Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §39 Abs2;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):94/05/0059Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden der R Gesellschaft m.b.H. in T, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie vom 30. August 1991, Zl. 08 3542/459-V/4/91-Lo (hg. Zahl 94/05/0058), und vom 26. September 1991, Zl. 08 3542/509-V/4/91-Gl (hg.Zahl 94/05/0059), betreffend Bewilligung der Ausfuhr von Abfällen gemäß § 35 des Abfallwirtschaftsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 25.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 30. August 1991 erteilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin die Bewilligung gemäß § 35 Abfallwirtschaftsgesetz, BGBl. Nr. 325/1990 (im folgenden: AWG) für die Ausfuhr von gefährlichen Abfällen der Schlüsselnummer 31312; mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. September 1991 erteilte sie der Beschwerdeführerin die Bewilligung gemäß § 35 AWG für die Ausfuhr von gefährlichen Abfällen der Schlüsselnummer 31311. In beiden Bescheiden wurden Barauslagen gemäß § 76 Abs. 1 AVG für die Erstattung eines von Dipl. Ing. Josef R. erstellten Gutachtens betreffend die Abfallbehandlungsanlagen der jeweiligen ausländischen Empfänger in Höhe von je S 41.395,20 vorgeschrieben.
Die vorliegenden Beschwerden wurden ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof gerichtet, der ihre Behandlung mit Beschluß vom 28. Februar 1994, Zlen. B 1174/91 und B 1249/91, abgelehnt und antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, im Verwaltungsverfahren Barauslagen nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen vorgeschriebenen zu erhalten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die beiden, wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges verbundenen Beschwerden in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 35 Abs. 1 AWG bedarf die Ausfuhr, ausgenommen die Ausfuhr im Zwischenauslandsverkehr im Sinne der zollgesetzlichen Vorschriften, von Abfällen und Altölen im Sinne dieses Bundesgesetzes der Bewilligung des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie. Die Bewilligung ist nach Abs. 2 dieser Bestimmung zu erteilen, wenn die in Z. 1 bis 8 aufgezählten Voraussetzungen erfüllt sind. Z. 8 leg. cit. normiert die Voraussetzung, daß "eine umweltgerechte Behandlung der Abfälle oder Altöle im Einfuhrstaat gesichert erscheint". Gemäß § 35 Abs. 4 Satz 1 AWG hat der Bundesminsiter für Umwelt, Jugend und Familie über einen Antrag unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von vier Wochen zu entscheiden.
Im Zeitpunkt der Erlassung der hier bekämpften Bescheide waren das Basler Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung (Basler Konvention) vom 22. März 1989, BGBl. Nr. 229/1993, und die Abfallwirtschaftsgesetznovelle 1992, BGBl. Nr. 715, noch nicht in Geltung. Auf Basis derselben Rechtslage hat der Verfassungsgerichtshof im Beschluß vom 22. Juni 1993, Zl. B 652/91, ausgeführt, § 35 Abs. 2 Z. 8 AWG könne nicht in dem Sinne verstanden werden, daß damit eine eingehende und eigenständige inhaltliche Prüfung der im Ausland in Aussicht genommenen Abfallbehandlung angeordnet werde, sondern beinhalte diese Bestimmung nur die Anordnung der Überprüfung des Vorhandenseins entsprechender Berechtigungen zu der in Aussicht genommenen Abfallbehandlung. Die für die Erteilung oder Versagung einer Exportbewilligung zuständige österreichische Behörde werde sich auf die Nachprüfung des Vorliegens von auf vergleichbaren Standards beruhenden ausländischen Genehmigungen und allenfalls auch Überwachungsergebnisse zu konzentrieren, nicht aber eine eigenständige Prüfung der im Ausland gelegenen Anlage des Importeurs vorzunehmen haben. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom 15. Dezember 1993, Zl. 92/12/0014, betreffend dieselbe Beschwerdeführerin, der Auffassung des Verfassungsgerichtshofes angeschlossen und ausgeführt, daß die für die Exportbewilligung zuständige österreichische Behörde keine eigenständige Prüfung der im Ausland gelegenen Anlagen des Importeurs vorzunehmen hat.
Gemäß § 76 Abs. 1 AVG hat im allgemeinen die ansuchende Partei für Barauslagen aufzukommen, die der Behörde bei einer Amtshandlung erwachsen. Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan, daß dann, wenn die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht notwendig war, die Partei gemäß § 76 AVG für die Kosten des Gutachtens selbst dann nicht aufzukommen hat, wenn sie die Aufnahme des Sachverständigenbeweises beantragt hat (vgl. zuletzt hg. Erkenntnisse vom 11. Februar 1993, Zl. 92/06/0234 und vom 19. Juni 1990, Zl. 89/04/0219, je m.w.N.). Aus der oben zitierten Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ergibt sich, daß im Bewilligungsverfahren nach § 35 AWG eine eigenständige Prüfung der ausländischen Anlage nicht erforderlich und somit ein zu diesem Zweck eingeholtes Sachverständigengutachten nicht notwendig ist.
Da sich aufgrund dieser Prämissen schon aus den angefochtenen Bescheiden ergab, daß die in den Beschwerden behauptete Rechtsverletzung vorliege, forderte der Verwaltungsgerichtshof die belangte Behörde mit Verfügung vom 4. Mai 1994 auf, gemäß § 35 Abs. 2 VwGG alles vorzubringen, was entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin für eine Erforderlichkeit der Entsendung eines Sachverständigen nach Großbritannien und damit für die Überwälzbarkeit der Barauslagen spreche.
Die belangte Behörde räumte in ihrer Äußerung ein, daß die Bestellung eines Sachverständigen zum damaligen Zeitpunkt durch die Bestimmungen des AWG im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht gedeckt war. Sie verwies darauf, daß am 12. April 1993 in Österreich das Basler Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle in Kraft getreten sei und daß nunmehr Österreich völkerrechtlich verpflichtet sei, sicher zu stellen, das Exporte von Abfällen zu Anlagen mit niedrigem Umweltschutzstandard nicht mehr zulässig sein sollen. Weiters wurde auf die Abfallwirtschaftsgesetznovelle BGBl. Nr. 155/1994 verwiesen, wonach die im § 35 Abs. 4 AWG genannte Frist von vier Wochen erst ab Vorliegen sämtlicher entscheidungsrelevanter Unterlagen zu laufen beginne.
Auch diese Äußerung läßt eine Rechtmäßigkeit der Vorschreibung dieser Barauslagen auf der Basis der im Zeitpunkt des angefochtenen Bescheides geltenden Rechtslage nicht erkennen. Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß §§ 35 Abs. 2, 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
Schlagworte
Beweismittel Sachverständigenbeweis Besonderes FachgebietGebühren KostenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994050058.X00Im RIS seit
03.04.2001Zuletzt aktualisiert am
06.04.2011