TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/28 92/04/0192

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Veröffentlicht am 28.06.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs4;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 92/04/0193 E 28. Juni 1994

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des H in G, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 14. Juli 1992, Zl. 04-25 Hi 1-1989/13, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem als Ersatzbescheid für den mit hg. Erkenntnis vom 10. Juni 1992, Zl. 90/04/0157, aufgehobenen Bescheid vom 26. März 1990 ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 14. Juli 1992 wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug schuldig erkannt, die H-GesmbH habe den für den Gastgewerbebetrieb in G, N-Straße 24, anläßlich der Konzessionserteilung als gewerberechtlichen Geschäftsführer genehmigten R mit Eingabe vom 27. Mai 1988 als solchen mit Wirkung vom 31. Mai 1988 abgemeldet und trotz der bestehenden Verpflichtung zur Bestellung eines neuen Geschäftsführer bis 3. April 1989, ohne die Genehmigung der Bestellung eines neuen Geschäftsführers erhalten zu haben, ausgeübt. Die Bestellung eines neuen Geschäftsführers hätte, da ein Antrag auf Fristverlängerung auf sechs Monate damals nicht gestellt worden sei, bis spätestens 31. Juli 1988 erfolgen müssen. Dafür, daß das Gastgewerbe seit 1. August 1988 ausgeübt worden sei, ohne daß die Gesellschaft die Genehmigung der Bestellung eines neuen Geschäftsführers erhalten habe, sei der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Gesellschaft verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Zur Begründung wurde - im wesentlichen - ausgeführt, dem im ergänzenden Ermittlungsverfahren beigeschafften Gewerbeakt des Magistrates Graz, sei zu entnehmen, daß für das in Rede stehende Gastgewerbe mit Eingabe vom 27. Mai 1988 W als gewerberechtlicher Geschäftsführer namhaft gemacht worden sei, wobei gleichzeitig der vom "Magistrat Graz" genehmigte gewerberechtliche Geschäftsführer R, per 31. Mai 1988 aus dieser Funktion entlassen worden sei. Mit Eingabe vom 13. Juli 1988 sei bekanntgegeben worden, daß W nicht mehr als gewerberechtlicher Geschäftsführer für die Ausübung des Gastgewerbes fungiere. Eine gewerbebehördliche Genehmigung des W als gewerberechtlicher Geschäftsführer sei jedoch nicht erfolgt, da die Erhebung durch den Magistrat Graz noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Mit Eingabe vom 17. Februar 1989 habe die H-GesmbH P als gewerberechtliche Geschäftsführerin namhaft gemacht. Mit Bescheid des "Magistrates Graz" vom 9. Mai 1989, sei P zur gewerberechtlichen Geschäftsführerin der genannten Gesellschaft zur Ausübung des gegenständlichen Gastgewerbes "bestellt" worden. Vom 1. August 1988 bis Schöpfung des bekämpften Straferkenntnisses - das sei der 3. April 1989 gewesen - habe daher die H-GesmbH über keinen genehmigten gewerberechtlichen Geschäftsführer zur Ausübung des genannten Gastgewerbes verfügt. Den Ausführungen in der Berufung, wonach die gewerberechtlichen Agenden Herrn Dr. S überlassen worden seien und dieser es offenbar übersehen habe, fristgerecht einen neuen gewerberechtlichen Geschäftsführer für die genannte Gesellschaft namhaft zu machen, müsse entgegengehalten werden, daß gemäß § 9 Abs. 2 VStG die zur Vertretung nach außen hin Berufenen berechtigt seien, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliege. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes falle eine Bevollmächtigung nicht darunter. Wie in der Berufung ausgeführt, seien die gewerberechtlichen Agenden Herrn Dr. S übergeben worden, sodaß es sich hiebei um ein Vollmachtsverhältnis zur Abwicklung der gewerberechtlichen Belange zwischen der Firma H-GesmbH und Herrn Dr. S handle, welches nach zivilrechtlichen Bestimmungen zu beurteilen sei. Dies ändere jedoch an der Verantwortlichkeit des Berufungswerbers in seiner Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer der genannten Gesellschaft nichts.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, die Behörde habe überhaupt kein Beweisverfahren durchgeführt und es sei die Behörde auf die eigene Verantwortung in erster Instanz überhaupt nicht eingegangen. Es seien auch keinerlei Feststellungen zur Frage eines allfälligen subjektiven Verschuldens getroffen worden, obwohl vorgebracht worden sei, daß ein "Verantwortlicher" im Sinne von § 9 VStG bestellt gewesen sei. Im übrigen sei auch der Spruch des Straferkenntnisses erster Instanz unklar, weil es tatsächlich überhaupt keinen konkreten Spruch enthalte und es ergebe sich aus dem Straferkenntnis lediglich eine "Erzählung" wobei auch aus dieser "Erzählung" nicht ersichtlich sei, wer Bescheidadressat sei. Dieser müsse im Spruch eines Straferkenntnisses angeführt sein. Im übrigen werde "im Straferkenntnis die Erzählung des Sachverhaltes der "H-GesmbH" angelastet", obwohl sich der Spruch eines Straferkenntnisses immer nur gegen eine natürliche Person richten könne. Auch der Zeitraum der Tatbegehung sei aus dem Straferkenntnis nicht erkennbar bzw. widerspreche der aus dem Spruch ersichtliche Tatzeitraum dem in der Begründung des angefochtenen Bescheides angeführten Tatzeitraum. Dies sei bereits der Grund gewesen, daß der erste Berufungsbescheid mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes aufgehoben worden sei und "zwar" wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. In der Begründung des Bescheides sei nunmehr zwar eine Änderung durchgeführt worden, offensichtlich in Anpassung an die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes. Darüberhinaus dürfe gemäß § 31 Abs. 3 VStG ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden, wenn seit dem Tatzeitraum mehr als drei Jahre vergangen seien. Der Tatzeitraum sei gemäß § 31 Abs. 2 VStG zu berechnen, also beginnend mit jenem Tag, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden sei. Dies wäre nach der Begründung des Bescheides der 30. April 1989 und es sei daher absolute Verjährung längstens per 3O. April 1992 eingetreten. Die Erlassung des nunmehr bestätigenden Bescheides verstoße daher ganz klar gegen die bezeichnete gesetzliche Anordnung. Im übrigen sei auch auf § 51 VStG zu verweisen, wobei hier offensichtlich noch § 51 Abs. 5 VStG in der alten Fassung zum Tragen komme. Auch nach der geänderten Gesetzeslage sei aber die diesbezügliche Frist jedenfalls abgelaufen. Da die zweite Instanz mit dem nunmehr bekämpften Bescheid den Bescheid der ersten Instanz bestätigt habe, habe sie auch diesbezüglich eine Gesetzesverletzung begangen, wodurch der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet sei. Im übrigen werde auch darauf hingewiesen, daß ein weiterer wesentlicher Mangel darin liege, daß sowohl am 13. Juli 1992 als auch am 14. Juli 1992 ein Berufungsbescheid in dieser Sache erlassen worden sei, wobei beide Bescheide die gleiche Geschäftszahl trügen. Auch dies sei rechtswidrig, da jeder Bescheid eine individuelle Geschäftszahl haben müsse.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen:

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, es seien keinerlei Feststellungen zur Frage eines allfälligen subjektiven Verschuldens getroffen worden, obwohl vorgebracht worden sei, daß ein "Verantwortlicher" im Sinne von § 9 VStG bestellt gewesen sei, ist zunächst festzuhalten, daß die Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Haftung durch den kraft Gesetzes umschriebenen (zunächst heranzuziehenden) Adressatenkreis auf einen Dritten dessen wirksame Bestellung als verantwortlicher Beauftragter voraussetzt; eine Wirksamkeitsvoraussetzung der Bestellung ist nach § 9 Abs. 4 VStG unter anderem die nachweisliche Zustimmung des Betreffenden zu seiner Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 22. November 1990, Zl. 90/09/0132).

Weiters wirkt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 16. Jänner 1987, Slg. N.F. Nr. 12.375/A und das Erkenntnis vom 10. September 1991, Zl. 91/04/0120) die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten erst ab dem Zeitpunkt, zu dem der Behörde die Zustimmung der zum verantwortlichen Beauftragten bestellten Person nachgewiesen wird. Erst mit dem Einlangen des Zustellnachweises bei der Behörde tritt ihr gegenüber der namhaft gemachte verantwortliche Beauftragte in rechtswirksamer Weise als Adressat der Verwaltungsstrafnorm an die Stelle des zur Vertretung nach außen Berufenen. Der als Beschuldigter verfolgte, zur Vertretung nach außen Berufene, kann sich dann auf einen an seiner Stelle verwaltungsstrafrechtlichen verantwortlichen Beauftragten berufen, wenn bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein - aus der Zeit vor der Begehung der dem Beschwerdeführer angelasteten Übertretung stammender - Zustellungsnachweis eines derartigen verantwortlichen Beauftragten eingelangt ist.

Diese Rechtslage verkennt der Beschwerdeführer, wenn er meint, die erfolgte Bevollmächtigung des Dr. S im Gewerbeverfahren reiche aus, dessen Stellung als verantwortlichen Beauftragten zu begründen. Daß eine den Anforderungen des § 9 Abs. 4 VStG gerecht werdender Zustimmungsnachweis vorliegt, wurde vom Beschwerdeführer selbst nicht behauptet.

Soweit das Beschwerdevorbringen dahin zu verstehen sein sollte, daß den Beschwerdeführer deshalb kein Verschulden an der Übertretung der Verwaltungsvorschrift treffe, da die gewerberechtlichen Agenden Dr. S übergeben worden seien, ist festzuhalten, daß es für die dem Beschuldigten nach § 5 Abs. 1 VStG obliegende Verpflichtung zur Glaubhaftmachung nicht hinreicht, daß die ihn treffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person (die kein verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs. 2 und 4 VStG ist) übertragen worden sei. Es bedarf vielmehr weiters, daß auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 22. November 1990, Zl. 90/09/0132). Derartiges wurde nicht einmal behauptet.

Auch vermag der Verwaltungsgerichtshof vor dem Hintergrund des nicht näher substantiierten Beschwerdevorbringens nicht zu erkennen, daß den Sprucherfordernissen des § 44a Z. 1 VStG nicht entsprochen worden wäre. Insbesondere erscheint es nicht zweifelhaft, daß der Beschwerdeführer "Adressat des Straferkenntnisses" ist. Ebenso ist die Beschwerdebehauptung verfehlt, "die Erzählung des Sachverhaltes" werde der "H-GesmbH" angelastet. Der Spruch besagt nämlich eindeutig, daß der Beschwerdeführer für die im Spruch beschriebene Tat "als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Gesellschaft verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich ist".

Auch geht das Vorbringen des Beschwerdeführers, der Zeitraum der Tatbegehung sei nicht erkennbar bzw. es widerspreche der aus dem Spruch ersichtliche Tatzeitraum dem in der Begründung des angefochtenen Bescheides angeführten Tatzeitraum, ins Leere. Dem Spruch ist der Tatzeitraum eindeutig zu entnehmen und es erfolgte - worauf der Beschwerdeführer selbst hinweist - in der Begründung des nunmehr angefochtenen Bescheides eine Richtigstellung dahin, daß der Tatzeitraum im Spruch und in der Begründung übereinstimmt.

Soweit der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides im Verstoß gegen die Vorschrift des § 31 Abs. 3 VStG erblickt, wird von ihm die Regelung des § 31 Abs. 3 letzter Satz VStG übersehen. Danach sind die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Verwaltungsgerichtshof sowie Zeiten, während deren die Strafvollstreckung unzulässig, ausgesetzt, aufgeschoben oder unterbrochen war, nicht einzurechnen.

Was den Einwand des Beschwerdeführers anlangt, die der Behörde gemäß § 51 Abs. 5 VStG eingeräumte Frist zur Erlassung einer Berufungsentscheidung sei abgelaufen, ist festzuhalten, daß gemäß § 51 Abs. 5 VStG - in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 299/1984 - dann, wenn die Berufungsentscheidung nicht innerhalb eines Jahres ab Einbringung der Berufung erlassen wird, der angefochtene Bescheid als aufgehoben gilt und das Verfahren - ausgenommen den hier nicht gegebenen Fall eines Privatanklagedeliktes - einzustellen ist. Nach Art. II Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 6. Juni 1990, BGBl. Nr. 358, mit dem das Verwaltungsstrafgesetz geändert wird, sind die am 1. Jänner 1991 anhängigen Verfahren nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen. Es besteht kein Zweifel, daß es sich im Beschwerdefall um ein (bereits am 1. Jänner 1991) anhängig gewesenes Verfahren handelt.

Es ist daher die Rechtslage, vor der Novelle BGBl. Nr. 358/1990 anzuwenden. Im übrigen genügt es, zu der auf § 51 Abs. 5 VStG gestützten Beschwerderüge darauf hinzuweisen, daß, wie der Verwaltungsgerichtshof unter anderem in seinem Erkenntnis vom 17. Dezember 1984, Slg. N.F. Nr. 11.621/A dargetan hat, der Berufungsbehörde zur Erlassung des Ersatzbescheides - unbeschadet der Vorschrift des § 31 Abs. 3 VStG - neuerlich gemäß § 51 Abs. 5 VStG eine Frist, und zwar von einem Jahr ab Zustellung eines aufhebenden Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes oder Verwaltungsgerichtshofes an sie eingeräumt ist.

Was schließlich den Einwand des Beschwerdeführers anlangt, der am 13. Juli 1992 und der am 14. Juli 1992 erlassene Berufungsbescheid hätten die gleiche Geschäftszahl, so vermag sich der Beschwerdeführer in Ansehung der Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes auf keine Rechtsgrundlage zu stützen.

Die Beschwerde erweist sich somit im Rahmen der dargestellten Beschwerdepunkte als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1992040192.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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