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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, in der Beschwerdesache des B in G, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 9. März 1993, Zl. Jv 1709-16/92-8, betreffend die geöffnete Ausfolgung eines Verteidigerbriefes, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies der Präsident des Landesgerichtes für Strafsachen Graz die Beschwerde des Beschwerdeführers, der sich zum damaligen Zeitpunkt als Untersuchungsgefangener im landesgerichtlichen Gefangenenhaus Graz befunden hatte, gegen den Leiter dieses Gefangenenhauses als unbegründet zurück. Hiezu wurde ausgeführt, dem Beschwerdeführer sei laut seinem Vorbringen am 24. Juni 1992 ein Anwaltsbrief seines ausgewiesenen Rechtsanwaltes mit dem gestempelten Vermerk "Keine Zensur" geöffnet ausgefolgt worden. Die Öffnung des Briefes sei auf Anweisung des Anstaltsleiters erfolgt, weshalb der Beschwerdeführer beantrage
1) festzustellen, daß das Öffnen von nicht der Zensur unterliegenden Anwaltsbriefen und die diesbezügliche Anweisung des Anstaltsleiters gesetzwidrig seien und dafür zu sorgen, daß dies in Hinkunft nicht mehr geschehe und 2) festzustellen, daß vom Untersuchungsrichter bzw. Verhandlungsrichter zensurierte Post ebenfalls von der Anstalt nicht überprüft werden dürfe und daher die diesbezügliche Anordnung des Anstaltsleiters gesetzwidrig sei und dafür zu sorgen, daß diese Anordnungen sofort ersatzlos aufgehoben würden. Der Leiter des landesgerichtlichen Gefangenenhauses Graz habe zu diesem Antrag mitgeteilt, daß aus Sicherheitsgründen der gesamte Schriftverkehr, allerdings ohne Kenntnisnahme des Mitteilungsinhaltes, in der Form einer sogenannten "Materialkontrolle" zu überwachen sei. Diese Überwachung erfolge aufgrund einer Anordnung des Leiters des landesgerichtlichen Gefangenenhauses Graz vom 25. November 1992 in geeigneter Form, wobei jedoch die Überwachung des Briefverkehrs von Untersuchungshäftlingen durch "Öffnung von Briefen" einer entsprechenden speziellen Anordnung des zuständigen Richters vorbehalten bleibe. Da sohin die Vollzugsbehörde erster Instanz der Beschwerde im Sinne des § 121 Abs. 1 StVG selbst abgeholfen habe, stehe der Vollzugsoberbehörde keine Entscheidung über die Beschwerde zu.
Dem hält der Beschwerdeführer im wesentlichen entgegen, daß gemäß § 45 Abs. 4 StPO der Untersuchungsrichter den Briefverkehr des verhafteten Beschuldigten mit seinem Verteidiger nur unter bestimmten Voraussetzungen überwachen dürfe, die jedoch in seinem Fall im Juni 1992 nicht mehr vorgelegen seien. Normen des StVG betreffend die Überwachung des Briefverkehrs könnten für Untersuchungshäftlinge aber nicht gelten. Die von der Behörde vorgenommene Differenzierung zwischen einer "Materialkontrolle", bei der der Brief des Verteidigers offenbar nur geöffnet, nicht aber gelesen werde und einer Zensur sei schon allein faktisch nicht möglich. Es wäre daher die vom Beschwerdeführer begehrte Feststellung, daß das Öffnen von nicht der Zensur unterliegenden Anwaltsbriefen und die diesbezüglich Anweisung des Anstaltsleiters gesetzwidrig sei, rechtmäßig gewesen. Es könne nicht die Rede davon sein, daß die Beschwer des Beschwerdeführers dadurch weggefallen sei, daß die Vollzugsbehörde der Beschwerde selbst abgeholfen habe. Denn die Beschwerde habe nicht nur den zukünftigen Briefverkehr, sondern auch die Überwachung des am 24. Juni 1992 überreichten Briefes (bei dem ein Abhelfen nicht mehr möglich sei) betroffen. Im übrigen sei dem Beschwerdeführer weder die (im angefochtenen Bescheid bezogene) Mitteilung des Leiters des landesgerichtlichen Gefangenenhauses Graz noch dessen Anordnung zur Kenntnis und Stellungnahme übermittelt worden.
Wie der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof selbst ausführt, endete seine Untersuchungshaft im landesgerichtlichen Gefangenenhaus Graz am 30. August 1993. Der mit der vorliegenden Beschwerde angestrebten Entscheidung der Rechtsfrage, ob der Beschwerde gegen die geöffnete Ausfolgung des Briefes seines Verteidigers an den Beschwerdeführer als Untersuchungshäftling durch die Anordnung des Anstaltsleiters vom 25. November 1992 abgeholfen wurde oder nicht, kann daher nur mehr theoretische Bedeutung zukommen. Es fehlt dem Beschwerdeführer somit im Sinne der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B den Beschluß vom 15. Juni 1988, Zl. 88/01/0109 und die dort zitierte Vorjudikatur) die Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde. Davon abgesehen sei bemerkt, daß nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu die bei Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I (1987) 489 referierte Judikatur) das für die Erlassung eines Feststellungsbescheides erforderliche rechtliche Interesse jedenfalls dann nicht besteht, wenn die strittige Rechtsfrage im Rahmen eines anderen, gesetzlich vorgesehenen Verfahrens entschieden werden kann. Da dies im vorliegenden Fall zufolge des in den §§ 120 f StVG normierten und vom Beschwerdeführer auch in Anspruch genommenen Beschwerderechtes zutrifft, würde dem Beschwerdeführer insoweit auch ein Anspruch auf Erlassung des begehrten Feststellungsbescheides fehlen.
Die Beschwerde war gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen war.
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung FeststellungsbescheideEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994191127.X00Im RIS seit
25.01.2001