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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §1297;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des B, derzeit im Polizeigefangenenhaus Salzburg, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der SDion für das Bundesland Salzburg vom 18. April 1994, Zl. Fr 5453/94, betreffend Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Stellung eines Antrages gemäß § 54 Abs. 1 FrG, Zurückweisung eines Antrages gemäß § 54 Abs. 1 FrG; Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Berufung gegen ein Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 30. März 1994 war (u.a.) der Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen der ehemaligen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien, vom 8. März 1994 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Antragstellung nach § 54 Abs. 2 Fremdengesetz-FrG abgewiesen und der gleichfalls am 8. März 1994 gestellte Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Jugoslawien, Ungarn und Slowenien i.S. des § 37 Abs. 1 und 2 FrG zurückgewiesen worden.
Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 18. April 1994 hinsichtlich des Wiedereinsetzungsantrages abgewiesen, hinsichtlich des Feststellungsantrages zurückgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid "vollinhaltlich bestätigt".
2. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 1. April 1994 war (u.a.) der Antrag des Beschwerdeführers vom 16. März 1994 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Berufung gegen das Aufenthaltsverbot vom 3. Jänner 1994 zurückgewiesen worden.
Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem vorgenannten Bescheid der belangten Behörde zurückgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid auch insoweit "vollinhaltlich bestätigt".
3. In der gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 18. April 1994 gerichteten Beschwerde wird - soweit sie sich an den Verwaltungsgerichtshof wendet - Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht, wobei sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Feststellung, daß seine Abschiebung nach Jugoslawien, Slowenien und Ungarn gemäß § 37 Abs. 1 und 2 FrG unzulässig sei, sowie in seinem Recht, daß den unter 1. und 2. genannten Wiedereinsetzungsanträgen stattgegeben werde, verletzt erachtet (Beschwerdepunkte).
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Vorweg ist festzuhalten, daß sich der vorliegende Beschwerdeschriftsatz sowohl an den Verwaltungsgerichtshof als auch an den Verfassungsgerichtshof wendet, wobei die Beschwerdepunkte und die Beschwerdegründe jeweils getrennt ausgeführt sind und damit klar erkennbar ist, an welchen der beiden Gerichtshöfe welches Vorbringen gerichtet ist. Im folgenden wird ausschließlich auf das Vorbringen an den Verwaltungsgerichtshof eingegangen.
2.1. Gemäß § 54 Abs. 2 FrG kann der Antrag eines Fremden auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat nur während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes eingebracht werden.
2.2. Durch die gesetzlich festgelegte zeitliche Einschränkung dahin, daß ein Antrag nach § 54 Abs. 2 FrG "nur während des Verfahrens ... eingebracht werden (kann)", wird keine verfahrensrechtliche Frist normiert. Denn solche Fristen sind von vornherein nach Zeitmaßen bestimmte Zeiträume (vgl. § 32 AVG) - was für die im Beschwerdefall relevante Umschreibung "nur während des Verfahrens" gerade nicht zutrifft.
Da somit durch § 54 Abs. 2 FrG keine verfahrensrechtliche Frist eingeräumt wird, fehlt es vorliegend an der gemäß § 71 Abs. 1 AVG wesentlichen Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Wiedereinsetzungsantrages, nämlich der Versäumung einer Frist.
2.3. Wenngleich demnach der wegen "Versäumung der Frist" zur Antragstellung nach § 54 Abs. 2 FrG gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückzuweisen gewesen wäre, bewirkte die im Instanzenzug ausgesprochene Abweisung dieses Antrages keine Verletzung des Beschwerdeführers in dem von ihm bezeichneten Recht auf Stattgebung dieses Wiedereinsetzungsantrages.
3. Da der Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Jugoslawien, Ungarn und Slowenien vom 8. März 1994 unbestritten erst nach Eintritt der Rechtskraft des das Aufenthaltsverbot verhängenden Bescheides der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 3. Jänner 1994 gestellt wurde, war dieser Antrag zurückzuweisen. Daß die belangte Behörde die gegen den das besagte Feststellungsbegehren zurückweisenden erstinstanzlichen Bescheid erhobene Berufung zurückwies statt abwies, schadet im Ergebnis deshalb nicht, weil im angefochtenen Bescheid spruchgemäß zugleich die Zurückweisung des Antrages durch die Erstbehörde "vollinhaltlich bestätigt" wurde - womit sich die "Zurückweisung" der Berufung lediglich als ein Vergreifen im Ausdruck darstellt.
4.1. Der Beschwerdeführer hatte seinen Antrag vom 16. März 1994 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Berufung gegen das über ihn verhängte Aufenthaltsverbot darauf gestützt, daß er aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse und des Fehlens einer Möglichkeit, in der Schubhaft fremde Hilfe in Anspruch zu nehmen, an der Erhebung eines Rechtsmittels gegen den von ihm am 3. Jänner 1994 übernommenen Aufenthaltsverbots-Bescheid gehindert gewesen wäre. Dieses Hindernis wäre frühestens am 4. März 1994, dem Tag, an dem er mit seinem Rechtsvertreter (dem nunmehrigen Beschwerdevertreter) unter Beiziehung eines Dolmetschers ein persönliches Gespräch geführt hätte, weggefallen.
4.2. Die belangte Behörde vertrat demgegenüber übereinstimmend mit der Behörde erster Instanz die Ansicht, daß der Erhebung einer Berufung spätestens seit 21. Februar 1994, dem Tag, an dem der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers in den das Aufenthaltsverbot betreffenden Verwaltungakt Einsicht genommen und damit von der Erlassung des diesbezüglichen Bescheides Kenntnis erlangt habe, kein Hindernis entgegengestanden sei, somit der am 16. März 1994 gestellte Wiedereinsetzungsantrag verspätet eingebracht worden sei.
4.3. In der Beschwerde wird die maßgebliche Tatsachenfeststellung, daß der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 21. Februar 1994 in den die Verhängung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer betreffenden Verwaltungsakt Einsicht genommen habe, nicht in Abrede gestellt. Es wird indes die Ansicht vertreten, daß die "auf der Basis eines idealistischen, humanitären Engagements" übernommene Rechtsvertretung nicht mit einer "normalen Rechtsvertretung" gleichgesetzt werden könne, weshalb auch die Sorgfaltspflichten des Rechtsvertreters nicht gleich hoch angesetzt werden dürften. Es würde eine Überspannung dieser Pflichten darstellen, wollte man von einem Vertreter verlangen, der, wie hier, auf der genannten Basis zehn Fälle gleichzeitig übernommen habe, in jedem einzelnen Fall, "am Anfang schon detailliert Akteneinsicht zu nehmen und sofort innerhalb von 14 Tagen ab erstmaliger Akteneinsicht alle denkbaren und möglichen Rechtsbehelfe, so auch die nunmehr gegenständlichen Wiedereinsetzungsanträge, einzubringen". Auch könne bei einer derartigen Rechtsvertretung eine allfällige Fehlleistung des Rechtsvertreters nicht dem Vertretenen angelastet werden.
4.4. Mit diesem Vorbringen verkennt die Beschwerde die Rechtslage. Für die Frage der Versäumung der im § 71 Abs. 2 AVG vorgesehenen zweiwöchigen Frist zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages - gegen die Versäumung dieser Frist findet keine Wiedereinsetzung statt (§ 71 Abs. 5 leg. cit.) - ist es rechtlich irrelevant, ob die Partei (deren Vertreter) kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens an der Einhaltung der Frist trifft. Entscheidend dafür, ob die Frist des § 71 Abs. 2 AVG versäumt wurde, war im Beschwerdefall allein die Frage, zu welchem Zeitpunkt das die Erhebung einer fristgerechten Berufung hindernde Ereignis weggefallen ist. Die belangte Behörde ging zu Recht davon aus, daß der Wegfall dieses Hindernisses spätestens mit der Einsicht des Vertreters des Beschwerdeführers in den die Erlassung des Aufenthaltsverbotes betreffenden Verwaltungsakt und damit der für den Rechtsvertreter objektiv gegebenen Möglichkeit, innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Wochen ab diesem Zeitpunkt einen Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist zu stellen, anzusetzen sei. Damit aber war der am 16. März 1994 eingebrachte Wiedereinsetzungsantrag zutreffend als verspätet anzusehen.
4.5. Daß die belangte Behörde die Berufung gegen den diesen Wiedereinsetzungsantrag zurückweisenden erstinstanzlichen Bescheid zurückwies anstatt abwies, ist im Ergebnis im Hinblick darauf unschädlich, daß sie im angefochtenen Bescheid zugleich aussprach, die Zurückweisung des Antrages werde "vollinhaltlich bestätigt" (vgl. oben II.3.).
5. Da nach dem Gesagten eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers in dem von ihm behaupteten Umfang (Beschwerdepunkte, vgl. oben I.3.) nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
6. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein gesonderter Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994180282.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
27.02.2009