TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/16 94/19/0600

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Veröffentlicht am 16.06.1994
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Index

25/02 Strafvollzug;

Norm

StVG §107 Abs1 Z2;
StVG §21 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des S in G, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 10. Mai 1993, Zl. 404.825/5-V7/92, betreffend Ordnungswidrigkeit gemäß § 107 Abs. 1 Z. 2 StVG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Leiters der Strafvollzugsanstalt Graz vom 15. Mai 1992 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 107 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 109 Z. 5 und § 114 Abs. 2 StVG die Ordnungsstrafe des strengen Hausarrestes in der Dauer von einer Woche verbunden mit dem Entzug der Arbeit verhängt, weil er am 8. Mai 1992 im Zuge einer Ausführung in das Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz dadurch, daß er von dem dort ebenfalls anwesenden K einen unbekannten Gegenstand übernommen habe, vorsätzlich entgegen den Bestimmungen des § 21 Abs. 1 StVG gehandelt habe.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde, in der er im wesentlichen bestritt, vorsätzlich vorgegangen zu sein. Vielmehr sei ihm von K "irgendetwas in die Hand gedrückt" worden. Er habe diesen Gegenstand sofort weggeworfen, jedoch um K von "weiteren Verfolgungen oder Nachteilen zu befreien" habe er dem Beamten gegenüber so getan, als hätte er den Gegenstand, der ihm "nahezu aufgedrängt" worden sei, verschluckt. Die an ihm anschließend durchgeführte Röntgenuntersuchung sei negativ verlaufen. Auf dieses Ergebnis sei aber im Verfahren ebensowenig eingegangen worden, wie auch eine Befragung des Justizwachebeamten, ob sich tatsächlich unter der Bank ein Gegenstand befunden habe und ob er beobachtet habe, daß der Beschwerdeführer einen Gegenstand weggeworfen habe, unterlassen worden sei. Von einer gröblichen Verletzung der Sicherheit und Ordnung könne im übrigen nicht die Rede sein und es sei die über ihn verhängte Strafe mit dem tatsächlichen Unrechtsgehalt der Tat nicht vereinbar.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10. Mai 1993 wurde der Beschwerde keine Folge gegeben. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, es stehe aufgrund des Beweisverfahrens und der keinen Bedenken begegnenden Beweiswürdigung der erstinstanzlichen Behörde fest, daß der Beschwerdeführer am 8. Mai 1992 im Zuge einer Ausführung an das Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz von dem dort ebenfalls anwesenden K einen Gegenstand übernommen und diesen in der Folge trotz Aufforderung an den Jusitzwachebeamten nicht ausgefolgt habe. Der Beschwerdeführer habe zugegeben, von K einen Gegenstand übernommen zu haben. Da er diesen Gegenstand nicht von sich aus sofort an den ihn begleitenden Jusitzwachebeamten weitergegeben habe, habe er sich schon deshalb der Ordnungswidrigkeit des unerlaubten Verkehrs nach § 107 Abs. 1 Z. 2 StVG schuldig gemacht. Ob er den Gegenstand in der Folge geschluckt oder weggeworfen habe, sei hiebei unerheblich. Aus diesem Grunde seien auch die vom Beschwerdeführer behaupteten Verfahrensmängel nicht zu erkennen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und auf die, die Sach- und Rechtslage betreffenden Erwägungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht, nicht rechtswidrigerweise bestraft zu werden, verletzt. Er bringt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes im wesentlichen vor, die Auffassung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe die Ordnungswidrigkeit des § 107 Abs. 1 Z. 2 StVG schon dadurch begangen, daß er den Gegenstand nicht von sich aus sofort an den ihn begleitenden Jusitzwachebeamten weitergegeben habe, unzutreffend sei, weil das StVG eine "absolute", von der Aufforderung durch Justizwachebeamte bzw. von der "Innehabung des Gegenstandes abhängige" (gemeint wohl: unabhängige) Ausfolgungspflicht nicht vorsehe. Es sei auch keineswegs unerheblich, ob der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Gegenstand geschluckt oder weggeworfen habe, da "ein Schlucken zweifellos dessen Ansichbringen und damit die Übernahme der von K angebotenen Gewahrsame" darstelle, das Wegwerfen hingegen nur die Ablehnung der Übernahme der angebotenen Gewahrsame bedeuten könne. Von einer Übernahme des Gegenstandes durch den Beschwerdeführer könne nur dann gesprochen werden, wenn Umstände festgestellt worden wären, aus denen sich schlüssig der Wille des Beschwerdeführers ableiten ließe, den ihm übergebenen Gegenstand in seine Gewahrsame zu überführen. Der Beschwerdeführer habe aber im gesamten Verfahren stets behauptet, den ihm "unvorhersehbar aufgedrängten" Gegenstand weggeworfen zu haben und es fehlten behördliche Feststellungen, aus denen sich der - zumindest zeitweilig vorliegende - Wille des Beschwerdeführers, den Gegenstand in seine Gewahrsame zu bringen, ableiten ließe. In der Ablehnung der Übernahme des Gegenstandes sei gleichzeitig auch die Ablehnung des diesbezüglichen Verkehrs mit K zu sehen. Der Beschwerdeführer "hätte zwar - solange er ihn noch hatte - den Gegenstand dem auffordernden Justizwachebeamten ausfolgen müssen". Die Behörde habe es aber unterlassen, festzustellen, ob er diesen im Aufforderungszeitpunkt überhaupt "noch bei sich hatte". Auch fehlten Feststellungen, "denen mit Sicherheit zu entnehmen" sei, daß der Beschwerdeführer der Bestimmung des § 21 Abs. 1 StVG vorsätzlich zuwider gehandelt habe.

Gemäß § 107 Abs. 1 Z. 2 StVG begeht ein Strafgefangener, der entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes vorsätzlich mit einer Person außerhalb der Anstalt, einer im Strafvollzuge oder sonst für die Anstalt tätigen Person, einem Bediensteten der öffentlichen Verwaltung, einem Unternehmer, anderen privaten Auftraggeber (§ 45 Abs. 2) oder einem seiner Bediensteten, einem Besucher oder mit einem anderen Strafgefangenen verkehrt, eine Ordnungswidrigkeit.

Der Beschwerdeführer zieht nicht in Zweifel, daß ein Strafgefangener, der von einer Person außerhalb der Anstalt einen Gegenstand übernimmt, mit dieser Person "verkehrt", führt aber zutreffend aus, daß ein vorsätzlicher Verkehr im Sinne der zitierten Bestimmung einen entsprechenden Willen des Strafgefangenen voraussetzt. Es kann jedoch der Auffassung der belangten Behörde, daß auch diese Voraussetzung im vorliegenden Fall erfüllt ist, nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nämlich nicht bestritten, den ihm von K übergegebenen Gegenstand auch übernommen zu haben. So hat der Beschwerdeführer - selbst in der Beschwerde - nicht behauptet, den ihm "nahezu aufgedrängten" Gegenstand zurückgewiesen oder fallen gelassen, sondern diesen sofort nach Erhalt unter die Bank geworfen und

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um den ihn begleitenden Strafvollzugsbeamten zu täuschen - so getan zu haben, als würde er ihn verschlucken. Selbst unter Zugrundelegung der Angaben des Beschwerdeführers ist daher

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aus objektiver Sicht - für seinen Standpunkt, der in der Übernahme des Gegenstandes zu erblickende Verkehr sei gegen seinen Willen und daher jedenfalls auch nicht vorsätzlich erfolgt, nichts zu gewinnen, sondern es ergibt sich daraus vielmehr das Gegenteil. Wenn daher die belangte Behörde zu diesem Schluß aus der Überlegung gelangte, daß der Beschwerdeführer den ihm übergebenen Gegenstand nicht von sich aus sofort an den ihn begleitenden Justizwachebeamten weitergeleitet hatte, so vermag ihre Auffassung, daß sich der Beschwerdeführer wegen des in der Übernahme liegenden vorsätzlichen unerlaubten Verkehrs einer Ordnungswidrigkeit nach § 107 Abs. 1 Z. 2 StVG schuldig gemacht habe, jedenfalls im Ergebnis nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG unterbleiben, weil auch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994190600.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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