Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
StVO 1960 §45 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Bernard, Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 14. Dezember 1993, Zl. MA 64-PB/164/93, betreffend Ausnahmebewilligung nach der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Gemeinde) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. Dezember 1993 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 23. April 1993 auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung von der im gesamten 1. Wiener Gemeindebezirk in der Zeit von Montag bis Freitag (werktags) von 9.00 Uhr bis 19.00 Uhr geltenden Kurzparkzone (höchstzulässige Parkdauer eineinhalb Stunden) für ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug gemäß § 45 Abs. 2 StVO abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Gemäß § 45 Abs. 2 StVO kann die Behörde in anderen als den im Abs. 1 bezeichneten Fällen Ausnahmen von Geboten oder Verboten, die für die Benützung der Straße gelten, auf Antrag bewilligen, wenn ein erhebliches persönliches (wie z.B. auch wegen einer schweren Körperbehinderung) oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen und eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht zu erwarten ist.
§ 45 Abs. 2 StVO sieht zwei unterschiedliche Kategorien von Voraussetzungen für die Gewährung einer Ausnahme vor, von denen eine nur alternativ zu erfüllen ist. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind nämlich einerseits, wie aus dem Worte "oder" hervorgeht, insofern alternativ gefaßt, als eine Ausnahme zu bewilligen ist, wenn ein erhebliches persönliches oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen, andererseits darf aber in allen Fällen keine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zu erwarten sein. Der Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung ist demnach bereits dann abzuweisen, wenn sich bei Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen ergibt, daß schon das Vorliegen eines erheblichen persönlichen oder wirtschaftlichen Interesses des Antragstellers oder ein besonderes Erschwernis in der Durchführung der Aufgaben zu verneinen ist. Weiters entspricht es der hg. Rechtsprechung, daß bei der Prüfung der erforderlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 StVO ein strenger Maßstab anzulegen und eine solche daher nur bei Vorliegen von gravierenden, den Antragsteller außergewöhnlich hart treffenden Gründen zu erteilen ist (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 4. Februar 1994, Zl. 93/02/0279).
Von da her gesehen war es nicht rechtswidrig, dem Beschwerdeführer die angestrebte Ausnahmebewilligung zu versagen: Der Beschwerdeführer hatte sich im Verwaltungsverfahren darauf berufen, er sei in Wien 7, wohnhaft und als Rauchfangkehrergeselle in Wien 1, beschäftigt. Zu seinen Tätigkeiten gehöre die Reinigung von Zentralheizungsanlagen während der Nachtstunden ab 2.00 Uhr früh, die auch bis 6.00 Uhr (dem Beginn der normalen Arbeitszeit) dauern könne. Es sei üblich, sich nach der Nachtarbeit in der Werkstatt auszuruhen und sodann im Laufe des Tages wieder den Dienst anzutreten. Würde der Beschwerdeführer nach Ende der Nachtarbeit mit seinem Pkw nach Hause zurückkehren und sodann im Laufe des Tages unter Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wieder seinen Arbeitsplatz aufsuchen, so würde er - so sein Vorbringen - durch die dadurch bedingten Fahrzeiten nicht nur wertvolle Erholungszeit verlieren, sondern sich auch waschen und zweimal umziehen müssen, zumal die Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel im "Rußgewand" nicht zulässig sei. Die Zufahrt zur Arbeitsstätte sei in der erwähnten Nachtzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht möglich.
Vom Vorliegen von "gravierenden", den Beschwerdeführer außergewöhnlich hart treffenden Gründen kann aber nicht die Rede sein: Dies schon deshalb, weil die räumliche Entfernung des Arbeitsplatzes zu seiner Wohnung verhältnismäßig gering ist und ihm daher die Rückkehr in seine Wohnung mit dem Pkw (wobei zur Nachtzeit mit einem geringen Verkehrsaufkommen zu rechnen ist), die Körperreinigung, das Umkleiden und die nachträgliche Fahrt mit dem öffentlichen Verkehrsmittel (neuerlich) zu seinem Arbeitsplatz bei Anwendung des geforderten strengen Maßstabes durchaus zuzumuten ist.
Da sohin die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer angestrebte Ausnahmebewilligung zu Recht versagt hat, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994020064.X00Im RIS seit
12.06.2001