TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/23 94/18/0179

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Veröffentlicht am 23.06.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §64 Abs2;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §27 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des M in Ägypten, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 15. Oktober 1993, Zl. SD 489/93, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer, einen ägyptischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 und 2 FrG ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen. Ferner wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den von der erstinstanzlichen Behörde gemäß § 64 Abs. 2 AVG verfügten Ausschluß der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gegen das erstinstanzliche Aufenthaltsverbot nicht Folge gegeben. In der Begründung stellte die belangte Behörde folgenden Sachverhalt fest:

"Der Berufungswerber ist am 12.12.1989 als Tourist mit einem noch zwei Wochen gültigen Sichtvermerk eingereist. Er verließ Österreich nicht fristgemäß, sondern blieb illegal in Österreich. Im Februar 1990 trat er erstmals in Erscheinung, als er bei einem Ladendiebstahl betreten wurde. Ende November 1990 stellte er einen Sichtvermerksantrag und wurde wegen illegalen Aufenthaltes in der Dauer von 11 Monaten mit ÖS 3.000,-- bestraft. Dennoch wurde ihm Ende Jänner 1991 ein, allerdings entgegen seinem Antrag nur kurz, d.h. für die Dauer von zwei Monaten bis Ende März 1991, befristeter Sichtvermerk erteilt. Erst zwei Tage vor Ablauf dieser Frist stellte er einen neuen Sichtvermerksantrag, tags darauf wurde er wiederum bei einem Ladendiebstahl betreten. Bei einer in diesem Zusammenhang erfolgten Vernehmung stellte sich heraus, daß er, der als Tourist mit einem kurzfristig und nur im Zusammenhang mit einem Rückflugticket gültig gewesenen Sichtvermerk nach Österreich eingereist war, von vornherein die Absicht gehabt hatte, nicht zurückzukehren und hier Arbeit zu suchen. Es stellte sich auch heraus, daß er schon zwei Wochen vor dem Sichtvermerksantrag die Unterkunft gewechselt, sich aber an der neuen Unterkunft noch nicht angemeldet und im Sichtvermerksantrag die unrichtige Unterkunft angegeben hatte. Ebenso stellte sich bei dieser Vernehmung heraus, daß er bei der Firma X als Prospektverteiler beschäftigt war, wogegen er im Sichtvermerksantrag eine Bestätigung der Firma D vorgelegt hatte. Dennoch erhielt er kurz danach einen bis Ende September 1991 gültigen Sichtvermerk, da offenbar diese Umstände der Fremdenpolizei noch nicht bekannt waren. Am letzten Tag dieser Frist stellte er dann neuerlich einen Sichtvermerksantrag, durfte aber weder mit einer Erledigung noch am selben Tag bzw. überhaupt nicht mit einer positiven Erledigung rechnen. Am 21.07.1992 (nicht 1993) wurde der Sichtvermerksantrag, aus welchem Grunde immer, zurückgezogen. Am 11.03.1993 wurde der Berufungswerber wegen illegalen Aufenthaltes mit ÖS 1.500,-- und am 28.06.1993 wiederum wegen illegalen Aufenthaltes mit ÖS 2.000,-- bestraft. Am 19.08.1993 wurde er schließlich wegen illegalen Aufenthaltes und Übertretung des Meldegesetzes festgenommen. Bei der Vernehmung stellte sich heraus, daß er seinerzeit zwar 1 1/2 Jahre für die Firma X gearbeitet hatte, dann aber nur mehr einer illegalen Beschäftigung uzw. als Verkäufer und zuletzt als Barmann in einer Pizzaria - er hatte also offenbar auch in seinem Sichtvermerksantrag vom 01.10.1991, der später zurückgezogen wurde, unrichtige Angaben über seine Beschäftigung gemacht, um sich einen Sichtvermerk zu verschaffen - nachgegangen war, daß er seit vier Monaten als U-Boot unangemeldet wohnte, um nicht entdeckt zu werden und daß er tags zuvor (am 18.08.1993) eine österreichische Staatsbürgerin, die er seinen eigenen Angaben zufolge im November 1992 kennengelernt hatte, geheiratet hatte."

Ferner ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer am 5. Juni 1991 "wegen §§ 15, 127 StGB", am 14. August 1991 "wegen § 83/1 StGB" und am 27. Jänner 1992 "wegen §§ 15, 141 StGB" rechtskräftig verurteilt worden sei.

Aufgrund dieses Sachverhaltes erachtete die belangte Behörde die Tatbestände nach § 18 Abs. 2 Z. 1 und 2 FrG erfüllt, die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt und das Aufenthaltsverbot im Grunde des § 19 leg. cit. dringend geboten. Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 leg. cit. kam die belangte Behörde zu dem Ergebnis, daß die Interessen des Beschwerdeführers keineswegs die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes überwögen. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (einer Berufung gegen das erstinstanzliche Aufenthaltsverbot) sei von der erstinstanzlichen Behörde zu Recht verfügt worden, weil die Beendigung des langzeitigen illegalen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Interesse des öffentlichen Wohls dringend geboten gewesen sei.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene, mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 28. Februar 1994, B 2038/93, abgelehnte und gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetretene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die - zutreffende - Auffassung der belangten Behörde, daß aufgrund der festgestellten bestimmten Tatsachen die im § 18 Abs. 1 (Z. 1) FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, sondern macht die Unzulässigkeit des Aufenthaltsverbotes im Grunde der §§ 19 und 20 Abs. 1 FrG sowie des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung gemäß § 64 Abs. 2 AVG geltend. Mit seinem diesbezüglichen Vorbringen vermag er jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen:

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann von einer gesetzwidrigen Anwendung des § 19 FrG im Beschwerdefall keine Rede sein. Das Aufenthaltsverbot ist vielmehr aufgrund der zahlreichen Verstöße des Beschwerdeführers gegen fremdenrechtliche Bestimmungen sowie seiner rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilungen zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen, nämlich zum Schutz der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, dringend geboten.

Diesen öffentlichen Interessen kommt ein hoher Stellenwert zu. Demgegenüber treten die gegenläufigen privaten Interessen des Beschwerdeführers, denen der zum weitaus überwiegenden Teil unrechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet und die kurz vor der Erlassung des Aufenthaltsverbots erfolgte Verehelichung mit einer österreichischen Staatsangehörigen kein erhebliches Gewicht verleihen können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Mai 1994, Zl. 94/18/0173), zurück, sodaß auch gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung keine Bedenken bestehen. Zu der vom Beschwerdeführer vermißten Vernehmung seiner Gattin über die Beziehungen zu ihr sowie die beiderseitige Integration hatte die belangte Behörde bei den vorliegenden Gegebenheiten keine Veranlassung.

Angesichts der durch das Verhalten des Beschwerdeführers bewirkten gravierenden Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen insbesondere an einem geordneten Fremdenwesen ist auch die Annahme berechtigt, daß die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers im Interesse der öffentlichen Ordnung erforderlich ist. In einem solchen Fall muß, schon um Wertungswidersprüche zu der zufolge des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet im Beschwerdefall nicht anwendbaren Bestimmung des § 27 Abs. 4 FrG zu vermeiden, der Ausschluß der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gegen das Aufenthaltsverbot auch gemäß § 64 Abs. 2 AVG im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzug für zulässig erachtet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. März 1994, Zl. 94/18/0061).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994180179.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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