Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
KFG 1967 §101 Abs1 lita;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/03/0062Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte DDr. Jakusch, und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerden des F in K, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in K, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark 1. vom 27. September 1993, Zl. UVS 30.10-168/92-6, UVS 30.10-169/92-6 (hg. Zl. 93/03/0299), und 2. vom 17. Februar 1994, Zl. UVS 30.10-168+169/92-8 (hg. Zl. 94/03/0062), betreffend Übertretung des KFG 1967,
Spruch
1. den Beschluß gefaßt:
Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 27. September 1993 wird, soweit sie sich gegen die Strafhöhe richtet, als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; und
2. zu Recht erkannt:
Im übrigen werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 12. August 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 17. März 1992 ein den Kennzeichen nach bestimmtes Sattelkraftfahrzeug in Betrieb genommen und um 7.05 Uhr auf der B 78 in Mautherndorf, Höhe Autobahnabfahrt in Richtung Bad St. Leonhard, gelenkt, ohne sich, obwohl ihm dies zumutbar gewesen wäre, davon zu überzeugen, daß das Kraftfahrzeug sowie dessen Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entspricht. Durch die Beladung sei das höchste zulässige Gesamtgewicht des LKW-Zuges von 38 t um 4.400 kg überschritten worden. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 101 Abs. 1 lit. a iVm § 102 Abs. 1 KFG 1967 begangen, weshalb über ihn gemäß § 134 KFG 1967 eine Geldstrafe von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen) verhängt wurde.
Die sowohl gegen den Schuldspruch als auch gegen die Strafhöhe gerichtete Berufung gegen diesen Bescheid wurde mit dem erstangefochtenen Bescheid vom 27. September 1993 als unbegründet abgewiesen. In der Entscheidungsbegründung wird zur Strafhöhe unter anderem ausgeführt:
"Unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers, wie diese in der Berufung bekanntgegeben wurden (mtl. Einkommen S 11.000,--, kein Vermögen, Sorgepflicht für die Ehegattin und
ein minderjähriges Kind) konnte im Hinblick darauf, daß keine einschlägige Verwaltungsvorstrafe im Beobachtungszeitraum von 5 Jahren vorliegt, die Strafe entsprechend herabgesetzt werden, zumal insbesondere spezialpräventive Gründe nicht dagegen sprechen."
Mit Verfügung zum 22. Dezember 1993, der belangten Behörde zugestellt am 7. Jänner 1994, leitete der Verwaltungsgerichtshof das Vorverfahren über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid ein. Zusammen mit dem Verwaltungsakt und der Gegenschrift legte die belangte Behörde den zweitangefochtenen Bescheid vom 17. Februar 1994, mit welchem sie den Spruch des erstangefochtenen Bescheides gemäß § 52a Abs. 1 VStG dahingehend abänderte, daß sie der Berufung gegen die Strafhöhe Folge gab und das Strafausmaß mit S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) bemaß. Auch diesen Bescheid bekämpft der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof, wobei er in der Beschwerde vorbringt, daß ihm dieser Bescheid am 4. März 1994 zugestellt wurde.
Über die Beschwerden, die der Verwaltungsgerichtshof wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbunden hat, wurde erwogen:
1. Bescheid vom 27. September 1993:
Aus dem Spruch des zweitangefochtenen Bescheides ("Der
Spruch des Unabhängigen Verwaltungssenates ... wird wie folgt
abgeändert: ... wird der Berufung Folge gegeben und die Strafe
mit S 3.000,-- (3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) bemessen") ergibt sich, daß vom Abänderungsbescheid nach § 52a Abs. 1 VStG nicht der gesamte Spruch des erstangefochtenen Bescheides, sondern lediglich der Abspruch über die Strafhöhe erfaßt wird, die Entscheidung über die Schuldfrage aber unangetastet blieb.
Soweit sich die Beschwerde gegen den Ausspruch über die Schuld richtet, ist sie aus folgenden Gründen unbegründet und daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen:
Im gegenständlichen Fall veranlaßte die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg als Strafbehörde
erster Instanz gemäß § 40 Abs. 3 VStG die Vernehmung des Beschwerdeführers durch die Gemeinde. Der Beschwerdeführer bringt vor, er sei von der Gemeinde lediglich mit einer einfachen Ladungskarte vorgeladen worden; diese habe weder einen Hinweis auf das Recht enthalten, zur Vernehmung einen Rechtsbeistand beizuziehen, noch die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat angeführt, wodurch die Bestimmungen der §§ 40 Abs. 2 und 41 Abs. 1 und 2 VStG verletzt worden seien.
Gemäß § 40 Abs. 2 VStG hat die Behörde den Beschuldigten bei der Ladung zur Vernehmung auf sein Recht hinzuweisen, zur Vernehmung einen Rechtsbeistand seiner Wahl beizuziehen. Gemäß § 41 Abs. 1 VStG ist in der Ladung des Beschuldigten die Tat, die ihm zur Last gelegt wird, kurz und deutlich zu bezeichnen. Gemäß § 41 Abs. 2 VStG ist der Beschuldigte in der Ladung aufzufordern, die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel mitzubringen oder der Behörde so rechtzeitig anzuzeigen, daß sie zur Vernehmung noch herbeigeschafft werden können. Ein Verstoß gegen die genannten Bestimmungen liegt vor. Der Beschwerdeführer kann aber die Relevanz dieser Verletzung - nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können Verfahrensmängel nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, wenn sie wesentlich sind (vgl. die bei Dolp,
Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf Seite 591 referierte hg. Judikatur) - nicht aufzeigen. Er bringt nämlich vor, bei ordentlicher Belehrung und Beiziehung eines Rechtsanwaltes hätte er vorbringen können, daß er die Beladung selbst durchgeführt und dabei das Gewicht der Ladung (Düngekalk) unterschätzt habe, erläutet aber nicht, wodurch er gehindert gewesen wäre, dieses Sachverhaltsvorbringen in der vom Rechtsanwalt verfaßten Berufungsschrift zu erstatten. Überdies wäre mit einem solchen Vorbringen für den Beschwerdeführer auch deshalb nichts gewonnen gewesen, weil nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein mit Transporten befaßter Kraftfahrzeuglenker verpflichtet ist und es ihm zumutbar ist, um den Beladungsvorschriften zu entsprechen und Überladungen zu vermeiden, sich die für eine zuverlässige Feststellung erforderlichen fachlichen Kenntnisse selbst zu verschaffen bzw. sich der Mitwirkung einer fachkundigen Person zu bedienen, falls keine Möglichkeit zu einer genauen Gewichtskontrolle beim Aufladen besteht (vgl. hg. Erkenntnis vom 14. Jänner 1987, Zl. 86/03/0175).
Aktenwidrig ist die Behauptung des Beschwerdeführers, ihm sei im gesamten Verfahren nicht zur Kenntnis gebracht worden, welche Verwaltungsvorschriften er übertreten habe solle, führt doch das Straferkenntnis ausdrücklich die "Verwaltungsübertretung nach § 101/1a i.V.m. § 102/1 KFG 1967" an, sodaß der Beschwerdeführer in seiner Berufung auch ausdrücklich auf diese Bestimmungen Bezug nehmen konnte.
Der Beschwerdeführer ortet eine Unschlüssigkeit bei der Festlegung der Tatzeit durch den angefochtenen Bescheid. Es werde ihm vorgeworfen, am 17. März 1992 um 7.05 Uhr das Fahrzeug gelenkt zu haben, obwohl nach der Anzeige der Meldungsleger um diese Zeit das Abwiegen durchgeführt worden sei. Der angefochtene Bescheid führt hiezu schlüssig aus, der Beschwerdeführer sei mit dem überladenen Fahrzeug bis zum Ort des Abwiegens (B 78, Höhe Autobahnabfahrt) gefahren und habe somit bis zum Zeitpunkt (des Beginnes) des Abwiegens das vorgeworfene Delikt gesetzt. Daß aber zwischen der Beendigung des Fahrens und dem Beginn des Abwiegens eine Kontrolle der Fahrzeugpapiere des Beschwerdeführers durchgeführt worden sei, behauptet der Beschwerdeführer erstmals in der Beschwerde, weshalb dies eine für das verwaltungsgerichtliche Verfahren unbeachtliche Neuerung darstellt. Im übrigen ist darauf zu verweisen, daß der Vorschrift des § 44a Z. 1 VStG entsprochen ist, wenn dem Beschuldigten im Spruch des Bescheides die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 1985, Slg. 11.894/A). Diesem Erfordernis entspricht die Tatumschreibung.
Was die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte des Kraftfahrzeuges mit Anhänger im Sinne des § 101 Abs. 1 lit. a KFG 1967 betrifft, so wurde im gegenständlichen Fall unbestritten das Gesamtgewicht von 38.000 kg (§ 4 Abs. 7a KFG 1967) um 4.400 kg überschritten. Dadurch, daß nach den Berechnungen des Beschwerdeführers die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte niedriger ist als 38 t, wird der Beschwerdeführer nicht in seinen Rechten verletzt. Im übrigen errechnete der Beschwerdeführer deshalb eine unter 38.000 kg liegende Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte i.S.d.
§ 4 Abs. 7a KFG 1967, weil er von der in der Anzeige der Gendarmerie vom 15. April 1992 - offensichtlich irrtümlich - mit 30.500 kg angegebenen höchsten zulässigen Sattellast des Sattelanhängers ausging; wie sich aus dem im Verwaltungsakt befindlichen Wiegezettel ergibt, beträgt diese höchste zulässige Sattellast 8.500 kg.
Soweit sich die Beschwerde gegen die Strafhöhe richtet, war sie, da der angefochtene Spruchteil durch den gemäß § 52a Abs. 1 VStG erlassenen Abänderungsbescheid aus dem Rechtsbestand ausgeschieden ist, als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren hierüber einzustellen.
Die Kostenentscheidung hinsichtlich dieser Beschwerde gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 56
zweiter Satz VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
2. Bescheid vom 17. Februar 1994:
Mit dem zweitangefochtenen, gemäß § 52a Abs. 1 VStG ergangenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung hinsichtlich der Strafhöhe teilweise Folge und setzte die Strafe mit S 3.000,-- fest.
§ 52a Abs. 1 VStG lautet:
"Von Amts wegen kann ein rechtskräftiger erstinstanzlicher Bescheid, durch den zum Nachteil des Bestraften das Gesetz offenkundig verletzt worden ist, von der Behörde, die ihn erlassen hat, oder von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden. Das gleiche steht den unabhängigen Verwaltungssenaten für die von ihnen erlassenen rechtskräftigen Erkenntnisse zu. Auf die Ausübung dieses Rechtes hat niemand einen Anspruch."
Der Beschwerdeführer zeigt zu Recht auf, daß § 52a Abs. 1 VStG der Beseitigung einer (eindeutigen) dem Bestraften zum Nachteil gereichenden Rechtsverletzung dient, eine Maßnahme nach § 52a Abs. 1 VStG somit stets im Interesse des Bestraften liegt. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist aber auch im gegenständlichen Fall die Abänderung des Bescheides in seinem Interesse erfolgt, wurde doch das Strafausmaß von S 5.000,-- auf S 3.000,-- gesenkt.
Der Beschwerdeführer behauptet, die belangte Behörde hätte die Abänderung nach § 52a Abs. 1 VStG außerhalb der Frist des § 51 Abs. 7 VStG und damit zu Unrecht erlassen, da die Berufung am 14. September 1992 bei der belangten Behörde eingelangt sei, der Abänderungsbescheid aber erst am 4. März 1994 zugestellt worden sei. Nach Ansicht des Verwaltungshofes kann aber, wenn die Berufungsentscheidung innerhalb der Frist des § 51 Abs. 7 VStG erlassen worden ist, eine Abänderung nach § 52a Abs. 1 leg. cit. auch außerhalb dieser Frist erfolgen (vgl. hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1990, Zlen. 90/02/0088, 90/02/0157).
Der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde ihr Ermessen bei Festlegung der Strafhöhe in gesetzwidrigerweise geübt hätte. Auf die Einkommens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten hat die belangte Behörde Bedacht genommen. Der belangten Behörde kann aber auch nicht dahingehend entgegengetreten werden, daß sie das Verschulden des Beschwerdeführers in Anbetracht der Übertretung der Summe der zulässigen Gesamtgewichte um mehr als 10 % nicht als geringfügig einstufte.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war diese Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Andere Einzelfragen in besonderen Rechtsgebieten Straßenpolizei Kraftfahrwesen Erschwerende und mildernde Umstände SchuldformEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993030299.X00Im RIS seit
03.04.2001