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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Stmk 1968 §21 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden 1. der Hedwig P in M, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in V, 2. des Robert O und 3. des Günther O, beide in M, beide vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in J, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 6. August 1992, Zl. 03-12 Mu 24 - 92/10, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1.) A in M, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in G, 2.) Stadtgemeinde M, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- jeweils zu einem Drittel binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der erstmitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Die erstmitbeteiligte Partei (kurz: Bauwerber) kam beim Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde als Baubehörde erster Instanz um Erteilung einer Baubewilligung für die Ummauerung eines bislang offenen Lagerschuppens zur Schaffung eines Verkaufsgebäudes ein. Dieses Nebengebäude befindet sich im Hof des Hauses des Bauwerbers und weist einen annähernd rechtecktigen Grundriß auf; die Schmalseiten grenzen jeweils an die Grundstücke der Beschwerdeführer an. In der Bauverhandlung erhoben die Beschwerdeführer als Nachbarn verschiedene Einwendungen.
Mit Bescheid der Baubehörde erster Instanz vom 6. Juni 1989 wurde das Ansuchen des Bauwerbers abgewiesen, weil die Bauführung als Neubau anzusehen und daher die Vorlage einer Widmungsbewilligung erforderlich sei. Die Baubehörde zweiter Instanz gab mit Bescheid vom 4. Dezember 1989 der Berufung des Bauwerbers nicht statt. Über Vorstellung des Bauwerbers behob die belangte Behörde mit Bescheid vom 9. August 1990 diesen Berufungsbescheid, weil die geplante Bauführung als Umbau anzusehen sei; die Berufungsbehörde habe es unterlassen, aufgrund der Divergenz zwischen dem schriftlichen Antrag und den Bauplänen den genauen Parteienwillen zu erforschen. Dieser Bescheid blieb unangefochten. Die Berufungsbehörde gab sodann mit Bescheid vom 16. Jänner 1991 der Berufung Folge, behob den erstinstanzlichen Bescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Baubehörde erster Instanz zurück. Dagegen erhob der Bauwerber Vorstellung, der mit Bescheid der belangten Behörde vom 4. April 1991 Folge gegeben wurde; die Angelegenheit wurde zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde verwiesen, weil diese den erstinstanzlichen Bescheid nur aufgrund eines derart mangelhaft festgestellten Sachverhalt beheben und zurückverweisen dürfe, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheine (was nicht aufgezeigt worden sei).
Mit Bescheid der Baubehörde zweiter Instanz vom 29. Juli 1991 wurde die Baubewilligung unter Vorschreibung verschiedener Auflagen erteilt. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Vorstellungen, worin sie im wesentlichen die Verletzung der Bestimmungen der §§ 4, 21 Abs. 2 und Abs. 3 sowie 43 Abs. 4 der Steiermärkischen Bauordnung behaupteten.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde diese Vorstellungen als unbegründet abgewiesen. Soweit für das Beschwerdeverfahren noch erheblich, führte die belangte Behörde nach einer Darstellung der verfahrensrechtlichen Position des Nachbarn im Bauverfahren aus, daß die Steiermärkische Bauordnung 1968 (BO) hinsichtlich Brandschutzinteressen dem Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht nur im Umfang des § 21 Abs. 1 BO einräume, wie sich e contrario aus § 61 Abs. 2 BO ergebe, weshalb auf die Ausführungen der Vorstellungswerber, die sich auf die Bestimmungen der §§ 21 Abs. 2 und Abs. 3 BO stützten, nicht mehr einzugehen sei. Der Forderung des § 21 Abs. 1 BO (Feuermauern an den Grundgrenzen zu den Grundstücken der Beschwerdeführer) sei entsprochen worden, wie sich aus den Bauplänen ergebe. Auch die Abstandsvorschriften (§ 4 BO) seien nicht verletzt worden. Sofern die Beschwerdeführer Geruchsbelästigungen aus der projektierten Ausführung der Entlüftung der WC-Anlagen befürchteten und sich auf § 43 Abs. 4 BO stützten, sei ihnen entgegenzuhalten, daß sich aus dieser Bestimmung kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht ableiten lasse. Auch sonst seien die Beschwerdeführer in keinem Nachbarrecht verletzt worden; aus den Vorschriften über die Berücksichtigung "schönheitlicher Rücksichten", der Beachtung des Ortsbildes, Stadtbildes und Straßenbildes erwüchsen ihnen keine Nachbarrechte, sodaß sie auch nicht berechtigt seien, diesbezüglich allfällige Verfahrensmängel geltend zu machen (wird jeweils näher ausgeführt).
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit, der Sache nach auch wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt; sowohl die belangte Behörde, als auch der Bauwerber haben Gegenschriften erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer erachten sich zunächst in Rechten verletzt, die sich aus den §§ 21 Abs. 1 bis 3 (Ausgestaltung der Feuermauern) und 43 Abs. 4 der Steiermärkischen Bauordnung (Entlüftung der WC-Anlagen) ergäben, bemängeln aber weiters, daß die Auflage Punkt 2. des Berufungsbescheides vom 29. Juli 1991 bezüglich der Abänderung des Attikavordaches sowie die Auflage Punkt 3. in jenem Bescheid, daß für die äußere Gestaltung die Richtlinien laut Stellungnahme des Ortsbildsachverständigen maßgebend und diese einzuhalten seien, unklar und unbestimmt (und damit gesetzwidrig) seien.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. 10.317/A uva.)
Gemäß § 61 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 42/1991 kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen; diese sind in § 61 Abs. 2 BO taxativ aufgezählt. Dazu zählen - bezogen auf den Beschwerdefall - gemäß § 61 Abs. 2 lit. g BO die Bestimmungen über "die Feuer- und Brandmauern (§ 21 Abs. 1)". Keine nachbarschützende Wirkung im Sinne dieser taxativen Aufzählung kommt hingegen den Bestimmungen des § 43 Abs. 4 (Gestaltung der Abläufe von Abortanlagen und Bestimmungen über die Entlüftung der Abfallröhre), wie auch den Bestimmungen über den Ortsbildschutz zu. In der Beschwerde wird auch nicht behauptet, daß durch die Gestaltung der Entlüftung der WC-Anlagen Geruchsbelästigungen zu befürchten seien, die das in § 23 Abs. 5 lit. c StROG umschriebene zulässige Ausmaß überstiegen; im Hinblick auf die geringfügigen Dimensionen der WC-Anlage ergibt sich auch aus der Aktenlage kein Grund für eine solche Annahme. Demnach ist auf die entsprechenden Ausführungen - mangels subjektiv-öffentlicher Rechte der Beschwerdeführer in diesem Punkt - nicht näher einzugehen. Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch nicht zu erkennen, daß die Zweit- und Drittbeschwerdeführer bezüglich der Auflage hinsichtlich des Attikavordaches in einem dieser taxativ aufgezählten subjektiv-öffentlichen Rechte verletzt worden wären (die Erstbeschwerdeführerin ist davon jedenfalls nicht betroffen).
§ 21 Abs. 1 bis 3 BO lauten:
"(1.) Wird ein Gebäude unmittelbar an eine Nachbargrundgrenze oder an ein anderes Gebäude angebaut, so müssen die Außenwände an der Grundgrenze oder die an Nachbargebäude anschließenden Außenwände als Feuermauern ausgestaltet werden. Jedes Gebäude muß eigene Feuermauern haben. Zum Zwecke einer gemeinsamen Benützung benachbarter Gebäude können Feuermauern durchbrochen werden, wenn der Brandschutz dadurch nicht beeinträchtigt wird; Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Bei offener Bebauung kann von dem Erfordernis der Feuermauer abgesehen werden, wenn der Nachbar zustimmt und die Bebauungsverhältnisse sowie die Gesichtspunkte des Brandschutzes es zulassen.
(2.) Werden verschieden hohe brandabschnittbildende Teile eines Gebäudes unmittelbar aneinander gebaut, so ist die dem niedrigeren Teil zugekehrte Front des höheren Teiles entweder als Brandmmauer auszubilden oder der niedrigere Teil ist bis zu einer Entfernung von mindestens 10 m brandbeständig herzustellen und ohne Öffnung nach oben abzuschließen. Verkleidungen aus brennbaren Stoffen sind in diesem Bereich unzulässig.
(3.) Müssen Gebäude oder Gebäudeteile, die in einem Winkel bis zu 135 Grad zusammenstoßen, durch Brandmauern getrennt werden, so muß der Abstand der Brandmauern von der inneren Ecke mindestens 5 m betragen."
Die Beschwerdeführer bemängeln nicht die projektierte Ausführung der an den Schmalseiten dieses Nebengebäudes vorgesehenen Feuermauern an sich, und streben auch nicht etwa die Verlängerng dieser Feuermauern ihren Grundgrenzen entlang an, sondern bemängeln, daß eine brandbeständige und brandhemmende Ausführung der Türen und der Fenster in den Längsseiten dieses Nebengebäudes wie auch der Attikakonstruktion an der hofseitigen Längsseite zumindest innerhalb eines Bereiches von 5 m (im Sinne des § 21 Abs. 3 BO) zu ihren jeweiligen Grundgrenzen nicht vorgesehen sei.
Mit diesem Vorbringen vermögen die Beschwerdeführer eine Verletzung ihrer durch § 21 Abs. 1 iVm § 61 Abs. 2 lit. g BO geschützten Nachbarrechte nicht aufzuzeigen. § 61 Abs. 2 lit. g BO verweist (unmittelbar) nur auf § 21 Abs. 1, nicht auch auf die übrigen Absätze des § 21. Wohl ist nach Abs. 1 Abs. 3 dann sinngemäß anzuwenden, wenn zum Zwecke einer gemeinsamen Benützung benachbarter Gebäude Feuermauern durchbrochen werden und der Brandschutz dadurch nicht beeinträchtigt wird, ein solcher Fall liegt aber hier nicht vor. § 21 Abs. 1 BO gewährt den Beschwerdeführern kein Nachbarrecht dahin, daß die Türen und Fenster in den fraglichen Längswänden (bzw. der Attikavorbau entlang dieser Wände), die gemäß § 21 Abs. 1 BO nicht als Feuermauern auszugestalten sind, innerhalb eines gewissen Abstandes zu den Grundgrenzen feuerhemmend oder feuerbeständig auszuführen wären (die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen gewähren dem Nachbarn kein allgemeines Mitspracherecht hinsichtlich des Brandschutzes).
Da somit die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Da gemäß § 36 Abs. 4 VwGG Gegenschriften (nur) in doppelter Ausfertigung zu überreichen sind, kann der erstmitbeteiligten Partei ein Kostenersatz hinsichtlich der für die überzähligen Ausfertigungen der Gegenschrift entrichteten Stempelgebühren nicht zuerkannt werden.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1992060201.X00Im RIS seit
03.05.2001