Index
L34009 Abgabenordnung Wien;Norm
AVG §9;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Kramer sowie die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Raunig, über die Beschwerde der T-Gesellschaft mbH & Co KG in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 23. April 1992, Zl. MD-VfR - F 22/91, betreffend Getränkesteuer samt Nebenansprüchen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem in dieser Abgabenangelegenheit im ersten Rechtsgang ergangenen Erkenntnis vom 23. Mai 1991, Zl. 89/17/0183, hat der Verwaltungsgerichtshof den damals angefochtenen Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 29. Juni 1989 gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. In den Entscheidungsgründen wurde hiezu ausgeführt, die mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte erstinstanzliche Abgabenfestsetzung sei insoweit inhaltlich rechtswidrig, als sie auch den Bemessungszeitraum 1980 betreffe. Eine Durchbrechung des Laufes der Festsetzungsverjährung für diesen Bemessungszeitraum liege nicht vor, sodaß insoweit die Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Die Festsetzung der Getränkesteuer für diesen Zeitraum sei aber nach dem Spruch des erstinstanzlichen, von der belangten Behörde übernommenen Abgabenbescheides untrennbarer Teil einer Abgabenfestsetzung für den gesamten mehrjährigen Streitzeitraum. Dies habe zur Folge, daß der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG - die inhaltliche Rechtswidrigkeit gehe der unter Punkt 2. des Erkenntnisses festgestellten Verletzung von Verfahrensvorschriften vor - zur Gänze aufgehoben werden müsse. Im Punkt 2. des genannten Erkenntnisses hatte der Verwaltungsgerichtshof zur Höhe der festgesetzten Getränkesteuer ausgesprochen, daß die belangte Behörde sich mit dem im Vorlageantrag erhobenen Vorbringen, die im erstinstanzlichen Bescheid "angeführten Ziffern der
1. Zwischensumme" seien unrichtig, unter Verletzung der amtlichen Ermittlungspflicht weder im Berufungsverfahren noch im angefochtenen Bescheid auseinandergesetzt habe. Dies stelle einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, weil nicht auszuschließen sei, daß bei Vermeidung dieses Fehlers ein im Spruch anderslautender Bescheid hätte erlassen werden können.
Im Punkt 1. der Entscheidungsgründe des Vorerkenntnisses hatte sich der Verwaltungsgerichtshof mit dem "Ort der Getränkeabgabe" auseinandergesetzt und ist - hinsichtlich der näheren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen (§ 43 Abs. 2 VwGG) - zu dem Ergebnis gekommen, das Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe zu Unrecht angenommen, daß die Beschwerdeführerin Getränke an ihre Kunden in Wien abgegeben habe, - ohne Rücksicht darauf, ob der von der belangten Behörde herangezogene Mißbrauchstatbestand erfüllt sei oder nicht -, sei unbegründet. Unter anderem wurde in diesen Entscheidungsgründen auch bemerkt:
"Die Beschwerdeführerin behauptet auch in ihrer Beschwerde weder, daß sie ihren Kunden gegenüber ALS BEVOLLMÄCHTIGTE der GesmbH aufgetreten sei, noch auch, daß sie ihre Kunden auf den von diesen nicht zu erwartenden Umstand aufmerksam gemacht habe, die letzte Durchschrift des Bestellformulars weise einen von der ersten Seite des Formulars abweichenden Inhalt auf."
Die Beschwerdeführerin vertrat in ihrer auf Vorhalt ergangenen Stellungnahme vom 25. November 1991 folgende Ansicht:
"Hinsichtlich der Feststellungen betreffend der Z GesmbH erscheint eine Einbeziehung der Getränkesteuer nicht möglich, da dieses Unternehmen ein reines Dienstleistungsunternehmen ist und den Kunden bekanntgegeben wird, daß die Z GesmbH eine Cooperation mit der Firma T hatte und zwar bereits bei Auftragserteilung. Die Firma Z ist lediglich der Transporteur, der die Ware aus Frankreich abholt und den Kunden zuschickt. Des weiteren wird bekanntgegeben, daß die T-GesmbH & Co KG liquidiert wurde. ..."
Gegen die ziffernmäßige Richtigkeit der Bemessungsgrundlagen erhob die Beschwerdeführerin keine Einwendungen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der erstinstanzliche Bescheid vom 14. Oktober 1986 dahin abgeändert, daß die Vorschreibung der Getränkesteuer auf die Zeiträume 1981 bis 1985 sowie auf den Betrag von S 352.788,-- eingeschränkt und der Säumniszuschlag auf S 7.056,-- herabgesetzt wurde. Weiters entfiel die Vorschreibung des Verspätungszuschlages von S 48.664,--; im übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde nach wörtlicher Wiedergabe der Entscheidungsgründe des Vorerkenntnisses aus, es stehe auf Grund der sowohl die Abgabenbehörde als auch die Beschwerdeführerin bindenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes fest, daß die gegenständlichen Getränkelieferungen an Letztverbraucher in Wien für die Jahre 1981 bis 1985 der Getränkesteuerpflicht unterlägen und lediglich deren ziffernmäßiger Umfang strittig sei. Dem Beschwerdevertreter seien die Ergebnisse des ergänzten Ermittlungsverfahrens vorgehalten worden. Konkrete Behauptungen, daß die getroffenen Feststellungen ziffernmäßig unrichtig wären, seien im Schriftsatz vom 25. November 1991 nicht aufgestellt worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Als Beschwerdepunkte werden angeführt:
"Die Rechtswürdigkeit" (richtig wohl: Rechtswidrigkeit) "des Inhaltes wird darin erblickt, daß die Behörde aufgrund des Erhebungsergebnisses davon ausgeht, daß sehr wohl Letztverbraucher darauf hingewiesen wurden, auf die gesonderte Beauftragung (Seite 3 des Berichts vom 7.4.1986) andererseits zur Gänze und bei allen Verrechnungen eine gesonderte Beauftragung der Firma Z ausschließt. Andererseits wird die Verletzung der Verfahrensvorschriften darin gesehen, daß Erhebungsergebnisse in dieser Richtung seitens der Behörde nicht mehr vorgenommen wurden, offensichtlich in Verkennung der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes, daß jedenfalls die Getränkesteuerpflicht besteht. Wenn nämlich auf die getrennte Beauftragung hingewiesen wurde, so ist jedenfalls die Beschwerdeführerin als Bevollmächtigte der GesmbH aufgetreten und hat dies eindeutig nach außen hin dem Auftraggeber zur Kenntnis gebracht, sodaß nicht nur von einer Rechnungsausstellung und Berechnung des vereinbarten Gesamtpreises die Rede war, sondern hinsichtlich einer gesonderten Beauftragung von zwei Unternehmern. Die Behörde hätte hier entsprechende Erhebungen durchführen müssen. Weiters wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes darin erblickt, daß die Beträge von S 561.373,28 und S 428.487,10 ebenfalls der Bemessungsgrundlage zugeordnet wurden. Im übrigen verweisen wir auch darauf, daß in Entsprechung unserer Stellungnahme die T-GesmbH & Co KG liquidiert wurde und das Unternehmen im Handelsregister gelöscht wurde."
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 42 Abs. 3 VwGG tritt die Rechtssache durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hatte. § 63 Abs. 1 VwGG legt der belangten Behörde, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde gemäß Art. 131 B-VG stattgegeben hat, die Pflicht auf, in dem betreffenden Streitfall mit den ihr zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Daher kann der Verwaltungsgerichtshof, wenn eine Bindung an eine bestimmte Rechtsanschauung durch ein aufhebendes Erkenntnis bereits eingetreten ist, unter der Voraussetzung, daß sich seit Erlassung des mit dem vorangegangenen Erkenntnis aufgehobenen Bescheides die Sach- und Rechtslage nicht geändert hat, in dem betreffenden Fall von seiner Rechtsanschauung selbst durch einen verstärkten Senat nicht abgehen (vgl. hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1985, Zl. 85/16/0099).
Wenn die Beschwerdeführerin nunmehr in der Beschwerde einen - im Sachverhalt bereits wiedergegebenen - Hinweis des Vorerkenntnisses aufgreift und hiezu vorbringt, sie sei als Bevollmächtigte der GesmbH aufgetreten und habe dies eindeutig nach außen hin dem Auftraggeber zur Kenntnis gebracht, so verstößt sie gegen das aus § 41 VwGG ableitbare Neuerungsverbot. Die im Verwaltungsverfahren abgegebene Stellungnahme, wonach den Kunden bereits bei Auftragserteilung bekanntgegeben worden sei, daß die Z-GesmbH eine "Cooperation" mit der Beschwerdeführerin habe, beinhaltet diese Beschwerdebehauptung nicht. Auch hat die Beschwerdeführerin im fortgesetzten Verfahren nicht konkret vorgebracht, daß sie ihre Kunden auf den nicht zu erwartenden Umstand aufmerksam gemacht habe, daß die letzte Durchschrift des Bestellformulares einen von der ersten Seite des Formulars abweichenden Inhalt aufweise. Die Beschwerdeführerin hat im fortgesetzten Verfahren keinen neuen Sachverhalt dargetan, so daß sich die belangte Behörde daher, ohne damit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes oder mit einem wesentlichen Verfahrensmangel zu belasten, mit Recht auf die Bindungswirkung des § 63 Abs. 1 VwGG berufen hat. Die nunmehr in der Beschwerde erstmalig vorgebrachten, anderslautenden Behauptungen können daher an der diesbezüglich bereits entschiedenen Sache nichts mehr ändern. Die belangte Behörde hat somit zutreffend auch den Teilbetrag von S 561.373,28 (dieser betrifft die Z-GesmbH) in die Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Getränkesteuer miteinbezogen.
Wenn in der Beschwerde geltend gemacht wird, ein Betrag von S 428.487,10 sei aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden, weil hier Waren an "Wiederverkäufer" geliefert worden seien, dann handelt es sich auch hiebei um erstmals in der Beschwerde aufgestellte - und damit unter das Neuerungsverbot fallende - Behauptungen (§ 41 Abs. 1 VwGG). Sie widersprechen den im Verwaltungsverfahren unwidersprochen gebliebenen Feststellungen des erstinstanzlichen Bescheides, wonach hinsichtlich dieses Betrages "bei einigen in den Aufzeichnungen aufscheinenden angeblichen Wiederverkäufern erhoben" worden sei, "daß diese die Getränke als Letztverbraucher bezogen" hätten. Bezüglich der in der Beschwerde vorgebrachten Lieferung von Getränken an die Firma B-GesmbH hat ein Vertreter dieses Unternehmens niederschriftlich angegeben, daß die gelieferten Waren ausschließlich für Repräsentation und andere unentgeltliche Abgaben verwendet worden seien und ein Verkauf in der Kantine nicht stattgefunden habe. Der Beschwerdebehauptung steht somit die Aktenlage entgegen.
Wenn in der Beschwerde weiters bekanntgegeben wird, die Beschwerdeführerin sei liquidiert und das Unternehmen im "Handelsregister" gelöscht worden, dann ist darauf hinzuweisen, daß die Auflösung einer Personenhandelsgesellschaft und die Löschung ihrer Firma im Handelsregister (Firmenbuch) ihre Parteifähigkeit jedenfalls so lange nicht beeinträchtigen kann, als ihre Rechtsverhältnisse zu Dritten - dazu zählen auch die Abgabengläubiger - noch nicht abgewickelt sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. März 1993, Zl. 91/15/0013, samt angeführter Rechtsprechung und Literaturangaben). Der angefochtene Bescheid sowie das nunmehrige Erkenntnis richten sich somit zu Recht an die im Firmenbuch gelöschte Beschwerdeführerin.
Auf Grund der obigen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
Schlagworte
Rechtsfähigkeit Parteifähigkeit juristische Person Personengesellschaft des HandelsrechtsEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1992170180.X00Im RIS seit
11.07.2001