TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/23 94/14/0050

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Veröffentlicht am 23.06.1994
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Index

32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

UStG 1972 §21 Abs6;
UStG 1972 §21 Abs8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Hutter, über die Beschwerde des F in A, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten, Berufungssenat, vom 30. September 1993, Zl. B 111-4/93, betreffend Umsatzsteuer 1984 bis 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer reichte am 16. November 1992 zugleich mit einer Erklärung gemäß § 21 Abs. 8 UStG Umsatzsteuererklärungen für 1984 bis 1989 ein. Das Finanzamt sprach aus, daß Umsatzsteuer nicht festgesetzt werde. Die Umsätze nach § 1 Abs. 1 Z. 1 bis 2 UStG überstiegen nicht S 40.000,-- und innerhalb der in § 21 Abs. 8 UStG normierten Frist sei kein Regelbesteuerungsantrag gestellt worden.

Die belangte Behörde wies die gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen des Beschwerdeführers mit der Begründung ab, die Rechtsmittel seien ausschließlich mit der Verfassungswidrigkeit des zur Anwendung gelangten § 21 Abs. 8 UStG begründet. Den Verwaltungsbehörden obliege jedoch nicht die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde die Verletzung des Eigentumsrechtes und des Gleichheitsgrundsatzes mit der Begründung geltend gemacht, die Befristung in § 21 Abs. 8 erster Satz UStG führe zu ungleichen Ergebnissen hinsichtlich des Vorsteuerabzugsrechtes verglichen mit Fällen unechter Umsatzsteuerbefreiung oder mit Fällen fristgerechter Regelbesteuerungsanträge.

Mit seinem Beschluß vom 28. Februar 1994, B 1795/93-4, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese entsprechend dem Antrag des Beschwerdeführers dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu den als verletzt bezeichneten, verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten (zB. VfSlg. 8942/1980 und 11260/1987) lasse das Beschwerdevorbringen angesichts der Möglichkeit, bei Anfall von Vorsteuern die Regelbesteuerung zu beantragen, die behaupteten Rechtsverletzungen, aber auch die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als sowenig wahrscheinlich erkennen, daß die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

Der Beschwerdeführer erachtet sich laut der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde in seinem Recht auf Vorsteuerabzug verletzt. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb Bescheidaufhebung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG zusammengesetzten Senat erwogen:

Zur Begründung der behaupteten Rechtswidrigkeit trägt der Beschwerdeführer in seinem Ergänzungsschriftsatz vor:

"Gem. § 21 Abs. 6 UStG 1972 sind "Unternehmer, deren Umsätze nach § 1 Abs. 1 Z. 1 u. 2 im Veranlagungszeitraum S 40.000,-- nicht übersteigen, von der Verpflichtung, eine Steuererklärung (Voranmeldung) abzugeben und die Steuer zu entrichten, befreit.

Die Bestimmungen des § 12 über den Vorsteuerabzug finden keine Anwendung."

Aus der Verwendung des Mehrzahlbegriffes "Umsätze" folgere ich, daß der Abs. 6 des § 21 UStG nur jene Unternehmer erfaßt, deren Umsätze zwar größer als Null sind, aber maximal S 40.000,-- betragen. Diese Unternehmer wären demnach auch von der im Abs. 6 enthaltenen Einschränkung betroffen: "Die Bestimmungen des § 12 über den Vorsteuerabzug finden keine Anwendung."

Wenn demzufolge bei wörtlicher Auslegung der Unternehmer mit Null-Umsatz also nicht vom § 21 Abs. 6 UStG 1972 erfaßt wird, entfällt auch die einschränkende Bestimmung des zweiten Satzes ("Die Bestimmungen des § 12 über den Vorsteuerabzug finden keine Anwendung") was zur Folge hat, daß der Vorsteuerabzug in uneingeschränkter Höhe zusteht.

Für diese Auslegung spricht auch, daß der Gesetzgeber nicht nur von Umsätzen (Mehrzahlbegriff) spricht, sondern auch davon, daß keine (Umsatz-)Steuer zu entrichten ist. Die expressis verbis geforderte Voraussetzung "keine Steuer" kann ja nur erfüllt sein, wenn der Mehrzahlbegriff "Umsätze" vorliegt, denn es wäre denkunmöglich, von einem Null-Umsatz eine Umsatzsteuer zu erheben.

Betrachtet man den Sinn und Zweck der Bagatellregelung des § 21 Abs. 6 UStG 1972, so zeigt sich, daß diese Regelung als Verwaltungsvereinfachung gedacht ist. Bagatellregelungen bezwecken aber Vereinfachungen im beiderseitigen Interesse, also sowohl im Interesse des Abgabepflichtigen als auch des Abgabengläubigers, wobei jedenfalls das Interesse an der Vermeidung unvertretbar hohen Verfahrensaufwandes im Vordergrund stehen muß. Es kann demnach zwar der Gesetzgeber im Rahmen der Tarifgestaltung für Kleinbeträge auf Abgaben verzichten, es entbehrt aber einer sachlichen Rechtfertigung, wenn in diesen Fällen etwa das Recht auf Vorsteuerabzug (in bedeutender Höhe) genommen würde."

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer die von ihm behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. Selbst wenn er nämlich mit seiner Auslegung des § 21 Abs. 6 UStG im Recht sein sollte, daß sich die Befreiung von der Voranmeldungs- und Steuerentrichtungspflicht mit der Folge des Ausschlusses vom Vorsteuerabzug nicht auf Fälle des Fehlens von Umsätzen im Veranlagungszeitraum erstrecken sollte, wäre für ihn nichts gewonnen. Dies deshalb, weil er nicht vorbringt, in den Veranlagungszeiträumen 1984 bis einschließlich 1989 keine Umsätze erzielt zu haben. Dergleichen wurde im angefochtenen Bescheid auch nicht festgestellt. Die Richtigkeit der Feststellung des Finanzamtes, die Umsätze nach § 1 Abs. 1 Z. 1 und 2 UStG hätten jeweils S 40.000,-- nicht überstiegen, wurde vom Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen auch im Verwaltungsverfahren nicht bestritten.

Abgesehen davon ergibt sich aus der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, daß auch ein Unternehmer, der - zB. in der Gründungsphase seines Unternehmens - keinerlei Umsätze erzielt, unter die Bagatellregelung des § 21 Abs. 6 UStG fällt, sofern er nicht nach § 21 Abs. 8 UStG auf die Anwendung dieser Regelung verzichtet und sich für die Regelbesteuerung entschieden hat. Nur in diesem Fall - bei rechtzeitiger Abgabe der schriftlichen Erklärung im Sinne des § 21 Abs. 8 UStG - steht dem Unternehmer für das betreffende Kalenderjahr der Vorsteuerabzug zu (Erkenntnis vom 26. April 1977, 2530/76, VwSlg. 5123 F/1977, und für viele andere etwa Erkenntnis vom 2. September 1986, 86/15/0038).

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich durch das Beschwerdevorbringen nicht veranlaßt, von dieser Rechtsprechung abzugehen.

Mit seiner Behauptung, es entbehre einer sachlichen Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber in Fällen von Kleinbetrieben das Recht auf Vorsteuerabzug nehme, wendet sich der Beschwerdeführer nicht gegen die Anwendung des einfachen Gesetzes durch die belangte Behörde, sondern äußert damit Bedenken gegen dessen Verfassungsmäßigkeit. Diese Bedenken teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht. Es genügt diesbezüglich auf die Begründung des oben zitierten Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994140050.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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