämtliche angefochtenen Bestimmungen darzulegen. Nicht wesentlich ist schließlich, welche materiellen Erfolgschancen dem Antragsteller im Falle einer Antragstellung nach §23 RAO zukommen (vgl. VfSlg. 9170/1981, 10592/1985).

Aufgrund dieser Rechtsprechung, von der abzugehen der Verfassungsgerichtshof keinen Anlaß findet, hätte der Antragsteller jedenfalls die Möglichkeit, im Interesse einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung (vgl. VfSlg. 4563/1963 sowie 8803/1980, S. 273 und die dort zitierte Judikatur) einen (oder mehrere - auch dies ist ihm nicht unzumutbar -) bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts bekämpfbaren Bescheid (bekämpfbare Bescheide) des Ausschusses seiner Rechtsanwaltskammer über die von ihm aufgeworfenen Fragen zu erwirken, um klarzustellen, ob er mit den beabsichtigten Maßnahmen gegen seine Pflichten als Rechtsanwalt verstößt.

Dem Antragsteller steht also auf diese Weise ein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr der - durch die behauptete Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Verordnung ihm gegenüber bewirkten - Rechtsverletzung in Form einer Beschwerdeführung gegen gemäß §23 RAO an ihn ergehende Bescheide zur Verfügung (so schon VfSlg. 9470/1982).

4. Der Antrag erweist sich sohin insgesamt wegen mangelnder Legitimation als unzulässig, weshalb er zurückzuweisen ist.

Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Rechtsanwälte, Disziplinarrecht Rechtsanwälte, VfGH / Individualantrag, Werbeverbot (Rechtsanwälte), Feststellungsbescheid

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1991:V188.1990

Dokumentnummer

JFT_10088787_90V00188_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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