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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §71 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des BL in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 20. Oktober 1993, Zl. UVS 30.14-108/93-18, betreffend Verweigerung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in einem Verfahren wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem KFG 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Graz vom 4. Dezember 1991 wurde der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe von S 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) verhängt. Die Strafverfügung wurde dem in Untersuchungshaft befindlichen Beschwerdeführer am 2. Jänner 1992 zugestellt.
Am 27. Jänner 1992 richtete der Beschwerdeführer an die Erstbehörde ein Schreiben folgenden Inhaltes:
"Gegen die Strafverfügung vom 4.12.91 erhebe ich Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand und erhebe Einspruch.
Auf Grund gesetzwidriger Besuchsverbote war ich nicht in der Lage, am 17.1.92 meine Frau EL zu ersuchen, dies einem Anwalt zu geben, durch die Nichtbehandlung von Zahnschmerzen entgegen den Anordnungen des Anstaltsarztes und der Zahnklinik, sowie der "Behandlung" mit Kellerkerker, feuchten Wänden, kein Fenster, unzureichender Belüftung, war ich nicht in der Lage, meine Geschäfte bzw. Fristen wahrzunehmen. Beweis: ...
Ich bin meiner Aufforderung nachgekommen, doch wurde diese weder von der Anstalt noch vom U-Richter weitergeleitet.
Beweis: ... Ich erhebe Einspruch und beantrage das Strafverfahren einzustellen."
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 20. Oktober 1993 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist gegen die "am 4. Dezember 1991 erlassene" Strafverfügung abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der zufolge § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden Bestimmung des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Nach der Vorschrift des Abs. 2 dieser Gesetzesstelle muß der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, hat die Partei im Hinblick auf die Befristung des Wiedereinsetzungsantrages innerhalb der gesetzlichen Frist alle Wiedereinsetzungsgründe vorzubringen und glaubhaft zu machen. Es ist nicht Sache der Behörde, tatsächliche Umstände zu erheben, die einen Wiedereinsetzungsgrund bilden könnten. Die Partei bleibt an den im Antrag vorgebrachten Wiedereinsetzungsgrund gebunden. Eine Auswechslung dieses Grundes im Berufungsverfahren ist rechtlich unzulässig (vgl. die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, S. 634, zitierte hg. Rechtsprechung).
Die belangte Behörde ging - ebenso wie der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde - im Hinblick auf die Zustellung der Strafverfügung am 2. Jänner 1992 von einem Ende der Einspruchsfrist am 16. Jänner 1992 aus. Demgegenüber machte der Beschwerdeführer als Wiedereinsetzungsgrund geltend, durch verschiedene, seiner Meinung nach gesetzwidrige Maßnahmen des Strafvollzuges gehindert gewesen zu sein, am 17. Jänner 1992 seine Frau zu ersuchen, "dies" (gemeint offenbar: den Auftrag zur Erhebung eines Einspruches gegen die Strafverfügung) einem Anwalt zu geben. Dieses Vorbringen, das entsprechend der oben dargestellten Rechtslage allein den Gegenstand der behördlichen Prüfung im Rahmen des Verfahrens über den Wiedereinsetzungsantrag zu bilden hatte, ist selbst bei dessen Zutreffen nicht geeignet, die begehrte Wiedereinsetzung zu begründen. Denn es ist undenkbar, daß der Beschwerdeführer durch ein erst nach Ablauf der Frist wirksam gewordenes Hindernis an der Einhaltung dieser Frist gehindert wurde.
Daß aber der Beschwerdeführer durch die in seinem Wiedereinsetzungsantrag genannten Umstände gehindert gewesen wäre, schon vor dem 17. Jänner 1992 den Einspruch gegen die Strafverfügung zu erheben, kann seinem allein maßgeblichen Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag nicht entnommen werden.
Da sich die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages durch die belangte Behörde schon auf Grund dieser Erwägungen als frei von Rechtsirrtum erweist, erübrigt es sich, auf das Beschwerdevorbringen einzugehen. Die Beschwerde war vielmehr gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit Art. I und III Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994030034.X00Im RIS seit
20.11.2000