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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art83 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der FLD für Wien, NÖ und Bgld als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 14. Dezember 1992, GA 10 - 62/5/93, BS I-31/92, betreffend Aufhebung eines Erkenntnisses des Spruchsenates beim Finanzamt für den 1. Bezirk in Wien als Organ des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien und Zurückverweisung der Finanzstrafsache an den Spruchsenat zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Erkenntnis des Spruchsenates beim Finanzamt für den
1. Bezirk in Wien als Organ des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom 4. Mai 1992 wurde der Beschwerdeführer des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach den §§ 11, 33 Abs. 1 FinStrG als Beteiligter schuldig erkannt und deshalb nach § 33 Abs. 5 FinStrG zu einer Geldstrafe in der Höhe von
S 300.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 6 Wochen) sowie zum Kostenersatz verurteilt.
Die Berufung des Amtsbeauftragten wendete sich gegen die Höhe der verhängten Geldstrafe. Der Beschwerdeführer bekämpfte in seiner Berufung den Schuldspruch und die Höhe der verhängten Geldstrafe sowie die Unzuständigkeit des Spruchsenates wegen der nicht gesetzmäßigen Zusammensetzung und stellte den Antrag, "die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland möge der Berufung Folge geben und
I. das angefochtene Erkenntnis wegen Unzuständigkeit der Finanzstrafbehörde I. Instanz aufheben,
II. allenfalls in der Sache selbst entscheiden, und zwar in Abänderung des angefochtenen Erkenntnisses dahingehend, daß das Strafverfahren eingestellt werde,
III. in eventu das angefochtene Erkenntnis aufheben, an die Finanzstrafbehörde I. Instanz zurückverweisen und diesem auftragen, das Untersuchungsverfahren zu ergänzen, und zwar in der Richtung, wie sich eine Notwendigkeit hiefür aus meinem Vorbringen in den verschiedenen Schriftsätzen in I. Instanz ergibt,
IV. für den Fall der Bestätigung des Schuldspruches die Strafe neu festzusetzen, und zwar entsprechend unter jenem Betrag von S 300.000,--, wie dieser im angefochtenen Erkenntnis verfügt wurde."
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz, Berufungssenat I (belangte Behörde), der Berufung des Beschwerdeführers Folge gegeben, das angefochtene Erkenntnis aufgehoben und die Finanzstrafsache an den Spruchsenat zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Der Amtsbeauftragte wurde mit seiner Berufung auf diese Entscheidung verwiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, es treffe zu, daß als Senatsmitglied Direktor L. mitgewirkt habe, obwohl dieser nicht für den erkennenden Senat I des Spruchsenates, sondern vielmehr für die Senate III und IV ernannt sei. Daß auch diese Senate entgegen den Berufungsausführungen für selbständig Berufstätige zuständig seien, ändere nichts daran, daß der Laienbeisitzer nicht Mitglied des Senates I und deshalb nicht der heranzuziehende gesetzliche Richter gewesen sei. Eine Verhinderung der vor ihm heranzuziehenden Ersatzmitglieder sei nicht aktenkundig. Da bereits dieser Verfahrensmangel eine Erneuerung des Verfahrens erforderlich mache, sei ohne auf die inhaltlichen Einwände der Berufung des Beschwerdeführers einzugehen, das erstinstanzliche Erkenntnis aufzuheben und die Finanzstrafsache an den Spruchsenat zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen gewesen.
In der wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer insofern in seinem Recht verletzt, als die erstinstanzliche Spruchsenatsentscheidung lediglich aufgehoben und die Finanzstrafsache an den Spruchsenat zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen wurde und das bezeichnete Finanzstrafverfahren in Stattgebung der Berufung nicht eingestellt worden ist.
Der Bundesminister für Finanzen legte eine Stellungnahme der belangten Behörde sowie die Verwaltungsakten vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Finanzlandesdirektionen haben gemäß § 68 Abs. 3 erster Satz FinStrG für jedes Jahr im voraus die Geschäfte unter die Senate so zu verteilen, daß die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Fällung der Entscheidung bei selbständig berufstätigen Beschuldigten einem nach Abs. 2 lit. a zusammengesetzten Senat und bei unselbständig berufstätigen Beschuldigten einem nach Abs. 2 lit. b zusammengesetzten Senat obliegt.
Das Finanzstrafgesetz sieht somit eine feste Geschäftsverteilung nach dem für Gerichte (Art. 87 Abs. 3 B-VG) geltenden Muster vor. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wird das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf das Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt, wenn eine an sich zuständige Kollegialbehörde
unrichtig zusammengesetzt ist. Dieser schwerwiegende Mangel der nicht gesetzmäßigen Zusammensetzung der Behörde erster Instanz wird durch die Entscheidung einer ordnungsgemäß zusammengesetzten Berufungsbehörde nicht geheilt (Fellner, Finanzstrafgesetz, Rz. 10 zu §§ 65 bis 71 samt angeführter Rechtsprechung).
An der erstinstanzlichen Spruchsenatsentscheidung hat ein Laienbeisitzer mitgewirkt, der für diesen erkennenden Spruchsenat nicht ernannt war. Damit war aber dieser Spruchsenat nicht gesetzmäßig zusammengesetzt, sodaß die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid mit Recht das mit Berufung bekämpfte Erkenntnis des genannten Spruchsenates aufgehoben und das Verfahren an die erste Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen hat. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers war es der belangten Behörde verwehrt, eine Entscheidung in der Sache selbst zu treffen.
Die belangte Behörde hat dem Primärantrag in der Berufung, das angefochtene Erkenntnis wegen Unzuständigkeit der Finanzstrafbehörde I. Instanz aufzuheben, somit stattgegeben. Eine Befassung mit den weiteren "allenfalls", "in eventu" und "für den Fall" erhobenen Berufungsanträgen erübrigte sich dadurch, so daß die belangte Behörde auf die inhaltlichen Einwände der Berufung, ohne den Beschwerdeführer in seinem behaupteten Recht auf Einstellung zu verletzen, nicht mehr einzugehen hatte.
Da somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt - die Verfahrensrüge ist nicht weiter ausgeführt und sonst ist kein wesentlicher Verfahrensmangel erkennbar - war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, ist mit der Entscheidung in der Hauptsache gegenstandslos geworden.
Die Kostenentscheidung erging im Rahmen des von der belangten Behörde gestellten Antrages gemäß §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993160060.X00Im RIS seit
20.11.2000