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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Gemeinden A, B, C, D, E, jeweils vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 13. Oktober 1992, Zl. 14.400/16-I4/92, betreffend Feststellung der Unzuständigkeit des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft zur Behandlung von Entschädigungsansprüchen nach dem Donauhochwasser 1985 (mitbeteiligte Partei: X-AG), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Aufgrund des Donauhochwassers vom August 1985 und der in der Folge insbesondere durch teilweise beachtliche Schlammablagerungen verursachten Schäden in einigen Wachau-Gemeinden, die unterhalb des kurz zuvor in Betrieb genommenen Wasserkraftwerkes Melk liegen, führte der Landeshauptmann von Niederösterreich Ermittlungen über durch Schlammablagerung vom Hochwasser verursachte Schäden und die Schadenshöhe durch und veranlaßte Beweissicherungsmaßnahmen insbesondere über Schwebstoffmengen. In einer "Petition" vom Herbst 1985 forderten die beschwerdeführenden Gemeinden eine rasche Entschädigung aller durch die Verschlammung Geschädigten sowie die Sicherstellung des Unterbleibens derartiger Hochwasserfolgen für künftige Katastrophenfälle.
Mit Antrag vom 11. Juni 1992 begehrten die Beschwerdeführer die "Erlassung eines Feststellungsbescheides, wonach die wasserrechtliche Entschädigungsbehörde zur Behandlung der Entschädigungsansprüche der Wachau-Gemeinden aus dem Donauhochwasser 1985 nicht berufen ist, vielmehr Ansprüche im ordentlichen Rechtsweg auszutragen sind".
Mit Bescheid vom 13. Oktober 1992 stellte die belangte Behörde unter Wiedergabe des vorstehenden Antrages "gemäß § 56 AVG 1950 in Verbindung mit § 26 Abs. 2 und 6 WRG 1959 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 252/90" fest, "daß das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft als Oberste Wasserrechtsbehörde zur Behandlung dieser Angelegenheit nicht zuständig ist".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht auf Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen gemäß § 117 WRG verletzt. Sie bringen hiezu insbesondere vor, daß die belangte Behörde selbst im (seinerzeitigen) Bewilligungsbescheid (gemeint ist offenbar des Kraftwerkes Melk) auf die Möglichkeit und Notwendigkeit der Entschädigung von Unterliegern im Fall einer Schwebstoffablagerung (Verschlammung) eingehe und damit dokumentiere, daß sie selbst mit dem Eintritt des Schadens nicht nur gerechnet, sondern denselben in Kauf genommen habe. Somit habe sich die belangte Behörde "implizit die Festsetzung derartiger Entschädigungen" vorbehalten und würden daher die Voraussetzungen des § 26 Abs. 6 WRG (offenbar gemeint: zweiter Satz dieser Bestimmung) vorliegen, sodaß die Zuständigkeit der belangten Behörde gegeben sei.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die mitbeteiligte Partei gab im vorliegenden Verfahren keine Stellungnahme ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf
§ 56 AVG 1950 (gemeint wohl 1991) in Verbindung mit § 26 Abs. 2 und 6 WRG 1959 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 252/1990 gestützt, wobei sie in der Bescheidbegründung ergänzend auf
§ 26 Abs. 1 WRG hingewiesen hat.
Gemäß § 26 Abs. 1 leg. cit. ist die Verpflichtung des Wasserberechtigten zum Ersatz des Schadens, der aus dem Bestand oder Betrieb einer Wasserbenutzungsanlage entsteht, soweit das Wasserrechtsgesetz nichts anderes bestimmt, nach den Vorschriften des 30. Hauptstückes des II. Teiles des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches zu beurteilen.
Nach § 26 Abs. 2 leg. cit. haftet der Wasserberechtigte für den Ersatz des Schadens, sofern jedoch durch den rechtmäßigen Bestand oder Betrieb einer Wasserbenutzungsanlage eine Liegenschaft oder ein Bauwerk, das schon zur Zeit der Erteilung der Bewilligung bestanden hat, beschädigt ... wird, wenn bei der Erteilung der Bewilligung mit dem Eintritt dieser nachteiligen Wirkung überhaupt nicht oder nur in geringerem Umfang gerechnet worden ist.
Aufgrund des § 26 Abs. 6 leg. cit. sind Schadenersatzansprüche nach den Abs. 1 bis 3 im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen. Hat sich aber die Wasserrechtsbehörde gemäß § 117 Abs. 1 leg. cit. die Nachprüfung oder anderweitige Festsetzung einer anläßlich der Bewilligung zugesprochenen Entschädigung für die voraussichtlich eintretenden Nachteile vorbehalten, so kann nur eine Erhöhung der Entschädigung bei der Wasserrechtsbehörde begehrt werden.
Gemäß § 117 Abs. 1 erster Satz leg. cit. entscheidet über die Pflicht zur Leistung von Entschädigungen, Ersätzen, Beiträgen und Kosten, die entweder im Wasserrechtsgesetz oder in den für die Pflege und Abwehr bestimmter Gewässer geltenden Sondervorschriften vorgesehen sind, sofern das Wasserrechtsgesetz (§ 26) oder die betreffende Sondervorschrift nichts anderes bestimmt, die Wasserrechtsbehörde.
Weder aus § 56 AVG noch aus den von der belangten Behörde ins Treffen geführten Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes kann unmittelbar ein Anspruch auf Erlassung eines Feststellungsbescheides mit dem von der belangten Behörde erlassenen Inhalt abgeleitet werden. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig, da die Frage der Zuständigkeit oder Unzuständigkeit einer Behörde eine stets notwendige verfahrensrechtliche Vorfrage eines Sachbegehrens ist und nicht zum Gegenstand eines davon unabhängigen Feststellungsbescheides gemacht werden kann.
Der angefochtene Bescheid greift durch seine Feststellung der Unzuständigkeit der belangten Behörde in das von den Beschwerdeführern begehrte Recht auf Entschädigung ein, das diese offenbar vor der belangten Behörde geltend machen wollten. Durch die Rechtskraft des Feststellungsbescheides wäre ihnen jedoch die Geltendmachung derartiger Ansprüche vor der belangten Behörde verwehrt, ohne daß bislang im Verwaltungsverfahren ausreichend geprüft wurde, ob die Voraussetzungen für das Geltendmachen derartiger Ansprüche vor der belangten Behörde (insbesondere auch ihre Zuständigkeit) vorliegen oder nicht.
Aus den angeführten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den Stempelgebührenaufwand für zwei weitere Bescheidausfertigungen, deren Vorlage nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. April 1980, Zl. 20/80 u.a.).
Schlagworte
sachliche Zuständigkeit Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung FeststellungsbescheideEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1992070203.X00Im RIS seit
12.11.2001