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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §45 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Bernard, Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde der L Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 14. September 1993, Zl. MA 64-PB/84/93, betreffend Ausnahmebewilligung nach der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt (Gemeinde) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. September 1993 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 29. (richtig: 27. April 1993 auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung von der im gesamten
1. Wiener Gemeindebezirk innerhalb der flächendeckenden, in der Zeit von Montag bis Freitag (werktags) von 9.00 Uhr bis 19.00 Uhr geltenden Kurzparkzone (höchstzulässige Parkdauer eineinhalb Stunden) für ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Gemäß § 45 Abs. 2 StVO kann die Behörde in anderen als den im Abs. 1 bezeichneten Fällen Ausnahmen von Geboten oder Verboten, die für die Benützung der Straße gelten, auf Antrag bewilligen, wenn ein erhebliches persönliches (wie z.B. auch wegen einer schweren Körperbehinderung) oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen und eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht zu erwarten ist.
§ 45 Abs. 2 StVO sieht zwei unterschiedliche Kategorien von Voraussetzungen für die Gewährung einer Ausnahme vor, von denen eine nur alternativ zu erfüllen ist. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind nämlich einerseits, wie aus dem Worte "oder" hervorgeht, insofern alternativ erfaßt, als eine Ausnahme zu bewilligen ist, wenn ein erhebliches persönliches oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen, andererseits darf aber in allen Fällen keine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zu erwarten sein. Der Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung ist demnach bereits dann abzuweisen, wenn sich bei Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen ergibt, daß schon das Vorliegen eines erheblichen persönlichen oder wirtschaftlichen Interesses des Antragstellers oder ein besonderes Erschwernis in der Durchführung der Aufgaben zu verneinen ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. September 1991, Zl. 90/03/0215 und vom 4. Februar 1994, Zl. 93/02/0279).
Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt an, so war es nicht rechtswidrig, der Beschwerdeführerin die angestrebte Ausnahmebewilligung zu versagen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem zuletzt zitierten Erkenntnis ausgesprochen hat, müsse unter Zugrundelegung des geforderten strengen Maßstabes die Möglichkeit, öffentliche Verkehrsmittel in Anspruch zu nehmen ebenso ausgeschöpft werden wie jene, in angemessener Entfernung zum Sitz des Unternehmens einen Abstellplatz zu mieten; dazu komme, daß auch die Beförderung durch Taxis in Betracht zu ziehen sei.
Das Beschwerdevorbringen läßt sich dahin zusammenfassen, daß das wirtschaftliche Interesse an der Erteilung einer Ausnahmebewilligung darin liege, daß die Kosten für die Anmietung eines Garagenplatzes in der Innenstadt sehr hoch und die Cobden- und die Stephansplatzgarage sehr zeitaufwendig zu erreichen seien, sodaß das Abstellen in einer Garage Zeit- und Geldaufwand in "ruinöser" Größenordnung bedeute. Die Beschwerdeführerin beziffert die monatlichen Kosten für einen Garagenplatz mit ungefähr S 3.000,--. Darin kann aber kein "ruinöser" Geldaufwand und damit kein erhebliches wirtschaftliches Interesse der Beschwerdeführerin gesehen werden. Konnte die belangte Behörde aber mit Recht davon ausgehen, daß die Beschwerdeführerin imstande sei, in angemessener Entfernung zu ihrem Standort (abgesehen von den in der Beschwerde genannten Garagen gibt es - wie dem Verwaltungsgerichtshof bekannt ist - mindestens zwei nähergelegene) einen Abstellplatz zu mieten, dann ist einer Reihe ihrer Argumente wie etwa, daß wertvolle Arbeitszeit der Mitarbeiter (ungefähr drei Stunden pro Tag) durch Parkplatzsuche bzw. das Austauschen der Parkscheine verlorengehe oder daß die betriebliche Nutzung des Fahrzeuges bedingt durch die Art der Tätigkeit eines Verlages nicht im voraus zu planen und ein Abstellen des Kraftfahrzeuges in angrenzenden, nicht parkraumbewirtschafteten Bezirken nur schwer möglich sei, von vornherein der Boden entzogen. Der Verwaltungsgerichtshof sieht es auch nicht als wirtschaftlich unzumutbar an, wenn der Beschwerdeführerin für eine einmal pro Monat vorzunehmende umfangreiche Ladetätigkeit entsprechend dem von der Beschwerdeführerin dargelegten System des "Fahrzeugtausches" Kurzparkgebühren von ungefähr 150 S entstehen sollten oder Postwege mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder Taxis durchgeführt werden müßten.
Wenn die Beschwerdeführerin schließlich eine Ungleichbehandlung darin sieht, daß nahegelegene Gewerbebetriebe ebenso wie Private eine Ausnahmebewilligung erhalten haben, vermag auch dieses Vorbringen der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, zumal es sich bei den solcherart Begünstigten zum Teil um Wohnbevölkerung handelt, für die im § 45 Abs. 4 StVO eine eigene Regelung besteht, und aus dem Vergleich mit Rechten Dritter kein subjektives Recht auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung abgeleitet werden kann (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 94/02/0220).
Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993020278.X00Im RIS seit
12.06.2001