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L55004 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Oberösterreich;Norm
NatSchG OÖ 1982 §39 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 13. September 1991, Zl. N-100857/8-I/Kü-1991, betreffend naturschutzbehördliche Feststellung und Entfernungsauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (BH) vom 14. Mai 1990 wurde der vom Beschwerdeführer gestellte Antrag auf begünstigende naturschutzbehördliche Feststellung für die Aufstellung einer Sitzbank sowie für die Lagerung eines Ruder- und eines Segelbootes auf dem Grundstück Nr. XXX, gemäß § 5 Abs. 1 des Oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982, LGBl. Nr. 80 in der Fassung LGBl. Nr. 72/1988 (in der Folge: Oö NSchG), abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde hinsichtlich der genannten Gegenstände ein Entfernungsauftrag - befristet mit 30. Juli 1990 - erteilt.
Der Beschwerdeführer erhob lediglich gegen die Abweisung seines Antrages betreffend Lagerung des Segelbootes und den entsprechenden Entfernungsauftrag Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben und der Bescheid der BH mit der Maßgabe bestätigt, daß der Entfernungsauftrag mit 30. November 1991 befristet wurde. Nach der Begründung stelle die Lagerung des verfahrensgegenständlichen Segelbootes auf dem Grundstück des Beschwerdeführers einen "Eingriff in das Landschaftsbild" im Sinne des § 5 Abs. 1 Oö NSchG dar. Der Amtssachverständige habe in seinem Gutachten vom 3. Juni 1991 darauf hingewiesen, daß die Einsehbarkeit seeseitig vollständig und landseitig teilweise gegeben sei. Das Landschaftsbild im betreffenden Uferabschnitt des Zellersees sei weitgehend intakt und werde durch die Lagerung des Segelbootes empfindlich gestört. Das private Interesse an der Genehmigung der beantragten Lagerung (das Segelboot nach seiner Benützung nicht jeweils abtransportieren zu müssen) sei nur von untergeordneter Bedeutung und nicht geeignet, dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes im gegenständlichen Uferbereich auch nur gleichwertig zu sein.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 5 Abs. 1 Oö NSchG ist jeder Eingriff in das Landschaftsbild an allen Seen samt ihren Ufern bis zu einer Entfernung von 500 m landeinwärts verboten, solange die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, daß solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden.
In der Beschwerde wird im wesentlichen die Auffassung vertreten, daß die Lagerung eines Klein-Segelbootes keine maßgebliche Veränderung des Landschaftsbildes bewirke und auch kein optisch wahrnehmbarer Eingriff in das Landschaftsbild bestehe. Die belangte Behörde habe die Umgebung des Landschaftsbildes im Bereich des gegenständlichen Grundstückes völlig außer acht gelassen und darüber keine Feststellungen getroffen. Um beurteilen zu können, ob durch eine bestimmte Maßnahme eine maßgebende Veränderung des Landschaftsbildes herbeigeführt werde, bedürfe es einer Beschreibung des vor Ausführung der betreffenden Maßnahme bestehenden Landschaftsbildes im Eingriffsbereich. Erst dadurch, daß die unterschiedlichen "Landschaftsbilder zueinandergesetzt" würden, eröffne sich die Möglichkeit einer sachverhaltsmäßig gesicherten Aussage darüber, ob eine unter dem Gesichtspunkt des Landschaftsschutzes maßgebende Veränderung des Landschaftsbildes eingetreten sei oder nicht. Der Beschwerdeführer habe im Verwaltungsverfahren vorgebracht, daß in der Nähe seines Grundstückes nicht nur feste Einbauten, wie Badehütten, Bootshütten, Stege, Tisch-Bank-Kombinationen, bestünden, sondern auch zahlreiche Boote gelagert seien. Die belangte Behörde vertrete die Auffassung, daß "Bootshäfen", die im Bereich der Beherbungsbetriebe und Campingplatzbetreiber bestünden, dem Fremdenverkehrsinteresse dienten und damit ein öffentliches Interesse gegeben sei. Dies solle auch für eine im Frühjahr neu errichtete Badehütte im unmittelbaren Seeuferbereich gelten, welche etwa 100 m vom Badeplatz des Beschwerdeführers entfernt sei. Dadurch werde allerdings ein österreichischer Staatsbürger schlechter gestellt als fremde Gäste. Der Beschwerdeführer habe im übrigen seit 1955 ständig das Boot auf seinem Badeplatz gelagert, sodaß diesbezüglich ein "Altbestand" vorliege.
§ 5 Abs. 1 Oö NSchG verbietet nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht jede Veränderung der Natur im Seeuferbereich. Vielmehr ist entscheidend, ob die Maßnahme zufolge ihres optischen Eindruckes das Landschaftsbild maßgebend verändert. Nur dann stellt sie einen Eingriff in das Landschaftsbild dar. Für die Bejahung eines derartigen Eingriffes kommt es nicht darauf an, ob dieser auch ein "störender" Eingriff ist, und es ist auch nicht entscheidend, von welchem Punkt aus das den Eingriff darstellende Objekt einsehbar bzw. nicht einsehbar ist und ob es nur aus der Nähe oder auch aus weiterer Entfernung wahrgenommen werden kann (vgl. z.B. die Erkenntnise vom 16. Mai 1988, Zl. 88/10/0027 und vom 22. Oktober 1990, Zl. 90/10/0016). Unter Landschaftsbild ist das Bild einer Landschaft von jedem möglichen Blickpunkt zu Lande, zu Wasser und in der Luft zu verstehen (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 18. Jänner 1993, Zl. 91/10/0200).
Um beurteilen zu können, ob durch eine bestimmte Maßnahme eine maßgebende Veränderung des Landschaftsbildes herbeigeführt worden ist, bedarf es - sofern eine solche Veränderung nicht auf der Hand liegt - einer Beschreibung des vor Ausführung der betreffenden Maßnahme bestandenen Landschaftsbildes im Eingriffsbereich. Erst durch das Zu-einander-in-Beziehung-Setzen der (unterschiedlichen) Landschaftsbilder eröffnet sich die Möglichkeit einer sachverhaltsmäßig gesicherten Aussage darüber, ob eine unter dem Gesichtspunkt des Landschaftsschutzes maßgebende Veränderung des Landschaftsbildes eingetreten ist oder nicht (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 26. November 1990, Zl. 89/10/0240).
Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie das gegenständliche Segelboot mit den Maßen 4 x 1,4 m, versehen mit einer Abdeckplane - auch wenn diese den Farben der Umgebung angepaßt sein sollte - sowie mit einem Mast, der im Umfeld von Bäumen aufragt, als maßgebliche Veränderung des Landschaftsbildes gewertet hat. Der Amtssachverständige für Natur- und Landschaftsschutz hat in seinem Gutachten vom 3. Juni 1991 mit ausreichender Klarheit dargetan, daß die Einsehbarkeit von der Seeseite vollständig gegeben ist und auch landseitig zumindest Teile des Bootes, wie etwa der Mast und die blaue Abdeckplane, sichtbar sind. Bereits in dem von der BH eingeholten Gutachten des Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz vom 27. März 1990 wurde darauf hingewiesen, daß das Landschaftsbild des gegenständlichen Uferbereiches im wesentlichen durch die Seefläche selbst mit vorgelagerten Schilfflächen, dem standortgerechten Ufergehölz sowie den zwischen der Gemeindestraße und dem Seeufer befindlichen Grünlandflächen charakterisiert wird. Sehe man von einzelnen Eingriffen ab, deren Entfernung aufgrund laufender Entfernungsverfahren nur eine Frage der Zeit sei, trete das gesamte Zellersee-Westufer als Bereich mit relativ intaktem Landschaftsbild in Erscheinung.
Der Hinweis des Beschwerdeführers, daß auf benachbarten Grundstücken zahlreiche Boote gelagert seien, geht deshalb ins Leere, weil eine Maßnahme auch dann einen Eingriff im Sinne des § 5 Abs. 1 Oö NSchG darstellt, wenn sie zwar keine maßgebliche Veränderung des Ist-Zustandes des Landschaftsbildes darstellt, wohl aber als maßgebliche Veränderung jenes Landschaftsbildes anzusehen ist, das sich ergibt, wenn konsenslos vorgenommene sonstige Eingriffe beseitigt werden (vgl. das Erkenntnis vom 17. Mai 1993, Zl. 92/10/0147). Der Landesbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz hat in diesem Zusammenhang in seinem Gutachten vom 10. März 1990 auf die laufenden Entfernungsverfahren hingewiesen. Davon ausgehend hat die belangte Behörde zu Recht das Bestehen eines Eingriffes bejaht.
Unbegründet ist auch der Vorwurf des Beschwerdeführers, daß ein österreichischer Staatsbürger schlechter gestellt werde als fremde Gäste, da bei den naturschutzbehördlich genehmigten Eingriffen von der belangten Behörde öffentliche Interessen (Fremdenverkehr) ins Treffen geführt wurden, während im Beschwerdefall lediglich private Interessen geltend gemacht wurden.
Dem Beschwerdeführer kann auch nicht gefolgt werden, daß es sich bei der Lagerung des gegenständlichen Segelbootes um einen sogenannten "Altbestand" handelt. Darunter sind Eingriffe zu verstehen, die noch vor Inkrafttreten des Oberösterreichischen Naturschutzgesetzes 1956, LGBl. Nr. 5, gesetzt wurden und seither unverändert andauern. Da das Segelboot nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seinem Antrag vom 10. Oktober 1989 nur außerhalb der Saison in Ufernähe abgestellt wird, kann nicht gesagt werden, daß der gegenständliche Eingriff bis heute ununterbrochen angedauert hat. Ein "Altbestand" ist daher im Beschwerdefall nicht gegeben.
Es kann somit nicht als rechtswidrig erachtet werden, wenn die belangte Behörde eine begünstigende naturschutzbehördliche Feststellung für die Lagerung des Segelbootes auf dem Grundstück des Beschwerdeführers unter Berufung auf § 5 Abs. 1 NSchG abgewiesen hat.
Nach § 39 Abs. 1 leg. cit. kann, wenn bewilligungspflichtige Vorhaben ohne Bewilligung ausgeführt oder in Bewilligungen verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht eingehalten wurden, die Behörde unabhängig von einer Bestrafung nach § 37 demjenigen, der rechtswidrig das Vorhaben ausgeführt hat oder ausführen hat lassen, oder dessen Rechtsnachfolger mit Bescheid auftragen, binnen einer festzusetzenden angemessenen Frist auf seine Kosten den vorherigen Zustand wieder herzustellen bzw. den bescheidmäßigen Zustand herzustellen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, daß Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden.
Nach § 39 Abs. 4 leg. cit. gilt Abs. 1 sinngemäß auch bei widerrechtlichen Eingriffen in das Landschaftsbild gemäß § 5.
Daß im Beschwerdefall ein bewilligungspflichtiges Vorhaben gegeben ist, hat die belangte Behörde nach den obigen Ausführungen frei von Rechtsirrtum zutreffend angenommen. Mangels erteilter Bewilligung erweist sich daher der Entfernungsauftrag als zulässig.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1991100237.X00Im RIS seit
11.07.2001