TE Vfgh Beschluss 1992/2/24 B29/92

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.02.1992
beobachten
merken

Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Allg
B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelb

Leitsatz

Zurückweisung einer Beschwerde wegen Anhaltung durch Justizwacheorgane mangels Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes. Die zur Durchführung einer Enthaftung erfolgte (weitere) Anhaltung ist für die Dauer des erforderlichen (angemessenen) Zeitraumes dem Gericht und nicht der Verwaltungsbehörde (dh. der Strafvollzugsanstalt) zuzurechnen (vgl. B v 25.09.90, B946/89). Selbst wenn es sich bei der vierstündigen Anhaltung um die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt handeln sollte, fehlt es dem Verfassungsgerichtshof seit dem Inkrafttreten der B-VG-Novelle 1988 an der Zuständigkeit zur Entscheidung über Beschwerden gegen derartige Verwaltungsakte.

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Der Beschwerdeführer begehrt in seiner auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof - hg. eingelangt am 13. Jänner 1992 - die kostenpflichtige Feststellung, er sei als bereits gerichtlich enthafteter Beschuldigter durch seine nachfolgende, am 5. Dezember 1991 von ca. 10.45 bis ca.

14.45 Uhr erfolgte Anhaltung durch Justizwacheorgane in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit (Art8 StGG) verletzt worden.

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits mehrmals ausgesprochen (vgl. VfSlg. 10982/1986, 11118/1986 und VfGH vom 25.9.1990, B946/89), daß auch die zur Durchführung der Enthaftung erfolgte (weitere) Anhaltung für die Dauer des erforderlichen (angemessenen) Zeitraumes dem Gericht und nicht der Verwaltungsbehörde (dh. der Strafvollzugsanstalt) zuzurechnen ist. Eine gegen eine derartige Anhaltung erhobene Beschwerde richtet sich somit gegen einen Gerichtsakt und ist - da weder Art144 B-VG noch eine andere Rechtsvorschrift dem Verfassungsgerichtshof die Befugnis einräumt, über Akte der Gerichtsbarkeit zu erkennen - zurückzuweisen.

Es erübrigt sich aber auch, der Frage nachzugehen, ob eine vierstündige Anhaltung als (noch) angemessen zu bezeichnen ist. Denn selbst wenn es sich bei der Anhaltung um die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt handeln sollte, räumt weder Art144 B-VG idF des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 (Bundes-Verfassungsgesetz-Novelle 1988), BGBl. Nr. 685/1988, noch eine andere Rechtsvorschrift dem Verfassungsgerichtshof die Befugnis ein, über Beschwerden gegen derartige Verwaltungsakte zu erkennen: ArtI Z38 der B-VG-Novelle 1988, BGBl. Nr. 685, durch den Art144 Abs1 B-VG geändert wurde, trat gemäß ArtX Abs1 Z1 mit 1. Jänner 1991 in Kraft. Seit diesem Zeitpunkt fehlt es dem Verfassungsgerichtshof an der Zuständigkeit zur Entscheidung über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (sa. Art129a B-VG).

2.2. Die Beschwerde war daher wegen Unzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen.

2.3. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung ergehen.

Schlagworte

Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, VfGH / Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:B29.1992

Dokumentnummer

JFT_10079776_92B00029_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten