Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Bernard, Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde der C in E, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 14. Dezember 1993, Zl. MA 64-PB/208/93, betreffend Ausnahmebewilligung nach der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt (Gemeinde) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. Dezember 1993 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 2. Juni 1993 auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung für die Zeit ab 16.00 Uhr von der im gesamten 1. Wiener Gemeindebezirk in der Zeit von Montag bis Freitag (werktags) von 9.00 Uhr bis 19.00 Uhr geltenden Kurzparkzone (höchstzulässige Parkdauer eineinhalb Stunden) für ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug gemäß § 45 Abs. 2 StVO abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Gemäß § 45 Abs. 2 StVO kann die Behörde in anderen als den im Abs. 1 bezeichneten Fällen Ausnahmen von Geboten oder Verboten, die für die Benützung der Straße gelten, auf Antrag bewilligen, wenn ein erhebliches persönliches (wie z.B. auch wegen einer schweren Körperbehinderung) oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen und eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht zu erwarten ist.
§ 45 Abs. 2 StVO sieht zwei unterschiedliche Kategorien von Voraussetzungen für die Gewährung einer Ausnahme vor, von denen eine nur alternativ zu erfüllen ist. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind nämlich einerseits, wie aus dem Worte "oder" hervorgeht, insofern alternativ gefaßt, als eine Ausnahme zu bewilligen ist, wenn ein erhebliches persönliches oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen, andererseits darf aber in allen Fällen keine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zu erwarten sein. Der Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung ist demnach bereits dann abzuweisen, wenn sich bei Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen ergibt, daß schon das Vorliegen eines erheblichen persönlichen oder wirtschaftlichen Interesses des Antragstellers oder ein besonderes Erschwernis in der Durchführung der Aufgaben zu verneinen ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. September 1991, Zl. 90/03/0215 und vom 4. Februar 1994, Zl. 93/02/0279).
Die Beschwerdeführerin begründete ihren Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung damit, daß sie aufgrund ihrer Dienstzeit (Buffetkraft im Gastgewerbe) und ihres Wohnorts außerhalb Wiens den Weg von der Arbeitsstätte zu ihrer Wohnung nur mit dem Kraftfahrzeug durchführen könne und wegen der variablen dienstfreien Tage Dienstzeiten an allen Wochentagen (auch samstags und sonntags) habe. Ihre Dienstzeit beginne um 16.00 Uhr und ende um 1.00 Uhr nachts. Sie benötige das Auto für die Heimfahrt, weil ihr Dienstgeber keine Möglichkeit habe, sie nach Arbeitsschluß heimzuführen oder sonst irgendwo hinzubringen. Öffentliche Verkehrsmittel würden nicht mehr fahren, sodaß sie ohne ihren PKW nicht nach Hause gelangen könne, wenn man von unerschwinglichen Taxifahrten absehe. Da sie Angst habe, nach jedem Arbeitstag spät abends durch Wien zu wandern, um zu ihrem außerhalb des 1. Bezirkes abgestellten PKW zu gelangen, komme auch diese Möglichkeit für sie aus Sicherheitsgründen nicht in Betracht.
Dieses Vorbringen vermag ein erhebliches Interesse der Beschwerdeführerin nicht zu rechtfertigen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in Auslegung der Bestimmung des § 45 Abs. 2 StVO in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, ist bei der Prüfung der erforderlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung ein strenger Maßstab anzulegen und eine solche daher nur bei Vorliegen von gravierenden, den Antragsteller außergewöhnlich hart treffenden Gründen zu erteilen. Dabei muß unter Zugrundelegung des geforderten strengen Maßstabes die Möglichkeit, öffentliche Verkehrsmittel in Anspruch zu nehmen, ebenso ausgeschöpft werden, wie jene, die Beförderung durch Taxis in Betracht zu ziehen (vgl. hiezu insbesondere das Erkenntnis vom 4. Februar 1994, Zl. 93/02/0279).
Die Beschwerdeführerin bringt in ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof selbst vor, daß ihr Arbeitgeber nach kollektivvertraglichen Bestimmungen verpflichtet sei, für einen geeigneten Heimtransport zu sorgen oder die Kosten zu tragen, wenn dem Arbeitnehmer nach 24.00 Uhr die Benützung eines "Massenbeförderungsmittels" nicht möglich sei, weil dieses nicht mehr verkehre; der Arbeitnehmer sei jedoch verpflichtet, die kürzeste Fahrtstrecke und das billigste Verkehrsmittel zu wählen. Daraus ergibt sich, daß die Beschwerdeführerin ihr Kraftfahrzeug außerhalb der Kurzparkzone abstellen kann und der Arbeitgeber für den Transport dorthin zu sorgen oder die Kosten hiefür zu tragen hat. Daß er nur bereit ist, die Kosten für eine Ausnahmebewilligung zu tragen, ist in diesem Zusammenhang rechtlich ohne Belang.
Damit ist auch dem Vorbringen der Boden entzogen, die Beschwerdeführerin habe Angst, mitten in der Nacht durch Wien zu "wandern".
Auch aus dem Umstand, daß anderen Antragstellern, die beruflich bis spät am Abend tätig seien, bei ähnlichen Voraussetzungen eine Ausnahmebewilligung erteilt worden sei, läßt sich für den Standpunkt der Beschwerdeführerin nichts gewinnen, weil ihr die Berechtigungen Dritter keine subjektiven Rechte zu vermitteln vermögen.
Da sohin die belangte Behörde die von der Beschwerdeführerin angestrebte Ausnahmebewilligung zu Recht versagt hat, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der Abhaltung der von der Beschwerdeführerin beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt (§ 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Grundsätzliches zur Rechtmäßigkeit und zur RechtsverletzungsmöglichkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994020057.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
12.04.2012