TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/22 93/01/0571

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Veröffentlicht am 22.06.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
WaffG 1986 §17 Abs2;
WaffG 1986 §18;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Stöberl und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des J in A, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 6. Mai 1993, Zl. WA 89/1993, betreffend Versagung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hat mit Eingabe vom 19. Jänner 1993 bei der Bezirkshauptmannschaft Weiz (im folgenden kurz BH genannt) die Ausstellung eines Waffenpasses und einer Waffenbesitzkarte jeweils für 2 Faustfeuerwaffen beantragt. Am 18. August 1993 wurde dem Beschwerdeführer die beantragte Waffenbesitzkarte von der BH ausgefolgt.

Den Bedarf für den Waffenpaß begründete der Beschwerdeführer im wesentlichen damit, daß er stets Bargeld auf Handelsreisen mitnehmen müsse, und zwar eigenes Geld für den Wareneinkauf sowie "Firmengeld durch Kundenzahlungen". Dem Antrag legte der Beschwerdeführer eine "Bestätigung" der J.G. Mischfuttererzeugung Gesellschaft m.b.H. (im folgenden kurz J.G. Ges.m.b.H. genannt) bei, wonach der Beschwerdeführer von diversen Kunden Geldbeträge für Futtermittellieferungen in bar kassiere und diese Beträge bis zur "Ablieferung an die J.G. Ges.m.b.H." bei sich aufbewahre.

Mit Bescheid der BH vom 2. März 1993 wurde der Antrag auf Ausstellung des Waffenpasses für 2 Faustfeuerwaffen gemäß § 17 Abs. 2 iVm § 18 sowie § 34 Waffengesetz 1986, BGBl. Nr. 443 (in der Folge kurz WaffG genannt), abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wurde im wesentlichen ausgeführt, daß die Behörde aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens zum Schluß komme, daß der Beschwerdeführer den Bedarf nicht in ausreichendem Maße habe begründen können, da er keine Geldtransporte, wie z.B. Geldbriefträger, durchführe (nicht ständiges Befahren der gleichen Route zu denselben Personen), die Möglichkeit des bargeldlosen Zahlungsverkehrs bestehe und er im übrigen keinen besonderen Gefahren ausgesetzt sei, die das Ausmaß der für jedermann bestehenden Gefahren erheblich übersteige. Auch die von der Behörde vorgenommene Prüfung einer allfälligen Ermessensentscheidung gemäß § 17 Abs. 2 zweiter Satz WaffG fiel für den Beschwerdeführer negativ aus, da "die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung" des Bezirkes W. verläßlich im Sinne des § 6 WaffG sei und bei entsprechender Ermessensübung der Behörde "über kurz oder lang im Besitz eines Waffenpasses" wäre, was jedoch nicht dem Zweck des Gesetzes entspreche.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer berufen und im wesentlichen auf die "Bestätigung" der Firma J.G. Ges.m.b.H. hingewiesen. Weiters führte er begründend aus, daß er es als Handelsreisender dieser Firma gegenüber nicht verantworten könne, "unbekannten Kunden und Kunden, deren schlechte Zahlungsmoral bekannt sei, Waren ohne Barzahlung zu übergeben". Auch die von der Behörde 1. Instanz aufgezeigte Möglichkeit der Abwicklung derartiger Geldtransaktionen im Wege des bargeldlosen Zahlungsverkehrs sei eine "reine Schreibtischentscheidung" ohne Berücksichtigung des "Bekanntseins der Schwierigkeiten der Geldeinbringlichmachung bei Kaufgeschäften". Die Höhe bezifferte der Beschwerdeführer als "meist um die S 200.000,--". Diese Beträge seien entweder Firmengeld oder "Bargeldmitfuhr auf den Handelsreisen" und eigenes Geld, da der Beschwerdeführer, wie sich aus dem Gewerbeschein vom 6. Oktober 1982 ergebe, zum Gewerbe des Handels gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO 1973 befugt sei. Schließlich bekämpfte der Beschwerdeführer den erstinstanzlichen Bescheid wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Stelle die Behörde 1. Instanz fest, daß für einen Bedarfsnachweis keine ausreichenden Gründe vorhanden seien, so sei diese Entscheidung verfehlt, insbesondere im Hinblick auf § 18 WaffG, der einen Bedarf i.S. des § 17 Abs. 2 l. c. dann als gegeben erachte, wenn eine Person glaubhaft mache, daß sie außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder ihren eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt sei, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne. Da sich beim Beschwerdeführer der Transport größerer Geldbeträge nicht vermeiden lasse, sei "der Bedarfsnachweis wohl auf jeden Fall ausreichend gegeben".

Mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 6. Mai 1993 wurde die Berufung abgewiesen.

Zur Begründung wurde im Berufungsbescheid im wesentlichen ausgeführt, daß es Aufgabe des Beschwerdeführers gewesen wäre, schon im Verwaltungsverfahren konkret und in substanzieller Weise im einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableite, daß diese Gefahr für ihn gleichsam zwangsweise erwachse und daß es sich hiebei um eine solche qualifizierte Gefahr handle, der am zweckmäßigsten durch Gebrauch einer (zweier) Faustfeuerwaffe(n) entgegengetreten werden könne. Im Verwaltungsverfahren habe der Beschwerdeführer lediglich behauptet, auf Handlungsreisen verschiedenes Bargeld mitzuführen. Die vorgelegte Bestätigung lasse nur erkennen, daß der Beschwerdeführer von diversen Kunden Geldbeträge für Futtermittellieferungen in bar kassiere und diese Beträge bis zur Ablieferung bei der "Firma G."

(offenbar gemeint die J. G. Ges.m.b.H.) bei sich aufbewahre. In der Berufungsschrift sei ein Betrag von "meist um die S 200.000,--" genannt worden. Damit werde nicht in hinreichender Weise konkret aufgezeigt, inwieweit der Transport - wenn auch von größeren Geldbeträgen - zur Tageszeit bzw. die Entgegennahme von Kaufsummen, an auch abgelegenen Orten, in den Abendstunden für den Beschwerdeführer bei den gegebenen Sicherheitsverhältnissen, eine akute, über das für jedermann bestehende Zufallsrisiko hinausgehende Gefahr bedeuten solle, noch dargetan, daß diese Gefahr eine solche sei, daß ihr am zweckmäßigsten nur durch den Gebrauch einer Faustfeuerwaffe begegnet werden könnte. Weiters habe der Beschwerdeführer nicht überzeugend darzulegen vermocht, daß das von ihm behauptete Risiko nicht etwa durch die von der Behörde 1. Instanz angeführten Maßnahmen (bargeldloser Zahlungsverkehr) verringert werden könne. Auch könne die Berufungsbehörde nicht dem Argument folgen, daß der Beschwerdeführer es angesichts der schlechten Zahlungsmoral nicht verantworten könne, unbekannten Kunden und Kunden, deren schlechte Zahlungsmoral bekannt sei, Waren ohne Bezahung übergeben; daran ändere auch der Hinweis auf den Gewerbeschein des Beschwerdeführers für das Gewerbe des Handels nichts. Schließlich wird noch von der belangten Behörde auf die Interessensabwägung bei der Ermessensprüfung gemäß § 17 Abs. 2 zweiter Satz WaffG sowie auf die damit verbundene Frage der Ergreifung zumutbarer, den Beschwerdeführer belastender Maßnahmen zur Verringerung der angenommenen Gefahr verwiesen und aus diesem Titel gleichfalls die Ausstellung eines Waffenpasses abgelehnt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich nach dem Beschwerdevorbringen in seinem Recht auf Ausstellung eines Waffenpasses verletzt. Ergänzend verweist er auf die zwischenzeitig durch die "Jugoslawien-Krise" verursachte geringere Sicherheit in Österreich, wodurch in seinem Fall das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen von Faustfeuerwaffen - insbesondere bei Geldtransporten "um die S 200.000,--" - gegeben sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 17 Abs. 2 erster Satz WaffG hat die Behörde einer verläßlichen Person, die das 21. Lebensjahr vollendet hat, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und einen Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen nachweist, einen Waffenpaß auszustellen. Die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verläßliche Personen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, liegt im Ermessen der Behörde; ebenso die Ausstellung an Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, soweit diese den Nachweis des beruflichen Bedarfes erbringen. Gemäß § 18 leg. cit. ist ein Bedarf im Sinne des § 17 Abs. 2 leg. cit. insbesondere als gegeben anzunehmen, wenn eine Person glaubhaft macht, daß sie außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder ihrer eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann.

Dieser Umschreibung des Bedarfsbegriffes ist, worauf der Verwaltungsgerichtshof schon in einer Vielzahl von Erkenntnissen hingewiesen hat, zu entnehmen, daß vom Vorliegen besonderer Gefahren nur gesprochen werden kann, wenn diese Gefahren das Ausmaß der für jedermann bestehenden Gefahren erheblich übersteigen. Daraus folgt, daß für die Annahme eines Bedarfes zum Führen von Faustfeuerwaffen als Voraussetzung für das Entstehen eines Anspruches auf Ausstellung eines Waffenpasses ebenfalls das Vorliegen einer Gefahrenlage gefordert werden muß, die für den Anspruchswerber gleichsam zwangsläufig und von ihm unbeeinflußbar besteht und sich deutlich von dem Sicherheitsrisiko abhebt, dem jedermann, namentlich außerhalb seines Wohn- oder Betriebsbereiches oder seiner eingefriedeten Liegenschaften, ausgesetzt ist. Zudem kann kraft Gesetzes von einem den Anspruch auf die Ausstellung eines Waffenpasses begründenden Bedarf nur die Rede sein, wenn die behauptete Gefahr eine solche ist, daß ihr unter Berücksichtigung aller im Einzelfall maßgebenden Umstände am zweckmäßigsten nur mit dem Einsatz von Faustfeuerwaffen wirksam begegnet werden kann (vgl. dazu z.B. die hg. Erkenntnisse vom 7. Mai 1986, Zl. 84/01/0182, vom 4. April 1990, Zl. 89/01/0394, und die dort zitierte Judikatur).

Davon ausgehend ist es unbeschadet des im Bereich des Verwaltungsrechtes allgemein geltenden Grundsatzes der Amtswegigkeit allein Sache des Waffenpaßwerbers, das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen von Faustfeuerwaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 18 des Gesetzes die dort geforderte besondere Gefahrenlage glaubhaft zu machen. Somit wäre es Aufgabe des Beschwerdeführers gewesen, schon im Verwaltungsverfahren konkret und in substantieller Weise im einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableitet, daß diese Gefahr gleichsam zwangsläufig erwächst und daß es sich hiebei um eine solche qualifizierte Gefahr handelt, der am zweckmäßigsten durch den Gebrauch einer Faustfeuerwaffe wirksam entgegengetreten werden kann.

Diesem Erfordernis ist der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht nachgekommen. Er behauptete lediglich, daß er auf seinen Handelsreisen verschiedene Geldbeträge mit sich führen müsse, worunter sich inbesondere in bar kassierte Geldbeträge für Futtermittellieferungen befänden, deren Höhe im Berufungsverfahren mit "meist um die

S 200.000,--" umschrieben wird, ohne daß der Beschwerdeführer diesbezügliche Nachweise - abgesehen von einer allgemein gehaltenen Bestätigung der J. G. Ges.m.b.H. über die Inkassotätigkeit des Beschwerdeführers für dieses Unternehmen - gegenüber der Behörde vorgelegt hätte. Die kassierten Beträge für Futtermittellieferungen bewahre er bis zu ihrer Ablieferung bei der J. G. Ges.m.b.H. bei sich auf. Angesichts der schlechten Zahlungsmoral könne er es auch nicht verantworten, unbekannten Kunden und Kunden, deren Zahlungsmoral schlecht sei, Waren ohne Barzahlung zu übergeben.

Mit diesem Vorbringen hat der Beschwerdeführer nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes weder in hinreichender Weise konkret aufgezeigt, inwieweit für ihn durch das Inkasso und die Mitnahme von Geldbeträgen bei den gegebenen Sicherheitsverhältnissen eine akute, über das Zufallsrisiko hinausgehende Gefahr gegeben sei und daß diese Gefahr solcherart sei, daß ihr am zweckmäßigsten nur durch den Gebrauch einer Faustfeuerwaffe wirksam begegnet werden könne.

Die erst in der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof vorgebrachten Argumente, daß "seit Beginn der Jugoslawien-Krise" die Sicherheit auf Österreichs Straßen wesentlich geringer geworden sei und es daher für den Beschwerdeführer unzumutbar sei und auch von ihm nicht verantwortet werden könne, fremdes und auch eigenes Geld "in Höhe von ca. S 200.000,-- gefahrlos für das Geld und für die Sicherheit" des Beschwerdeführers im PKW unbewaffnet zu transportieren, können als Neuerungen i.S. des § 41 VwGG vom Verwaltungsgerichtshof nicht aufgegriffen werden. In diesem Zusammenhang ist jedoch anzumerken, daß sich bereits die Behörde 1. Instanz anläßlich der Ermessensprüfung gemäß § 17 Abs. 2 zweiter Satz WaffG auch mit der Frage der Sicherheit im Bezirk Weiz auseinandergesetzt hat und auf die gegebene Verläßlichkeit der "überwältigenden Mehrheit" der dortigen Bevölkerung hinwies. Dem ist jedoch der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht entgegengetreten.

Da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Umstand, daß höhere Bargeldbeträge transportiert werden, für sich allein noch keinen Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen begründet, vermag der Gerichtshof bei der im Beschwerdefall gegebenen, im wesentlichen unbestrittenen Sachlage keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit zu erkennen, wenn die belangte Behörde auf Grund der eigenen Angaben des Beschwerdeführers das Fehlen eines besonderen und nur durch den Einsatz von Faustfeuerwaffen wirksam zu bekämpfenden Sicherheitsrisikos angenommen und demgemäß die Bedarfsfrage im Sinne des § 17 WaffG verneint hat.

Wenn die belangte Behörde sich nicht bestimmt gesehen hat, von dem ihr in § 17 Abs. 2 zweiter Satz WaffG eingeräumten Ermessen zugunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen, so liegt hierin nach der gegebenen Sach- und Rechtslage weder eine Ermessensüberschreitung noch ein Ermessensmißbrauch.

Damit aber erweist sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 und 48 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtBegründungspflicht Manuduktionspflicht Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993010571.X00

Im RIS seit

25.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

18.03.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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