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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §45 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde des E in P, vertreten durch Dr. H, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 26. Februar 1991, Zl. Wa - 401096/1 - 1991/Do, betreffend Übertretungen des Wasserrechtsgesetzes 1959, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Vorwurfs der Übertretung des Wasserrechtsgesetzes 1959 durch den Beschwerdeführer am 31. März 1990 um ca. 17.30 Uhr (Spruchpunkt 4. des mit dem angefochtenen Bescheid bestätigten Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 20. August 1990) sowie hinsichtlich des Strafausspruches und der Kostenentscheidung sowohl des bestätigten erstinstanzlichen Straferkenntnisses als auch des angefochtenen Bescheides im gesamten Umfange wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde (d.i. betreffend den Schuldspruch der im Punkt 1. bis 3. des durch den angefochtenen Bescheid bestätigten Straferkenntnisses der Bezirkhauptmannschaft Braunau am Inn vom 20. August 1990 angeführten Tatbegehungshandlungen) als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von S 10.590,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 20. August 1990 erließ die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn gegen den Beschwerdeführer folgendes Straferkenntnis:
"Sie haben
1.
am 25.1.1989 um 20.45 Uhr,
2.
am 27.1.1989 um 14.50 Uhr
3.
am 17.3.1989 um 18.30 Uhr und
4.
am 31.3.1990 um ca. 17.30 Uhr
aus der Jauchegrube Ihres Schlachtbetriebes in P., E. 4, Jauche, welche stark mit Blut vermengt war, auf das Grundstück ihres Nachbarn F. B., E. Nr. 1 abgeleitet, wo das Gemisch aus Jauche und Blut im Boden versickert ist, was zu einer Einwirkung auf ein Gewässer - nämlich die qualitative Beeinträchtigung des Grundwassers - geführt hat. Sie haben somit nicht die zur Reinhaltung der Gewässer gebotene Sorgfalt aufgebracht.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 31 Abs. 1 Wasserrechtsgesetz, BGBl. Nr. 215/1959 idF. BGBl. Nr. 252/1990.
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über sie folgende Strafe verhängt:
Gemäß § 137 Abs. 1 Wasserrechtsgesetz, BGBl. Nr. 215/1959 idF. BGBl. Nr. 693/1988 iVm § 137 Abs. 3 lit. d Wasserrechtsgesetz, BGBl. Nr. 215/1959 idF. BGBl. Nr. 252/1990
Geldstrafe von
1. - 4. je S 15.000,--
falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von
1. - 4. je 14 Tagen
Ferner haben sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes zu zahlen:
1. - 4. je S 1.500,--
als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich S 50,-- angerechnet);
der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher
S 66.000,-- "
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen und "das angefochtene Straferkenntnis in seinem vollen Umfang bestätigt" und dem Beschwerdeführer aufgetragen, als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 6.000,-- zu leisten. Die belangte Behörde stützte ihre Entscheidung auf die §§ 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 19, 24 und 64 VStG und führte in der Begründung im wesentlichen aus, die vom Beschwerdeführer betriebenen Jauchegruben und der Bluttank seien dergestalt ausgeformt, daß eine planmäßige Einbringung wassergefährdender Stoffe in Gewässer nicht vorgesehen sei; sie könnten daher unter den Anlagenbegriff des § 31 Abs. 1 WRG 1959 subsumiert werden. Der Beschwerdeführer gestehe selbst zu, daß die festgestellten Abwasserleitungen aus seinen Jauchengruben bzw. seinem Bluttank infolge Verstopfung hervorgerufen worden sein könnten. Hinsichtlich der Tat vom 27. Jänner 1989 habe dies der Beschwerdeführer auch ausdrücklich zugestanden. Bezüglich der übrigen Tathandlungen habe er dies erst nachträglich bestritten. Der uneinheitlichen und widersprüchlichen Verantwortung des Beschwerdeführers sei Glaubwürdigkeit nicht zuzubilligen. Die belangte Behörde folge vielmehr den Ausführungen des Zeugen B., welche sich hinsichtlich der Konsistenz der abgeleiteten Flüssigkeit auch mit den dienstlichen Wahrnehmungen des erhebenden Beamten Inspektor E. gedeckt hätten. Das erstinstanzliche Verfahren sei mängelfrei geblieben. Zum "Füllzustand der Jauchegruben" seien der belangten Behörde die in den Anzeigen enthaltenen dienstlichen Wahrnehmungen des erhebenden Beamten Inspektor E. vorgelegen, sodaß sich zu diesem Beweisthema die Durchführung eines Ortsaugenscheines und die Einvernahme des Zeugen E. - wie vom Beschwerdeführer beantragt - erübrigt hätten. Der Beschwerdeführer wäre verpflichtet gewesen, vermehrte Kontrollen an seinen Ableitungssystemen vorzunehmen, um die ihm nunmehr vorgeworfenen Ableitungen vermeiden zu können. Auf Grund der übereinstimmenden Aussagen der Zeugen B. und E. habe eindeutig festgestellt werden können, daß es sich bei den abgeleiteten Abwässern um "Schlachthofabwässer" gehandelt habe, sodaß sich eine weitere Überprüfung der genauen Zusammensetzung der abgeleiteten Abwässer durch einen Amtssachverständigen aus dem Fachbereiche der Chemie erübrigt habe. Der Amtssachverständige für Geologie habe in seinem Gutachten hinreichend dargelegt, daß durch das Versickern dieser Abwässer eine Gewässerverunreinigung stattgefunden habe. In diesem Gutachten werde nämlich ausgeführt, daß die räumlich sehr beschränkten Versickerungsflächen durch Ableitung von Schlachthofwässern mit Sicherheit die Filterwirkung des Lehmbodens überfordert hätten und daher eine qualitative Beeinträchtigung des Grundwassers herbeigeführt werde. Da angenommen werden könne, daß sich die geologischen Verhältnisse seit dem Jahre 1986 im Gebiet des Betriebes des Beschwerdeführers nicht geändert hätten, sei auch die Einholung eines neuerlichen Gutachtens entbehrlich gewesen. Infolge des Zusammentreffens mehrer strafbarer Taten sowie einschlägiger Vorstrafen könne schon aus generalpräventiven Gründen die Höhe der verhängten Geldstrafen nicht herabgesetzt werden. Auch unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer außer Acht gelassenen Sorgfaltspflichten sei eine Reduktion des Strafausmaßes nicht angebracht. Hinsichtlich der Anrechnung der verhängten Ersatzfreiheitsstrafe auf die Kosten des Strafverfahrens werde von der Bestimmung des § 64 Abs. 2 VStG neue Fassung ausgegangen, da es sich hiebei um keine Strafbestimmung handle und daher das Günstigkeitsprinzip nicht zur Anwendung gelange.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Der Gegenschrift ist eine Ausfertigung eines Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 3. Juli 1991, Zl. Wa - 401096/4 - 1991/Do/Ho, mit folgendem - auf § 62 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG gestützten - Bescheid-Spruch angeschlossen:
"Der erste Satz des Spruches des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 20. August 1990, Wa96/185/1989 und Wa96/188/1989, in der Fassung des Berufungsbescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 26. Februar 1991, Wa-401096/1-1991, wird insofern berichtigt, als Punkt 4. anstatt "31. März 1990 um ca.
17.30 Uhr" nunmehr zu lauten hat: "31. März 1989 um ca. 17.30 Uhr"."
Ob dieser Bescheid gegenüber dem Beschwerdeführer tatsächlich erlassen worden ist, kann den vorgelegten Verwaltungsakten nicht entnommen werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, nicht wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden.
Zu Spruchpunkt 4. des diesbezüglich mit dem angefochtenen Bescheid bestätigten Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 20. August 1990 sowie dem Strafausspruch dieses Straferkenntnisses und den Kostenentscheidungen:
Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes bringt hiezu der Beschwerdeführer vor, im Punkt 4. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 20. August 1990 werde als Tatzeitpunkt der "31.3.1990 ca. 17.30 Uhr" angeführt, welcher jedoch nicht jenem der von der BH Braunau am Inn in der Aufforderung zur Rechtfertigung mitgeteilten Tatzeitpunkt entspräche.
Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, 2. die Identität der Tat (z.B. nach Ort und ZEIT) unverwechselbar feststeht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 1994, 93/04/0004).
Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargetan hat, ziehen Widersprüche zwischen dem Spruch einer in einer Verwaltungsstrafsache ergangenen Berufungsentscheidung und ihrer Begründung (z.B. über konkrete Tatumstände wie Tatort und TATZEIT) die inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheides nach sich (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 27. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11478/A, sowie das vorzitierte hg. Erkenntnis).
Im Spruch des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 20. August 1990 wird zu Punkt 4. als Tatzeit der "31.3.1990 um ca. 17.30 Uhr" angegeben. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wird auch der diesbezügliche Spruch der erstinstanzlichen Behörde bestätigt. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird hiezu das erstinstanzliche Erkenntnis mit dem Tatzeitpunkt "31. März 1989 um ca.
17.30 Uhr" umschrieben. Spruch und Begründung des angefochtenen Bescheides enthalten daher durch die Bestätigung des Punktes 4. des Straferkenntnisses der BH Braunau am Inn vom 20. August 1990 einen Widerspruch. Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid in diesem Umfang wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben, ohne daß auf das diesbezügliche weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Daran ändert auch nichts der Hinweis der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift, mit Berichtigungsbescheid vom 3. Juli 1991 sei dieser "Schreibfehler", welcher "durch ein offenkundiges Versehen" von der belangten Behörde übernommen worden sei, "berichtigt worden", da auch ein solcher Berichtigungsbescheid die im § 62 Abs. 4 AVG normierten Rechtsfolgen nur dann entfalten kann, wenn er gemäß § 62 Abs. 1 AVG erlassen wurde. Ob dies der Fall ist, kann mangels entsprechenden Nachweises nicht beurteilt werden. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher veranlaßt, in Anwendung des § 38 Abs. 2 VwGG (siehe hiezu Dolp Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Seite 49 und die auf Seite 538 f dargestellte Rechtsprechung) - auf welche Bestimmung die belangte Behörde mit hg. Verfügung vom 14. Mai 1991 ausdrücklich hingewiesen wurde - davon auszugehen, daß der Berichtigungsbescheid zum Zeitpunkt der Erlassung des vorliegenden Erkenntnisses nicht zustande gekommen war.
Obwohl sich auf Grund der Möglichkeit der Teilrechtskraft einzelner Schuldsprüche in einem Bescheid (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 1979, Slg. N.F. Nr. 9828/A) die Aufhebung des angefochtenen Bescheides nur auf Punkt 4. des obzitierten Spruches bezieht, war der angefochtene Bescheid hinsichtlich des Strafausmaßes sämtlicher vom Schuldspruch erfaßten Tathandlungen und der damit nach § 64 VStG untrennbar zusammenhängenden Kostenaussprüche aufzuheben, wie dies unten näher auszuführen sein wird.
Der angefochtene Bescheid war daher in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Zu den Spruchpunkten 1 bis 3:
Nach der Anlage zum Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird im Abs. 2 zum Übergangsrecht zum VStG 1950 (VStG-Übergangsrecht 1991) bestimmt, daß am 1. Jänner 1991 anhängige Verfahren nach der bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetz BGBl. Nr. 358/1990 (1. Jänner 1991) geltenden Rechtslage zu Ende zu führen sind.
Gemäß dieser Übergangsregelung sind daher die Verfahrensbestimmungen des VStG 1950 auf den der Beschwerde zugrundeliegenden Bescheid anzuwenden, da das diesbezügliche Strafverfahren bereits am 1. Jänner 1991 anhängig war.
Gemäß § 1 Abs. 1 VStG 1950 kann eine Tat (Handlung oder Unterlassung) als Verwaltungsübertretung nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war. Gemäß Abs. 2 leg. cit. richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.
Gemäß Art. IV Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 25. April 1990, BGBl. Nr. 252,
(Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990 - WRG-Novelle 1990) tritt dieses Bundesgesetz - von der hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme abgesehen - mit 1. Juli 1990 in Kraft.
Für die hier zur Beurteilung vorliegenden, dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen ist daher gemäß § 1 Abs. 1 VStG 1950 die Rechtslage vor der WRG-Novelle 1990, sohin das Wasserrechtsgesetz 1959 in der Fassung BGBl. Nr. 693/1988 anzuwenden. Nach der im vorliegenden Fall sohin zur Anwendung gelangenden, in der Form einer Blankettstrafnorm gewählten Bestimmung des § 137 Abs. 1 WRG 1959 sind Beschädigungen von Wasseranlagen sowie von gewässerkundlichen Einrichtungen (§ 57), ferner Zuwiderhandlungen gegen dieses Bundesgesetz oder die zu seiner Ausführung erlassenen Verordnungen, schließlich die Nichteinhaltung der in Bescheiden der Wasserrechtsbehörden getroffenen Anordnungen unbeschadet einer allfälligen strafgerichtlichen Ahndung von der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretungen mit einer Geldstrafe bis 20.000,-- Schilling zu bestrafen.
Gemäß § 31 Abs. 1 WRG 1959 - welcher auch durch die WRG-Novelle 1990 keine inhaltliche Änderung erfahren hat - hat jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinne des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten, zu betreiben oder sich so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist. Auch der in dieser Bestimmung zitierte § 30 WRG 1959 hat - soweit er in vorliegender Beschwerdesache zur Überprüfung der rechtlichen Beurteilung der Strafbehörden anzuwenden ist - durch die WRG Novelle 1959 keine inhaltliche Änderung erfahren.
Die Strafbehörden haben daher bezüglich der Beurteilung der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Taten als Verwaltungsübertretungen in Übereinstimmung mit der Rechtslage die materiell-rechtlichen Vorschriften des Wasserrechtsgesetzes vor der Wasserrechtsnovelle 1990 angewendet.
Hingegen ist in diesem Zusammenhang in Ergänzung der obigen Ausführungen zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides bezüglich des Strafausspruches auszuführen, daß die BH Braunau am Inn im Straferkenntnis vom 20. August 1990 den Beschwerdeführer zu Geldstrafen "gemäß § 137 Abs. 1 Wasserrechtsgesetz, BGBl. Nr. 215/1959 idF BGBl. Nr. 693/1988 iVm § 137 Abs. 3 lit. d Wasserrechtsgesetz, BGBl. Nr. 215/1959 idF BGBl. Nr. 252/1990", sohin in der Fassung der Wasserrechtsgesetznovelle 1990 verurteilt hat und die belangte Behörde auch diesbezüglich das Straferkenntnis bestätigt hat.
Gemäß § 137 Abs. 3 lit. d WRG 1959 in der Fassung der WRG-Novelle 1990 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern die Tat nach Abs. 4 oder 5 nicht einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu 100.000,-- Schilling zu bestrafen, wer duch Außerachtlassung der ihn gemäß § 31 Abs. 1 treffenden Sorgfaltspflicht eine Gewässerverunreinigung bewirkt. § 137 Abs. 1 WRG 1959 in der Fassung vor der WRG-Novelle 1990 begrenzt das Strafausmaß hingegen - wie oben näher dargestellt - mit einer Geldstrafe bis zu S 20.000,--. Gemäß § 1 Abs. 2 VStG 1950 richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre. Damit erweist sich die Anwendung des § 137 Abs. 3 lit. d WRG 1959 in der Fassung der WRG-Novelle 1990 durch die Strafbehörden als der dargestellten Rechtslage widersprechend, weshalb der angefochtene Bescheid bezüglich des Strafausspruches aus diesen Gründen mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet ist. Auf die Ausführungen in der Beschwerde bezüglich der Höhe des Strafausmaßes ist daher nicht weiter einzugehen.
Der Beschwerdeführer bemängelt den angefochtenen Bescheid bezüglich des Schuldspruches unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes insoweit, als die belangte Behörde - mit Ausnahme der Tat vom 27. Jänner 1989 - "keinerlei Bewertung des Sorgfaltsmaßstabes vorgenommen und auch nicht begründet hat, warum mich an den Ableitungen zu diesen Zeitpunkten ein Verschulden treffen soll".
Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer, daß eine Zuwiderhandlung gegen die Bestimmung des § 31 Abs. 1 WRG 1959 den Eintritt einer - im vorliegenden Fall festgestellten - verbotenen Gewässerverunreinigung voraussetzt und solche Gewässerverunreinigungen reine Ungehorsamsdelikte im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG 1950, bei denen der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht erforderlich ist, sind (vgl. die bei Grabmayr/Rossmann, Das österreichische Wasserrecht,
2. Auflage, Seite 642 f dargestellte Rechtsprechung). Gemäß § 5 Abs. 1 VStG 1950 wird aber das Verschulden bei Ungehorsamtsdelikten widerleglich vermutet (vgl. das hg. Erkenntis vom 11. Dezember 1986, Slg. N.F. Nr. 12335/A). Es wäre daher Sache des Beschwerdeführers gewesen, initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung bezüglich des Schuldvorwurfes spricht. Dem ist der Beschwerdeführer weder im Strafverfahren nachgekommen, noch vermag er in der Beschwerde glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der ihm vorgeworfenen Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften trägt der Beschwerdeführer vor, die Begründungsdarlegungen im angefochtenen Bescheid müßten als "antizipierte Beweiswürdigung" angesehen werden. Bereits im Strafverfahren habe er darauf hingewiesen, daß er über 4 große, flüssigkeitsdicht ausgeführte Jauchegruben verfüge, welche in regelmäßigen Abständen in Form der landwirtschaftlichen Ausbringung entleert würden. In diesen Jauchegruben befände sich kein Blut, da dieses bei den Schlachtungen in Wannen aufgefangen und sodann in Fässern entsorgt werde, welche die Tierkörperverwertung bereitgestellt habe und welche in regelmäßigen Abständen von der Tierkörperverwertung abgeholt und entsorgt werden. Auf Grund dieses Betriebsablaufes sei eine Ableitung von blutdurchdrängter Jauche aus den Jauchegruben nicht möglich. Zum Beweise der Richtigkeit seines Vorbringes habe er die Durchführung eines Ortaugenscheines beantragt. Hätte die belangte Behörde diesem Beweisanbot Rechnung getragen, hätte festgestellt werden können, daß sich die Jauchegruben in einem tadellosen Zustand befänden, nicht zur Gänze gefüllt seien, keine Pumpvorrichtung für eine eventuelle Ausbringung dieser Jauche bestehe, diese gruben zur Gänze flüssigkeitsdicht seien und auch keinen Überlauf besäßen. Aus diesen Gründen sei eine Ausbringung von mit blutdurchdrängter Jauche aus den Jauchegruben völlig ausgeschlossen.
Mit diesem Vorbringen übersieht der Beschwerdeführer, daß er selbst gegenüber dem erhebenden Beamten angegeben hat, "er nehme an, daß irgendeine Verstopfung schuld" an der Ableitung des Abwassers sei. Auch in seiner Stellungnahme vom 25. Oktober 1989 führte er zum Vorfall vom 27. Jänner 1989 aus, daß damals das Abflußrohr zum Bluttank mit Banseninhalten (Heu und dgl.) kurzzeitig verstopft war. Daraus ergibt sich, daß der Beschwerdeführer seine Behauptung, auf Grund des Betriebsablaufes sei eine Ableitung von mit Blut durchdrängter Jauche nicht möglich, selbst widerlegt. Im übrigen kommt es für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 Abs. 1 WRG 1959 im Zusammenhang mit § 137 Abs. 1 leg. cit. ausschließlich darauf an, daß durch Außerachtlassung der einen Täter gemäß § 31 Abs. 1 WRG 1959 treffenden Sorgfaltspflicht eine Gewässerverunreinigung bewirkt wird. Ob die in Rede stehende Anlage bei ordnungsgemäßem Betrieb eine solche Verunreinigung nicht herbeiführen kann, ist daher nicht Gegenstand des Verfahrens. Es kann somit nicht von einer antizipierenden Beweiswürdigung gesprochen werden, wenn die belangte Behörde von der Durchführung des Ortsaugenscheines zu diesem Beweisthema Abstand genommen hat, weil er objektiv gesehen nicht geeignet ist, über den maßgebenden Sachverhalt einen Beweis zu liefern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Februar 1987, 86/03/0189).
Der Beschwerdeführer trägt weiters vor, für den Tatzeitpunkt 27. Jänner 1989 und 17. März 1989 lägen keinerlei Beweise vor, welche die Richtigkeit seiner Rechtfertigungsangaben widerlegen würden. Obwohl er einen diesbezüglichen Beweisantrag gestellt habe, sei nicht einmal der Meldungsleger als Zeuge vernommen worden.
Mit diesem Vorbringen setzt sich der Beschwerdeführer mit dem Inhalt der Verwaltungsakten in Widerspruch, da aus der Anzeige des Gendamerieposten vom 19. März 1989 eindeutig hervorgeht, daß Revierinspektor E. nicht nur am 25. Jänner 1989, sondern auch am 27. Jänner 1989 und am 17. März 1989 während des Außendienstes den im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides näher umschriebenen Tatvorgang wahrgenommen hat. Für die Tathandlung am 27. Jänner 1989 ist das Ergebnis der Wahrnehmung sogar durch ein Farbfoto dokumentiert. Da der Beschwerdeführer nicht dargelegt hat, welche Umstände, die nicht bereits in den Anzeigen dargelegt sind, durch eine zusätzliche Einvernahme des Zeugen E. aufzuklären seien, konnte die belangte Behörde daher auch zu Recht auf die Einvernahme desselben verzichten. Ebenso war eine neuerliche Einvernahme des Zeugen B. entbehrlich, da dieser seine Wahrnehmungen hinsichtlich des Tatzeitpunktes 25. Jänner 1989 bereits anläßlich seiner Einvernahme am 6. Juni 1990 zu Protokoll gegeben hat. Daß die belangte Behörde den dienstlichen Wahrnehmungen des Gendameriebeamten mehr Glauben geschenkt hat als der widersprüchlichen Verantwortung des Beschwerdeführers, der zunächst in der Anzeige das Abfließen des Jauche-Blutgemisches mit einer möglichen Verstopfung des Leitungssystems seiner Anlagen erklärte, stellt keinen bedenklichen Beweiswürdigungsvorgang dar.
Dem vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Argument, die belangte Behörde sei nicht auf die bestehende wasserrechtliche Bewilligung des Abflußrohres, aus dem die Flüssigkeit ausgetreten sei, eingegangen, ist zu erwidern, daß der Beschwerdeführer selbst angibt, daß das Abflußrohr zur Ableitung von Oberflächenwässern dient. Der Schluß, daß die wasserrechtliche Bewilligung auch die Ableitungen eines Jauche-Blutgemisches auf die Liegenschaft seines Nachbarn umfasse, kann daraus keineswegs gezogen werden.
Soweit sich das Vorbringen des Beschwerdeführers auf die Begründungsdarlegungen des erstinstanzlichen Bescheides bezieht, ist darauf hinzuweisen, daß Gegenstand der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich der Bescheid der belangten Behörde ist.
Da sich die belangte Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung auch mit den schlechten nachbarlichen Beziehungen des Beschwerdeführers zum Zeugen B.
auseinandersetzte und in schlüssig nachvollziehbarer Weise darlegte, warum sie den Angaben dieses Zeugen und des Zeugen E. bei Feststellung des Sachverhaltes folgte, die von der belangten Behörde bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen insgesamt sohin schlüssig, also mit den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut, im Einklang stehen, kann dem angefochtenen Bescheid eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erfolgreich nicht angelastet werden.
Die belangte Behörde hat auch hinreichend festgestellt, daß eine Beeinträchtigung des Grundwasser durch die Tathandlungen des Beschwerdeführers erfolgt ist. Der Aufnahme weiterer Beweise bedurfte es diesbezüglich nicht. Bereits dem hg. Erkenntnis vom 7. November 1989, 87/07/0160, lag das Gutachten des Amtssachverständigen für Geologie vom 29. Oktober 1986 vor, aus welchem hervorgeht, daß eine Versickerung von Schlachthofabwässern auf Grund der räumlich sehr beschränkten Versickerungsflächen mit Sicherheit die Filterwirkung des Lehmbodens überfordert und daher eine qualitative Beeinträchtigung des Grundwassers herbeigeführt hat. Da sowohl der geologisch untersuchte örtliche Bereich als auch die zur Versickerung gelangten Abwässer des dem erwähnten Vorerkenntnis zugrundeliegenden Verfahrens mit dem gegenständlichen Beschwerdefall ident sind, konnte die belangte Behörde zu Recht von diesem Gutachten ausgehen. Dem konnte der Beschwerdeführer nichts Entscheidungswesentliches entgegensetzen.
Aus diesen Gründen erweisen sich somit die bezeichneten Verfahrensrügen des Beschwerdeführers insgesamt als haltlos.
Der angefochtene Bescheid war daher hinsichtlich des Vorwurfs der Übertretung des WRG 1959 durch den Beschwerdeführer am 31. März 1990 um ca. 17.30 (d. i. Spruchpunkt 4. des mit dem angefochtenen Bescheid bestätigten Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 20. August 1990) sowie bezüglich des gesamten Strafausspruches und der Kostenentscheidung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben; im übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 59 VwGG.
Schlagworte
Beweismittel Augenschein Beweiswürdigung antizipative vorweggenommene Trennbarkeit gesonderter AbspruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1991070062.X00Im RIS seit
12.11.2001