TE Vfgh Beschluss 1992/2/24 B1403/91

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.02.1992
beobachten
merken

Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art87 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Allg

Leitsatz

Zurückweisung einer Eingabe gegen eine einen Richterwechsel in einem Strafverfahren bewirkende Verfügung des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg mangels Zuständigkeit des VfGH

Spruch

Die Eingabe wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1. Mit Eingabe vom 12. Dezember 1991 beantragte der Einschreiter "gemäß Art139 Abs1 B-VG", der Verfassungsgerichtshof wolle von Amts wegen erkennen, daß der "Präsident des Landesgerichtes Salzburg im Einklang mit §1 StPO, Art83 Abs2 und Art87 Abs3 B-VG, den Strafakt an das sachlich, sowie gemäß der Geschäftsverteilung von 1986 zuständige Gericht, unter dem Vorsitz des Ri.d.LG Salzburg, Herrn Mag. P S, zur Fortführung der am 28.07.1988 vertagten Hauptverhandlung zurückzuleiten und die Kosten des Verfahrens zu tragen" habe.

1.2. Er begründete seinen Antrag im wesentlichen damit, daß ohne gesetzliche Grundlage dem "Vorsitzenden des Schöffensenates der Akt entzogen und dem derzeit in der Sache agierenden Richter, Herrn Mag. D zugespielt (worden sei), um dadurch die Rechtsprechung offenbar zu beeinflussen." Durch diese willkürliche Vorgangsweise fühle er sich in seinem, durch die Bundesverfassung gesicherten Recht, daß niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden dürfe, verletzt (Art83 Abs2 B-VG).

Des weiteren stützt sich der Einschreiter auf Art87 Abs3 B-VG, wonach die Geschäfte unter die Richter des Gerichtes im voraus zu verteilen sind und eine nach dieser Einteilung einem Richter zufallende Sache ihm nur im Falle seiner eigenen Behinderung abgenommen werden dürfe. Die Erstellung einer neuen Geschäftsverteilung dürfe in keinem Fall dazu führen, daß bereits zugeteilte Sachen dem durch die bisherige Geschäftsverteilung "zuständigen Gericht abgenommen" würden, um sie einem anderen, allenfalls in den Augen des Präsidiums geeigneteren Richter zuzuspielen. Der Umstand, daß dem zuständigen Richter eine arbeitsaufwendigere Tätigkeit zugeteilt worden sei und er mit der Fortführung und Beendigung seiner ordnungsgemäß zugeteilten "alten Fälle" somit überlastet wäre, erfülle diese Bedingungen bezüglich seiner "Behinderung" nicht; ebenso nicht eine zeitlich begrenzte Krankheit oder Urlaub.

Da der damalige Vorsitzende des Schöffensenates Mag. S weiterhin als Richter des Landesgerichtes sein "verantwortungsvolles Amt ausübt, sich in bester geistiger und körperlicher Verfassung befindet", bestand und bestehe kein gesetzlich gedeckter Anlaß, den gerügten Richterwechsel durchzuführen. Es wäre sonst ein Leichtes für das Präsidium, jeweils Fälle durch Abänderung der Geschäftsordnung, Zuteilung weiterer Geschäfte und andere Agitation, dem jeweils "passenden" Richter zuzuspielen. Eine Neuverteilung der Geschäftsordnung bewirke auch in der Praxis keinen Richterwechsel in bereits anhängigen Verfahren. Es ergebe sich, abgesehen von der Verletzung des B-VG, ein unnötiger Mehraufwand an neu durchzuführenden Verfahren; das Chaos an den überlasteten Gerichten wäre grenzenlos.

Als Person, die unmittelbar durch die Gesetzwidrigkeit des Richterwechsels in ihrem Recht verletzt worden sei, stelle er diesen Antrag.

Des weiteren legt der Einschreiter die von ihm behaupteten erheblichen Nachteile dar.

2. Die Eingabe ist nicht zulässig.

Sollte das Vorbringen des Einschreiters so zu verstehen sein, daß er sich gegen eine Änderung der Geschäftsverteilung wendet oder gegen eine in Anwendung der Geschäftsverteilung ergangene Verfügung, so ist er auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes hinzuweisen (vgl. zB VfSlg. 2422/1952, 5426/1966, VfGH vom 30.9.1977, B154/77 und vom 11.6.1988, V16,17/88), wonach die Beschlüsse von Personalsenaten der Gerichte über die Festsetzung der Geschäftsverteilung zwar Justizverwaltungsangelegenheiten betreffen, sich aber gleichwohl die Richter der Personalsenate bei Festlegung der Geschäftsverteilung gemäß Art87 Abs2 B-VG "in Ausübung ihres richterlichen Amtes" befänden. Solche Beschlüsse eines Personalsenates wie auch die in ihrer Durchführung ergehenden Verfügungen sind somit Akte der Gerichtsbarkeit, die nur mit den Mitteln der gerichtlichen Prozeßordnungen bekämpft werden könnten.

Der Verfassungsgerichtshof ist aber zur Entscheidung über Beschwerden gegen Gerichtsakte nicht zuständig.

Sollte das Vorbringen der Eingabe aber gegen eine Maßnahme des Präsidenten des Landesgerichtes für Salzburg gerichtet sein, die sich nicht aus einer Anwendung der Geschäftsverteilung herleitet, und damit eine Verfügung bekämpft werden, die der Justizverwaltung zuzurechnen wäre, stünde einer Beschwerdeführung die Nichtausschöpfung des Instanzenzuges entgegen.

Die Eingabe war daher wegen Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen.

Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden, da die Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes offenbar ist.

Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, auf den (nachträglich gestellten) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einzugehen.

Schlagworte

VfGH / Zuständigkeit, Gericht, Justizverwaltung-Gerichtsbarkeit, Geschäftsverteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:B1403.1991

Dokumentnummer

JFT_10079776_91B01403_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten