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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art130 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Stöberl und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des A in F, vertreten durch Mag. G, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 4. Oktober 1993, Zl. Ia 370-370/92, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 4. Oktober 1993 wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 6. November 1992 um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß den §§ 10, 11a, 12, 13 und 14 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311 (StbG), abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde hat die zur Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers führende Auffassung vertreten, daß dieser die (auch nach § 11a leg. cit. erforderliche) Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG nicht erfülle. Nach dieser Gesetzesstelle kann die Staatsbürgerschaft einem Fremden verliehen werden, wenn er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, daß er zur Republik Österreich bejahend eingestellt ist und keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit bildet. Die belangte Behörde hat festgestellt, daß der (mit einer österreichischen Staatsbürgerin seit 1987 verheiratete und ebenfalls seit diesem Jahr seinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich aufweisende) Beschwerdeführer mit Urteilen des Bezirksgerichtes Bludenz vom 3. Oktober 1991 und des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 18. Mai 1992 jeweils wegen des Vergehens nach § 83 Abs. 1 StGB sowie mit Straferkenntnissen der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 27. Februar 1989 wegen der Übertretung nach § 52 Z. 15 StVO und vom 12. Juli 1989 wegen der Übertretungen nach § 52 Z. 2 StVO, nach den §§ 18 Abs. 1 lit. a und 1 Abs. 1 Sittenpolizeigesetz und nach § 99 Abs. 1 KFG und der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 8. Juni 1989 wegen der übertretung nach Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG, vom 29. September 1989 wegen der Übertretungen nach § 52 Z. 10a StVO und nach § 43 Abs. 4 lit. b KFG, vom 5. April 1990 wegen der Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO und nach § 102 Abs. 10 KFG, vom 16. Mai 1990 wegen fünf Übertretungen nach § 64 Abs. 1 KFG, vom 14. Mai 1990 und vom 18. Dezember 1990 jeweils wegen der Übertretung nach § 20 Abs. 2 StVO, vom 1. März 1991 wegen der Übertretungen nach § 100 KFG und nach § 21 Abs. 1 StVO, vom 22. Oktober 1991 wegen der Übertretung nach § 23 Abs. 5 StVO, vom 30. Dezember 1992 wegen der Übertretung nach § 8 Abs. 4 StVO und vom 2. April 1993 wegen der Übertretung nach § 19 Abs. 7 und 4 StVO bestraft worden sei.
Der Beschwerdeführer macht deshalb eine "Mangelhaftigkeit des Verfahrens" geltend, weil ihm "nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren" keine Gelegenheit gegeben worden sei, gemäß § 45 Abs. 3 AVG von dem Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Abgesehen davon, daß es sich hiebei bloß um die Verwertung der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten gehandelt hat, die ihm bekannt sein mußten, widerspricht dieser Vorwurf der Aktenlage, wonach er am 8. Juli 1993 im Rahmen der Gewährung des Parteiengehörs bei der belangten Behörde darauf "hingewiesen" hat, "daß die Übertretungen seiner Ansicht nach nicht gravierend seien und "jedem passieren könnten"". Er bestreitet in der Beschwerde gleichfalls nicht die Begehung der angeführten Straftaten und wendet auch nicht ein, daß die daraufhin ergangenen, damit offenbar in zeitlichem Konnex stehenden strafrechtlichen Entscheidungen noch nicht in Rechtskraft erwachsen seien. Seine Ansicht, die belangte Behörde habe überdies "erheblich gegen den Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit verstoßen", wird von ihm nicht näher begründet. Wenn er diesbezüglich allenfalls - worauf seine Ausführungen zu der von ihm behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides hindeuten könnten - meint, daß bestimmte "persönliche und familiäre Momente" bei der Beurteilung hätten ausschlaggebend sein müssen, so unterliegt er einem Rechtsirrtum, der schon im grundsätzlichen darauf beruht, daß seiner Auffassung nach die Beurteilung, ob die genannte Verleihungsvoraussetzung vorliegt, eine "reine Ermessensentscheidung" darstelle. Er übersieht nämlich, daß eine behördliche Ermessensentscheidung unter anderem erst bei Vorliegen dieser (zwingenden) Verleihungsvoraussetzung gemäß § 11 StbG in Betracht kommt (vgl. unter anderem das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Juni 1993, Zl. 92/01/1012, und die dort beispielsweise angeführte weitere Vorjudikatur).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG vorzunehmenden Beurteilung der Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vom Gesamtverhalten des Einbürgerungswerbers, welches wesentlich durch das sich aus den von ihm begangenen Straftaten ergebende Charakterbild bestimmt wird, auszugehen. Maßgebend ist hiebei, ob es sich um Rechtsbrüche handelt, die den Schluß rechtfertigen, der Betreffende werde auch in Zukunft wesentliche zum Schutz vor Gefahren für das Leben, die Gesundheit, die Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung erlassene Rechtsvorschriften mißachten; aus der Art, der Schwere und der Häufigkeit solcher Verstöße kommt die negative Einstellung des Betreffenden gegenüber den zur Hintanhaltung von Gefahren für Leben, Gesundheit und Sicherheit der Allgemeinheit erlassenen Gesetzen in deutlicher Weise zum Ausdruck (vgl. außer dem schon erwähnten Erkenntnis vom 17. Juni 1993, Zl. 92/01/1012, unter anderem noch jenes vom 1. Juli 1992, Zl. 90/01/0055). Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich Verstößen gegen Schutznormen, die der Ordnung und Sicherheit des Straßenverkehrs dienen (vgl. unter anderem die Erkenntnisse vom 9. September 1993, Zl. 92/01/0852, und vom 15. Dezember 1993, Zl. 92/01/0820). Wendet man diese Rechtssätze auf den vorliegenden Beschwerdefall an, so kann der belangten Behörde in Anbetracht der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten und des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie bei ihm die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG nicht als erfüllt angesehen hat. Die dagegen erhobenen Einwände des Beschwerdeführers, daß "diese Übertretungen jedenfalls teilweise längere Zeit zurückliegen und größtenteils nur geringfügiger Natur sind", sind nicht geeignet, eine andere rechtliche Beurteilung herbeizuführen, hat doch der Beschwerdeführer trotz erfolgter Bestrafungen fortdauernd auf verschiedenste Weise, dabei immer wieder gravierend, gegen Rechtsvorschriften verstoßen, ohne daß bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits ein derart langer Zeitraum verstrichen wäre, daß gesagt werden könnte, der Beschwerdeführer habe sein Verhalten den rechtlich geschützten Werten gegenüber grundlegend geändert. Seine persönlichen und familiären Verhältnisse, auf die sich der Beschwerdeführer beruft, fallen demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
ErmessenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993011339.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
17.03.2009