TE Vfgh Beschluss 1992/2/24 B370/91, G186/91

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.02.1992
beobachten
merken

Index

64 Besonderes Dienst- und Besoldungsrecht
64/05 Sonstiges

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
RDG §63 Abs4

Leitsatz

Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung des §63 Abs4 RDG. Legitimationsmangel Verwaltungsrechtsweg vorgesehen und beschritten. Über die Frage der Zulässigkeit der Nebenbeschäftigung des Richters wurde ein - im Instanzenzug ergangener - Feststellungsbescheid erlassen; der Antragsteller hat diesen mit der auf Art144 Abs1 B-VG gestützten Beschwerde bekämpft. Damit ist dem Antragsteller die Möglichkeit geboten, seine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Gesetzesstelle vorzutragen und die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens von Amts wegen anzuregen. Ablehnung der Behandlung der Beschwerde.

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Behandlung der Beschwerde wird abgelehnt.

Begründung

Begründung:

I. 1. Der Beschwerdeführer ist Richter am Kreisgericht Wels. Der Präsident des Oberlandesgerichtes Linz untersagte dem Beschwerdeführer unter Berufung auf §63 Abs4 Richterdienstgesetz - RDG, BGBl. 305/1961, idF des ArtI Z1 des Bundesgesetzes BGBl. 259/1990, die beabsichtigte Aufnahme einer Tätigkeit als Geschäftsführer der zu gründenden V Zeitschrift f W GesmbH. Der Berufung des Beschwerdeführers gab der Bundesminister für Justiz keine Folge; er änderte den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides jedoch dahingehend ab, daß die Tätigkeit als Geschäftsführer der genannten Gesellschaft unzulässig sei.

2. Gegen den Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, mit der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf "Meinungs- und Pressefreiheit", auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Freiheit der Erwerbstätigkeit sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird. Gleichzeitig stellte der Beschwerdeführer den auf Art140 Abs1 letzter Satz B-VG gestützten, als "Anfechtung gemäß Art140 Abs1, letzter Satz, B-VG" bezeichneten (Individual-)Antrag, den - seiner Ansicht nach gegen das Grundrecht auf Meinungsfreiheit, gegen das Grundrecht auf Freiheit der Erwerbstätigkeit und gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßenden - §63 Abs4 RDG als verfassungswidrig aufzuheben.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

A. Über die Zulässigkeit des (Individual-)Antrages:

1. Gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, daß das Gesetz in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem unmittelbar betroffenen Normadressaten kommt diese Antragsbefugnis zu. Es ist (wie der Verfassungsgerichtshof im Beschluß VfSlg. 8009/1977 ausgeführt und in seiner späteren Judikatur mehrfacht bestätigt hat; vgl. zB VfSlg. 8485/1979, 11660/1988 sowie G130/91 vom 26.6.1991) für die Antragslegitimation darüber hinaus auch erforderlich, daß dem Antragsteller ein anderer zumutbarer Weg zur Geltendmachung der von ihm behaupteten Verfassungswidrigkeit nicht zur Verfügung steht. Ein solcher Weg ist hier gegeben, da über die Frage der Zulässigkeit der Nebenbeschäftigung ein - im Instanzenzug ergangener - Feststellungsbescheid erlassen wurde und der Antragsteller diesen mit der auf Art144 Abs1 B-VG gestützten, zu B370/91 protokollierten, unter II.B. behandelten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bekämpft hat. Damit ist dem Antragsteller die Möglichkeit geboten, seine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Gesetzesstelle vorzutragen und die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens durch den Verfassungsgerichtshof von Amts wegen anzuregen. Außergewöhnliche Umstände, bei deren Vorliegen ungeachtet der Anhängigkeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof ein (Individual-)Antrag nach Art140 Abs1 letzter Satz B-VG zulässig ist (s. zB VfSlg. 9939/1984, 10509/1985, VfGH 30.11.1989 G139/88), sind hier nicht erkennbar.

Somit fehlt dem Antragsteller die Legitimation zur Stellung eines Antrages nach Art140 Abs1 letzter Satz B-VG, was zur Zurückweisung des Antrages führen muß.

3. Die Zurückweisung des (Individual-)Antrages konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

B. Über die Beschwerde:

Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde in einer nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossenen Angelegenheit ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B-VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

Die vorliegende Beschwerde rügt die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf "Meinungs- und Pressefreiheit" (Art13 StGG; Art10 MRK), auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Freiheit der Erwerbstätigkeit sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen.

Soweit die Beschwerde aber mit der Behauptung, §63 Abs4 RDG sei verfassungswidrig, verfassungsrechtliche Fragen berührt, läßt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zum rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers in dienstrechtlichen Angelegenheiten s. etwa VfSlg. 11193/1986; zur Zulässigkeit inhaltlich verschiedener Regelungen für verschiedene Gruppen öffentlich-rechtlicher Bediensteter s. etwa VfSlg. 10084/1984; zum Grundrecht auf Freiheit der Meinungsäußerung vgl. zB VfSlg. 11101/1986 sowie VfSlg. 10916/1986) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, daß sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Die Angelegenheit ist auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.

Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde abzusehen (§19 Abs3 Z1 VerfGG).

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Richter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:B370.1991

Dokumentnummer

JFT_10079776_91B00370_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten