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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §10;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 22. April 1994, Zl. SD 292/94, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 22. April 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Togo, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 6 des Fremdengesetzes-FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer sei am 14. Mai 1989 mit einem österreichischen Sichtvermerk (Gültigkeitsdauer bis 3. Juli 1989) in das Bundesgebiet eingereist. In dem von ihm am 6. September 1989 gestellten Sichtvermerksantrag habe der Beschwerdeführer angegeben, als Korrespondent für das "Journal X" tätig zu sein und für diese Beschäftigung ein monatliches Entgelt von S 12.000,-- zu erhalten. Aufgrund dieser Angaben sei dem Beschwerdeführer ein bis 30. Juni 1990 gültiger Sichtvermerk ausgestellt worden. Erst am 13. November 1991 habe der Beschwerdeführer einen weiteren Sichtvermerksantrag gestellt; dieser sei abgewiesen worden, weil sich herausgestellt habe, daß der Beschwerdeführer nie als Korrespondent in Österreich tätig gewesen sei und demnach auch kein Entgelt erhalten habe. Der Beschwerdeführer habe somit anläßlich der Stellung seines Antrages am 6. September 1989 gegenüber Organen einer österreichischen Behörde unrichtige Angaben über seine persönlichen Verhältnisse gemacht, um sich die Aufenthaltsberechtigung zu verschaffen. Daran ändere auch der Hinweis des Beschwerdeführers nichts, daß dieser Sichtvermerksantrag von einem Bekannten gestellt worden sei, weshalb er für die darin enthaltenen Angaben nicht verantwortlich sei, habe doch der Beschwerdeführer die Ausführungen im Antrag durch seine eigenhändige Unterschrift bestätigt. Es wäre in seiner Verantwortung gelegen gewesen, sich von der Richtigkeit der darin gemachten Angaben zu überzeugen. Es sei demnach ohne Zweifel der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG erfüllt.
Das dargestellte Fehlverhalten des Beschwerdeführers sowie sein seit 1. Juli 1990 illegaler Aufenthalt in Österreich und die dadurch bewirkte Beeinträchtigung eines geordneten Fremdenwesens rechtfertige auch die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme.
Die Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers könne schon im Hinblick auf dessen mangelnde Erlaubtheit nicht zu seinen Gunsten berücksichtigt werden. Der während des unrechtmäßigen Aufenthaltes geschlossenen Ehe des Beschwerdeführers mit einer österreichischen Staatsbürgerin komme ebenfalls kein entscheidendes Gewicht zu. Abgesehen davon wäre selbst dann, wenn man von einem durch das Aufenthaltsverbot bewirkten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers ausgehen würde, die Erlassung dieser Maßnahme zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele - hier: zur Verhinderung strafbarer Handlungen sowie zur Aufrechterhaltung einer geordneten Fremdenpolitik - dringend geboten und daher zulässig (§ 19 FrG).
Dem Beschwerdeführer lägen nicht nur unrichtige Angaben i. S. des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG zur Last, sondern auch der Umstand, daß er sich seit 1. Juli 1990 ohne Aufenthaltsberechtigung in Österreich aufhalte. Angesichts dessen müsse den öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ein weitaus höheres Gewicht beigemessen werden als den damit verbundenen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie (§ 20 Abs. 1 FrG).
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er könne für die falschen Angaben im Sichtvermerksantrag vom 6. September 1989 nicht verantwortlich gemacht werden, weil der Antrag von einem (namentlich genannten) Freund ausgefüllt worden sei und er keinen Anlaß gehabt habe, dessen Angaben in Zweifel zu ziehen, ist nicht zielführend. Denn zu Recht hat die belangte Behörde dem entgegengehalten, daß der Beschwerdeführer - von ihm nicht bestritten - den Antrag eigenhändig unterschrieben und solcherart die Richtigkeit der darin enthaltenen Angaben bestätigt habe. Daß der Beschwerdeführer - wie von ihm behauptet - zum Zeitpunkt der Antragstellung über keine Deutschkenntnisse verfügt habe, vermag daran nichts zu ändern; vielmehr wäre es ihm ungeachtet dessen oblegen und angesichts der Bedeutung der Stellung eines Sichtvermerksantrages als Grundlage für die allfällige Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung auch zumutbar gewesen, sich auf geeignete Weise davon zu überzeugen, daß die im Antrag enthaltenen Angaben den Tatsachen entsprechen. Da der Beschwerdeführer dies - unter Zugrundelegung des Beschwerdevorbringens - unterlassen hat, kann ihm der Vorwurf der Vernachlässigung der gebotenen wie auch zumutbaren Sorgfalt nicht erspart werden. Dem Beschwerdeführer fällt somit hinsichtlich der Unrichtigkeit der Angaben jedenfalls grobe Fahrlässigkeit zur Last.
2. Daß die belangte Behörde diesen Sachverhalt verfehlterweise dem Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG subsumiert hat - eine Verwirklichung dieses Tatbestandes hätte das positive Wissen des Beschwerdeführers über die Unrichtigkeit der Angaben vorausgesetzt -, ist im Ergebnis unschädlich. Denn sie hat als weiteres Fehlverhalten des Beschwerdeführers den bereits seit 1. Juli 1990 währenden unerlaubten Aufenthalt im Bundesgebiet festgehalten. Die als grobe Fahrlässigkeit zu verantwortenden falschen Angaben im Sichtvermerksantrag sowie der sich über mehrere Jahre erstreckende unrechtmäßige Aufenthalt, noch dazu zum Teil trotz Abweisung des am 13. November 1991 gestellten Sichtvermerksantrages, stellen ein i.S. des § 18 Abs. 1 FrG relevantes Gesamt(fehl)verhalten dar, das die belangte Behörde zutreffend zur Auffassung hat gelangen lassen, es sei die dort umschriebene Annahme gerechtfertigt. Das dazu erstattete, auf strafrechtliche Gesichtspunkte abstellende Beschwerdevorbringen schlägt nicht durch, da im gegebenen Zusammenhang das verpönte Verhalten des Beschwerdeführers ausschließlich aus der Sicht des Fremdenrechtes, konkret: der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens, zu beurteilen war.
3. Die belangte Behörde hat - unter der Annahme eines mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen relevanten Eingriffes in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers - das Aufenthaltsverbot zum Schutz der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) für dringend geboten erachtet. Diese Beurteilung ist nicht als rechtswidrig zu erkennen, kommt doch dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens ein sehr hoher Stellenwert zu. Dieses Interesse ist im Beschwerdefall aber nicht nur aufgrund der vom Beschwerdeführer zu vertretenden falschen Angaben im Sichtvermerksantrag, sondern - von der belangten Behörde mit Recht hervorgehoben - auch im Hinblick auf den mehrjährigen unrechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet (seit 1. Juli 1990) - die dazu in der Beschwerde vertretene Ansicht, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit Stellung eines Sichtvermerksantrages am 13. November 1991 rechtmäßig sei, ist verfehlt, da die Antragstellung die Erteilung der Aufenthaltsberechtigung nicht zu ersetzen vermag - erheblich beeinträchtigt. Mit der belangten Behörde ist demnach die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes nach § 19 FrG zu bejahen.
4. Was schließlich die Zulässigkeit dieser Maßnahme im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG anlangt, so hat die belangte Behörde den für den Beschwerdeführer bzw. seinen weiteren Aufenthalt in Österreich sprechenden Gründen kein wesentliches Gewicht zugemessen. Auch insoweit kann ihr nicht entgegengetreten werden. Der Beschwerdeführer hielt sich im Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides ca. fünf Jahre in Österreich auf; davon nahezu vier Jahre, also den weitaus überwiegenden Teil, ohne Aufenthaltsberechtigung. Diese Zeit des unrechtmäßigen Aufenthalts kann der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt des nach § 20 Abs. 1 Z. 1 FrG maßgeblichen Kriteriums der Dauer des Aufenthaltes nicht für sich ins Treffen führen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 3. März 1994, Zl. 94/18/0017). Die auf diese Weise, also durch weitgehend unerlaubten Aufenthalt, bewirkte Integration des Beschwerdeführers kann nicht entscheidend zu seinen Gunsten ausschlagen. Auch unter der Annahme eines hohen Integrationsgrades der Familie des Beschwerdeführers (Ehegattin) sowie intensiver familiärer und sonstiger Bindungen des Beschwerdeführers käme diesen Umständen keineswegs das Gewicht zu, das ihnen die Beschwerde beimißt. Denn der Beschwerdeführer ist die Ehe zu einem Zeitpunkt eingegangen, zu dem er sich bereits fast drei Jahre unerlaubt in Österreich aufgehalten hatte und rechtens auch nicht mit einem weiteren (längeren) Aufenthalt rechnen durfte. Von daher gesehen ist die - noch dazu relativ kurz vor Erlassung des Aufenthaltsverbotes eingegangene - Ehe des Beschwerdeführers im Rahmen der Abwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG ohne entscheidendes Gewicht.
Den mithin unter den hier maßgeblichen Kriterien keineswegs als gewichtig zu wertenden privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin hatte die belangte Behörde das sehr große durch das dargestellte Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigte öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen gegenüberzustellen. Daß sie hiebei das zuletzt genannte öffentliche Interesse und damit die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes als schwerer wiegend erachtete als die gegenläufigen Interessen des Beschwerdeführers bzw. die nachteiligen Auswirkungen dieser Maßnahme auf seine und seiner Familie Lebenssituation, begegnet keinen Bedenken.
Die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes (§ 21 FrG) blieb in der Beschwerde unbekämpft.
5. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
6. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein gesonderter Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994180342.X00Im RIS seit
02.05.2001