Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §69 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 28. August 1991, Zl. 511.827/42-I B/91, betreffend Wiederaufnahme eines Verwaltungsverfahrens, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 21. September 1972 erteilte der Landeshauptmann von Niederösterreich der
W. chem. techn. Produkte Ges.m.b.H. (W.) "die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung einer Deponie zur Ablagerung von Destillationsrückständen auf Grundstück Nr. 514/1 (Eigentümer: A.A.), welche aus dem Betrieb des Bewilligungswerbers in O. anfallen, nach Maßgabe der im Abschnitt A enthaltenen Entwurfsbeschreibung unter Einhaltung der im Abschnitt B angeführten Bedingungen." Nach der Entwurfsbeschreibung soll "die Ablagerung von Destillationsrückständen auf jener Teilfläche des Grundstückes 514/1 erfolgen, wo der vom Grundeigentümer betriebene Schotterabbau bereits abgeschlossen ist."
Weiters erteilte der Landeshauptmann von Niederösterreich
mit Bescheid vom 30. Juli 1973 "der W. und dem A.A. in
Erweiterung des Bewilligungsbescheides des Landeshauptmannes
von NÖ vom 21. September 1972 ..... die wasserrechtliche
Bewilligung zum Betrieb einer gemeinsamen Müllablagerung, und
zwar zur Lagerung von häuslichem, gewerblichem und
industriellem Müll .... nach Maßgabe der im Abschnitt A
enthaltenen Entwurfsbeschreibung unter Einhaltung der im
Abschnitt B angeführten Bedingungen." Nach dieser
Entwurfsbeschreibung "beabsichtigt die W. nunmehr die
Müllablagerung gemeinsam mit dem Grundeigentümer A.A. zu
betreiben, das Vorhaben wird jedoch auf die Deponie von
häuslichem, gewerblichem und industriellem Müll eingeschränkt;
.... bei der gegenständlichen Grube handelt es sich um das
Grundstück 514/1, des A.A., wo der Schotterabbau schon
abgeschlossen ist; .... im Ostteil dieser Grube wurde mit
Bescheid vom 21. September 1972 .... bereits die
wasserrechtliche Bewilligung zur Ablagerung von
Destillationsrückständen erteilt."
Beide Bescheide wurden "gemäß § 21 WRG 1959 gegen Widerruf" erteilt und sind in Rechtskraft erwachsen.
Im Jahre 1976 erfolgte die Teilung der Parzelle Nr. 514/1 (alt) in die Parzelle 514/1 (Ostteil) und 514/89 bis 91 (Westteil).
Der Beschwerdeführer pachtete den Ostteil durch Pachtvertrag vom 13. Oktober 1975 und erwarb den Westteil mit Kaufvertrag vom 16. Juni 1977 (Nachtrag vom 30. November 1977, Einverleibung am 11. Jänner 1979).
Nachdem der Landeshauptmann von Niederösterreich mit Bescheid vom 16. Mai 1983 die mit Bescheid vom 21. September 1972 erteilte wasserrechtliche Bewilligung
widerrufen hatte, widerrief er mit Bescheid vom 5. Dezember 1986 auch den Bewilligungsbescheid vom 30. Juli 1973. Diese Entscheidung wurde durch Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 20. Juli 1987 bestätigt; die dagegen eingebrachte Beschwerde des Beschwerdeführers wurde mit hg. Erkenntnis vom 21. September 1989, Zl. 87/07/0119, abgewiesen.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 31. Mai 1990 wurde dem Beschwerdeführer der wasserpolizeiliche Auftrag erteilt, sämtliche Ablagerungen von Hausmüll vermengt mit Gewerbe- und Industrieabfällen sowie sämtliche weiteren wasserrechtlich bewilligungspflichtigen Ablagerungen von der Teilfläche des Grundstückes 514/1 (neu), welche nicht von den widerrufenen (ehemaligen) wasserrechtlichen Bewilligungen des Landeshauptmannes vom 21. September 1972 und vom 30. Juli 1973 betroffen gewesen sei (wobei die Genehmigung von der Ostgrenze bis zur 320 m-Marke nach Westen gereicht habe), sowie von den Grundstücken 514/89 bis 91 zu beseitigen. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, das durch die vorerwähnten Ablagerungen kontaminierte Schottermatieral an der Grubensohle im Bereich der von den genannten wasserrechtlichen Bewilligungen nicht berührten Teilflächen des Grundstückes 514/1 (neu) sowie der drei anderen bezeichneten Grundstücke zu entfernen und anschließend die Grube bis zumindest 2 m über den höchsten zu erwartenden Grundwasserspiegel mit Material ohne gewässerbeeinträchtigende Anteile aufzufüllen.
Mit Erkenntnis vom 11. Dezember 1990, Zl. 90/07/0104, hob der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid insoweit auf, soweit mit ihm die Frist für den dem Beschwerdeführer erteilten wasserpolizeilichen Auftrag mit 30. April 1992 festgesetzt worden war. Im übrigen wurde die Beschwerde jedoch als unbegründet abgewiesen.
In der Folge brachte der Beschwerdeführer in bezug auf das mit Bescheid der belangten Behörde vom 31. Mai 1990 abgeschlossene Verfahren einen Wiederaufnahmeantrag ein, der sich auf Zeugenaussagen in einem Strafverfahren über den räumlichen Geltungsbereich der Bescheide des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 21. September 1972 und vom 30. Juli 1973 stützte.
Diesem Wiederaufnahmeantrag wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. Jänner 1991 keine Folge gegeben; eine gegen diesen Bescheid erhobene Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wurde mit hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1991, Zl. 91/07/0027, abgewiesen.
Mit Eingabe vom 2. April 1991 beantragte der Beschwerdeführer erneut die Wiederaufnahme des mit Bescheid der belangten Behörde vom 31. Mai 1990 abgeschlossenen Verfahrens und begründete dies damit, in der Hauptverhandlung am 18. März 1991 vor dem Kreisgericht Wiener Neustadt sei hervorgekommen, daß das Grundstück Nr. 514/1 ursprünglich ein sogenanntes "Sprungklammerngrundstück" gewesen sei, sodaß der Hinweis in den Bescheiden aus den Jahren 1972 und 1973 sich auf Teilflächen dieser Parzelle - zur topographischen Klarstellung - bezogen habe und nicht allein auf die damalige Schottergrube. Damit sei ein neues Beweismittel hervorgekommen, welches allein oder in Verbindung mit den sonstigen Ermittlungsergebnissen im wiederaufzunehmenden Verfahren in der Hauptsache einen anders lautenden Bescheid herbeiführen müßte.
Mit Bescheid vom 28. August 1991 wies die belangte Behörde diesen Wiederaufnahmeantrag ab.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte ihre Behandlung mit Beschluß vom 25. November 1991, Zl. B 1171/91-3, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof hat der Beschwerdeführer einen ergänzenden Schriftsatz vorgelegt, in welchem er die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt.
Der Beschwerdeführer bringt im wesentlichen vor, das Grundstück 514/1 (alt) sei bis zum 5. Juni 1973 ein sogenanntes "Sprungklammerngrundstück" gewesen, d.h. dieses Grundstück mit identer Grundstücksbezeichnung 514/1 sei auf insgesamt drei verschiedene Örtlichkeiten verteilt gewesen, die nicht aneinander grenzten. Ausschließlich aus diesem Grund sei es notwendig gewesen, im Rahmen der Entwurfsbeschreibung des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides vom 30. Juli 1973 im Sinne der damaligen Runderlässe und auch im Sinne des § 103 WRG 1959 topographisch klarzustellen, daß sich diese wasserrechtliche Bewilligung auf das vom Schotterabbau betroffene Sprungklammerngrundstück 514/1 (alt) beziehe und nicht etwa auf die zwei übrigen Sprungklammerngrundstücke mit identer Bezeichnung, auf denen überhaupt kein Schotter abgebaut worden sei. Auch im Zeitpunkt der zugrundeliegenden wasserrechtlichen Verhandlung vom 29. März 1973 sei der Teilungsplan vom 18. August 1972 noch nicht verbüchert gewesen. Anderes gelte mit Sicherheit für den Vorbescheid vom 21. September 1972, dem - im Gegensatz zum Bewilligungsbescheid vom 30. Juli 1973 - eine überkommene Lageplanunterlage aus dem Jahre 1971 zugrundegelegen sei. Verfehlt sei die Auffassung der belangten Behörde und des Verwaltungsgerichtshofes, daß sich auch der wasserrechtliche Bewilligungsbescheid vom 30. Juli 1973 in flächenmäßiger Hinsicht nur auf eine "Teilfläche" bezogen hätte. Der Vorkonsens vom 21. September 1972 habe sich nur auf den "Ostteil dieser Grube" bezogen, somit auf eine räumlich geringere Fläche als der Bescheid vom 30. Juli 1973. Mit der Bescheidformulierung "wo der Schotterabbau schon abgeschlossen ist" sollte jenes der drei damaligen Sprungklammerngrundstücke herausgegriffen werden, auf dem der Schotterabbau abgeschlossen war, weil nach der damaligen örtlichen und abbaumäßigen Situation die übrigen zwei Grundstücke 514/1 keinen Schotterabbau aufgewiesen hätten. Die belangte Behörde lasse auch vollkommen unerörtert, daß der dem Bewilligungsbescheid aus dem Jahr 1972 zugrundgelegte Lageplan vom November 1971 mit dem Gutsbestand laut den Teilungsplänen vom 9. Mai 1967, vom 10. Februar 1968, vom 24. Mai 1969 und insbesondere vom 18. August 1972 nicht zu vereinbaren sei. Eine unrichtige Grundstückslagebezeichnung in einer Unterlage nach § 103 WRG 1959 könne sicher nicht zu Lasten des Beschwerdeführers als bloßen Pächter des Restgrundstückes Nr. 514/1 (neu) gehen.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 21. Mai 1991, Zl. 91/07/0027, zum räumlichen Geltungsbereich der Bescheide des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 21. September 1972 und vom 30. Juli 1973 folgendes festgestellt:
Im Spruch des Bescheides aus dem Jahre 1972 wird der verliehene Konsens auf eine Teilfläche des Grundstückes 514/1 (alt) eingeschränkt; daran knüpft der Bescheid aus dem Jahr 1973 in örtlicher Hinsicht uneingeschränkt an. Im Spruch beider Bescheide wird die Ablagerung auf jene Fläche beschränkt, "wo der Schotterabbau bereits abgeschlossen ist". Beide Einschränkungen sind lagemäßig nachvollziehbar auf Grund des einen integrierenden Bescheidbestandteil bildenden, mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Lageplanes zum Bescheid vom 21. September 1972 (200 m-Linie). Die photogrammetrische Auswertung aus dem Jahre 1974 weist für diesen Zeitraum den Abbau bis ca. zur 200 m-Linie in voller Tiefe und von dort bis zur 320 m-Linie bis ca. 5 bis 6 m unter Geländeoberkante aus. Der aus beiden Bescheiden resultierende wasserrechtliche Konsens reichte daher bis zu einer Linie ca. 200 m westlich der östlichen Grenze des Grundstückes 514/1 (alt).
Der Beschwerdeführer meint, die Formulierung "wo der Schotterabbau bereits abgeschlossen ist" in den Bescheiden aus den Jahren 1972 und 1973 habe dazu gedient, klarzustellen, welches der drei voneinander räumlich getrennten, zum Bestand der Parzelle 514/1 (alt) gehörigen Grundstücke gemeint sei; der Konsens habe sich aber auf die gesamte Fläche dieses Teilgrundstückes erstreckt.
Diese Auffassung läßt die im hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1991, Zl. 91/07/0027 dargestellten Umstände völlig unberücksichtigt, aus denen sich zweifelsfrei ergibt, daß die Bescheide aus den Jahren 1972 und 1973 nur eine Teilfläche des Grundstückes Nr. 514/1 erfaßten, die von der Ostgrenze dieses Grundstückes etwa 200 m nach Westen reicht. Die Argumentation des Beschwerdeführers steht in einem unauflöslichen Widerspruch zu der Formulierung "wo der Schotterabbau schon abgeschlossen ist" als auch zu dem Plan aus dem Jahr 1971. Ob dieser Plan mit den vom Beschwerdeführer erwähnten Teilungsplänen übereinstimmt oder nicht, ist unerheblich; entscheidend ist, daß die die Bescheide erlassende Behörde von diesem Plan ausging und mit ihm dokumentierte, auf welche Fläche der Parzelle 514/1 sich die erteilte Bewilligung erstrecken sollte.
Ein Wiederaufnahmegrund lag demnach nicht vor. Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte neu hervorgekommene Beweismittel war nicht geeignet, allein oder in Verbindung mit den sonstigen Ergebnissen des Verfahrens einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeizuführen. Die belangte Behörde hat daher zu Recht den Wiederaufnahmeantrag abgewiesen.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Schlagworte
Neu hervorgekommene entstandene Beweise und Tatsachen nova reperta nova productaEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1992070020.X00Im RIS seit
12.11.2001