TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/21 90/07/0071

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Veröffentlicht am 21.06.1994
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

VwRallg;
WRG 1959 §112 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde der B Gesellschaft m.b.H. in G, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 8. März 1990, Zl. 511.157/01-I5/90, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (Verlängerung der Bauvollendungsfrist), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 31. März 1967 hat der Landeshauptmann von Niederösterreich (LH) als Wasserrechtsbehörde erster Instanz der Beschwerdeführerin die wasserrechtliche Bewilligung für die Einleitung der in ihrem Betrieb in G., Sch.-Straße anfallenden Abwässer in die B. (500 m3 pro Tag über die städtische Kanalisation und 80 m3 pro Tag über einen betriebseigenen Kanal) samt den zugehörigen Anlagen (wie Kanäle, Abwasserreinigungsanlagen etc.) nach Maßgabe der in diesem Bescheid enthaltenen Entwurfsbeschreibung und bei Einhaltung näher angeführter Bedingungen erteilt. Mit Bescheid vom 12. Februar 1974 hat die Wasserrechtsbehörde erster Instanz gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1959 festgestellt, daß die vorbeschriebene wasserrechtliche Bewilligung gemäß § 27 Abs. 1 lit. f WRG 1959 erloschen ist.

Mit Bescheid vom 21. April 1977 hat die Bezirkshauptmannschaft Gmünd (BH) im Namen des LH der Beschwerdeführerin gemäß §§ 32, 99 Abs. 1 lit. c, 101 Abs. 3 und 111 WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung zur Einleitung der Abwässer aus ihrem Betrieb (Weberei, Druckerei, Strang- und Stückfärberei) in G., Sch.-Straße 38, im Ausmaß von 560 m3/Tag über eine Abwasserreinigungsanlage (Ausbaustufe I, Behandlung der anfallenden Betriebsabwässer mit Flockungsmittel und anschließender Filterung) in den B.-Bach, der nach ca. 300 m Fließstrecke in die L. mündet, nach Maßgabe des vorgelegenen Entwurfs, der im Bescheid enthaltenen Beschreibung sowie unter den im Bescheid näher angeführten Auflagen erteilt. Mit Bescheid des LH vom 27. August 1982 wurde gemäß §§ 29 Abs. 1 und 99 WRG 1959 festgestellt, daß das mit Bescheid der BH vom 21. April 1977 im Namen des LH der Beschwerdeführerin erteilte Wasserbenutzungsrecht betreffend die Errichtung einer Abwasserbeseitigungsanlage und Einleitung der anfallenden Abwässer in den B.-Bach gemäß § 27 Abs. 1 lit. f WRG 1959 am 28. Februar 1981 infolge Unterlassung der Fertigstellung der bewilligten Anlagen binnen der bescheidmäßig hiezu bestimmten Frist erloschen ist. Gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1959 wurde der Beschwerdeführerin vorgeschrieben, bis spätestens 31. Oktober 1983 folgende letztmalige Vorkehrungen zu treffen:

"Die Einleitung der Betriebswässer in den Ableitungskanal vom großen und kleinen H.-Teich bzw. über diesen in den B.-Bach, ist bis 31. Oktober 1983 in wasserdichter Form zu verschließen."

Mit Bescheid des LH vom 1. Dezember 1982 wurde der Beschwerdeführerin die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung und weiteren Trennung der Betriebskanalisation (getrennte Ableitungskanäle für die Regenwässer und Betriebsabwässer) sowie zur Errichtung einer zweistufigen Tauchtropfkörperanlage mit chemischer Simultanfällung entsprechend einer Ausbaugröße von 3.000 EGW sowie zur Ableitung der darin gereinigten Betriebsabwässer einschließlich der sanitären Abwässer der Beschäftigten im Ausmaß von maximal 240 m3/d bzw. 10 m3/h bzw. 3 l/sek. bei einer maximalen Konzentration von 30 mg/l BSB 5, 150 mg/l CSB und 0,3 ml/l absetzbarer Stoffe und damit verbunden einer Tagesfracht von maximal 7,2 kg BSB 5/d und 36 kg CSB/d über Parzelle 314 in der KG G. linksufrig in den B.-Bach erteilt.

Mit Bescheid des LH vom 14. Jänner 1988 wurde der Beschwerdeführerin gemäß den §§ 12, 13, 14, 15, 32, 99, 105 und 111 WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung zur Erweiterung der bestehenden betrieblichen Abwasserbeseitigungsanlage zwecks Reinigung der im Betrieb anfallenden Sanitär- und Produktionsabwässer entsprechend der in den Bescheid aufgenommenen Projektsbeschreibung sowie zur Einleitung von biologisch gereinigten Abwässern im Ausmaß von 8,3 l/s, 30 m3/h und 600 m3/d über den bestehenden Ableitungskanal linksufrig in den B.-Bach bei Unterschreitung näher angeführter Restbelastung nach Maßgabe der im Abschnitt A des Bescheides enthaltenen Projektsbeschreibung und bei Einhaltung der im Abschnitt B dieses Bescheides angeführten Auflagen bzw. Bedingungen bewilligt. Die Wasserrechtsbehörde stellte fest, daß das Wasserbenutzungsrecht im Sinne des § 22 Abs. 1 WRG 1959 mit der Abwasseranlage verbunden ist. Als Fristen nach § 112 WRG 1959 wurde für den Beginn des gegenständlichen Baues der 2. Mai 1988 und für die Vollendung des Baues der 30. November 1989 (nach Berichtigung mit Bescheid des LH vom 14. Jänner 1988) bestimmt. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, daß bei Nichteinhaltung dieser Fristen das mit diesem Bescheid verliehene Wasserbenutzungsrecht gemäß § 27 Abs. 1 lit. f WRG 1959 erlischt.

Mit Schreiben vom 17. August 1988 teilte die Beschwerdeführerin der Wasserrechtsbehörde mit, daß der Baubeginn erst nach den Urlaubsmonaten erfolgen könne, da sie bisher mit der Österreichischen A. bezüglich einer Einleitung ihrer Abwässer in ihre neu projektierte Abwasserbeseitigungsanlage in Verhandlung gestanden sei. Erst vor kurzem habe sie von der Österreichischen A. einen abschlägigen Bescheid hinsichtlich dieser Einleitung erhalten.

Mit Anbringen vom 19. August 1988 teilte die Beschwerdeführerin der Wasserrechtsbehörde folgendes mit:

"Im Anschluß an unser Schreiben vom 17.8.1988 möchten wir Ihnen folgenden Sachverhalt zur Kenntnis bringen:

Die Firma M. hat mit Schreiben vom 13.6.1988 ihre dem seinerzeitigen Auftrag zugrundeliegende Verfahrensgarantie (Datum 30.4.1982, siehe Beilage) widerrufen.

Wir versuchen nunmehr auf rechtlichem Wege die Einhaltung dieser Verfahrensgarantie zu erlangen, glauben aber doch, daß es sinnvoll wäre, die Erweiterung der Kläranlage nicht mehr auf dieser Verfahrensgarantie zu begründen.

Seitens unseres Konsulenten wurde daher ein neues Konzept einer Reinigungsanlage und zwar in Form einer schwach belasteten Anlage mit Langzeitbelüftung kurzfristig ausgearbeitet.

Wir bringen vorerst die bisherigen Ausarbeitungen zur Information der Amtssachverständigen zur Kenntnis und werden auf Basis dieser Unterlagen um eine wasserrechtliche Genehmigung ansuchen. Ein zwischenzeitlicher Versuch, die Abwässer unseres Betriebes gemeinsam mit der A. G. zu reinigen, hat leider kein positives Ergebnis gebracht. Da die Konzeption der Anlage der A. auf eine Endreinigung bzw. weitergehende Reinigung abgestimmt ist, konnte nach eingehenden Besprechungen zwischen der A., Herrn Prof. B. und unserem Werk unter Einbeziehung unseres Planers kein positiver Lösungsvorschlag erarbeitet werden.

Wir bitten daher um Verständnis für diese auf Grund der Auseinandersetzungen mit der Lieferfirma M. entstandene Situation und legen zur Information Kopien des Briefwechsels mit M. sowie die Anworten unseres Rechtsanwaltes Dr. W. und unseres Konsulenten D. Ing. P. bei."

Mit Schreiben vom 26. August 1988 teilte die Wasserrechtsbehörde der Beschwerdeführerin in Beantwortung ihres Schreibens vom 17. August 1988 mit, daß grundsätzlich Wasserberechtigungen nach fruchtlosem Verstreichen der Baufrist erlöschen. Die Wasserrechtsbehörde werde aber von der Bestimmung des § 121 Abs. 1 WRG 1959 Gebrauch machen, wonach "die Überschreitung der Baubeginnsfrist toleriert werden" könne.

Mit Schreiben vom 2. Juli 1989 beantragte die Beschwerdeführerin Fristverlängerung für die Bauvollendung und führte hiezu aus:

"... Eine Erweiterung der Anlage nach dem gleichen Verfahrensprinzip scheint jedoch nicht zielführend.

Wir haben daher noch im Juni 1988 versucht, mit der A. G. eine gemeinsame Reinigungslösung zu erreichen, nach Detailbesprechungen mit Herrn Professor P. konnte jedoch keine gemeinsame Lösung erreicht werden.

Wir haben daher eine biologische Anlage nach dem Prinzip der Langzeitbelebung konzipiert und mit der Stadtgemeinde G. Besprechungen über den Standort aufgenommen. Als Standorte wurde ein firmeneigener Grund in der Nähe des Sportplatzes und ein firmeneigener Grund am östlichen Ostrand der Stadtgemeinde

G. diskutiert. In einer Besprechung am 3.7.1989 im Stadtamt der Stadtgemeinde G. wurde uns mitgeteilt, daß das Vorprüfungsverfahren über die Umwidmung positiv abgeführt wurde und am östlichen Stadtrand ein Areal für die Umwidmung eingereicht wurde. Prinzipiell wurde mit der Stadtgemeinde eine mehrfache Zusammenarbeit vereinbart:

1.) Die Firma B. kann Teile der öffentlichen Kanalisation zur Ableitung ihrer Abwässer mitverwenden.

2.) Die Stadtgemeinde G. leitet die Abwässer aus dem östlichen Stadtbereich in die betriebliche Kläranlage der Firma B.. Damit erspart die Stadtgemeinde ein Pumpwerk und Kanaldruckleitungen. Die Firma B. hat den Vorteil einer besseren Nährstoffversorgung der betriebliche Kläranlage an Wochenenden und bei Betriebsstillstand.

3.) Die bei der betrieblichen Kläranlage erforderliche Schlammpreß-Station wird künftig auch zur Abpressung des Schlammes aus der Gemeindekläranlage G. verwendet; damit wird dort eine bessere Auslastung erzielt.

Aufgrund des derzeit absehbaren Behördenverfahrens zur Umwidmung sind sämtliche Genehmigungen für die Kläranlage (Umwidmung, baubehördliche Bewilligung, gewerbebehördliche Bewilligung und wasserechtliche Bewilligung) im Jahre 1989 abzusehen. Für die Durchführung des Bauvorhabens wird eine Frist von zwei Jahren unter Berücksichtigung der Finanzierungsmöglichkeiten durch den Wasserwirtschaftsfonds erwartet.

Wir ersuchen daher um Verlängerung der Bauvollendungsfrist für unsere neue Kläranlage bis 30. November 1991.

Eine Plandokumentation über den derzeitigen Projektierungsstand wird Herr Zivil Ing. Dipl. Ing. P. direkt übersenden."

In seiner gutächtlichen Stellungnahme vom 18. August 1989 führte hiezu der technische Amtssachverständige aus, daß die nunmehr in Aussicht gestellte neue Reinigungsanlage für die betrieblichen Abwässer sich sowohl von der Konzeption in der Bemessung als auch von der Lage in einem derartigen Maß von jener Anlage unterscheide, die mit Bescheid vom Jänner 1988 bewilligt worden sei, daß keinesfalls mehr von einer geringfügigen Abänderung gesprochen werden könne. Weiters erfordere auch die geplante Ableitung von kommunalem Abwasser jedenfalls die Neuerteilung eines Konsenses, da sowohl qualitativ als auch quantitativ Abänderungen dadurch gegeben seien. Da von der ursprünglich genehmigten Anlage auch keine Teile bei der neuen Anlage verwendet werden könnten, seien auch keine wasserwirtschaftlichen Gründe für eine Fristverlängerung gegeben.

Zu diesem Gutachten nahm die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 19. September 1989 Stellung und führte hiezu aus:

"... Wir haben in unserer Begründung angeführt, daß wir nunmehr eine biologische Kläranlage nach einem anderen Prinzip (Langzeitbelebung) beabsichtigen. Ein geeignetes Grundstück befindet sich im Besitz unserer Firma. Für dieses Grundstück wurde seitens der Gemeinde nach Rücksprache mit den zuständigen Gremien des Landes eine Umwidmung auf Kläranlagenstandort zugesagt. Diese Umwidmung ist jedoch bisher nicht erfolgt. Aus diesem Grund haben wir unser neues Projekt noch nicht eingereicht, da wir diese Beschlußfassung des Gemeinderates abwarten. Wir ersuchen daher um positive Erledigung unseres Antrages auf Fristverlängerung für die Erweiterung der biologischen Kläranlage am derzeitigen Standort."

Mit Bescheid vom 3. Jänner 1990 hat der LH das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Erstreckung der Frist für die Fertigstellung der Erweiterung der betrieblichen Abwasserbeseitigungsanlage gemäß den §§ 99 und 112 WRG 1959 abgewiesen. Ausgehend von dem vordargestellten Sachverhalt führte der LH in der Begründung hiezu aus, Sinn und Zweck der Prüfung der Behörde, ob die im Bewilligungsbescheid festgelegte Baufrist zu erstrecken sei, sei es "den spekulativen Erwerb von Wasserrechten zu unterbinden". Andererseits solle im Interesse der Ordnung von Wasserrechtssachen eine ungehinderte Entwicklung der Wasserwirtschaft gefördert werden. Diesen Zielen stehe die Existenz von überholten, aber formell noch rechtskräftigen Bewilligungen entgegen. Aus dem Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen ergebe sich, daß von der ursprünglich genehmigten Anlage weder Teile bei der neuen verwendet werden könnten noch auch qualitative und quantitative Abänderungen gegeben seien und somit die neu geplante Anlage nicht im geringsten dem Bewilligungsbescheid entspreche.

In der dagegen erhobenen Berufung führen die Beschwerdeführer aus, die bisherigen Verhandlungen mit der Gemeinde G. hätten die Möglichkeit eröffnet, eine sowohl für ihren Betrieb als auch für die Gemeinde wirtschaftliche und abwassertechnisch sinnvolle Lösung mit Ausführung einer gemeinsamen Kläranlage am Ostrand des Verbauungsgebietes von G. auszuführen. Mit der Gemeinde G. sei hinsichtlich der Kanalableitungen und der Standortfestlegung weitgehende Einigung erzielt und auch Auflagen der Raumplanungsbehörde hinsichtlich dieses Standortes akzeptiert worden. Eine Beschlußfassung des Gemeinderates auf Einleitung des Umwidmungsverfahrens für diesen vorgesehenen Kläranlagenstandort sei bereits erfolgt. Die Umwidmung sei jedoch seitens der Landesregierung noch nicht formell durchgeführt worden. Die Fristverlängerung für die auf ihrem Betriebsareal genehmigte Kläranlagenerweiterung lt. Bescheid vom 14. Jänner 1988 sei daher nicht als spekulativer Erwerb eines Wasserrechtes zu verstehen, sondern erscheine für den Fall, daß eine Umwidmung des oberwähnten Grundstückes nicht rechtskräftig werde, betrieblich notwendig. Für den Fall einer negativen Erledigung des Umwidmungsantrages der Gemeinde G. bestehe ausschließlich auf dem Betriebsareal der Beschwerdeführerin eine Möglichkeit zur Abwasserreinigung mit einer Anlage in der seinerzeit genehmigten Form. Die beantragte Verlängerung der Fertigstellungsfrist bis 30. November 1991 erscheine sowohl für die Verwirklichung der Kläranlage am neuen, noch umzuwidmenden Standort am Ostrand von G. als auch für den Fall eines negativen Ausganges des Umwidmungsverfahrens zur Herstellung einer Kläranlage auf ihrem Betriebsareal erforderlich.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge. Gestützt auf die §§ 112 und 27 Abs. 1 lit. f WRG 1959 führte die belangte Behörde zur Begründung aus, zu prüfen sei, ob die Nichteinhaltung der bis 30. November 1989 der Beschwerdeführerin gewährten Frist auf von dieser nicht zu vertretende Umstände zurückzuführen sei oder nicht. Unter triftigen Gründen im Sinne des § 112 Abs. 2 WRG 1959 seien solche Umstände zu verstehen, die außerhalb der unmittelbaren Einflußsphäre des Konsenswerbers lägen und von diesem nicht selbst mittelbar oder unmittelbar herbeigeführt worden seien. Darunter könnten sowohl tatsächliche, nicht beeinflußbare Vorgänge als auch rechtliche Hindernisse subsumiert werden. Eine entsprechende Fristsetzung für die Bauvollendung diene unter anderem dem Zweck, die "Hortung" von Wasserrechten zu unterbinden. Im gegenständlichen Fall sei die wasserrechtliche Bewilligung vor etwa zwei Jahren erteilt worden. Kurze Zeit danach habe die Beschwerdeführerin bereits eine andere Lösung der sie betreffenden Abwasserfrage angestrebt. Ihr Schriftverkehr mit der Behörde lasse deutlich erkennen, daß sie von der erteilten wasserrechtlichen Bewilligung nicht Gebrauch machen wolle, da andere Lösungsvarianten konkret diskutiert worden seien. Auch aus der Berufung gehe hervor, daß die wasserrechtliche Bewilligung als eine Art "Rückversicherung" für den Fall, daß andere Lösungen nicht realisiert werden könnten, betrachtet werde, also durchaus von einer Hortung von Wasserrechten gesprochen werden könne. Es könne demnach nicht davon ausgegangen werden, daß die Nichteinhaltung der Baufrist auf von der Beschwerdeführerin nicht zu vertretende Umstände zurückzuführen sei. Ein anderes Projekt bedürfe selbstverständlich einer gesonderten wasserrechtlichen Bewilligung.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in dem Recht auf antragsgemäße Verlängerung der Bauvollendungsfrist verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes trägt die Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, einige Zeit nach Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung vom 14. Jänner 1988 habe sich herausgestellt, daß aus technischen Gründen - somit Gründen, die nicht in der Einflußsphäre der Beschwerdeführerin gestanden seien - eine Fertigstellung des bewilligten Projektes wahrscheinlich nicht sinnvoll sei. Bei Suche nach anderen Varianten habe sich die Möglichkeit einer gemeinsamen wirtschaftlich und abwassertechnisch sinnvollen Lösung mit der Gemeinde G. ergeben. Dieses Projekt habe jedoch zur Voraussetzung, daß der Kläranlagenstandort als solcher umgewidmet werde, Auflagen für die Raumplanungsbehörde erfüllt werden müßten und eine rechtskräftige wasserrechtliche Bewilligung für dieses neue Projekt erteilt werden müßte. Da sie im Juli 1989 noch nicht habe wissen können - und auch heute noch nicht wisse -, ob sämtliche dieser Voraussetzungen erfüllbar seien, habe sie um Verlängerung der mit Bescheid vom 14. Jänner 1988 festgesetzten Frist angesucht. Die vorerwähnten technischen Probleme seien solche, die außerhalb der Einflußsphäre der Beschwerdeführerin lägen und von ihr selbst weder mittelbar noch unmittelbar herbeigeführt worden seien. Sie stellten daher einen triftigen Grund im Sinne des § 112 WRG dar. Bereits das Vorliegen des triftigen Grundes rechtfertige die Verlängerung der beantragten Bauvollendungsfrist, sodaß sich die Frage, ob die Beschwerdeführerin Wasserrechte "horte", nicht mehr stelle. Im übrigen könne auch im vorliegenden Fall von einer "Hortung" nicht gesprochen werden. Sinn und Zweck des § 112 WRG 1959 sei nämlich die Verhinderung des spekulativen Erwerbs von Wasserrechten; diese Gesetzesstelle wolle auch der Gefahr begegnen, daß bewilligte, aber nicht mehr als ernst zu betrachtende Bauvorhaben der Entwicklung der Wasserwirtschaft im Wege stünden. Von einer "Hortung" von Wasserrechten könne begriffsmäßig erst dann gesprochen werden, wenn angestrebt werde, mehr als ein Wasserrecht zu erlangen. Da sich die Beschwerdeführerin jedoch nur im Besitz eines Wasserrechtes befinde, könne schon aus diesem Grund nicht von einer Hortung gesprochen werden. Die von der Beschwerdeführerin angestrebte Verwirklichung eines neuen Projektes sei wasserrechtlich noch nicht bewilligt und stünden dieser noch verschiedene Hindernisse entgegen. Es bestehe daher die konkrete Gefahr, daß das neue Projekt nicht ausgeführt werden könne. Sollte sich nämlich ergeben, daß das neue Projekt nicht ausgeführt werden könne, müßte die Beschwerdeführerin das mit Bescheid vom 14. Jänner 1988 bewilligte Projekt fertigstellen. Daß sich die Beschwerdeführerin aus kaufmännischer Vorsicht diese Möglichkeit offenhalten müsse und somit - wie von der belangten Behörde festgestellt - eine Art "Rückversicherung" für diesen Fall eingehen müsse, könne keineswegs dem Tatbestand einer Hortung oder des spekulativen Erwerbs von Wasserrechten entsprechen. Dies wäre lediglich dann der Fall, wenn die Beschwerdeführerin trotz einer weiteren aufrechten wasserrechtlichen Bewilligung die Verlängerung einer alten Bewilligung beantragen würde. Dies sei jedoch nicht der Fall. Die Tatsache, daß ein anderes Projekt "konkret diskutiert" werde, könne wohl nicht darauf hinweisen, daß ein Ersuchen um Verlängerung des mit Bescheid vom 14. Jänner 1988 bewilligten Projektes einen spekulativen Erwerb eines Wasserrechtes darstelle. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften trägt die Beschwerdeführerin vor, die belangte Behörde hätte die Frage, ob ein triftiger Grund im Sinne des § 112 WRG 1959 vorliege, als wesentliche Frage vorrangig prüfen müssen. Die belangte Behörde wäre zu prüfen verpflichtet gewesen, ob die technischen Probleme bei der mit Bescheid vom 14. Jänner 1988 bewilligten Anlage im Zusammenhang mit dem gemeinsam mit der Stadtgemeinde G. geplanten neuen Projekt einen "triftigen Grund" im Sinne des § 112 WRG 1959 darstellten. Die belangte Behörde habe diese Prüfung unterlassen und sich vielmehr nur mit der Frage auseinandergesetzt, ob eine "Hortung von Wasserrechten" vorliege. Das Ermittlungsverfahren sei daher mangelhaft geblieben.

Gemäß § 112 Abs. 1 WRG 1959 sind zugleich mit der Bewilligung einer Wasseranlage angemessene Fristen für den Baubeginn und die Bauvollendung, der Wasserbenutzungsanlagen unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 27 Abs. 1 lit. f kalendermäßig zu bestimmen. Erforderlichenfalls können Teilfristen für wesentliche Anlageteile festgesetzt werden. Fristverlängerungen, die durch das Berufungsverfahren notwendig werden, sind von Amts wegen vorzunehmen. Gemäß Abs. 2 leg. cit. kann die Wasserrechtsbehörde aus triftigen Gründen diese Fristen verlängern, wenn vor ihrem Ablauf darum angesucht wird; die vorherige Anhörung der Parteien oder die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist nicht erforderlich.

Sowohl in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid als auch in der Beschwerde geht die Beschwerdeführerin davon aus, daß sich ihr Antrag auf Fristverlängerung der Bauvollendungsfrist auf das am 14. Jänner 1988 bewilligte Projekt bezogen hat (Der Fristverlängerungsantrag vom 2. Juli 1989 steht mit diesem Vorbringen jedoch in Widerspruch.). Die Ausführbarkeit dieses Projektes in der bewilligten Form wird von ihr nicht in Frage gestellt. Weder aus dem Fristverlängerungsantrag vom 2. Juli 1989 noch aus dem bezughabenden Schriftverkehr mit den Wasserrechtsbehörden ergibt sich aber ein Hinweis, wonach das bewilligte Projekt nicht innerhalb der von der Wasserrechtsbehörde erster Instanz aufgetragenen Bauvollendungsfrist fertig gestellt hätte werden können - auch in der Beschwerde findet sich eine solche Behauptung nicht -, vielmehr versuchte die Beschwerdeführerin bereits seit August 1988 ein anderes - wasserrechtlich nicht bewilligtes - Projekt zur Erweiterung ihrer bestehenden betrieblichen Abwasserbeseitigungsanlage zwecks Reinigung der im Betrieb anfallenden Sanitär- und Produktionsabwässer zu realisieren. Entgegen den Beschwerdeausführungen standen nicht technische Probleme, die "außerhalb (der) Einflußsphäre" der Beschwerdeführerin lagen und von ihr "nicht selbst mittelbar oder unmittelbar herbeigeführt wurden", dem Baubeginn bzw. der fristgerechten Bauvollendung des bewilligten Projektes entgegen, vielmehr hat die Beschwerdeführerin aus Gründen, die ausschließlich in ihrer Ingerenz lagen, nämlich aus betriebswirtschaftlichen Interessen von der Durchführung des bewilligten Projektes Abstand genommen. Triftige Gründe für eine Fristverlängerung im Sinne des § 112 Abs. 2 WRG 1959 vermochte daher die Beschwerdeführerin nicht aufzuzeigen. Auf das Fehlen solcher Gründe stützte sich auch die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides, wenn sie darauf verweist, bereits der Schriftverkehr der Beschwerdeführerin mit der Behörde lasse deutlich erkennen, "daß sie von der erteilten wasserrechtlichen Bewilligung nicht Gebrauch machen wollte, da andere Lösungsvarianten konkret diskutiert wurden". Damit erweist sich der Vorwurf der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde hätte nicht geprüft, ob ein triftiger Grund im Sinne des § 112 Abs. 2 WRG 1959 vorliegt, als nicht stichhältig. Ob die Beschwerdeführerin aus Gründen der "Hortung" von Wasserrechten - wie die belangte Behörde weiters in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausführte - um Fristverlängerung angesucht hat, ist ohne Relevanz, da es - wie oben aufgezeigt - für eine Fristverlängerung am Tatbestandsmerkmal des "triftigen Grundes" im Sinne des § 112 Abs. 2 WRG 1959 fehlt.

Eine Verlängerung der im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid festgesetzten Frist nach § 112 Abs. 2 WRG 1959 kann nur erfolgen, wenn die den Baubeginn oder die Bauvollendung hindernden Gründe die bewilligte Wasseranlage betreffen. Nicht können sich solche Gründe auf ein Projekt beziehen, welches anstelle des bereits bewilligten nunmehr zur Ausführung gelangen soll, aber selbst noch nicht wasserrechtlich bewilligt ist und von dem die Beschwerdeführerin - wie sie selbst in der Beschwerde ausführt - noch nicht weiß, ob sämtliche Voraussetzungen für eine wasserrechtliche Bewilligung vorliegen. Ebenso kann eine Fristverlängerung im Sinne des § 112 Abs. 2 WRG 1959 nicht allein deshalb bewilligt werden, weil sich ein Wasserberechtigter "aus kaufmännischer Vorsicht" ein bewilligtes Projekt "offen halten" will.

Aus all diesen Gründen war daher die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994, insbesonders deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1990070071.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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