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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten durch Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Liegenschaftserwerbes wegen Entziehen eines Grundstückes von der landwirtschaftlichen Nutzung ohne wichtigen Grund; Anwendbarkeit des Vlbg GVG; Interessensabwägung; kein gleichzeitiger Verkauf von Ersatzgrundstücken an Landwirte möglichSpruch
Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.a) Die beschwerdeführende Gesellschaft ist ein in Götzis ansässiges Bauunternehmen. Sie hat von den beteiligten Parteien das Grundstück EZ 1994, KG Klaus, erworben und mit Schreiben vom 19. September 1989 die grundverkehrsbehördliche Genehmigung dieses Rechtsgeschäftes beantragt. Sie begründete ihr Ansuchen damit, daß das kaufgegenständliche Grundstück als Bauerwartungsland gewidmet sei und in unmittelbarer Nachbarschaft ein Anschluß an das Gleisnetz der ÖBB gegeben sei. Das Grundstück sei somit ideal zur Errichtung eines Kiesumschlagplatzes.
b) Die Grundverkehrs-Landeskommission hat ihre Zustimmung zum Eigentumsübergang mit Bescheid vom 7. März 1990, Zl. G73/1-1990, unter Berufung auf §5 Abs1 und §6 lita des Vorarlberger Landesgrundverkehrsgesetzes, LGBl. 18/1977, i.d.F. LGBl. 63/1987 (im folgenden kurz: GVG Vbg.), versagt.
2. Der Grundverkehrssenat des Landes Vorarlberg wies die dagegen eingebrachte Berufung mit Bescheid vom 8. Juli 1991 ab.
Ihre Entscheidung begründete die belangte Behörde wie folgt:
"Aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens, insbesondere aufgrund der Besichtigung des Kaufgrundstückes durch den Grundverkehrssenat, ist davon auszugehen, daß es sich um ein landwirtschaftliches Grundstück im Sinne des §1 Grundverkehrsgesetz handelt. Es handelt sich um eine mehrmähdige Wiese, die im Zeitpunkt der Besichtigung teilweise als Acker genutzt wurde. Die Feststellungen des Grundverkehrssenates, dem jedenfalls der Fachmann für Land- und Forstwirtschaft als sachverständiges Mitglied angehört, können durch die bloßen Behauptungen der Berufungswerberin nicht entkräftet werden, zumal sie selbst angegeben hat, daß das Grundstück von einem Landwirt gemäht wird. Daß es als Bauerwartungsland gewidmet ist, hindert seine Qualifikation als landwirtschaftliches Grundstück gemäß §1 Abs1 lit. a und Abs2 Grundverkehrsgesetz nicht, weil diese nach der Beschaffenheit und der Art der tatsächlichen Verwendung des Grundstückes zu beurteilen ist.
Gemäß §5 Abs1 Grundverkehrsgesetz ist ein Rechtserwerb an einem solchen landwirtschaftlichen Grundstück nur zu genehmigen, wenn er dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes und, soweit ein solches nicht in Frage kommt, der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht. Eine Genehmigung ist gemäß §6 GVG daher insbesondere zu versagen, wenn das Grundstück ohne wichtigen Grund der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen würde.
Gemäß §7 Abs1 GVG ist ein Rechtserwerb an einem landwirtschaftlichen Grundstück zu genehmigen, wenn er für industrielle oder gewerbliche Anlagen erfolgt und nicht das Interesse an der Erhaltung der bisherigen Nutzung des Grundstückes offenbar das Interesse an der neuen Verwendung überwiegt. Gemäß §7 Abs3 GVG ist der Erwerb von Grundstücken für gewerbliche oder industrielle Erfordernisse dann zu genehmigen, wenn der Erwerber zugleich Grundstücke, die sich in seinem Besitz befinden, an Landwirte veräußert.
Das Vorbringen der Berufungswerberin zielt offenbar auf die Anwendung der letztgenannten Bestimmung (§7 Abs3 GVG) ab. Die Berufungswerberin ist nach ihren eigenen Angaben nicht Eigentümerin von Grundstücken, welche sie an Landwirte veräußern könnte. Wie sie bei der mündlichen Berufungsverhandlung angegeben hat, hat sie auch nicht den Erwerb solcher Grundstücke in Aussicht. Sie ist nicht in der Lage, zugleich mit dem Erwerb des gegenständlichen Kaufgrundstückes Grundstücke, die sich in ihrem Besitz befinden, an Landwirte zu veräußern. Somit liegen nicht alle Voraussetzungen für die Anwendung des §7 Abs3 GVG vor.
Der Grundverkehrssenat verkennt nicht, daß Kiesumschlagplätze im Lande notwendig sind. Der von der Berufungswerberin angegebene Erwerbszweck dient zweifellos der Errichtung industrieller bzw. gewerblicher Anlagen. Um diesen Zweck zu erfüllen und das vorgelegte Projekt zu verwirklichen, ist jedoch nicht nur der Erwerb des verfahrensgegenständlichen Grundstückes, sondern zusätzlich eine weit größere Grundstücksfläche erforderlich. Eigentümer eines großen Teils dieser zusätzlichen Fläche ist nach den Angaben der Berufungswerberin E L, mit dem die Berufungswerberin noch keine Kaufverhandlungen aufgenommen hat. Nach den - unbestritten gebliebenen - Ausführungen des Gemeindeamtes Klaus ist dieser Landwirt aber gar nicht verkaufswillig. Somit ist davon auszugehen, daß der beabsichtigte Erwerbszweck - nämlich die Realisierung des von der Berufungswerberin vorgelegten Projektes - in absehbarer Zeit nicht in die Tat umgesetzt werden kann. Der Grundverkehrssenat vertritt daher die Ansicht, daß das Interesse an der neuen Verwendung offenbar nicht das Interesse an der Erhaltung der bisherigen landwirtschaftlichen Nutzung des Grundstückes überwiegt.
Weiters ist aufgrund der Angaben der Berufungswerberin nicht davon auszugehen, daß sie das Grundstück selber landwirtschaftlich nutzen bzw. bewirtschaften wird. Der Gedanke der Selbstbewirtschaftung ist jedoch ein tragender Grundsatz des Grundverkehrsrechtes. Der gegenständliche Grunderwerb widerspricht somit überdies dem Interesse an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes".
3.a) Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gerichtete Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes und die Verletzung des Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
b) Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1.a) Dem §1 Abs1 lita GVG Vbg. zufolge ist u.a. die Übertragung des Eigentums an einem ganz oder teilweise dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gewidmeten Grundstück nur mit Zustimmung der Grundverkehrsbehörde zulässig.
Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 9063/1981, 7838/1976) ist ein landwirtschaftliches Grundstück iS der Grundverkehrsgesetze ein solches, auf dem gegenwärtig Landwirtschaft auf eine für einen Landwirt signifikante Weise betrieben wird, wobei es gleichgültig ist, aufgrund welchen Rechtstitels das Grundstück derart genutzt wird (§1 Abs2 GVG Vbg.).
Hier hat die belangte Behörde in einem verfassungsrechtlich unbedenklichen Ermittlungsverfahren festgestellt, daß das Kaufgrundstück zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages zumindest teilweise als Acker genützt wurde. Eine solche Nutzung ist - ohne daß es weiter begründungsbedürftig wäre - als "landwirtschaftliche" zu qualifizieren.
b) Gemäß §5 Abs1 GVG Vbg. ist einem Grundstückserwerb gemäß §1 Abs1 lita GVG Vbg. nur dann die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zu erteilen, wenn dies u.a. dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes nicht widerspricht. Gemäß §7 Abs1 GVG Vbg. ist ein dem §1 Abs1 lit. a leg.cit. unterliegender Rechtserwerb dann zu genehmigen, wenn er zum Zweck des Wohnbaues, zur Erfüllung öffentlicher, gemeinnütziger oder kultureller Aufgaben sowie für industrielle oder gewerbliche Anlagen erfolgt und nicht das Interesse an der Erhaltung der bisherigen Nutzung des Grundstückes offenbar das Interesse an der neuen Verwendung überwiegt.
Im vorliegenden Fall wäre eine landwirtschaftliche Nutzung des kaufgegenständlichen Grundstückes durch die beschwerdeführende Gesellschaft nicht zu erwarten.
Der belangten Behörde ist bei ihrer Interessensabwägung - zu der sie nach §5 Abs1 und §7 Abs1 GVG Vbg. verpflichtet ist - zu folgen, daß die Realisierung des von der beschwerdeführenden Gesellschaft geplanten Projektes der Errichtung eines Kiesumschlagplatzes in absehbarer Zeit nicht wahrscheinlich ist. Dazu wäre der Erwerb weiterer Grundstücke durch die beschwerdeführende Gesellschaft nötig, es gibt jedoch - wie die belangte Behörde richtig feststellt - keine Anzeichen, die auf den baldigen Abschluß weiterer Grundstückserwerbe durch die beschwerdeführende Gesellschaft schließen lassen.
c) Gemäß §7 Abs3 leg.cit. ist ein Erwerb von Grundstücken für gewerbliche und industrielle Erfordernisse dann zu genehmigen, wenn zwar die Voraussetzungen für einen Grunderwerb nach den §§5 und 6 GVG Vbg. nicht gegeben sind, der Erwerber aber zugleich Grundstücke, die sich in seinem Besitz befinden, an Landwirte veräußert.
Die von der beschwerdeführenden Gesellschaft geäußerte Bereitschaft zum Verkauf von Ersatzgrundstücken konnte von der belangten Behörde nicht als Grundlage für die Genehmigung des Rechtsgeschäftes herangezogen werden, da - wie sich aus dem Administrativverfahren ergibt - die beschwerdeführende Gesellschaft nicht über solche Grundstücke verfügt.
Die Behörde hat also - entgegen der Meinung der beschwerdeführenden Gesellschaft - das Gesetz denkmöglich angewendet.
Im Hinblick darauf, daß unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles gegen die den bekämpften Bescheid tragenden Rechtsvorschriften keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, wurde die beschwerdeführende Gesellschaft nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Eigentumsrecht verletzt.
2. Die beschwerdeführende Gesellschaft rügt weiters die Verletzung des Rechtes auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes.
Das durch Art6 StGG gewährleistete Recht, Liegenschaften zu erwerben und darüber frei zu verfügen, richtet sich aber nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur gegen jene historisch gegebenen Beschränkungen, die ehemals zugunsten bestimmter bevorrechteter Klassen bestanden haben. Allgemeine Einschränkungen des Liegenschaftsverkehrs, wie sie in den Grundverkehrsgesetzen enthalten sind, werden durch Art6 StGG nicht ausgeschlossen (VfSlg. 9682/1983). Das durch Art6 StGG gewährleistete Recht könnte durch den angefochtenen Bescheid somit nur dann verletzt worden sein, wenn die Genehmigung des Rechtsgeschäftes versagt worden wäre, um einen Landwirt beim Erwerb der Grundstücke zu bevorzugen (VfSlg. 9070/1981, 10797/1986). Dies wird jedoch in der vorliegenden Beschwerde nicht behauptet.
3. Eine Verletzung anderer verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, insbesondere des Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, hat das Verfahren nicht ergeben.
Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß die beschwerdeführende Gesellschaft in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Grundverkehrsrecht, Grundstück land- oder forstwirtschaftlichesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1992:B998.1991Dokumentnummer
JFT_10079776_91B00998_00