TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/21 94/14/0041

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Veröffentlicht am 21.06.1994
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

ABGB §938;
EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1972 §2 Abs3;
EStG 1972 §25 Abs1 Z1;
EStG 1972 §25 Abs2;
EStG 1988 §2 Abs2;
EStG 1988 §2 Abs3;
EStG 1988 §25 Abs1 Z1 lita;
EStG 1988 §25 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Hutter, über die Beschwerde des B in L, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat II) vom 2. Februar 1994, Zl. 31.074-3/93, betreffend Einkommensteuer 1988 bis 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer wohnte von Mai 1987 bis August 1991 mit seiner Familie in Österreich und war in dieser Zeit evangelischer Pastor (Missionar) einer freikirchlichen Gemeinde (Volksmission) in Tirol. Von der Vereinigung Freier Missionsgemeinden in der Schweiz (in der Folge: Vereinigung) erhielt er regelmäßig Geldbeträge auf Grund der Angestelltenordnung und des Besoldungsreglements dieser Vereinigung. Er vertrat die Ansicht, daß diese Beträge deshalb nicht steuerbar seien, weil die Vereinigung die Überweisungen an ihn aus an sie von ihren Mitgliedsgemeinden überwiesenen Spendenaufkommen finanziere, wodurch der Charakter der Spende erhalten bleibe. Es bestehe kein wie immer gearteter Anspruch auf Gegenleistung, die Beträge dienten nicht dem Unterhalt des Beschwerdeführers, sondern seiner gesamten Missions- und Seelsorgetätigkeit. Sie stünden ihm also nicht als private Einkünfte zur Verfügung. Nach den Statuten der Vereinigung sei der Beschwerdeführer "allein von Gott abhängig", es bestünden keine Garantien für eine regelmäßige Unterstützung.

Das Finanzamt hatte bereits für 1987 den Beschwerdeführer im Hinblick auf die Zuwendungen der Vereinigung mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit veranlagt und ihm Einkommensteuervorauszahlung für 1991 vorgeschrieben. Der aus den bereits angeführten Gründen dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers hatte die belangte Behörde mit Bescheid vom 17. März 1993 nur teilweise, nämlich der Höhe nach, Folge gegeben. Sie ging unter Hinweis auf die Gestaltung der Beziehungen zwischen Beschwerdeführer und der Vereinigung in der Angestelltenordnung und dem zugehörigen Besoldungsreglement davon aus, daß die wesentlichen Merkmale eines Dienstverhältnisses zwischen dem Beschwerdeführer als Dienstnehmer und der Vereinigung als Dienstgeber vorlägen. Der im Hinblick auf seinen Wohnsitz in Österreich unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Beschwerdeführer sei in nahezu allen Bereichen seiner Tätigkeit an Weisungen der Vereinigung gebunden und habe regelmäßig Rechenschaft über seine Tätigkeit abzulegen. Er habe Anspruch auf Reisevergütungen und Kostenersatz sowie auf Weiterzahlung der ordentlichen Bezüge im Krankheitsfall. Die Vereinigung zahle seine Unfallsversicherung und teilweise die Altersvorsorge. Die Aufnahme einer Nebentätigkeit sei dem Beschwerdeführer nur mit Genehmigung der Vereinigung erlaubt. Hinsichtlich Ausmaß und Inanspruchnahme des Urlaubs habe er genaue Regelungen zu beachten. Er trage kein wesentliches Unternehmerrisiko. Daß sein Gehalt nicht garantiert sei, weil es mittelbar aus Spendengeldern fließe, habe mit den wesentlichen Merkmalen eines Dienstverhältnisses nichts zu tun. Die an den Beschwerdeführer gelangenden Beträge seien keine ihm persönlich von Gläubigen gewidmete Spenden, sondern Bezüge, die er von der Vereinigung erhalte. Laut deren Bilanzen sei für die Zukunft nicht damit zu rechnen, daß die Löhne nicht ausbezahlt würden. Im übrigen müßte eine Vielzahl von Arbeitnehmern mit Zahlungsschwierigkeiten ihrer Dienstgeber rechnen. Würde es sich nicht um Lohnzahlungen handeln, so lägen wiederkehrende Bezüge gemäß § 29 Z. 1 EStG 1972 bzw. 1988 vor.

Unter Hinweis auf diese Entscheidung setzte das Finanzamt auch für die Jahre des Streitzeitraumes Einkommensteuer des Beschwerdeführers auf Grund von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit fest. Der Beschwerdeführer erhob neuerlich Berufungen aus den bereits oben erwähnten Gründen.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde den Berufungen nur teilweise Folge, nämlich der Höhe nach durch Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages sowie für 1989 und 1990 auch des Kinderzuschlages. Sie bejahte unter Hinweis auf ihre Berufungsentscheidung vom 17. März 1993 die Einstufung der Einkünfte als solche aus nichtselbständiger Arbeit, weil der Beschwerdeführer mitgeteilt hatte, daß dem Streitzeitraum derselbe Sachverhalt zugrundeliege, der bereits für 1987 zu beurteilen gewesen sei, seine Tätigkeit beruhe nach wie vor auf den Statuten der Vereinigung und der Angestelltenordnung.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht darauf verletzt, daß seine Bezüge von der Vereinigung keiner Einkunftsart nach dem Einkommensteuerrecht untergeordnet werden. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb Bescheidaufhebung.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Eine Verletzung im Recht darauf, daß die Besteuerung nicht

Österreich, sondern der Schweiz zustehe (Art. 19 Z. 1 DBA Schweiz), hat der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht geltend gemacht. Es ist daher vom Beschwerdepunkt nicht umfaßt, womit sich eine Auseinandersetzung mit der Frage erübrigt, wie die Vereinigung nach Schweizer Recht zu beurteilen ist.

Ob der Beschwerdeführer einen Rechtsanspruch "auf Zumittlung der Spendengelder" hat, ist für die Einstufung als Vorteil aus einem bestehenden Dienstverhältnis ohne Bedeutung (vgl. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer Handbuch, Tz 7 zu § 25).

Da auf Grund der Angestelltenordnung der Vereinigung ein Zusammenhang zwischen der Tätigkeit des Beschwerdeführers als "vollzeitlicher Mitarbeiter" (dazu zählen nämlich Missionare im Arbeitsgebiet im Ausland) und seiner "Besoldung" besteht - der Beschwerdeführer behauptet selbst nicht, daß er diese Besoldung von der Vereinigung auch bekäme, wäre er nicht als vollzeitlicher Mitarbeiter im Sinne der Angestelltenordnung tätig -, ist entgegen der in der Beschwerde geäußerten Ansicht die Besoldung durch die Vereinigung den in Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer Handbuch unter Rz 15 zu § 2 EStG aufgezählten Fällen nicht vergleichbar. Schenkungen sind nämlich nur dann keiner Einkunftsart zuzuordnen, wenn sie auch nach allgemeiner Verkehrsauffassung als Schenkungen anzusehen sind, also insbesondere keinerlei Entgeltcharakter tragen (vgl. Schubert/Pokorny/Schuch/Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch, Tz 26 zu § 2). Wird - wie im vorliegenden Fall - im Zusammenhang mit einer in der Angestelltenordnung der Vereinigung selbst als "Dienstverhältnis" bezeichneten Beziehung an einen "vollzeitlichen Mitarbeiter" eine "Besoldung" (Punkt 13. der Angestelltenordnung) bezahlt, so kann keine Rede davon sein, daß es sich nach der Verkehrsauffassung um eine Schenkung handle.

Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers bildet die an ihn durch die Vereinigung bezahlte "Besoldung" keine Spende, mögen sich auch die Einnahmen der Vereinigung selbst zum Großteil auf Spenden von Gläubigen zurückführen lassen, die an die Mitgliedergemeinden der Vereinigung bezahlt und zum Teil an die Vereinigung weitergeleitet werden.

Der mit "Finanzielles" überschriebene Punkt 12. "Grundsatz" der Angestelltenordnung der Vereinigung hat folgenden Wortlaut:

"Die vollzeitlichen Mitarbeiter der Vereinigung wissen sich allein von Gott abhängig. Die Vereinigung übernimmt keine finanziellen Garantien, sie sucht ihr möglichstes zu tun zur regelmäßigen Unterstützung der vollzeitlichen Mitarbeiter."

Zu Unrecht meint der Beschwerdeführer, aus dieser "zentralen Bestimmung" der Angestelltenordnung lasse sich ableiten, daß kein Dienstverhältnis vorliege. Der betreffende Grundsatz ändert nämlich überhaupt nichts daran, daß nach der Angestelltenordnung das Verhältnis der Vereinigung zu den vollzeitlichen Mitarbeitern als Dienstverhältnis verstanden wird, wie sich dies bereits aus der Überschrift ("Dienstverhältnis") über den Punkten 1. bis 11. ergibt, die sich ihrem Inhalt nach nicht wesentlich von üblichen Dienstverträgen unterscheiden. Laut Punkt 2. anerkennt, wer sich zum vollzeitlichen Dienst berufen läßt, die Statuten der Vereinigung und alle übrigen von ihr erlassenen Richtlinien, z. B. die Leitsätze für die Missionsarbeit usw. Im folgenden Punkt wird die Berufsbezeichnung der Mitarbeiter festgelegt, mit der sich diese nach außen benennen. Punkt 4. der Angestelltenordnung sieht die Festlegung des Wohnsitzes der Mitarbeiter im Einvernehmen mit dem Vorstand der Vereinigung bzw. dem zuständigen beratenden Organ der Gemeinde vor. Der Mitarbeiter muß seine Ausweispapiere in der Regel am Wohnort hinterlegen. Im gegenseitigen Einvernehmen kann der Mitarbeiter versetzt werden, es können ihm im gegenseitigen Einvernehmen Arbeiten zugewiesen werden, die nicht zu den Obliegenheiten des ihm aufgetragenen Dienstes gehören (Punkt 5.). Der folgende Punkt (6.) enthält Vorschriften über die Arbeits- und Diensteinteilung sowie über die Arbeitszeit. Danach wird in jedem Fall erwartet, daß die im Landesdurchschnitt übliche wöchentliche Arbeitszeit eingehalten wird. Alle Mitarbeiter haben dem zuständigen Organ mindestens einmal jährlich einen schriftlichen Rechenschaftsbericht abzulegen. Der Vorstand und die zuständigen Kommissionen sind befugt, jederzeit Zwischenberichte zu verlangen. Gemäß Punkt 7. der Angestelltenordnung sollen Weiterbildungsmöglichkeiten ausgenützt werden, die Mitarbeiter haben in der Regel nach sieben Dienstjahren Anrecht auf einen, je nach Situation, bezahlten oder mitfinanzierten Weiterbildungsurlaub. Die Einzelheiten dazu werden vom Vorstand von Fall zu Fall geregelt. Nebenbeschäftigungen des Mitarbeiters bedürfen der Zustimmung des Vorstandes (Punkt 8.). Für größere Projekte (Bücher) bedürfen die vollzeitlichen Mitarbeiter des Einverständnisses des Vorstandes (Punkt 9.). Gemäß Punkt 10. der Angestelltenordnung unterstehen die vollzeitlichen Mitarbeiter grundsätzlich dem Vorstand der Vereinigung. Dieser kann für einzelne Arbeitszweige (Mission, Liegenschaften etc.) die Verantwortlichkeit seinen beratenden Kommissionen zuweisen. Der Dienstweg der Mitarbeiter führt über den Vorsitzenden des für ihn zuständigen Organs. Dieser ist in erster Linie zuständig für die persönlichen Kontakte und für die Dienstkontrollen. Für die einzelnen vollzeitlichen Mitarbeiter werden, je nach Aufgabengebiet, Pflichtenhefte ausgearbeitet. Über die "Auflösung des Arbeitsverhältnisses" besagt Punkt 11. der Angestelltenordnung, daß Rücktrittsgesuche über den zuständigen Departementleiter an den Vorstand zu richten sind. Bei persönlichen Verfehlungen, vertreten von Lehrmeinungen, die eindeutig im Widerspruch "zu unserem Glaubensbekenntnis" stehen oder bei Nichteignung kann der Vorstand gestützt auf Art. 13 der Statuten von sich aus provisorische Entlassungen verfügen. Diese bedürfen in jedem Fall der Zustimmung des Ältestenrates. Die Punkte 16. bis 20. der Angestelltenordnung regeln Ferien, Ruhetage, Urlaub, Krankheit, Unfall und Militärdienst. Der mit "Beschwerden" überschriebene Punkt 25. der Angestelltenordnung setzt den Vorstand der Vereinigung als Beschwerdeinstanz ein, sollten Differenzen unter Mitarbeitern sowie zwischen Mitarbeitern und zuständigen Departementleitern nicht in direktem brüderlichen Gespräch zu bereinigen sein. Gemäß Punkt 13. (Besoldung) werden die Besoldungsansätze im Besoldungsreglement festgehalten. Der Vorstand ist ermächtigt, die vom Ältestenrat festgesetzte Besoldung jeweils auf 1. Jänner an die Teuerung anzupassen. Maßgebend dafür ist der Landesindex der Konsumentenpreise auf Ende Oktober des Vorjahres. Die Teuerung wird ausgeglichen, wenn sie 1 % oder mehr beträgt. Reallohnerhöhungen bedürfen der Zustimmung durch den Ältestenrat.

Auf Grund dieser detaillierten Regelung der Beziehungen zwischen dem vollzeitlichem Mitarbeiter einerseits und der Vereinigung andererseits, der sich der Beschwerdeführer unterworfen hat, handelt es sich um eine Festlegung von Rechten und Pflichten wie sie zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer üblich sind. Daran vermag der Grundsatz, daß laut Punkt 12. der Angestelltenordnung die Vereinigung keine finanziellen Garantien gegenüber ihren vollzeitlichen Mitarbeitern übernimmt, nichts zu ändern.

Die Behauptung des Beschwerdeführers, auf Grund der Angestelltenordnung gäbe es weder ein Weisungsverhältnis, noch wechselseitige Ansprüche, ist durch den geschilderten Inhalt der Angestelltenordnung widerlegt.

Ein Dienstverhältnis im steuerrechtlichen Sinn liegt vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet, das heißt, in der Betätigung seines geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Die Leistung, die der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber auf Grund des zwischen ihnen bestehenden Dienstverhältnisses erbringt, ist eine persönliche und daher grundsätzlich unvertretbare Leistung. Kennzeichnend ist auch das Fehlen eines Unternehmerrisikos auf Arbeitnehmerseite. Ein weiteres Kriterium der unselbständigen Tätigkeit ist die persönliche Abhängigkeit, die sich in Weisungsgebundenheit äußert, die durch weitgehende Unterordnung gekennzeichnet ist und zu einer weitreichenden Ausschaltung der eigenen Bestimmungsfreiheit führt.

Alle diese Merkmale liegen nach dem geschilderten Inhalt der Angestelltenordnung im Verhältnis des Beschwerdeführers als Arbeitnehmer zur Vereinigung als Arbeitgeber vor.

Der rechtlichen Beurteilung der belangten Behörde haftet daher die behauptete Rechtswidrigkeit nicht an.

Da der Beschwerdeführer somit durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des Beschwerdepunktes in seinen Rechten nicht verletzt wird, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994140041.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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