TE Vwgh Beschluss 1994/6/16 94/19/1051

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Veröffentlicht am 16.06.1994
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/19/1052

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, 1) über den Antrag des T in L, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in L, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einbringung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Oktober 1993, Zl. 4.316.880/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung und 2) in dieser Beschwerdesache, den Beschluß gefaßt:

Spruch

1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

2) Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer begründet seinen gleichzeitig mit der Beschwerde eingebrachten Wiedereinsetzungsantrag damit, daß der ihm beigegeben Verfahrenshelfer nach Zustellung des Bescheides des Bundesministers für Inneres die entsprechenden Erhebungen durchgeführt und bei der zuständigen Behörde Akteneinsicht genommen habe. Zur Abfassung der Beschwerde sei der nunmehr vervollständigte Akt in der Kanzlei des Rechtsvertreters mit 28. Februar 1994 kalendiert und an diesem Tage von der Kanzleileiterin zur Vorlage vorbereitet worden. Allerdings sei der Akt versehentlich auf den falschen Aktenstapel - der für die Einordnungen in das Aktenlager der Kanzlei vorgesehen gewesen sei - gelegt und in der Folge in das Aktenlager eingereiht worden. Eine Vorlage an den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers sei daher nicht erfolgt, der entsprechende Vermerk im Kalender sei jedoch in der Meinung, daß dies geschehen wäre, gestrichen worden. Am 18. März 1994 sei von der Kanzleileiterin ein Akt im Archiv der Kanzlei ausgehoben worden. Dabei sei ihr auch der gegenständliche Akt "in die Hände" gefallen und sie habe bemerkt, daß dieser nicht vorgelegt, sondern in das Aktenlager eingeordnet worden sei. Die Kanzleileiterin, eine langjährige und zuverlässige Mitarbeiterin des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers, habe die ihr übertragenen Arbeiten bisher mit äußerster Genauigkeit und Sorgfalt erledigt. Der Rechtsvertreter habe sich daher aufgrund der bisherigen fehlerfreien Mitarbeit der Kanzleileiterin auf die termingerechte Vorlage des Aktes verlassen können und es habe kein Anlaß dazu bestanden, eine gesonderte Überprüfung der jeweiligen Termine vorzunehmen. Es liege daher ein unvorhergesehenes Ereignis vor, das zur Versäumung der Beschwerdefrist geführt habe.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Als ein solches unvorhergesehenes Ereignis hat der Beschwerdeführer ein Versehen der Kanzleileiterin seines Rechtsvertreters geltend gemacht, die - wie durch eine eidesstättige Erklärung bescheinigt - den zur Vorlage an den Rechtsvertreter bestimmten Akt nicht vorgelegt, sondern in das Aktenlage in der Kanzlei eingereiht und den entsprechenden Kalendervermerk gestrichen hat. Nun stellt das Verschulden einer geeigneten und ordentlich überwachten Angestellten eines Rechtsanwaltes regelmäßig einen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund dar (vgl. dazu Pichler, Zur Wiedereinsetzungspraxis des Verwaltungsgerichtshofes in Anwaltsblatt 4/1990, S 178 ff). Allerdings kann ein solches fehlerhaftes Verhalten die Wiedereinsetzung dann nicht rechtfertigen, wenn der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers keine, zur Vermeidung derartiger Fehlleistungen geeigneten organisatorischen Maßnahmen getroffen hat. Wird daher als Wiedereinsetzungsgrund ein Versehen eines Kanzleibediensteten geltend gemacht, so ist durch konkrete Behauptungen im Wiedereinsetzungsantrag nicht nur darzulegen, worin das Versehen bestanden hat, sondern auch, daß es dazu trotz einer entsprechend eingerichteten Organisation des Kanzleibetriebes gekommen ist - also ohne, daß ein eigenes Verschulden des Rechtsanwaltes hinzugetreten wäre (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 18. Dezember 1991, Zl. 91/01/0174).

Da dem vorliegenden Antrag Ausführungen in dieser Hinsicht völlig fehlen, konnte die Wiedereinsetzung nicht bewilligt werden.

2) Damit war die gleichzeitig mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand am 1. April 1994 gegen den dem Vertreter des Beschwerdeführers am 26. Jänner 1994 zugestellten Bescheid eingebrachte Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist ohne weiteres Verfahren mit Beschluß zurückzuweisen.

Es erübrigt sich sohin auch eine Entscheidung des Berichters über den Antrag des Beschwerdeführers, seiner Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994191051.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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