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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 21. März 1994, Zl. SD 142/94, betreffend Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 21. März 1994 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, vom 28. April 1993 auf Aufhebung des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes gemäß § 26 FrG abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, daß die Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt hätten, nicht weggefallen seien. Das Gewicht der für die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes sprechenden öffentlichen Interessen habe sich sogar erhöht. Hervorzuheben sei die nach der Erlassung des Aufenthaltsverbotes erfolgte Verurteilung des Beschwerdeführers wegen tätlichen Angriffs auf einen Beamten. Dieses Verhalten zeige, daß der Beschwerdeführer nach wie vor keine Bedenken habe, sich über strafrechtliche Normen leichtfertig hinwegzusetzen. Der Beschwerdeführer halte sich seit Ablauf des ihm erteilten Vollstreckungsaufschubes mit 31. Dezember 1992 ohne Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet auf. Er könne keine ins Gewicht fallende Änderung seiner privaten und familiären Situation dartun. Der Umstand, daß sowohl seine Eltern als auch seine Geschwister seit vielen Jahren in Österreich lebten, sei bei der Erlassung des Aufenthaltsverbotes ebenso berücksichtigt worden wie das Ausmaß der Integration des Beschwerdeführers aufgrund seines langjährigen Aufenthaltes in Österreich. Die nachteiligen Folgen der Aufhebung des Aufenthaltsverbotes wögen unverhältnismäßig schwerer als dessen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 26 FrG ist das Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.
Nach dieser Bestimmung, die ihren Inhalt nur aus dem Zusammenhalt mit den §§ 18 bis 20 FrG gewinnt, hat sich die Behörde mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein relevanter Eingriff im Sinn des § 19 FrG vorliegt und - gegebenenfalls - die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten ist und - bejahendenfalls - ferner, ob sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes jene Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen andererseits maßgebend sind, zugunsten des Fremden geändert haben, und daran anschließend diese Interessen gegeneinander abzuwägen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1993, Zl. 93/18/0389).
Entscheidend ist, ob sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgebenden Umstände zugunsten des Fremden geändert haben.
Der Beschwerdeführer meint, daß den öffentlichen Interessen jedenfalls nicht der Stellenwert eingeräumt werden könne, daß diese die persönlichen Interessen überwögen. Er sei am 5. Juli 1990 vom Jugendgerichtshof Wien wegen des Vergehens nach den §§ 127 ff StGB zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten unter Gewährung der bedingten Strafnachsicht verurteilt worden. Bei einem derartigen Sachverhalt sei es unzulässig, die nachteiligen Folgen der Beseitigung des Aufenthaltsverbotes höher zu bewerten als jene der Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers.
Dem kann nicht beigepflichtet werden. Hingegen begegnet die Auffassung der belangten Behörde, daß die Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt haben, jedenfalls nicht weggefallen seien, keinem rechtlichen Einwand, würde doch die rechtskräftige gerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers im Juli 1990 wegen des Vergehens des Diebstahles nach den §§ 127 ff StGB zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten bedingt nach wie vor die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer rechtfertigen (§ 18 Abs. 2 Z. 1 in Verbindung mit § 18 Abs. 1 FrG). Darüber hinaus hat die Behörde im Rahmen ihrer rechtlichen Beurteilung zu Recht auf den langen unrechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet hingewiesen. Die Auffassung des Beschwerdeführers, ein unzulässiger Aufenthalt läge nicht vor, weil weder in der Angelegenheit auf Erteilung eines Vollstreckungsaufschubes noch in der Angelegenheit auf Erteilung eines Sichtvermerkes bzw. einer Aufenthaltsbewilligung ein enderledigender Bescheid ergangen sei, geht fehl. Abgesehen davon, daß ein solcher vom Beschwerdeführer ins Treffen geführter Antrag nicht die damit angestrebte Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet zu ersetzen vermag, steht der begehrten Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 1 FrG entgegen. Die im Grunde des § 18 Abs. 1 FrG für die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes sprechenden maßgeblichen Interessen sind demnach nicht nur gleich groß geblieben, sondern haben eine nicht unerhebliche Verstärkung erfahren. Es kann daher in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde zusätzlich von der Rechtskraft der Strafverfügung des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 1. Juni 1992 ausgehen konnte.
Die belangte Behörde hat - ausgehend von der Annahme, es sei vorliegend ein relevanter Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Sinne des § 19 FrG zu bejahen - hinreichend erkennbar zum Ausdruck gebracht, daß sie die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes für dringend geboten erachte. Dem kann deswegen nicht entgegengetreten werden, weil das Weiterbestehen des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer zum Schutz der öffentlichen Ordnung, zur Verhinderung strafbarer Handlungen durch den Beschwerdeführer und zum Schutz der Rechte anderer (Art. 8 Abs. 2 MRK) notwendig ist.
Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung ist auch im Hinblick auf die Integration des Beschwerdeführers und seiner Familie im Inland keine wesentliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten: Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde bereits bei der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auf die familiären Bindungen des Beschwerdeführers zu seinen in Österreich lebenden Familienangehörigen Bedacht genommen und die Integration seiner Familie berücksichtigt. Der Beschwerdeführer kann aus seinem Aufenthalt im Inland seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes und der daraus resultierenden Verstärkung seiner Integration keinen für ihn günstigen Umstand ableiten, weil es sich hiebei um Tatsachen handelt, die entgegen den den Aufenthalt im Bundesgebiet regelnden Vorschriften geschaffen wurden. Die Beurteilung durch die belangte Behörde, daß die nachteiligen Folgen der Aufhebung des Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wögen als dessen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie, begegnet demnach keinen Bedenken.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein gesonderter Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994180280.X00Im RIS seit
02.05.2001